Rowena
Rowena starrte in die grauen Wolken, die ihr Blickfeld einnahmen. Langsam spürte sie ihren Körper wieder, aber es fiel ihr schwer, den Blick zu fokussieren.
Sie lag auf dem Boden des Schrottplatzes, dort, wo der Roboter sie abgelegt hatte. Wenigstens war er dabei einigermaßen vorsichtig vorgegangen. Nicht, dass sie es gespürt hätte, hätte er sie einfach hingeworfen.
Über ihr schwankte eine kleiner werdende Kugel am Himmel – das Beiboot, das Rhodan gestohlen hatte. Zur Untätigkeit verdammt hatte sie dabei zusehen müssen, wie es abhob und davonflog.
Rowena spürte den Wind, der über ihr Gesicht strich. Der Sturm, der sich die ganze Zeit über von Norden her genähert hatte, war nun fast da.
Regen setzte ein, wurde schnell stärker. Schon bildeten sich erste Pfützen neben ihr. Die Tropfen sammelten sich auf ihren Wangen und liefen ihr in den Kragen des Anzugs. Wenigstens den hatte man ihr gelassen.
Eine aufkeimende Erinnerung drängte die Nachwirkungen des Paralysatorschusses schlagartig in den Hintergrund. Es kostete sie viel Kraft, den rechten Arm zu heben und ihn auf ihre Brust zu schieben. Ihre Finger tasteten sich vorwärts und fanden – nichts.
Das Talagon! Es war tatsächlich verschwunden. Natürlich: Rhodan hatte es ihr abgenommen. Es war also doch kein böser Traum gewesen.
Rowena hatte Rhodan und seine Begleiterinnen wieder einmal unterschätzt. Die Wut auf sich selbst gab ihr neue Kraft.
Sie schaffte es, sich aufzusetzen, schaute sich um. Die Arkonidin versuchte per Funk Kontakt zur Nordfestung zu bekommen, aber niemand antwortete ihr – auch die Positronik selbst nicht. Das verheißt nichts Gutes. Sie musste also im schlimmsten Fall davon ausgehen, dass die Festung inzwischen in der Hand des Feindes – oder schlimmer noch – von ihm zerstört worden war?
Als etwas Kaltes Rowena im Nacken berührte, fuhr sie erschrocken zusammen.
Fünf Venusrobben standen auf ihren Hinterflossen neben Rowena und stupsten sie an. Eines der Wesen stieß ein fragendes Fiepen aus.
»Lasst mich in Ruhe!« Rowena machte eine scheuchende Handbewegung, woraufhin die Robben schleunigst das Weite suchten.
Es platschte leise, während sie mit den Flossen in immer größer und zahlreicher werdende Pfützen schlugen.
Die Arkonidin verfluchte ihre Arroganz. Das Talagon war wieder in der Hand des Feindes! Wenn diese es in ihrer unglaublichen Naivität öffneten, drohte der gesamten Galaxis der Untergang!
Mühsam kam Rowena auf die Beine und überprüfte die Funktionen ihres Anzugs. Die Energie für den Schirm und den Antigrav war aufgebraucht. Glücklicherweise hatte sie noch ihren Gleiter, um damit nach Amonaris zurückzukehren. Um von meinem Scheitern zu berichten. Der Tato wird begeistert sein.
Mit wackeligen Schritten machte sie sich auf dem Weg. Aus Rowenas regennassen Haaren tropfte das Wasser in den Kragen ihres Anzugs. Ich war so dumm. Also bleibt mir keine andere Wahl, als das zu tun, was ich unbedingt vermeiden wollte.
Sie warf noch einmal einen Blick in den Himmel. Der Kugelraumer war längst verschwunden. Bald würde er nicht einmal mehr im Solsystem sein, das ahnte Rowena.
Ihr blieb nur noch eine Wahl, damit sie die Gefahr rechtzeitig abwenden konnte: Sie musste den Kristallprinzen selbst um Hilfe bitten.
ENDE
Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger sind in der Vergangenheit gestrandet und müssen erst einmal ihr Überleben sichern. Sie benötigen Informationen, und erst dann können sie versuchen, in ihre Gegenwart zurückzukehren. Vor allem müssen sie endlich herausfinden, warum Rowena sie so erbarmungslos jagt und weshalb Atlan als tot gilt.
Was sie und ihre Begleiterin Caysey auf der Venus erfahren haben, hat teilweise für noch größere Verwirrung gesorgt. Immerhin verfügen sie nun über ein Raumschiff, das sich zwar in einem schlechten Zustand befindet, aber immerhin in eine Transition gehen kann.
Wo sie herauskommen und was sie an diesem Ort erleben, das erzählt Olaf Brill im vierten Band der Miniserie PERRY RHODAN-Atlantis – der Roman erscheint am 29. April 2022 und trägt den Titel:
DER RAUMFSCHIFFSFRIEDHOF