Iskat hatte viele Stunden mit entspannten Übungsduellen gegen Jedi-Meister Klefan Opus verbracht, um neue Lichtschwerttechniken zu erlernen. Auf Geonosis hatte sie ihn in einer echten Kampfsituation erlebt, auch wenn er seine Klinge damals nicht gegen den Feind eingesetzt hatte. Und natürlich hatte sie gesehen, wie er geduldig die Jünglinge unterrichtete. Doch abgesehen von dem einen Mal, als er sie beim Sparren tatsächlich gefordert hatte, hatte sie keine Ahnung, wie er wirklich kämpfte. Sie wusste nicht, was sie nun erwarten sollte, da es um Leben oder Tod ging. Der Askajianer war alt und halb verhungert, und jetzt, da seine Hautsäcke schlaff herabhingen, wirkte sein Körper mickrig und unförmig. Trotzdem … er war ein Jedi-Meister, und das schon seit vielen Jahren. Ihn zu unterschätzen, wäre ein schwerer Fehler.
Fürs Erste behielt Iskat ihre rote Klinge hinter dem Rücken. Es fühlte sich richtig an, ihn mit dem letzten Lichtschwert zu töten, das ihre Mutter berührt hatte. Zuvor hatte sie sich beim Training mit Meister Klefan stets zurückgehalten, um zu beobachten und sich Kniffe abzuschauen, aber jetzt griff sie sofort an, so wie Vader es sie gelehrt hatte. Mit einer wilden Folge von Hieben und Stichen trieb sie ihn zurück. Doch selbst wenn er bedrängt wurde, umgab Klefan eine Aura der Ruhe, und er parierte ihre Angriffe mit einer altersweisen, geduldigen Energie – ganz anders als die duldsame Abgelenktheit einer Sember Vey, die Strenge eines Mace Windu, die regeltreue Vernunft einer Meisterin Gallia oder die Verspieltheit eines Yoda. Es war, als würde er im Kampf mit seiner Klinge meditieren, und als er schließlich selbst in die Offensive ging, legte er eine überraschende Kraft an den Tag. Iskat vollführte einen Salto nach hinten, um sich mehr Bewegungsfreiraum zu verschaffen. Der alte Mann konnte vielleicht noch kämpfen, aber sein Körper war definitiv nicht für akrobatische Manöver gebaut.
»Ist das wirklich, was deine Mutter wollen würde?«, fragte er, während er erneut auf sie zukam, seine Klinge abwehrbereit erhoben. »Denk an alles, was sie für dich geopfert hat, an all die Versprechen, die sie uns um deinetwillen abgenommen hat – würde sie da wirklich sehen wollen, wie du alles wegwirfst und dich der Dunklen Seite zuwendest?«
Iskat hatte nicht vor, sich von ihm aus dem Konzept bringen zu lassen, und sie griff mit der gleichen beherrschten Ruhe an, die er an den Tag legte. Ihre Kraftreserven waren größer als seine; falls nötig, könnte sie ihn langsam, aber sicher zermürben. »Ihr sagt, da wäre ein Zorn in mir, eine Energie, die Ihr zurückdrängen wolltet. Aber das heißt, dass Ihr die gleiche Energie auch in meiner Mutter sehen konntet und dass Ihr bei ihr versagt habt. Was, wenn wir schon immer die Dunkle Seite in uns trugen? Was, wenn es uns nie bestimmt war, Jedi zu sein?«
»Die Dunkle Seite ist verführerisch«, entgegnete er. »Sie flüstert einem alles ins Ohr, was man hören möchte. Sie würde einem sogar die Sterne vom Himmel versprechen, um ein Herz unter ihre Kontrolle zu bringen. Es ist naiv zu glauben, dass sie die Wahrheit sagt, da Lügen ihr doch so viel mehr bringen.«
»Aber mich hat die Dunkle Seite nicht belogen. Ich habe neue Talente erlernt, von denen ich zuvor nicht einmal wusste, weil die Jedi ihr Wissen so eifersüchtig hüten. Wenn ich diese Fähigkeiten nicht nutzen sollte, warum fühlen sie sich dann so natürlich an – im Gegensatz zu Eurer Meditation, zu der ich mich stets zwingen musste?«
»Schokolade ist süß, Gemüse ist bitter, aber was von beidem ist besser für deine Gesundheit, und was lässt deine Zähne faulen, wenn du zu viel davon isst?«
Iskat duckte sich und schwang ihr Lichtschwert, um dem alten Jedi auf Kniehöhe die Beine abzuhacken. Ihm blieb nichts anders übrig, als über der Klinge hinwegzuspringen. Klefan war geschickter, als sie vermutet hatte, aber er war auch erschöpft. Er stolperte, als er nach seinem Ausweichmanöver landete, und er fing sich gerade noch rechtzeitig, um ihren nächsten Angriff abzublocken.
»Wir könnten noch einmal von vorne beginnen«, sagte er. Sein Atem klang schon mehr wie ein Keuchen. »Der Jedi-Orden existiert nicht länger, aber vielleicht finden wir ja einen Mittelweg. Wenn wir die wichtigsten alten Lehren nehmen und neue Pfade erforschen …«
Iskat lachte. »Ihr würdet Eure Moralvorstellungen opfern, um mich zurück auf Eure Seite zu ziehen? Die Jedi sind Verräter, die den Tod verdienen. Ihr werdet keine Chance auf Wiedergutmachung bekommen. Oder wollt Ihr mich nur hinhalten, um Zeit zu gewinnen? Ich habe Euch schon zuvor lügen sehen. Wartet Ihr womöglich darauf, dass Euch Charlin zu Hilfe kommt?«
»Sie ist die beste Schülerin aus deiner Gruppe.«
Dieser kleine Seitenhieb war schmerzhafter, als Iskat zugeben wollte.
»Wenn dem so wäre, würde sie jetzt vor Euch stehen und nicht tot in ihrer Zelle liegen. Sagt, wie kann es sein, dass Ihr nicht gespürt habt, wie sie eins mit der Macht wurde? Wart Ihr zu schwach … oder wart Ihr zu sehr damit beschäftigt, Eure eigene Haut zu retten?«
Klefans Augenbrauen hoben sich, und seine Wangen bebten, als sich die Erkenntnis über ihn senkte.
Er war hier allein, umgeben von Feinden.
Aufgeben wollte er trotzdem nicht. Iskat spürte, wie sich sein Wille verhärtete, wie er die Macht beschwor, um Kraft zu schöpfen. Gleichzeitig breitete sich einmal mehr tiefe Ruhe auf seinen Zügen aus, und sein Körper entspannte sich. Er betrachtete sie, als würde er sie zum ersten Mal wirklich sehen, als hätte er endlich erkannt, dass sie eine ernst zu nehmende Gegnerin war.
Diesmal griff er zuerst an, wobei er eine Technik benutzte, die sie nicht kannte. Iskat parierte und blockte seine Lichtschwerthiebe, aber er brachte sie zusehends aus dem Gleichgewicht. Kurz drohte sie gar, die Kontrolle über den Kampf zu verlieren. Ja, Meister Klefan war stets ein geduldiger, nachsichtiger Lehrer gewesen, aber er konnte auf Jahrzehnte an Training zurückgreifen, und offenbar gab es Dinge, die er sorgsam vor ihr verborgen hatte. Iskat schnaubte. Wissen zurückzuhalten, um es später gegen einen Feind einsetzen zu können? Typisch Jedi.
Aber sie hatte immer noch einen Vorteil.
Sie sprang über seinem nächsten Hieb hinweg, drehte sich in der Luft und landete auf dem Rand der offenen Truhe. Die Schätze des Kopfgeldjägers riefen ihr zu wie hungrige Kinder, während sie über ihnen balancierte, aber sie ignorierte es, denn Klefan stürmte bereits wieder vor, und seine Absicht war ihm klar an den Augen abzulesen. Iskat nahm ihre Inquisitorenwaffe vom Rücken, aktivierte sie und sprang dem Jedi mit lautem Gebrüll entgegen. Ihre beiden Klingen stachen nach unten, eine rot, eine gelb. Die rote erwischte den alten Meister an der Schulter. Er stürzte auf die Seite und verlor sein eigenes Lichtschwert, während er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.
Iskat landete leichtfüßig vor ihm. Ihre Herzen pochten wie eine mächtige Trommel, und ihr Blut sang ein wildes, mordlüsternes Lied in ihren Adern. Sie hatte das Gefühl, als würde der Planet selbst diesem Tod entgegenfiebern, während sie über ihrem alten Lehrer stand, ihre Schwerter überkreuzt, sodass die Klingen direkt vor Klefans Kehle ein V aus tödlicher, roter und gelber Energie formten.
»Iskat, ich weiß, dass noch immer Gutes in dir ist …«, begann der Jedi-Meister.
Da schnappten die Klingen zu. Klefans Kopf rutschte von seinen Schultern und landete auf dem Boden.
»Ja, aber da ist noch viel mehr«, beendete Iskat den Satz für ihn.
Sie deaktivierte ihre Schwerter, befestigte sie wieder hinten an ihrem Gürtel und bückte sich dann nach Klefans Waffe. Anschließend kehrte sie zu der Truhe zurück und hob auch die beiden anderen Lichtschwertgriffe heraus, um sie in den verborgenen Taschen ihrer Hose zu verstauen. Bevor sie sich zum Gehen wandte, warf sie noch einen letzten Blick auf das, was von dem einst mächtigen Jedi-Meister übrig geblieben war, und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
»Frohlocke, denn er ist nun eins mit der Macht.«