In der Stille der Schlucht hörte Iskat überdeutlich, wie Josks Körper mit einem dumpfen Geräusch unten auf dem Boden aufschlug. Eigentlich hätte er imstande sein müssen, sich während des Fallens in eine aufrechte Position zu bringen, seinen Körper so zu drehen, dass er auf den Füßen landete, in der Hocke, so wie Jedi es beim Springen naturgemäß taten, denn darauf wurden sie trainiert. Er hätte die Macht nutzen müssen, um seinen Fall gerade genug zu verlangsamen, dass er sich nicht jeden einzelnen Knochen im Leib brach, wenn er unten aufkam. Doch als sie unter sich schaute, waren seine Gliedmaßen grotesk verdreht, und er schien sich nicht zu rühren.
Die Truppler liefen zu ihm hinüber, und sie sah, wie einer von ihnen ein Medikit öffnete. Doch Iskat hatte genug damit zu tun, sich auf ihre eigene missliche Lage zu konzentrieren, und zwang sich, sich nicht zu bewegen. Sie hatte keine Ahnung, ob die Vögel sie als Bedrohung empfinden und ebenfalls angreifen würden. Während sie abwartete, was passieren würde, flogen die Vögel einer nach dem anderen in die Löcher im Fels, bis fast alle wieder verschwunden waren. Sie konnte ihr wütendes Kreischen hören, als sie sich irgendwo tief in der Schluchtwand niederließen. In der Öffnung, die ihr am nächsten war, tauchte der Kopf eines Vogels auf, der sie mit seinen wachen schwarzen Augen anstarrte, während er seinen spitzen, rot besudelten Schnabel am Gestein sauberwischte. Vollkommen reglos und schweigend überlegte Iskat, was sie jetzt tun sollte.
Sie könnte so schnell wie möglich nach unten klettern, aber Erste Hilfe zu leisten, war noch nie ihre Stärke gewesen, zumal es ohnehin so aussah, als würden ihre bescheidenen Möglichkeiten kaum ausreichen, um seine Schmerzen zu lindern – falls er überhaupt noch welche hatte. Sie dachte daran, ihren Kommlink zu benutzen, um sich zu erkundigen, ob Josk den Sturz überlebt hatte, aber sie hatte im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll damit zu tun, sich an die Wand zu klammern, Hunderte Meter weit oben, und wollte weder die Vögel noch die Schnecken stören oder riskieren, selbst das Gleichgewicht zu verlieren. Sie sah zu Tualon hinüber, der so auf seinen Aufstieg konzentriert war, dass er nichts von dem Unglück mitbekommen hatte. Er war jetzt höher als sie und würde bald oben am Schluchtrand sein, um das dortige Geschütz außer Gefecht zu setzen.
Wenn Iskat nicht dasselbe tat, war es bloß eine Frage der Zeit, bis jemand die Saboteure entdeckte. Falls Josk tot war, konnte sie persönlich nichts für ihn tun. Dann konnte niemand mehr etwas für ihn tun. Falls er tödlich verletzt war, gelang es ihr vielleicht, seine Qualen vorübergehend zu lindern, aber es würde nicht lange dauern, bis sie mit umso größerer Macht zurückkehrten. Und für diesen Fall hatten die Truppler Medikamente dabei, die Josk wesentlich besser helfen würden, als Iskat es vermochte.
Nein, auf den Boden zurückzukehren, würde niemandem etwas nützen. Außerdem musste nach wie vor jemand die Schlucht hochklettern, um die Geschütze auf dieser Seite unbrauchbar zu machen. Und sie war schon fast oben – sie würde nicht lange brauchen, um ihren Teil der Mission zu erfüllen. Sie atmete tief durch, blickte nach oben und traf ihre Entscheidung.
Sie musste weiterklettern.
Sobald sie und Tualon sicher am oberen Kamm der Schlucht angelangt waren, würde sie Tualon mit ihrem Kommlink kontaktieren, um ihm zu sagen, dass er sich nicht bloß vor den Schnecken, sondern auch vor den Vögeln in Acht nehmen sollte. Aber vielleicht hatte er diese Gefahren im Gegensatz zu Josk ja bereits selbst erkannt.
Diesmal achtete sie sorgsam darauf, die Schnecken nicht zu berühren und die bequemen Handgriffe, die die Nistöffnungen der Vögel boten, zu ignorieren. Die Art und Weise, wie sie Josk angegriffen hatten, hatte fast etwas Raubtierhaftes gehabt, oder zumindest hatten sie strategischer und defensiver agiert, als sie es von so kleinen Vögeln erwartet hätte. Das Knirschen, mit dem die wesentlich größeren Schnecken das Gestein zerkauten, war so ziemlich alles, was sie hörte, und in diesem Moment kam ihr ein Gedanke: Hatten sie … dabei geholfen, diese Schlucht zu erschaffen? Hatten sie den Felsen über Jahrtausende hinweg weggefressen und so den Sand weiter unten fabriziert?
Iskat wusste nichts über Thule, außer dass dieser Planet sie maßlos faszinierte.
Hand über Hand, die Kletterhaken mit Bedacht platzierend, arbeitete sie sich weiter vor und erreichte kurz darauf den Rand der Schlucht. Sie zog sich nach oben und stand auf. Dann huschte sie geduckt von der Kante weg und aktivierte ihren Kommlink.
»Wie geht es ihm?«, fragte sie.
»Nicht gut«, entgegnete Captain Spider.
»Wie geht es wem?«, fragte Tualon, ein wenig außer Atem.
Darauf folgte ein langer Moment des Schweigens.
»Kümmert Euch erst einmal um die Geschütze«, sagte Spider grimmig. »Dann reden wir weiter.«
Das war die einzige Antwort, die Iskat brauchte. Sie eilte zur ersten Kanone, sorgsam darauf bedacht, hinter dem Geschützrohr außer Sicht zu bleiben. Genau wie Meisterin Vey es auf Geonosis getan hatte, um die Kanonen außer Gefecht zu setzen, aktivierte Iskat ihr Lichtschwert und kappte die sichtbaren Drähte, ehe sie das Geschütz an der schmalsten Stelle durchtrennte. Als das Rohr der Kanone zu Boden krachte, blickte Iskat grinsend auf.
Tualon auf der anderen Seite der Schlucht war kaum mehr als ein winziger Fleck, der ihr zuwinkte. Auch sein Geschütz war bloß noch ein Klumpen kaputtes Metall.
»Was ist passiert?«, fragte er per Kommlink.
»Josk ist abgestürzt«, berichtete Iskat. »Die Truppler kümmern sich um ihn. Pass auf dem Weg zurück nach unten auf die Schnecken und die Nistlöcher auf – die sind voller Killervögel.«
»Ich habe die Schnecken gesehen und die Vögel gehört«, entgegnete Tualon. »Aber …«
»Wir ziehen die Mission durch«, unterbrach ihn Iskat. »Es sind noch zwei Geschütze übrig.«
»Okay …«
Tualon spähte über den Rand der Schlucht. Iskat wollte nicht noch einmal hinunterschauen, darum eilte sie rasch zur nächsten Kanone und ging genauso vor wie zuvor, um sie unschädlich zu machen. Auf der anderen Seite des Canyons tat Tualon dasselbe. Nun konnten die Geschütze sie weder ins Visier nehmen, wenn sie auf die Fabrik vorrückten, noch ihr Schiff vom Himmel holen, wenn sie den Planeten später verließen. Die erste Phase der Mission war erfolgreich abgeschlossen.
Von hier oben auf dem Kamm konnte Iskat auf die Fabrik hinunterblicken, die sie unschädlich machen sollten. Die Anlage war im breitesten Teil der Schlucht errichtet worden, und das Dach stand offen. Riesige metallene Klappen ließen darauf schließen, dass die Fabrik auf diesem Weg mit Material beliefert wurde. Inmitten des dumpfen, dunklen Gesteins ringsum wirkte das glänzende Wellblech unnatürlich und fehl am Platz, wie eine bis zum Griff im Fels versenkte Messerklinge.
Iskat folgte ihren Stiefelabdrücken im Sand zurück zum Rand des Canyons. Als sie über die Kante kletterte und ihre Spikes in die Wand grub, überkam sie für einen Moment ein schwindelerregendes Gefühl der … nicht Angst. Und auch keine Beklommenheit. Vielleicht eher eine Art nervöser Aufgeregtheit?
Was sie hier gerade tat – wann hatten normale Leute schon die Chance dazu? Wie es wohl sein mochte, ohne Affinität zur Macht geboren zu werden und in einer ganz gewöhnlichen Familie aufzuwachsen, die gezwungen war, dem Staub ihre Lebensgrundlagen abzutrotzen? Niemals die Fähigkeit zu besitzen, die Macht zu nutzen, andere Wesen, Stimmungen und Wetterveränderungen zu spüren? Sie war erfreut darüber, wie leicht es ihr fiel, den steilen Abstieg zu bewältigen, senkrecht hinunter, und dabei Abstand zu den größeren Schneckenansammlungen und den Bereichen zu halten, wo es von Vogellöchern nur so wimmelte. Sie fühlte die Kraft des uralten Gesteins, das vor Jahrmillionen entstanden war, als architektonische Platten aufeinanderstießen und mit unvorstellbarer Gewalt nach oben geschoben wurden, um anschließend langsam, aber stetig von Wind und Regen und den gierigen Mäulern der Schnecken abgeschliffen zu werden.
Die meisten, die auf Coruscant geboren wurden, bekamen in ihrem ganzen Leben keinen einzigen anderen Planeten zu Gesicht. Iskat dagegen stand erst am Anfang ihrer Abenteuer. Sie würde den Leuten helfen, und sie würde der Galaxis helfen – indem sie an ihre Grenzen ging. Indem sie Dinge tat, von denen andere nicht einmal zu träumen wagten.
Jetzt, da sie die starren Strukturen des Jedi-Tempels hinter sich gelassen hatte, begann sie allmählich, die Möglichkeiten des Lebens als Jedi-Ritterin und der Gaben zu erkennen, die ihr mit in die Wiege gelegt worden waren. Vielleicht war sie gar keine schlechte Padawan-Schülerin gewesen – vielleicht hatte sie sich bloß in der falschen Umgebung wiedergefunden, verurteilt zu scheitern. Vielleicht war sie nicht dazu bestimmt, im Jedi-Tempel zu brillieren, sondern irgendwo hier draußen in der Galaxis. Und das nicht bei der Suche nach Artefakten, sondern indem sie kletterte und kämpfte und aktiv ihren Beitrag dazu leistete, den Verlauf des Krieges zu ändern.
Auf dem ganzen Weg die steile Felswand hinunter war sie sorgsam darauf bedacht, den Schnecken aus dem Weg zu gehen. Jetzt, da sie wusste, wonach sie Ausschau halten musste – nach einer subtilen Veränderung der Gesteinstextur –, fiel ihr auf, dass sich die Schnecken an bestimmten Stellen zu versammeln schienen, fast wie Flechten auf Bäumen. Wenn sie sich an die glatteren Bereiche des Felsens hielt, war es nicht schwer, ihnen ausweichen. Zumindest wusste sie, wie sie ihre Kletterhaken einsetzen musste, und hielt sich von den scheinbar perfekten Handgriffen fern. Diese Wachsamkeit und Umsicht war der Schlüssel, um es lebend nach unten zu schaffen, anstatt wie Josk in die Tiefe zu stürzen.
Aber daran wollte sie jetzt nicht denken.
Sie musste diese Gedanken verdrängen und sich ganz auf ihre gegenwärtige Aufgabe konzentrieren. Sie liebte es zu klettern, aber sie war sich sehr wohl bewusst, dass es Hunderte Möglichkeiten gab, hier oben umzukommen. Dieses Wissen schärfte ihre Sinne nur noch mehr.
Als sie sich gute fünf Meter über dem Boden befand, stieß sie sich von der Wand ab, sprang kontrolliert nach unten und landete federnd und leichtfüßig in der Hocke, ehe sie zu der Stelle hinübereilte, wo die Truppler Josk unter einen kleinen Felsüberhang getragen hatten. Er lag auf dem Rücken, die Arme schlaff an seinen Seiten, die Beine von sich gestreckt. Die Haut rings um die kleinen, geschwollenen, blutenden Wunden auf seinen Wangen und seiner Stirn war graublau verfärbt. Als sie nahe genug war, um seine erschlafften Gesichtszüge und die ausgetrocknete Leere in seinen Augen zu sehen, wurde ihr schließlich klar, was sie ehrlicherweise schon die ganze Zeit über befürchtet hatte: Josk Nivar war tot.
Anders als bei Sembers Tod musste Iskat diesmal nicht um ihr Leben laufen, wurde nicht von einem Meister ermahnt, dass sie schnellstens von hier verschwinden mussten. Stattdessen stand sie einfach da und starrte das an, was von dem anderen Jedi-Ritter noch übrig war. Sie war so geschockt gewesen, so damit beschäftigt, selbst am Leben zu bleiben, dass sie nicht gespürt hatte, wie er eins mit der Macht geworden war. Bislang hatte sie noch keine Leiche so eingehend in Augenschein genommen wie die von Josk, und obwohl sie sich darüber im Klaren war, dass der Tod etwas ganz Natürliches war, erschütterte es sie dennoch, auf einem fernen Planeten so plötzlich von Angesicht zu Angesicht damit konfrontiert zu werden.
Iskat kniete neben Josk nieder und legte ihre Hände auf seine Brust, aber sie registrierte nicht einmal den kleinsten Lebensfunken in ihm. Es war zu spät für Knochenspray, zu spät für Bakta.
Der Klon mit dem ungeöffneten Medikit blickte zu ihr auf. »Wir konnten nichts für ihn tun«, sagte er. »Der Aufprall war zu heftig.«
Tualon kam zu ihr geeilt und ging so dicht neben ihr in die Knie, dass er gegen sie stieß.
»Was ist passiert?«, fragte er, während seine Finger über Josks Körper schwebten, als auch er nach einem Lebenszeichen suchte, das nicht da war.
»Die Vögel. Er hat in eine ihrer Nisthöhlen gegriffen, um sich festzuhalten. Sie stiegen auf wie eine Wolke und attackierten ihn.«
»Und er hat einfach losgelassen? Ohne auch nur zu versuchen, seinen Sturz abzufangen?«
Der Klonsanitäter hielt eine von Josks Händen in die Höhe, die ungewöhnlich angeschwollen war und die gleiche bläuliche Färbung aufwies wie die Haut rings um die Wunden in seinem Gesicht. »Wir vermuten, dass die Vögel über eine Art Gift verfügen. Vermutlich hat es ihn gelähmt oder sogar einen Herzinfarkt verursacht. Als wir bei ihm eintrafen, atmete er schon nicht mehr.«
Tualon sah Iskat an. Obwohl er für gewöhnlich sehr darauf achtete, sich seine Emotionen nicht anmerken zu lassen, konnte sie sie in der Macht spüren, seine Pein und seinen Kummer fühlen. Er ließ den Kopf hängen, sodass seine Lekku nach vorn fielen. Er schloss Josk die Augen. »Möge die Macht mit dir sein, Josk Nivar.«
»Möge die Macht mit dir sein«, wiederholte Iskat.
Mit einem entschlossenen Ausatmen stand Tualon auf, und Iskat erhob sich ebenfalls.
Als er sich ihr zuwandte, war er wieder vollkommen gefasst. »Wir müssen nach wie vor die Droidenfabrik lahmlegen«, erklärte er sachlich. »Sollen wir uns das Kommando teilen?«
Iskat nickte, von einer gewissen Zufriedenheit erfüllt. »Vielleicht finden wir auf seinem Datenpad noch mehr Informationen zu den gesuchten Plänen. Willst du deine Ausrüstung holen, während ich nachschaue, ob es sonst noch etwas gibt, das wir wissen sollten?«
Tualon verschwand unter dem Felsüberhang, um sich umzuziehen und seine Ausrüstung zu holen. Iskat nahm einen zittrigen Atemzug, bückte sich und fischte vorsichtig Josks Datenpad aus seinem Rucksack. Der jüngste Eintrag war der Entwurf einer Nachricht an Mace Windu mit dem Betreff »Strategien«. Sie öffnete das File. Doch als sie die Botschaft überflog, stellte sie schockiert fest, dass es darin nicht darum ging, wie man die Fabrik am besten zerstörte.
Es ging darum, sie zu betreiben.
Iskat zeigt weiterhin Potenzial, aber ich registriere sowohl eine gewisse Eigensinnigkeit als auch ein deutliches Maß an Verschlossenheit in ihrem Verhalten. Sie zeigt nicht die Kontrolle und Reife, die von Jedi-Rittern erwartet wird, und ich spüre ihre Gereiztheit und Ungeduld. Dessen ungeachtet werde ich mich bemühen, ihre Stärken zum Wohl dieser Mission einzusetzen, und versuchen, sie nach besten Kräften unter meine Fittiche zu nehmen, auch wenn ich den Eindruck habe, dass sie insgeheim jede Art von Führung ablehnt. Tualon hingegen ist ein zuverlässiger Stellvertreter. Ich schätze seine Gabe, für ein ruhiges Umfeld zu sorgen, in dem Iskat sich wohlfühlt. Sie bringt ihm zweifellos gewisse Sympathien entgegen, und ich erwarte, dass …
Iskat löschte die Nachricht und scrollte weiter zu einer mit dem Betreff »Baupläne«, die sie rasch durchsah, bis sie zu denen des Energieverteilers gelangte.
»Irgendwas gefunden?«, fragte Tualon, als er wieder zu ihr trat.
»Nur dieselben Pläne wie auf meinem Datenpad.« Sie überprüfte die übrigen Nachrichten, konnte jedoch nichts weiter finden, das sich auf sie zu beziehen schien. »Hast du deine Ausrüstung?«
Tualon nickte. »So, wie ich das sehe, habe ich den leichtesten Job. Hast du alles, was du brauchst?«
Iskat schaute zu dem Felsüberhang hinüber, unter dem Josk lag, umringt von den Trupplern, die nicht so recht zu wissen schienen, was sie tun sollten, wenn nicht gerade eine Schlacht tobte. »Je schneller wir hier fertig sind, desto eher sind wir wieder auf Coruscant, um ihm die Beisetzung zuteilwerden zu lassen, die er verdient.«
Tualons Blick begegnete ihrem, und Iskat verspürte einen Anflug von Verbundenheit, von Verständnis. Josk mochte tot sein, aber sie und Tualon waren selbstbewusste, fähige Jedi-Ritter, und sie würden ihre Mission zu Ende bringen – gemeinsam.
»Captain Spider?«, rief Tualon.
Der Klon-Captain kam zu ihnen herüber. Tualon ging mit ihm noch einmal das geplante Vorgehen durch, während Iskat aufmerksam zuhörte. Obwohl Tualon ihr vorgeschlagen hatte, sich die Befehlsgewalt zu teilen, war sie in diesem Moment froh darüber, dass er in ihrem Namen das Wort ergriff. Schließlich würde anstelle von Josk jetzt sie die Truppler zum Kraftwerk führen. Dies war ihre erste echte Bewährungsprobe als Anführerin. Ganz gleich, was Josk Mace berichtet hatte, ganz gleich, dass es Mace offenbar vor allem darum ging, dass jemand Iskat im Auge behielt, sie war bereit. Sie war nicht länger das verängstigte kleine Mädchen, das eine Säule umgerissen hatte und weinend weggelaufen war.
Sie hatte hart gekämpft, um die Kontrolle über ihre Emotionen und ihre Fähigkeiten zu gewinnen. Sie besaß bemerkenswerte Talente. Und jetzt hatte sie auch das Selbstvertrauen und die Möglichkeit, diese Talente unter Beweis zu stellen.
Bald darauf marschierte sie mit fünfzehn Klontrupplern im Schlepp in Richtung Energieverteiler, während Tualon und seine drei Klone die beiden Speederbikes zur Fabrik brachten und die restlichen Truppler sich entweder als Verstärkung bereithielten oder zum Shuttle zurückkehrten, um alles für ihre Abholung und den Abflug vorzubereiten. Ihre Truppler in ihren weißen Rüstungen hoben sich deutlich vom schwarzen Fels des Planeten ab, doch es war ja nicht so, als wäre jemand hier gewesen, der sie entdecken konnte. Ihren Unterlagen zufolge wurden die Bauarbeiten von einer kleinen Droidenrumpfmannschaft geleitet.
Der Energieverteiler lag in einem Nebenarm der Schlucht. In jeder Ecke des umzäunten, rechteckigen Geländes befand sich ein kleines Gebäude, in dem eine der vier Kontrollstationen untergebracht war, die das System überwachten. Wenn ihre Informationen zutrafen und diese Fabrik tatsächlich wie andere Produktionsstätten der Separatisten konstruiert war, war jede Kontrollstation mit zwei Droiden besetzt, die nicht für den Kampf ausgerüstet waren und dementsprechend leicht zu erledigen sein sollten. Alles, was Iskat und ihre Truppler tun mussten, war, sich zu den einzelnen Kontrollstationen zu begeben, die Droiden auszuschalten und mehrere bestimmte Regler so aufzudrehen, dass die dazugehörigen Anzeigen in den roten Bereich hochgingen. Sobald dann alle vier Stationen überhitzten, würde das den Energieverteiler überlasten und schmelzen lassen, um ihn so unwiderruflich zu zerstören, was es unmöglich machen würde, die Fabrik in Betrieb zu nehmen.
Iskat pirschte vorwärts; die Truppler folgten ihr in zwei geordneten Reihen. Sie anzuführen, erfüllte Iskat mit einem gewissen Stolz. Gewiss, dass sie Josk verloren hatten, war eine Tragödie, aber was er gekonnt hätte, konnte sie auch. Sie konnte diese Mission erfolgreich abschließen. Sie war eine Jedi-Generalin. Sie musste nichts weiter tun, als sich zu der ihr zugewiesenen Station zu begeben, ein paar verwirrte Droiden auszuschalten, ein Prozedere zu befolgen, das sie sich genauestens eingeprägt hatte, und nach getaner Arbeit zum Treffpunkt zu gelangen. Und sie wusste, dass sie darauf vertrauen konnte, dass ihre Truppler sie dabei nach besten Kräften unterstützen würden.
Bald darauf kam die erste Kontrollstation in Sicht. Iskat drehte sich zu den Klonen um und nickte ihnen zu. Die Truppler erwiderten das Nicken. Drei Klone schlossen sich ihr an, während die übrigen zwölf sich in drei Vierergruppen aufteilten. Jedes der vier Teams machte sich auf den Weg zu einer anderen Kontrollstation. Sie hatten ihre Chronos synchronisiert und würden die Regler alle im selben Moment hochdrehen. Iskats Team würde die nächstgelegene Station übernehmen. Auf diese Weise konnte sie als Verstärkung eingreifen, falls die anderen Teams auf irgendwelche Schwierigkeiten stießen. Außerdem konnte sie den anderen Trupplern so via Kommlink berichten, was sie erwartete, falls in der Kontrollstation irgendetwas von den Plänen abwich, die man ihnen zur Verfügung gestellt hatte.
Ermutigt durch die Reaktion der Soldaten, näherte sich Iskat mit dem Lichtschwert in der Hand der ersten Kontrollstation, einem spartanischen, schlichten Gebäude aus mattgrauem Metall. Eine wackelige Treppe führte in den ersten Stock hinauf, wo sich dem Vernehmen nach die beiden Droiden aufhielten und sich auf ihre Bildschirme konzentrierten. Am gefährlichsten würde es sein, wenn sie die Treppe hochstiegen und die Geräusche ihrer Stiefel auf den Metallstufen, abgesehen vom Flüstern des Windes, die einzigen Laute in der gesamten Schlucht sein würden.
Doch so weit kamen sie gar nicht. Denn gerade als Iskat und ihre Truppler sich der Treppe näherten, heulte plötzlich ein Alarm los, der ohrenbetäubend laut durch den Canyon schrillte. Rote Lichter blitzten auf, und selbst über das Kreischen des Alarms hinweg konnte Iskat das schwere Stampfen von Droidenfüßen – von vielen Droidenfüßen – hören, die die Stufen herunterkamen. Iskat zählte mindestens ein Dutzend B1-Kampfdroiden mit Blastergewehren, gefolgt von einem der großen B2-Droiden, die sie auf Geonosis gesehen hatte – eine dieser riesigen, schwer gepanzerten Einheiten mit Handgelenkblastern, die die Jedi in der Arena umzingelt und zusammengetrieben hatten.
»Feuer frei!«, befahl ein B1-Kommandodroide.
Im nächsten Moment war die Luft erfüllt von gleißenden Blasterbolzen. Iskats Klone erwiderten das Feuer. Ihre Herzen schlugen wie wild, als Iskat wirbelnd ihr Lichtschwert schwang und mit ihrer Klinge mehrere Salven abwehrte, um sie zu ihren Angreifern zurückzuschicken. Einer der B1-Droiden ging getroffen zu Boden, aber die anderen marschierten unbeirrt weiter die Treppe hinab. Einer nach dem anderen fielen Iskats Klontruppler; ihre Rüstungen hielten der Wucht des Feindbeschusses einfach nicht stand.
Ihre Informationen besagten, dass sich diese Fabrik noch im Bau befand und das Energienetz noch nicht in Betrieb genommen worden war. Ihre Informationen besagten, dass es das reinste Kinderspiel sein würde, die unbewaffneten Droiden in den Kontrollstationen auszuschalten, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Aber die Informationen waren falsch.
Das Energienetz war bereits aktiv, und dem Fauchen von Blasterbolzen nach zu urteilen, das zusammen mit dem Sirenengeheul durch die Schlucht hallte, waren bereits weitere Droiden auf dem Weg hierher!