Stunden nach der Ankunft
Dein Raumschiff existiert nicht mehr. Die Maahks haben es vernichtet und alles, was euch bleibt, ist dieses marode Beiboot. Ihr versteckt euch wie Feiglinge.
Die Schlacht ist vorbei, Arkon unterlag im Kampf gegen diese Methan atmenden Ungeheuer. Trümmer und Wracks treiben vor dem Hintergrund der Sternenschwärze. Dein Boot, die LT-IV, letztes Überbleibsel der zerstörten LOK TAI, gehört dazu. Die weißblaue Sonne spendet Ortungsschutz. Ihre Strahlenschauer belasten die Schildprojektoren und stören die Ortung, aber sie bewahren euch auch vor der Entdeckung. Der Gegner patrouilliert im Grxlirasystem, ein tödlicher Wächter, der alle Überlebenden aus dem All fischt und jeden Zeugen eliminiert. Ihr Heroen, macht, dass sie euch nicht entdecken!
Deine Angst raubt dir den Verstand. Du bist eine von einer Handvoll Überlebender. Wie lange könnt ihr in diesem Versteck ausharren? Wie lange reicht euer Proviant? Wie lange, bevor die Lebenserhaltung versagt und ihr euch gegenseitig zerfleischt, irre vor Anspannung und Furcht?
Der Kommandant gibt Losungen aus, Durchhalteparolen und Lob, doch sein Trost verfängt sich nicht in euren Herzen. Du hast gesehen, wie die TOSOMA vernichtet wurde und weißt, dass der Kristallprinz an Bord war. Atlan da Gonozal fiel mit seinem Flaggschiff. Er ist tot und alles ist verloren.
Und doch ...
Der Kommandant scheint noch Hoffnung zu haben. Mit verschwörerischem Funkeln in den Augen winkt er dich zu sich. »Datenspezialistin da Mirdor, begleiten Sie mich!«
Du machst einen Schritt über herumliegende Trümmer und weichst herabgestürzten Deckenteilen aus. Ihr eilt zur Positronikstation neben dem Terminal des Funkers.
Der Kommandant errichtet ein Schallschutzfeld. »Zeigen Sie's ihr!«, befiehlt er dem Funkoffizier.
Ein verschlüsselter Hyperfunkspruch dringt aus den Akustikfeldern, Krachen und Quietschen, kaum vom Hintergrundrauschen zu unterscheiden. Der Funker hat ihn aufgefangen, wird dir erklärt. Er hat ein gutes Ohr! Einem weniger erfahrenen Offizier wäre dieses schwache Signal sicher entgangen, denn es ist gut getarnt. Wer immer es abgesetzt hat, wollte nicht, dass es abgefangen wird.
»Können Sie es entschlüsseln?«, will der Kommandant wissen.
Nichts leichter als das! Du machst dich an die Arbeit, wirfst mit Algorithmen und reversierenden Codes um dich. Die Positronik ist angeschlagen und alles dauert länger als üblich.
Ein Suchverband der Methans streift die Korona der Sonne. Während du auf das Ergebnis wartest, verfolgst du ihren Kurs in der Außenbeobachtung. So nahe war der Gegner noch nie, seit ihr hier festsitzt! Dein Herzschlag rast.
Endlich hat das Bordgehirn den zur Verschlüsselung benutzten Logarithmus identifiziert. Nun ist es nur noch eine Frage von Dezitontas, bis die aufgefangene Nachricht im Wortlaut vorliegt. Als du den Namen des Verschlüsslungsverfahrens im Display siehst, stutzt du.
»Same'Thorton 5-ASC«, liest du vor. »Das ist keine maahksche Enkryption. Wer diese Nachricht abgesetzt hat, war einer von uns!«
Wann hat der Funker sie empfangen? Vor der Schlacht? Währenddessen? Danach? Du verstehst nicht, was vor sich geht. Belauscht der Kommandant seine eigenen Vorgesetzten? Hat er keine dringlicheren Sorgen – die Flucht und euer aller Überleben beispielsweise?
Der Kommandant antwortet nicht. Seine Hände sind zu Fäusten geballt.
Die Entschlüsselung ist abgeschlossen und die Positronik spielt sie automatisch ab. Ein dreidimensionales Bild entfaltet sich im Darstellungsbereich der Konsole. Es zeigt das Konterfei einer Arkonidin.
Verblüfft musterst du das strenge, intelligente, aber verschlossene Gesicht mit den eng beieinanderstehenden Augen und dem düsteren Blick. Ihr Haar ist fingerlang und frech. Du kennst sie, bei deinem letzten Aufenthalt im Flottenstützpunkt auf Larsaf III ist sie dir begegnet. Ihr Name ist ... Rowena, Nachname unbekannt. Im Gouverneurspalast geht sie ein und aus. Wer sie ist, welchen Posten sie besetzt? Du weißt nur Gerüchte. Angeblich kannte sie Atlan da Gonozal.
Die Arkonidin spricht: »Diese Schlacht wird Todesopfer fordern, doch das müssen wir verschmerzen. Die Maahks müssen im Grxlirasystem siegen, komme, was w...«
Weiter kommt sie nicht. Der Kommandant bedeutet der Positronik mit einem Wink, die Wiedergabe zu unterbrechen. Rowenas spröde Stimme reißt abrupt ab.
»Danke, Datenspezialistin da Mirdor. Wegtreten!«
Du zögerst. Was hast du da eben gehört? Deine Neugier will dich zwingen, zu widersprechen – die Sache ist suspekt, sie riecht nach Verrat. Aber willst du wirklich wissen, was dein Vorgesetzter hinter dem Rücken seiner Vorgesetzten treibt?
Mitwisser sind mitschuldig. Du machst eine Ehrenbezeugung, trittst gehorsam aus dem Schallschutzfeld und begibst dich zurück an deine Station. Die Münder des Funkers und des Kommandanten bewegen sich, doch du widerstehst dem Drang, von ihren Lippen zu lesen.
Eine Tonta später endet das Gespräch. Das Schutzfeld erlischt, der Kommandant setzt sich auf seinen Platz und erteilt Befehle. »Kurs setzen. Ziel: Larsaf III. Sobald sich die Gelegenheit bietet, wagen wir den Durchstoß. Den Gouverneur wird interessieren, was wir entdeckt haben.«
Endlich tut sich etwas! Während Navigator und Pilot sich heiser Stichworte zurufen, klammerst du dich ängstlich an dein Terminal. Ob euch die Flucht vor den Maahk-Patrouillen gelingt?
Mögen die Sternengötter euch gnädig sein!