Kommentar

 

Atlantis – Kontinent der Geheimnisse

 

»Vor dem Eingang des Meeres, der, wie ihr sagt, Säulen des Herakles heißt, befand sich eine Insel, größer als Asien und Libyen zusammen.« So beschrieb der griechische Philosoph Platon in seinem »Timaios« den fiktiven versunkenen Kontinent Atlantis. William Voltz zitierte ihn zu Beginn seines ATLAN-Bandes 300, »Das neue Atlantis«.

Einige Wissenschaftler haben vermutet, Platon meinte mit Atlantis in Wahrheit die griechische Insel Santorin nördlich von Kreta. Dort kam es um 1600 vor Christus zu einem der größten Vulkanausbrüche der Menschheitsgeschichte. Er führte zum Untergang des kretisch-minoischen Reiches.

In der Mythologie der PERRY RHODAN-Serie lag Atlantis im Atlantischen Ozean zwischen den Kontinenten Amerika und Afrika, mit denen es durch »schmale Landbrücken« im Westen und Osten verbunden war.

Im PERRY RHODAN-Band 60, »Festung Atlantis«, beschrieb der Autor K. H. Scheer, wie der arkonidische Flottenadmiral Atlan zum ersten Mal den später nach ihm benannten Kontinent überfliegt:

»Die ovale, etwa 2000 Kilometer lange Insel war zu einem großen Teil klar zu überblicken.

Dort, wo sich ein schmaler, oftmals durch breite Wasserflächen unterbrochener Gebirgsstreifen zur östlich davon gelegenen Wüstenlandschaft hinüberzog, fanden wir ein großes, hoch über dem Meer liegendes Plateau, dessen steppenartiger Charakter gute Landemöglichkeiten versprach.«

Laut Scheer befand sich Atlantis am Äquator, hatte ein tropisches Klima, das den Arkoniden behagte, war gebirgig und nur wenig bewaldet. Atlans Unterwasserkuppel (siehe Atlantis-Kommentar 1) lag »südlich der Azoreninsel São Miguel«, und die Azoren waren Berggipfel des versunkenen Kontinents (PERRY RHODAN 50 und 70).

Als Ben Calvin Hary als Exposéautor vor etwa einem Jahr mit den Vorarbeiten für die neue Atlantis-Miniserie begann, trug er als Erstes Scheers kanonische Vorgaben zusammen: Was musste er für die Geschichte, die er nun erzählen wollte, unbedingt berücksichtigen? Wo gab es offene Fragen, Lücken, unerzählte Geschichten?

Schnell fand Hary heraus, dass es sowohl Widersprüche innerhalb Scheers eigener Erzählung gab als auch Kollisionen mit anderen etablierten Fakten.

So müssten die Azoren mit der Südostküste von Atlantis identisch sein, der Kontinent läge demnach oberhalb der Azoren im polaren Nordatlantik, weit entfernt vom Äquator. Außerdem hätte Atlantis, wenn es über »schmale Landbrücken« die Kontinente in seinem Westen und Osten verbinden sollte, deutlich länger sein müssen als die genannten 2000 Kilometer.

In einem internen Datenblatt schrieb der Exposéautor: »Dazu kommt noch, dass São Miguel nicht mal die südlichste Azoreninsel ist! Südlich des angeblichen Kuppelstandorts liegt Santa Maria, was dann ja ebenso Teil des Kontinents gewesen sein müsste.«

Für »sein« Atlantis gab Hary die Devise aus: Wir schildern es – so weit es geht – im Einklang mit den Beschreibungen in den Originalromanen. Wo diese in sich widersprüchlich sind oder im Gegensatz zu den tatsächlichen geografischen Verhältnissen auf der Erde stehen, nehmen wir – sofern das für unsere Geschichte notwendig ist! – eine sanfte Korrektur der alten Romane vor.

So lokalisierte Hary Atlans Tiefseekuppel zwar südlich der Azoren, aber am nordöstlichen Zipfel des Kontinents (siehe Karte in Band 1). Der eigentliche Kontinent erstreckt sich südwestlich davon zwar nicht direkt am Äquator, aber ein gutes Stück südlich der Azoren, so wie es auch schon einmal der PERRY RHODAN-Datenspezialist Rainer Castor festgelegt hatte.

Hary machte die »Landbrücken« zu einigen kleinen Inselketten, verlängerte Atlantis auf 3600 Kilometer und ließ Atlan im ersten Band PERRY RHODAN-Atlantis augenzwinkernd kommentieren: »Viele meiner Augenzeugenberichte taugen kaum als historische Quelle. Manches habe ich nur grob geschätzt, anderes der Kürze halber unerwähnt gelassen.«

So bietet »unser« Atlantis viel Spielraum für neue, phantasievolle Geschichten. Es ist ein großer, geheimnisvoller Kontinent, der sich über mehrere Klimazonen erstreckt. Auf ihm gibt es Wüsten, Steppen, Wälder, Sumpfland und Gebirge sowie eine exotische Flora und Fauna. Atlantische Ureinwohner, die von den Lemurern abstammen, treffen auf arkonidische Siedler, die eine Stadt der Zukunft errichten. Aus den Augen der Eingeborenen Caysey beschreibt Lucy Guth den Kontinent in ihrem Roman »Festung Arkonis« als ein Land voller Götter, Legenden und Geheimnisse.

 

Olaf Brill