Während das Shuttle durch die Atmosphäre des wüstenhaften, unfruchtbaren Planeten Geonosis donnerte, hatte Iskat Mühe, die überwältigende Kakofonie der Sinneseindrücke auszublenden, die auf sie einstürmte, und sich darauf zu konzentrieren, inmitten dieses Chaos ihre Mitte zu finden. Dies war nicht bloß eine Rettungsmission – es war eine Militäroperation. Die Jedi waren jetzt Soldaten. Aber sie kämpften nicht allein. Fast wie aus dem Nichts waren Tausende Klontruppler aufgetaucht, um die Republik zu unterstützen. Ihr Schiff wurde sogar von einem Klon gesteuert. Nach Jahren relativen Friedens in der Galaxis hatten sich die Jedi bemerkenswert schnell mobilisiert, um als Beschützer von Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit ihren Teil beizutragen.
Iskat war aufgeregt … und überwältigt.
Sie zwang sich, ihre Atmung zu beruhigen, schloss die Augen und legte eine Hand um ihr Amulett. Schlagartig verblassten die anderen Jedi um sie herum, und Stille senkte sich über ihre Gedanken.
Es gibt keine Gefühle – nur Frieden.
Es gibt keine Ungewissheit – nur Wissen.
Es gibt keine Leidenschaft – nur Gelassenheit.
Es gibt kein Chaos – nur Harmonie.
In den ersten Tagen nach dem Vorfall damals hatte Meister Klefan sie dazu gedrängt, sich diesem Mantra zu verschreiben, und seitdem hatte Meisterin Sember es ihr etliche weitere Male eingebläut. Die Worte hatten sich gleichermaßen in ihr Denken eingebrannt wie in ihre Herzen. Sie schenkten ihr innere Ruhe, gaben ihr das Gefühl, die Jedi zu sein, die sie sein sollte: ruhig, kühl, gefasst, friedvoll.
Über den Jedi-Kodex nachzugrübeln, ließ sie Tika beinahe vergessen. Aber wollte sie das überhaupt?
Nein. Daran konnte sie jetzt nicht denken.
Das war Jahre her.
Und es war nie wieder passiert.
Dafür hatten ihre Lehrer gesorgt. Und Iskat selbst auch.
Sie hatte studiert. Sie hatte trainiert. Sie hatte die Kontrolle über sich erlangt, die von ihr gefordert wurde. Und jetzt war sie auf einer Rettungsmission, umgeben von Jedi-Meistern, -Rittern und -Padawanen. Bislang hatte sie ihr Lichtschwert noch nie in einem echten Kampf gezogen. Aber es waren weder ihr Mut noch ihr Können, um die sie sich sorgte und was bewirkte, dass ihre beiden Herzen so laut schlugen, dass sie sicher war, dass Tualon neben ihr sie hören konnte. Sie schaute zu ihrem Mit-Padawan mit seinen glänzend schwarzen Lekku und der entschlossenen Miene hinüber.
»Bist du bereit?«, fragte er sie mit einem ermutigenden Lächeln.
»So bereit wie jeder andere auch«, entgegnete sie.
Was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Um ehrlich zu sein, war sie mehr als nur bereit. Sie konnte es kaum erwarten. Aber Jedi sollten demütig und bescheiden sein, und sie wusste, dass Tualon dergleichen ausgesprochen wichtig war, daher wollte sie nicht allzu übermütig erscheinen. Sie bewunderte ihn für seine Bescheidenheit genauso wie für seine aufgeschlossene Art und seine Selbstlosigkeit. Tualon war die Art von Jedi, die sie selbst gern gewesen wäre, die Art von Jedi, die sie bewunderte.
Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste Iskat zugeben, dass sie zwar keinerlei Zweifel an ihrem Geschick, ihrem Können oder ihrer Tapferkeit hegte, aber nach den gestrigen Zweikämpfen mit Charlin und Onielle hatte sie Angst, dass es ihr trotz allem vielleicht doch nicht gelingen würde, sich zu beherrschen, wenn viel auf dem Spiel stand und sie eine Waffe in der Hand hielt. In dieser Hinsicht hatte sie mehr von sich erwartet. Und obwohl niemand den Vorfall mit Onielle erwähnt hatte, spürte sie die Blicke der anderen Padawane, die angeschnallt neben ihren Meistern saßen, während sie auf den Wüstensand von Geonosis zusteuerten. Sie spürte, wie sie sie verstohlen ansahen. Sie spürte ihre Unsicherheit.
Meister Klefan Opus, der ihr gegenüber auf der anderen Seite des Schiffes saß, nickte ihr zu und schenkte ihr ein ermutigendes Lächeln. Iskat erwiderte das Lächeln, dankbar dafür, dass zumindest einer der Meister Vertrauen in sie hatte.
Sie hoffte, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen.
»Hast du schon mal gekämpft?«, fragte sie Tualon leise. »Auf deinen Missionen, meine ich.«
»Einmal«, entgegnete er, ebenfalls im Flüsterton. »Für gewöhnlich kümmert sich Meister Ansho allein um so etwas. Aber als wir diesen Senator auf diplomatischer Mission eskortiert haben, half ich ihm, ein paar Banditen in die Flucht zu schlagen. Da hat sich unser ganzes Training wirklich ausgezahlt. Ich wollte niemanden verletzen, doch wir mussten den Senator beschützen. Und du?«
»Bislang mussten wir unterwegs nicht mal unsere Lichtschwerter ziehen«, gestand sie. »Meistens stehen wir einfach am Tresen und feilschen wie ganz normale Kunden, oder irgendein alter Abenteurer lädt uns zum Tee in sein Zelt ein. Aber das war’s auch schon.«
Sie ließ ihren Blick durch das Shuttle schweifen, das ruckelte und vibrierte, während es auf die Oberfläche des Planeten zusauste. Die Luft war ein wenig abgestanden und roch nach Schweiß und Treibstoff. Insgesamt befanden sich fast zwanzig Jedi an Bord. Sie fragte sich, was für Abenteuer die anderen Padawane wohl schon erlebt haben mochten.
»Meinst du …«, begann sie.
»Genug geplappert«, murmelte Meisterin Vey auf ihrer anderen Seite. »Es ist gleich so weit. Denk an dein Mantra. Konzentrier dich auf deine Atemübungen, mein Padawan. Sorg dafür, dass das Chaos draußen bleibt.«
Obwohl Iskat nicht errötete, spürte sie die Hitze der Scham, die sie überkam, als sie vor Tualon und den anderen zurechtgewiesen wurde. In Anbetracht dessen, was sie auf dem Planeten erwartete, wären ein paar motivierende Worte oder auch nur leiser, geflüsterter Zuspruch zweifellos hilfreicher gewesen als öffentlicher Tadel. Tualon jedenfalls schwieg und schaute höflich beiseite, wie um sie nicht zu weiteren Gesprächen zu verleiten.
Iskats lange rote Finger schlossen sich um die kalten Metallstreben der Sitzbank, während sie die Augen zumachte und im Stillen einmal mehr den Jedi-Kodex rezitierte.
Es gibt keine Gefühle – nur Frieden.
Die Worte wurden zu einem beruhigenden Rhythmus, zu einem Gegenpol zu den Schiffstriebwerken, zu einem Kristallisationspunkt, der ihr Bewusstsein in einen Zustand der Ruhe versetzte, jenseits von Scham, Sorge und Angst.
»Landung in T minus drei Minuten«, verkündete der Klonpilot.
Obwohl sie wusste, dass sich Tausende Klone wie er auf dem Weg nach Geonosis befanden, war der Pilot der erste der neuen Soldaten der Republik, dem Iskat begegnet war. Sie hatte keine Ahnung, wie er unter seiner Rüstung aussah, wie alt er war, welche Augenfarbe er hatte, ob er eher lächelte oder die Stirn runzelte. Sie wusste nur, dass seine Stimme eher ausdruckslos klang, dass seine Fähigkeiten als Pilot tadellos waren und dass sie bald Seite an Seite kämpfen würden.
Die Jedi hatten erstaunlich wenige Informationen über diese Mission. Sie wussten lediglich, dass Obi-Wan Kenobi von einer stetig größer werdenden Separatisten-Armee in einen Hinterhalt gelockt worden war. Momentan war jeder Jedi in Kampfverfassung an Bord eines Schiffes hierher, genau wie Iskat. Und im Gegensatz zu ihren Missionen mit Meisterin Vey hatte sie keine Ahnung, welche Rolle sie bei dem spielen würde, was auf sie zukam. Doch sie war aufgeregt, mit ihren Mit-Jedi zusammen zu sein, und erfreut darüber, dass ihre Meisterin sie für fähig genug hielt, an einem so wichtigen Unterfangen teilzunehmen.
Iskat war entschlossen, sich dieses Vertrauens als würdig zu erweisen. Sie würde Sembers Befehle befolgen und sich ihre Lehren zu Herzen nehmen. Sie würde Teil des Teams sein, das Meister Kenobi rettete.
Trotzdem war da dieser hartnäckige Gedanke, der immer wieder den Schutzschild durchbrach, den sie um ihr Inneres errichtet hatte, ein lästiges, unerwünschtes Flüstern, das sie dazu zwang, sich zu fragen, was wohl passieren würde, wenn sie, statt sich zu sammeln und ihre Gefühle zu zügeln, die Kontrolle, um die sie so hart kämpfte, einfach aufgab und sich ganz der Macht hingab. Welche Stärke würde sie darin finden, sich so zu unterwerfen? Welche Kraft würde sie womöglich unter den Schichten der Repression finden, mit der sie sich tagaus, tagein herumschlagen musste? Was könnte sie dann wohl erreichen, jetzt, da sie richtigen Gegnern gegenüberstehen würde?
Sie umklammerte ihr Amulett und verbannte diesen Gedanken mit derselben Entschlossenheit aus ihrem Kopf, mit der sie die verführerische Stimme des Sith-Artefakts zum Schweigen gebracht hatte. So etwas zu denken, war gefährlich. Den Jedi-Kodex gab es nicht ohne Grund, und die Geschichte lehrte, dass diejenigen, die vom Pfad abwichen, oft ein tragisches Ende fanden. Wahre Größe erlangte man allein durch Frieden. Durch Wissen, Gelassenheit und Harmonie. Iskat wollte Größe erlangen und den Jedi Ehre machen. Abgesehen von Sember würden auch die anderen Meister sie bei dieser Mission genau im Auge behalten. Durchaus möglich, dass es Einfluss auf ihre Zukunft im Orden haben würde, wie gut sie sich hier schlug.
Das Shuttle ratterte, und die Triebwerke heulten auf, als sie zusehends langsamer wurden. Die Schwerkraft zerrte an Iskats Knochen. Das Metall unter ihren Stiefeln bebte, und als könnte sie bereits die heiße Sonne spüren, die draußen brannte, standen ihr Schweißperlen auf der Oberlippe. Sie waren jetzt dicht über der Oberfläche, und sie malte sich aus, dass sie, hätte sie durch das Sichtfenster schauen können, auf eine Welt aus Sand und Felstürmen hinausblicken würde, grellorange mit scharf umrissenen schwarzen Schatten.
Es war jetzt fast so weit.
Sie waren fast da.
Iskat hatte das Gefühl, als wäre sie drauf und dran, eine wichtige Linie zu überschreiten, so als würde diese Rettungsmission – die fast unweigerlich zu einer Schlacht auszuarten drohte – die Dinge für immer verändern, sowohl für die Jedi als auch für Iskat selbst.
Sie würde niemals vergessen, wie knapp das Jedi-Schülerturnier für sie ausgegangen war, wie grässlich sie sich gefühlt hatte, als sie darauf wartete, dass ein Meister sie als Padawan erwählen würde, bis im letzten Moment und zu Iskats großer Überraschung Sember vorgetreten war. Manchmal sorgte sie sich, dass sie aufgrund der fahrigen Lehrweise ihrer Meisterin und der Fehler, die sie in der Vergangenheit gemacht hatte, womöglich mehr Aufsicht und Anleitung brauchte als andere Padawane. Dass jeder wusste, dass Iskat als Jedi nicht gut genug war und irgendwann vermutlich einfach untergehen würde.
Aber dass es dazu kam, würde sie niemals zulassen!
Die Triebwerke des Shuttles heulten lauter, als sie zur Landung ansetzten, und Iskats Magen kribbelte vor Aufregung. Hätte sie doch nur einen Blick aus einem der Sichtfenster werfen und sich einen Eindruck von der bevorstehenden Schlacht verschaffen können! Man hatte sie zwar über Geonosis informiert und darüber, wie das Schwarmbewusstsein funktionierte, aber sie würden erst mit Bestimmtheit wissen, was sie hier erwartete, wenn sie unten auf dem Boden waren und genauere Anweisungen erhielten.
Nach dem dumpfen Ruck beim Aufsetzen stand das Schiff still. Die Tür glitt auf, und gleißende Helligkeit brandete in den Passagierraum voller nervöser Jedi in braunen Gewändern. Iskat hatte Mühe, ihren Brustgurt zu lösen, schaffte es dann aber doch, bevor sie die Schmach erdulden musste, sich von Sember beim Abschnallen helfen zu lassen. Als sie sich nach dem langen Sitzen aufrappelte, fühlten sich ihre Füße unangenehm taub an, doch sie hatte ihre Finger bereits um ihr Lichtschwert geschlossen.
Als alle Jedi aufgestanden waren, trat Meister Klefan Opus vor die offene Tür. Er war Askajianer, und für gewöhnlich sorgte er dafür, dass er maximal hydriert war, sodass seine Epidermalsäcke anschwollen, was ihn fröhlich wirken ließ und ihm gütige Fältchen in die Augenwinkel zauberte. Heute jedoch war sein Körper um einiges schlanker und agiler, und auch sein völlig verändertes Auftreten faszinierte Iskat. Sonst von ruhigem, sanftmütigem Naturell, umklammerte er jetzt entschlossen das Lichtschwert an seiner Seite. Er hielt einen Holoprojektor vor sich, und das flirrende Abbild von Mace Windu erschien, ebenfalls mit kampfbereitem Lichtschwert.
»Klefan Opus hier«, sagte der Meister. »Wir sind gelandet, ein Stück weiter nordwestlich.«
»Willkommen auf Geonosis«, entgegnete Meister Windu. »Wir benötigen Eure Hilfe beim Sichern der Arena, in der Count Dooku in Kürze Obi-Wan, Anakin Skywalker und Senatorin Padmé Amidala hinzurichten gedenkt.«
Im Innern des Shuttles ertönte raunendes Geflüster. Was machte Skywalker hier? Und wie war eine Senatorin in all das verwickelt?
»Begebt Euch zum nächstgelegenen Felsturm und arbeitet euch hoch zu den Tribünen«, fuhr Meister Windu fort. »Sucht nach Geschützen und Langstreckenwaffen und schaltet sie aus. Den Rest erledigen wir. Seid auf der Hut – und möge die Macht mit Euch sein.« Die Gestalt verschwand, und Klefan verstaute den Projektor wieder in einer Tasche.
Er ließ seinen Blick über die versammelten Jedi schweifen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können – von einem sechzehnjährigen rodianischen Padawan bis hin zu dem weißhaarigen, aber immer noch höchst energiegeladenen arkanianischen Meister Theca, der Gerüchten zufolge weit über zweihundert Jahre alt sein sollte, war so ziemlich alles dabei –, und nickte zustimmend. »Ihr habt unsere Befehle gehört. Padawane, bleibt bei euren Meistern. Verteidigt euch, wenn ihr müsst, aber handelt nicht unüberlegt! Vergesst nicht: Dies ist eine Rettungsmission! Wir sind auf der Suche nach Langstreckenwaffen.« Er sah sich im Shuttle um und machte eine Bestandsaufnahme. Als sein Blick auf Iskat fiel, schien es, als würden sich seine Augen für eine Millisekunde ein wenig verengen, aber das war gewiss nur Einbildung. »Und möge die Macht mit euch sein.«
Er wandte sich um und eilte die Rampe hinunter, und die Jedi folgten ihm.
»Konzentrier dich darauf, deine Gefühle zu kontrollieren«, sagte Meisterin Sember leise, während sie darauf warteten, ebenfalls von Bord zu gehen. »Der Frieden, nach dem du strebst, ist in dir. Vertraue auf dich selbst, aber gib dich nicht deinen Emotionen hin, mein Padawan.«
Iskats Blut pochte in ihren Ohren, als sie die Rampe hinunterlief und Sembers schwingender Robe folgte. Sie befanden sich in einer Wüste mit rötlichem Sand und grellem Sonnenlicht. Hohe Felstürme ragten wie schmelzende Kerzen in den Himmel empor, und irgendwo in der Nähe brummte und brüllte und schrie eine aufgeregte Menge. Die Luft fühlte sich an, als wäre sie aufgeladen von Blitzen, obwohl der Himmel klar war.
»Aber wo sind die Geonosianer?«, fragte sie Sember, als sie Seite an Seite nebeneinander herliefen.
»Dachtest du, die würden einfach hier draußen im offenen Gelände auf uns warten?«, erwiderte ihre Meisterin. »Klefan wird uns dort hinführen, wo wir hinmüssen.«
Tatsächlich lotste Meister Klefan die Jedi zielsicher zu einer Öffnung in der Basis von einem der Türme. Iskat registrierte, dass alle Jedi ihre Lichtschwerter aktivierten, bevor sie durch das Loch in den dunklen Tunnel dahinter kletterten. Blaue und grüne Lichtklingen verschwanden in den Schatten, als Iskat über den heißen Sand lief und die Hitze ihre Stiefelsohlen durchdrang, während sie ihrer Meisterin folgte. Sie war schon öfter auf Wüstenplaneten gewesen, und obwohl sie sich nicht an ihre Heimat erinnern konnte, an den Planeten, von dem sie ursprünglich kam, wusste sie instinktiv, dass sie unmöglich von einem solchen Ort stammen konnte. Schon nach diesen wenigen Minuten schwitzte sie, und dort, wo ihr langes Haar zu einem dichten Zopf geflochten war, juckte es sie im Nacken.
Doch das spielte keine Rolle. Sie musste sich konzentrieren.
Es gibt keine Gefühle – nur Frieden.
Meisterin Sember blieb an der Tür des Felsturms stehen, aktivierte ihre blaue Lichtklinge und nickte Iskat zu, die gehorsam den Schalter an ihrem grünen Lichtschwert betätigte und sich hineinschlich. Sie bewegten sich eine enge Wendeltreppe hinunter, die Dunkelheit nur vom Schein ihrer Waffen erhellt. Iskat wusste, dass die Geonosianer ein insektoides Volk waren, das sich wahrscheinlich mit anderen Sinnen als dem Sehsinn orientierte. Ihre Ohren verrieten ihr, dass diese Treppe lang war und tief unter die Erde führte, jedenfalls den Geräuschen nach zu urteilen, die als Echo zu ihr zurückkamen. Meister Ansho ging hinter ihr, dann Tualon, und sie war dankbar dafür, an diesem seltsamen, fremdartigen Ort von so mächtigen Jedi umgeben zu sein.
Schließlich mündete die Wendeltreppe in einen hohen Gang mit komplexen architektonischen Mustern, fast wie in einem Tempel. Ein Metallgitter bildete den Boden, und die Jedi gaben keinen einzigen Laut von sich, als sie sich verteilten und weiter Meister Klefan folgten. Iskat war noch immer zwischen Sember und Ansho, denn die Meister hatten sich automatisch zwischen den weniger erfahrenen Padawanen postiert. Fvorn war ganz in der Nähe, zusammen mit seinem Freund Zeeth und ihren jeweiligen Meistern. Charlin und Onielle gehörten zwar ebenfalls zu ihrer Gruppe, aber glücklicherweise befanden sie sich nicht in Iskats unmittelbarer Nähe. Gewiss, Jedi sollten eigentlich nicht nachtragend sein, aber Iskat nahm an, wenn sie es war, bestand durchaus die Möglichkeit, dass die anderen es ebenfalls waren, und sie war froh, ein wenig Abstand zu den beiden Padawanen zu haben, die wahrscheinlich immer noch von den blauen Flecken gezeichnet waren, die sie ihnen unlängst zugefügt hatte.
»Iskat!«, zischte Sember, und Iskat beeilte sich, zu ihr aufzuschließen, als sie eine riesige, offenbar verlassene Fabrikhalle betraten. Obwohl in den riesigen Maschinen noch immer kirschrot geschmolzenes Metall glühte, waren keine Arbeiter zu sehen, nicht einmal Droiden. Das sorgte für eine unheimliche Atmosphäre, so als wären die Geonosianer vor ein paar Minuten einfach gegangen und hätten ihre Arbeit ungetan zurückgelassen. Meister Klefan führte die Jedi zu einer kleineren Tür, die in einen anderen Tunnel führte. Der Gang war ungefähr drei Meter hoch und genauso breit, mit gemeißelten Darstellungen bedeutender Momente der geonosianischen Geschichte, die jede Oberfläche bedeckten. Am anderen Ende des langen Tunnels konnte Iskat eine große Menge hören, die jubelte, grölte und mit den Füßen stampfte. Ihr schwindelte von all den neuen Eindrücken, die auf sie einströmten, und ihre Herzen schlugen schneller, je näher die Jedi ihrem Ziel kamen. Einer nach dem anderen huschten sie in den Gang, während ihre Klingen buntes Licht auf den gemeißelten Stein warfen.
Weiter vorn löste sich unvermittelt ein dunkler Schatten von der Wand, und Fvorn kreischte, als ihn eine Energiepike wuchtig in den Rücken traf. Der gesamte Gang leuchtete vor flackernder Elektrizität auf, während Fvorn von Krämpfen geschüttelt schrie und der beißende Gestank von öligem, brennendem Duros-Fleisch die Luft erfüllte. Meister Klefan wirbelte herum und streckte den Geonosianer mit seinem Lichtschwert nieder, aber es war bereits zu spät. Fvorn rührte sich nicht mehr. Iskat verharrte völlig reglos, als sie spürte, wie er starb – ein grässlicher, quälender, reißender Schmerz in der Macht, wie sie ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Zeeths Schrei der Wut und des Verlustes erfüllte die Luft, als er sein Lichtschwert deaktivierte und neben seinem Freund niederkniete.
Iskat hatte noch nie gesehen, dass jemand eines so gewalttätigen Todes starb, und es war, als wäre auch ein Teil von ihr selbst gestorben. Fvorn war immer da gewesen, eine Konstante in ihrem Leben, zuerst ein ruhiger, unbeschwerter Spielkamerad, dann ein respektierter Padawan, und jetzt war er einfach … fort. Alles war so schnell gegangen, so unspektakulär. Und dabei war Fvorn ein guter Jedi gewesen, ein guter Kämpfer. Er hatte es nicht verdient, so zu sterben, so weit weg vom Tempel, wo er eigentlich irgendwann als Diplomat arbeiten wollte.
Fvorn war unter Qualen gestorben, überrumpelt und verängstigt, und die brutale Plötzlichkeit seines Todes hallte in Iskats Knochen nach.
Ein winziges Kratzen ließ die feinen Härchen in ihren Ohren zucken. Sie versteifte sich und sah zur Wand.
Was sie für ein gemeißeltes Wandgemälde gehalten hatten, war in Wirklichkeit eine geschickt postierte Schar von Geonosianern, die mit ihren Waffen im Anschlag darauf warteten, zuzuschlagen!
Iskat wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um ihr Lichtschwert hochzureißen. Die durchtriebenen Geonosianer lösten sich von der Wand, und der, der ihr am nächsten war, schnellte geradewegs auf Iskat zu, seine Pike auf ihre Brust gerichtet.