Iskat vertiefte sich in eine neue Art von Training. Sie durchforstete die Bibliothek nach Texten über ungewöhnliche Lichtschwerttechniken, über die Beherrschung von Telekinese und über unkonventionelle Methoden, die Macht im Kampf zu kanalisieren. Sie informierte sich über ungewöhnliche Tierarten und über die Pflanzen im kleinen Innenhof. Gleichzeitig meditierte sie im Morgengrauen weiterhin mit Meister Uumay und unterrichtete bis zum Abend die Jünglinge. Doch die Nächte gehörten ihr allein, und sie schöpfte diese Zeit voll aus.
Aufgrund ihres vollen Terminplans sah sie Heezo künftig zwar nicht sehr häufig, aber sie war froh, dass sich ihre gemeinsamen Stunden so … mühelos anfühlten. Jedem anderen in ihrem Leben gegenüber war sie stets auf der Hut, achtete auf jedes Wort, das sie sagte, und hielt ihre Mimik unter Kontrolle. Bei Heezo hingegen konnte sie sich einfach entspannen und sie selbst sein. Er hatte keine Erwartungen an sie und sie keine an ihn. Manchmal unterhielten sie sich miteinander; andere Male murmelte er in seiner Sprache aus Klick- und Pfeiflauten mit seinen Droiden, während sie vor sich hin döste und zu den Blättern des Hesafia-Baums aufschaute, die erst grün, dann gelb, dann braun und dann wieder grün wurden, als immer mehr Monate ins Land zogen.
Und dann, des Nachts … war es, als würde die wahre Iskat Akaris zum Leben erwachen.
Endlich hatte sie etwas gefunden, das ihren Geist beruhigte: das zu trainieren, was sie selbst interessierte, und ihren Körper zu einer perfekten Waffe zu formen, während alle anderen schliefen. Sie rannte und kletterte überall auf Coruscant und lernte dabei zum ersten Mal mehr von dem Planeten kennen, auf dem sie zwar die meiste Zeit ihres Lebens verbracht, den sie aber nur von den Fenstern des Jedi-Tempels aus gesehen hatte. Bei einem ihrer nächtlichen Ausflüge entdeckte sie eine verlassene Baustelle in den untersten Ebenen des Planeten, weit entfernt von irgendwelchen Wohngebäuden oder Geschäften und noch weiter weg vom Glanz der höchsten Türme. Dort begann sie, allein und ungesehen, ihre telekinetischen Fähigkeiten zu verbessern, ohne fürchten zu müssen, dass dabei jemand zu Schaden kam. Nach der Sache mit Tika und der Säule war sie zurückhaltend und übervorsichtig geworden, wann immer es darum ging, mit der Macht Dinge zu bewegen. Doch Geonosis und Thule hatten ihr die Möglichkeit gegeben, ihr volles Potenzial zu entfesseln. Die Droiden beiseitezufegen, hatte sie mit Befriedigung erfüllt. Jetzt konnte sie ihre Kräfte voll auskosten und die Grenzen ihrer persönlichen Macht ausloten, um so die Meisterschaft im Umgang mit ihren natürlichen Gaben zu erlangen, von der Sember gehofft hatte, dass sie sie auf weniger direktem Wege erlernen würde.
Im Tempel kämpfte sie mit jedem Trainingsdroiden, den sie finden konnte, und ließ sich von Heezo sogar ein paar zusätzliche Programme schreiben, um ihre Fähigkeiten im Kampf mit zwei Klingen noch weiter zu verbessern. Anakins Padawan, Ahsoka Tano, gab ihr ein paar Tipps und empfahl ihr einige Schriften über die Kunst des Doppellichtschwertkampfes, aber meist war sie schlicht zu beschäftigt, um sich in einer der Trainingshallen mit anderen zu messen. Dabei hätte sie eigentlich gern mit Meister Pong Krell trainiert, der als äußerst geschickter, erfahrener Kämpfer galt. Doch Pong Krell war nur selten im Tempel, daher schlug er ihr vor, mit Meister Kelleran Beq zu sprechen. Kelleran war ein aufmerksamer, detailversessener Ausbilder, doch da er sich der Unterweisung der Jünglinge mit einer Hingabe und Energie widmete, die Iskat selbst nie aufgebracht hatte, konnte er nur selten Zeit für sie erübrigen. Stattdessen nahm Meister Klefan gelegentlich zwei Trainingsklingen zur Hand und zeigte Iskat neue Kampfmanöver, die sie dann später allein üben konnte, und wenn sie darüber hinaus irgendwelche speziellen Fragen hatte, suchte sie Kelleran auf.
Sie konstruierte ein zweites grünes Lichtschwert, das zu ihrer Hand passte, eine einfache Klinge, die sie beim Sparring oder beim Training mit Klefan verwendete. Das mysteriöse gelbe Lichtschwert, das sie in Sembers Schrank gefunden hatte, musste ein Geheimnis bleiben. Ob es nun tatsächlich Feyra gehört hatte, die womöglich Iskats Mutter oder eine andere Verwandte von ihr war, oder ob es von irgendeinem Fremden gebaut worden war, der aus irgendwelchen Gründen einen extrabreiten Schwertgriff brauchte, änderte nichts daran, dass es perfekt in Iskats Hand lag, als wäre es eigens für sie gemacht. Egal, wer das Schwert angefertigt hatte, jetzt gehörte es ihr, und sie sorgte sich, dass sie, wenn jemand davon erfuhr, ermahnt werden würde, weil sie sich so an etwas klammerte. Oder schlimmer noch, man würde es ihr wegnehmen und wegsperren, so wie all die Relikte, die sie mit Sember gesammelt hatte. Nur auf der vergessenen Baustelle in den unteren Ebenen von Coruscant konnte sie ihre neu entdeckten Fähigkeiten im Umgang mit der gelben und der grünen Klinge trainieren, ohne Angst vor Entdeckung haben zu müssen.
Was das Geheimnis um Feyra betraf, so blieb diese Spur kalt. Sie hatte keine neuen Träume, führte keine Datenbankrecherchen mehr durch, und es gab auch niemanden im Tempel, dem sie genug vertraute, um sich bedenkenlos nach Feyra erkundigen zu können. Vielleicht würde sie eines Tages die Wahrheit über sie erfahren, doch bis dahin blieb ihr nur das Lichtschwert, und das musste genügen.
Falls irgendwem auffiel, dass sich ihre Interessen gewandelt hatten, verlor niemand ein Wort darüber. Bei ihrer allmorgendlichen Meditation war Meister Uumay so verschlafen und enigmatisch wie eh und je. Die Kinder blieben Kinder, und die anderen verbliebenen Meister waren zu beschäftigt, um auch nur einen Gedanken an die sonderbaren Gewohnheiten einer einzelnen Jedi-Ritterin zu vergeuden. Keiner bemerkte, wie sie sich nach Einbruch der Dunkelheit davonschlich, und wer sie bei ihrer Rückkehr im Morgengrauen sah, nahm an, sie sei gerade erst aufgestanden. Sie lernte, mit weniger Schlaf auszukommen, und merkte bald, dass ihr das sogar guttat. Nur nachts, außerhalb des Tempels, verspürte sie ein Gefühl von Freiheit, das sie sorgsam hütete.
Der Krieg hielt die Jedi auf Trab, und die Leute kamen und gingen – doch meistens gingen sie. Iskat war, als würde sie jeden Tag von jemand anderem erfahren, der irgendwo weit weg den Tod gefunden hatte, von Jedi, von denen sie noch nie zuvor gehört hatte, von Planeten, von denen sie nicht einmal wusste, dass sie überhaupt existierten, aber auch von Leuten, mit denen sie aufgewachsen war, die auf Welten starben, über die sie so gut wie nichts wusste. Wenn die Leichen in den Tempel zurückgebracht wurden, hielt der Orden Beisetzungszeremonien ab, doch mit der Zeit schienen immer weniger Jedi übrig zu sein, um den Gedenkfeiern beizuwohnen.
Iskat nahm an jeder einzelnen teil.
Und bei jeder Zeremonie vernahm sie dieselben Aufforderungen, sich darüber zu freuen, dass ein weiterer Jedi eins mit der Macht geworden war. Doch es fühlte sich an, als würden einfach immer nur dieselben hohlen Ansprachen wiedergekäut, während sich immer dieselben Trauernden mit gesenktem Kopf versammelten, um sich rasch wieder ihrem Tagwerk zuzuwenden, sobald die Toten im Boden versunken waren. Jeder Jedi war ein Held der Republik, jeder gefallene Soldat ein strahlendes Licht in der Galaxis, ein erleuchtetes Wesen, dessen Körper nur ein vorübergehendes Gefäß war. Aber alle Beisetzungen waren gleich, und allmählich kam es Iskat so vor, als wären die Zeremonien für den Orden bloß noch gleichgültige Routine. Etwas, das man machte, weil es Tradition war, nicht weil es irgendetwas bedeutete.
Wieder und wieder bekam sie zu hören, dass die toten Jedi durch sie und in der Macht ewig weiterleben würden, aber alles, was Iskat sah, waren Leichen.
Sie fragte sich, wie es wohl sein musste, so untrainiert und unvorbereitet, wie sie selbst es gewesen war, in eine Galaxis ausgesandt zu werden, in der Krieg herrschte, und irgendwo in der Fremde zu sterben, weit weg von dem einzigen Ort, der sich wie ein Zuhause anfühlte, dem einzigen Zuhause, das ein Jedi je kennen würde. Dachten diese Jedi, wenn sie schwer verletzt in einen fremden Himmel hinaufstarrten, an die Macht und den Frieden, der sie vielleicht erwartete, wenn der Tod sie fand, oder an glückliche Momente im Kinderhort, damals, als ihr Leben noch voller Verheißungen vor ihnen lag? Verließen sie dieses Dasein voller Wut und Bedauern darüber, was sonst aus ihnen hätte werden können? Starben sie verängstigt und allein, was Iskat am wahrscheinlichsten fand?
Iskat war Zeugin des Todes geworden, hatte den Moment miterlebt, in dem eine Seele in die Macht überging, doch sie hatte dabei nie den Frieden und den Gleichmut gesehen, den Meister Uumay und alle Jedi-Lektionen gebetsmühlenartig versprachen. Selbst in ihrer sonst so gelassenen Meisterin hatte sie Schmerz, Angst und Verwirrung gespürt. Jedi mochten vielleicht besonders sein, mit der Macht verbunden, aber das bedeutete nicht, dass sie dem Tod mit mehr Würde begegneten als irgendein anderes Lebewesen. In diesem letzten Augenblick konnte ein Jedi genauso verloren und verlassen sein wie jeder andere auch.
Und mit Einsamkeit kannte Iskat sich aus. So befriedigend es auch sein mochte, ihre eigenen Interessen zu verfolgen, zu lernen und zu trainieren, wonach ihr der Sinn stand, so allein und verlassen fühlte sie sich, wenn sie durch die stillen Hallen des Tempels schritt. Besonders schmerzte es sie, dass Tualon selbst jetzt, nachdem so viel Zeit vergangen war, offenbar entschlossen war, ihr weiterhin aus dem Weg zu gehen. Dieses kurze Aufflackern von Freundlichkeit bei ihrer letzten Begegnung, bevor er mit Ansho und Charlin zu dieser Mission auf Kamino aufgebrochen war, hatte sie mit ihrer Freimütigkeit gleich wieder im Keim erstickt. Seitdem schien er sie überhaupt nicht zu bemerken, wenn sie einander zufällig begegneten, und ging mit einer eiligen Zielstrebigkeit, die vermuten ließ, dass er stets unterwegs zu etwas Wichtigem war. Als sie bei Meister Anshos Bestattung zu ihm trat, um ihm ihr Beileid auszusprechen, starrte Tualon nur geradeaus und murmelte seinen Dank, bevor er sie allein stehen ließ.
Iskat fühlte sich zusehends von den anderen Jedi isoliert. Dafür verfolgte sie den Fortgang des Krieges auf jede erdenkliche Weise.
Das, was sie in den Nachrichten darüber berichteten, war das eine – was die Leute erzählten, etwas völlig anderes. Von Heezo hörte sie Dinge, über die sie in den Holonachrichten kein einziges Wort verloren. Bei den Bestattungen flüsterten die Meister verstohlen miteinander. Die Straßenhändler in den unteren Ebenen machten ihrem Unmut lautstark Luft. Niemand fühlte sich wirklich noch sicher. Bei den wenigen Gelegenheiten, die man sie bat, Kanzler Palpatine erneut zur Ratskammer zu geleiten, konnte sie eine gewisse Unsicherheit in ihm spüren, eine stetig wachsende Anspannung, und obwohl er höflich war wie immer und sich stets an sie erinnerte, schien er mit den Gedanken zusehends woanders zu sein. Keine Frage: Die Republik steckte in ernsten Schwierigkeiten.
Es wurden so viele Schlachten geschlagen, dass sie es nicht schaffte, einen Überblick über alle zu behalten, doch jedes Mal, wenn sie von einer waghalsigen Rettungsmission durch die Jedi oder einem heimtückischen politischen Komplott der Separatisten hörte, das beinahe von Erfolg gekrönt gewesen wäre, schäumte sie insgeheim vor Wut.
Wäre sie dabei gewesen, hätte sich das Blatt vielleicht gewendet.
Würden die Jedi sie als die Waffe einsetzen, zu der sie geworden war, könnte sie vielleicht wirklich etwas Gutes bewirken.
Der Krieg, so schien es, würde noch lange, lange Zeit andauern. Und obgleich sie alles getan hatte, was der Rat von ihr verlangte, begann Iskat allmählich, den Glauben daran zu verlieren, dass man ihr jemals wieder erlauben würde, außerhalb des Tempels zu dienen. Das Trainingsprogramm, das sie sich selbst auferlegt hatte, war körperlich so ermüdend, dass sie in den Nächten, in denen sie es überhaupt ins Bett schaffte, zu Tode erschöpft einschlief. Doch das war Absicht, denn nur so konnte sie verhindern, dass sie im Dunkeln an die Decke starrte und sich darüber ärgerte, mit Kindern spielen zu müssen, statt ihren Beitrag dazu zu leisten, den Frieden in der Galaxis wiederherzustellen.
Und dann, eines Tages, wurde sie in die Kammer des Hohen Rats der Jedi gerufen.
Es waren bloß zwei Ratsmitglieder anwesend: Yoda und Mace Windu. Etwas abseits standen die Meister Klefan und Uumay, und keinem von ihnen konnte man am Gesicht ansehen, warum man sie herbestellt hatte.
Obwohl ihr geheimes Training dafür gesorgt hatte, dass sie heute wesentlich selbstbewusster war als bei ihrem letzten Besuch in der Ratskammer, flößte es ihr dennoch gehörigen Respekt ein, vor zwei der mächtigsten Jedi der Galaxis zu stehen. Sie drückte die Schultern durch und hob ihr Kinn, ihren Zopf sorgsam auf dem Rücken, froh darüber, dass sie ihre Gewänder stets in makellosem Zustand hielt, selbst wenn es niemandem im Tempel auffiel.
»Jedi-Ritterin Iskat Akaris«, sagte Meister Windu und lehnte sich auf seinem Platz vor. »Seit Thule sind über zwei Jahre vergangen. Was hast du seither gelernt?«
Iskats Finger zuckten, aber sie ballten sich nicht zu Fäusten.
Sie hatte mit dieser Frage gerechnet.
Und sie hatte darüber nachgedacht, was sie darauf antworten sollte.
Viel nachgedacht.
Sie faltete ihre Hände. »Meister, auf Wunsch des Rats habe ich meine Tage der Unterweisung der Jünglinge gewidmet, was mich Geduld gelehrt und es mir erlaubt hat, meine Mitte zu finden. Dadurch, dass ich den Kindern den Jedi-Kodex nahegebracht habe, hat sich auch mein eigenes Verständnis unserer obersten Grundsätze vertieft, und den Kindern dabei zu helfen, die Ungewissheit und die Verluste zu verarbeiten, die der Krieg der Galaxis aufgezwungen hat, gab mir die Möglichkeit, meine eigenen Erfahrungen damit in den richtigen Kontext zu setzen. Meine Freizeit habe ich damit verbracht, mich durch meine persönlichen Studien und mein Training nach besten Kräften weiterzuentwickeln. Ich meditiere jeden Morgen mit Meister Uumay und konnte meine Lichtschwertfähigkeiten dank Meister Klefan merklich verbessern.«
Mace nickte langsam und sah ihr mit seinem intensiven Blick direkt in die Augen. »Jocasta Nu hat uns berichtet, dass du häufig die Bibliothek aufsuchst.«
Sie verbarg die Besorgnis, die flüchtig in ihr aufblitzte, hinter einem kleinen Lächeln. »Ja, vermutlich ist sie es mittlerweile leid, dass ich sie ständig nach neuen Schriften frage. Doch es gibt so vieles, was Meisterin Vey mich nie gelehrt hat. Außerdem habe ich unsere Archive bislang noch nie wirklich genutzt, und auch wenn es nicht meine Berufung ist, dort zu arbeiten, möchte ich dies jetzt unbedingt nachholen.«
Seit damals hatte Jocasta ihr Angebot, in den Archiven zu arbeiten, zwar nicht erneuert, doch mit einem Mal überkam Iskat die Sorge, dass sie vom Unterrichten im Kinderhort geradewegs in die Bibliothek geschickt werden würde. Keine dieser beiden Möglichkeiten gefiel ihr, aber sie wusste, dass sie dem Willen der Macht ausgeliefert war – und dem dieser Jedi-Meister.
»Meister Uumay, hat Iskat in Euren Augen gute Fortschritte bei Euch gemacht?«, fragte Mace.
Der alte Bimm blinzelte schläfrig und nickte. »Ja, ja, sie ist eine vorbildliche Schülerin. Der kleine Tang-Tang-Vogel hat endlich gelernt, zur Ruhe zu kommen. Würden doch nur alle jungen Jedi-Ritter so viel Zeit mit Meditieren verbringen.«
»Dann überfüllt die Meditationsgärten wären«, sagte Yoda mit einem Kichern, in das Uumay einstimmte.
Mace wandte sich an Klefan Opus. »Meister Klefan, Ihr wart Sembers Mentor und mit Iskat auf Geonosis. Manche würden behaupten, Ihr kennt sie besser als jeder andere. Was habt Ihr zu sagen?«
Meister Klefans Blick ruhte auf Iskat. Seine Hautsäcke waren mit Wasser gefüllt, was ihm eine Aura ernster, nachdenklicher Erhabenheit verlieh. »Ihr werdet kaum einen Jedi finden, der den Umgang mit zwei Lichtschwertern besser beherrscht, und das, nachdem sie auf Geonosis bewiesen hat, wie geschickt sie bereits mit einem ist. Ich war dabei, als sie einem anderen Padawan unter großem persönlichem Einsatz das Leben rettete, und ich verdanke ihr auch mein eigenes. Ja, Sember kam gelegentlich zu mir, um mir ihre Bedenken in Bezug auf ihre Schülerin mitzuteilen, doch ich weiß, mit welcher Demut, welchem Fleiß und welcher Hingabe sich Iskat ihren Studien der Macht widmet, und ich bin mit ihrer Entwicklung zufrieden. Zugegeben, bisweilen kann sie vorlaut und ein wenig zu neugierig sein, aber damit ist sie unter den Jedi keineswegs allein, nicht wahr? Ich denke, sie wird dem Orden Ehre machen, wenn sie uns und die Republik auf dem Schlachtfeld vertritt.«
Iskat bebte fast vor Freude, als sie hörte, wie er ihre Fähigkeiten lobte und vorschlug, sie endlich von ihren Pflichten im Tempel zu befreien. Zwar missfiel es ihr, zu erfahren, dass Sember über ihre Sorgen bezüglich Iskat mit Klefan besprochen hatte, aber wenn sie an Sembers letzte Worte dachte, war offensichtlich, dass ihre Meisterin das Gefühl gehabt hatte, ihre Padawan-Schülerin irgendwie im Stich gelassen, nicht genug für sie getan zu haben. Vielleicht war also gar nicht so sehr Iskat das Problem gewesen. Vielleicht war ihre Meisterin selbst das Problem.
Mace und Yoda tauschten einen Blick. Dann erhob sich Meister Windu.
»Iskat, hast du das Gefühl, dass du bereit bist, in den Feldeinsatz zurückzukehren? Körperlich und geistig?«
Ihre Herzen schlugen schneller, als Hoffnung sie erfüllte. »Ja, Meister, das habe ich.«
»Wie Klefan schon sagte, empfand Sember dich als hitzköpfig und rebellisch. Sie hatte Bedenken, dass du Situationen, in denen du großem Druck ausgesetzt wärst, nicht standhalten würdest. Tatsächlich hegte sie sogar gewissen Zweifel, ob du jemals in den Rang einer Jedi-Ritterin aufsteigen würdest. Warum, meinst du, war das so?«
Iskat zwang sich, ihre Wut auf Sember hinunterzuschlucken. »Ich denke, meine Meisterin wollte ganz bewusst das Schlechteste in mir sehen, damit sie mir besser helfen konnte, mich zu ändern. Jedes Kind kann und soll Fehler machen – wichtig ist, daraus zu lernen. Ich habe zahlreiche Fehler gemacht, vermutlich mehr als viele meiner Jedi-Gefährten, aber das bedeutet auch, dass ich aus diesen Fehltritten mehr gelernt habe. Sember neigte dazu, sich ganz in ihre Arbeit zu vertiefen, und ließ mich oft allein trainieren, auch wenn ich ihre persönliche Unterweisung stets vorgezogen hätte. Dennoch weiß ich die Zeit und die Energie zu schätzen, die sie in meine Ausbildung investiert hat, und ich hoffe, dass es mir gelingt, ihr Andenken mit Stolz zu erfüllen.«
Einen langen Moment sahen Mace und Yoda sie an, als stünde ihr die Wahrheit überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Iskat tat ihr Bestes, ruhig und gleichmäßig zu atmen, verbarg ihre Emotionen, schloss den Mund zu einem knappen Lächeln und hielt ihre Hände in den Ärmeln ihrer Robe verschränkt, damit die Meister das nervöse Zucken ihrer Finger nicht sahen.
»Diese Meister großes Vertrauen in dich haben«, sagte Yoda schließlich. »Dass du bereit bist, sie glauben. Genau wie Kanzler Palpatine. Ich selbst da nicht so sicher bin, aber …« Er seufzte. »Groß unsere Not ist.«
»Keine weiteren Zwischenfälle«, erklärte Mace mit Nachdruck. »Keine weiteren Explosionen.«
Iskats Kopf sackte nach vorn, wenn auch nur ein bisschen. »Keine Explosionen, Meister.«
Mace bedachte sie mit einem ernsten Nicken und ging dann zur Tür. »Hol deine Ausrüstung und melde dich bei Landeplatz fünf. Dort wartet dein Team auf dich. Alle Beteiligten wurden umfassend gebrieft. Ich übertrage die Einzelheiten der Mission in Kürze auf dein Datenpad. Du bist die Nummer drei in der Befehlsfolge. Du wirst genau das tun, was deine Vorgesetzten dir auftragen, die den ausdrücklichen Befehl erhalten haben, uns über deine Leistung auf dem Laufenden zu halten. Ich denke, ich muss nicht eigens betonen, dass der Erfolg und Verlauf dieser Mission maßgeblich über deine künftige Rolle im Jedi-Orden entscheiden werden.«
Plötzlich überkam Iskat ein so heftiger Anflug von Furcht, dass ihr schier der Atem stockte. Denn obwohl sie Heezo gesagt hatte, dass sie sich nach Freiheit sehnte, wollte sie sie zu ihren eigenen Bedingungen. Aus dem Orden geworfen zu werden …
Dieser Gedanke war einfach unvorstellbar.
»Meister, ich … der Jedi-Orden ist mein Zuhause …«
»Keine Angst du haben musst, Iskat«, sagte Yoda freundlich. »Im Tempel immer ein Platz für dich ist.«
»Dann ist diese Mission also so etwas wie ein Test?«
Meister Windu öffnete die Tür. »Wir befinden uns im Krieg. In solchen Zeiten ist alles ein Test. Viel Glück, Jedi Akaris.«
»Danke, Meister. Uumay, Klefan. Ich werde Euch nicht enttäuschen.«
Mit einer respektvollen Verbeugung verließ Iskat den Raum und wartete, bis sie allein im Aufzug war, wo sie vor Freude kreischend auf- und absprang. Endlich! Ein Auftrag! Ihre Geduld und ihr Schweigen in den letzten zwei Jahren hatten sich ausgezahlt. Morgen früh würde sie nach dem Aufstehen nicht mit Meister Uumay meditieren und den Tag auch nicht damit zubringen, die Kinder zu unterweisen. Stattdessen würde sie auf einem neuen, aufregenden Planeten sein. Was machte es da schon, dass dies ein Test war? Schließlich hatte sie bislang jede Prüfung bestanden, der sie sich stellen musste.
Na ja, abgesehen von Thule.
Jedenfalls in den Augen der Meister.
Sie musste sich zusammennehmen, nicht pfeifend und singend zu ihrem Quartier zu hüpfen, wo sie ihre beste Reisemontur und ihren Umhang anlegte und sich fröhlich ihren Allzweckgürtel umschnallte. Einen Moment lang dachte sie daran, das gelbe Lichtschwert mitzunehmen, doch dann verstaute sie es lieber sorgsam hinten in der Schublade ihres Kleiderschranks, genau wie Sember es einst getan hatte. Man würde sie auf dieser Mission genau beobachten, darum musste sie die perfekte Jedi-Ritterin sein. Sie würde beweisen, dass man ihr vertrauen konnte. Deshalb packte sie stattdessen ihre beiden Lichtschwerter mit den grünen Klingen ein.
Als sie kurz darauf bei Landeplatz fünf eintraf, waren einige Klontruppler gerade dabei, Kisten in ein Shuttle zu laden, während ihr zwei bekannte Gestalten entgegenblickten, als sie näher kam. Das Erste, was sie beim Anblick der beiden Männer verspürte, war Aufregung, gefolgt von einem mulmigen Gefühl, da sie ahnte, dass die Dinge komplizierter werden würden als ursprünglich angenommen.
»Hallo, Tualon«, sagte sie heiter. »Captain Spider.«
»Generalin. Es ist lange her«, begrüßte der Klon-Captain sie mit einem kurzen Salut.
»Jedi Akaris«, war alles, was Tualon sagte, bevor er sich abwandte und ohne ein weiteres Wort an Bord des Schiffes ging.