Erstes Omen

Tage vor der Ankunft

 

Ein Holo verbreitet die Schreckensnachricht.

Entsetzt folgst du dem Treiben in der riesenhaften Projektion. Als schillerndes Rechteck hängt sie über den Dächern von Arkonis, wie ein zweiter Himmel unter dem ersten, und spendet fahles Licht in der Abenddämmerung.

Darin zu sehen: Sterne, Lichtjahre entfernt und in Konstellationen, die kein Eingeborener von Larsaf III je sah. Hektische Schnitte, dann das Blitzen von Energiegeschützen und weiße Punkte, die auf entfernte Raumschiffstriebwerke hindeuten. Neue Sonnen entstehen, blähen sich auf und verpuffen in der Schwärze. Es sind Explosionen: Was du siehst, ist ein Kriegsbericht. Soeben erreicht er die Kolonie.

Um dich herum herrscht erregtes Schweigen. Der Schein des Riesenholos beleuchtet Straßen aus frisch gegossenem Metallplast. Er wird reflektiert von den Arkonstahlgerüsten jungfräulicher Hochhäuser und den bläulichen Hüllen der Kugelraumer, die sich zu Hunderten über den nahen Raumhafen erheben. Er färbt die Züge der Passanten hellblau; weißhaarige Männer und Frauen, die meisten in Uniform der Raumflotte, einige in Zivil.

Köpfe sind gereckt, Blicke an den Himmel geheftet. Münder stehen offen. Tränen rinnen über leere Gesichter. Die Walzenraumer sind in der Überzahl. Feuerblumen erblühen und vergehen, jede zeugt vom Tod Tausender tapferer Krieger. Ihre Leben verwehen in gespenstischer Lautlosigkeit. Jemand hustet erstickt.

Reiß dich zusammen! Du bist Arkonide! Verzweiflung steht dir nicht, die ist für deine Feinde da – selbst wenn du und die anderen Kolonisten ihren Triumph verfolgen. Du bist müde.

Seit sechs Monaten lebst du auf diesem einsamen Planeten am Rand der zivilisierten Galaxis, als treuer Diener von Kristallprinz Atlan da Gonozal – dem größten Flottengeneral aller Zeiten. Dein Volk kämpft ums Überleben. Die Methanatmer kommen, um dich zu vernichten, alles, was du kennst, und alles, was du liebst. Die Schlacht im Grxlirasystem ist eine von vielen. Der Gegner macht vor nichts halt, doch wenn einer sie stoppen kann, ist es Atlan. Zumindest war das deine Hoffnung.

Bis jetzt.

Wieder ein Schnitt. Eine aufbereitete Darstellung; dieselben Schiffe, doch nun optisch überproportional aufgeblasen, sodass ihre Formen erkennbar und die Typen unterscheidbar werden. Walzenraumer kämpfen gegen kugelförmige Einheiten; Kursvektoren in mattem Gelb verzieren das Geschehen, ein Text in blauen Satron-Lettern überlagert den Bildrand und liefert Daten.

Zahlen lügen nicht. Die Wahrheit spricht für die Methans. Arkons Flotte hat keine Chance gegen die Übermacht.

Dann das, worauf ihr alle still gewartet habt. Ein einzelnes Raumschiff kommt ins Bild. Der Pilot weicht einem Pulk aus Gegnern aus, doch die Jäger der Methans sind wendiger und schneiden ihm den Weg ab, dann vergeht es in einem Ball aus Licht.

Du kannst den Aufschrei nicht unterdrücken. Das Schiff, das da eben in den Untergang gestürzt wurde – es war die TOSOMA. Das Flaggschiff von Atlan da Gonozal.

Das Bild reißt abrupt ab und weicht einer einfachen Texteinblendung. Welche Einheit auch immer die Schlacht mit ihren Optiken aufgezeichnet hat, ist der Vernichtung ebenfalls zum Opfer gefallen.

Fassungslosigkeit herrscht in den Straßen, Kinder weinen, Männer fallen entmutigt auf die Knie, Frauen schütteln ungläubig den Kopf. Du blickst zu Boden, schluckst, bevor du dich zwingst, erneut aufzusehen und den Text zu lesen.

Atlan da Gonozal ist tot, steht in unbestechlichen Lettern am Himmel. Lang lebe der Kristallprinz.