13.

 

Galkorrax!

Der Flottenstützpunkt der Maahks, dessen Namen Rhodan im Raumschiffsfriedhof der alten Maahkpositronik entlockt hatte. Sämtliche Daten über Galkorrax, die Rhodan in seiner Anzugpositronik gespeichert hatte, waren verloren, seit die Gegner ihm den arkonidischen Raumanzug abgenommen hatten.

Grek-1 war wortlos wieder gegangen, und die Zellentür hatte sich kreischend hinter ihm geschlossen. Rhodan stand in Hemd und Hose in der heißen, trockenen Zelle. Er spürte die Barthaare auf Kinn und Wangen, die von unten durch das Plastzeug stießen, mit dem er sich das Aussehen eines Arkoniden gegeben hatte. Die gefärbten Haare klebten auf seiner Stirn.

Irgendwann spürte Rhodan einen ziehenden Kopfschmerz, der immer stärker wurde und dann plötzlich abbrach. Das Raumschiff der Maahks war transitiert.

Erneut dachte Rhodan an Caysey und ihre Verletzungen, innerlich wie äußerlich. Die Atlanterin hatte sich bisher tapfer geschlagen. Wie würde es ihr als Gefangene der Maahks ergehen?

Die Zellentür flog auf. Drei Maahksoldaten kamen herein. Einer warf ihm einen Gefangenenanzug zu. Nachdem Rhodan ihn angezogen hatte, legten die Soldaten ihm erneut Energiefesseln an, trieben ihn auf den Gang und führten ihn ab.

Durch den dünnen Stoff des Anzugs spürte Rhodan, dass es im Maahkschiff noch wesentlich heißer war als in seiner Zelle. Ab und zu begegneten ihnen die schattenhaften Gestalten anderer Maahks, die an ihnen vorbeimarschierten und die Gruppe mit dem Gefangenen nicht weiter beachteten. Die Methanatmer rüsteten zum nächsten Kampf. Rhodan und seine Gefährtinnen waren mitten in einen Krieg geraten, der einen Großteil der galaktischen Westside umspannte.

 

*

 

Im Raumtransporter, in den ihn die Maahks brachten, traf Rhodan Sichu und Caysey wieder. Sie waren ebenfalls gefesselt und in leichte Schutzanzüge mit Atemgeräten und Antigravgürteln gesteckt worden. Sichu ging aufrecht, Caysey leicht gebückt. Der Anzug, den sie ihr verpasst hatten, war viel zu groß. Er schlackerte um ihre kleine Gestalt, selbst um den runden Bauch. Immerhin sorgte er dafür, dass sie atmen konnte und die volle Schwerkraft des Maahkraumers nicht eine sofortige Sturzgeburt auslöste. Das hätten wahrscheinlich weder Caysey noch das Kind überlebt, selbst ohne den Totgebärer-Fluch.

»Regeit! Caysey!«, rief Rhodan geistesgegenwärtig. »Haben die Maahks ...«

»Ruhe!«, brüllte einer der Maahksoldaten und machte eine bedrohliche Geste mit einem seiner elastischen Arme. Rhodan zweifelte nicht daran, dass er seine Gefangenen notfalls mit Gewalt zur Ruhe bringen würde, indem er ihnen die Atemgeräte vom Kopf riss.

Der Maahk zwang die Gefangenen auf die Knie und ließ sie dort verharren.

Sichu nickte Rhodan unmerklich zu. Alles in Ordnung, hieß das. Ich habe mich genau so verhalten wie du. Ihre Arkonidennamen waren also von nun an Nadohr Yrrep und Regeit Skrod-Uhcis.

Auch Caysey sah mit flackernden Lidern zu Rhodan. Tapfer presste sie die Lippen zusammen. Die Atlanterin schlug sich besser, als Rhodan befürchtet hatte.

Der Transporter erhob sich aus dem Hangar und flog durch das unbekannte Sternsystem, zu dem die Maahks sie gebracht hatten. Als Rhodan den Kopf drehte, konnte er einen von blaugrünen Schwaden überzogenen Planeten sehen, auf den der Transporter zusteuerte. Galkorrax.

Es war nicht das Blaugrün der Erde, das die Kameraden erwartete, sondern es waren tödliche Wirbel aus Ammoniak, reinem Wasserstoff und Methan. Galkorrax, so viel hatte Rhodan der Maahkpositronik entlockt, war eine Militärbasis der Maahks. Dort hielten sie Sauerstoffatmer gefangen – in einer für sie lebensfeindlichen Welt, die jede Flucht unmöglich machte. Dennoch wirkte der Planet wie ein glitzerndes Juwel. Er war auf fremdartige Weise schön.

Der Soldat, der Rhodan auf die Knie gezwungen hatte, knurrte und wies ihn an, den Blick zu senken. Die Maahks schätzten es offensichtlich nicht, wenn Kriegsgefangene ihre geheimen Militärbasen aus dem Orbit betrachteten.

So landeten sie auf dem geheimnisvollen, grotesken Planeten der Maahks.

 

*

 

Vom Landefeld wurden sie in einen Kuppelbau getrieben, der wie ein fugenloser glatter Berg vor ihnen aufragte, dessen Gipfel so hoch lagen, dass sich dort Eis bildete. Nur, dass das Eis aus gefrorenen Ammoniakkristallen bestand.

Von dem Bauwerk gingen energetische Verbindungstunnel zu vielen kleineren Kuppeln ab. Waren das die Einzelzellen des Gefängnisses?

Rhodan hob den Kopf. Mehrere kilometerlange Walzenschiffe hingen am Himmel. Eins setzte träge zur Landung auf einem planetaren Raumhafen in der Ferne an. Vielleicht war es sogar das Schiff, das sie hierhergebracht hatte.

Die Maahks brachten ihre Gefangenen in den Riesenbau. Dort nahmen sie ihnen die Schutzanzüge wieder ab. Das Gebäude war mit rettender Atemluft gefüllt. Sie waren also in einem arkonidengerechten Gefängnis gelandet. Rhodan schätzte, dass die Schwerkraft knapp über der der Erde lag.

Rhodan, Sichu und Caysey gelangten in eine Halle, die nach Schweiß und Rauch roch. Bewacht von bewaffneten Aufpassern in Raumanzügen, sammelten sich dort Reihen von Humanoiden, allesamt stumm und mit gesenkten Köpfen. Wahrscheinlich warteten sie auf ihren Abtransport. Es waren Hunderte. Die Gefangenen trugen einfache Bordkleidung ohne Atemgeräte und Antigravgürtel. Sie hatten weiße Haare und rote Augen. Arkonidische Kriegsgefangene.

Rhodans Herz schlug schneller. War Atlan unter ihnen? Vielleicht hatte der Kristallprinz sich als gewöhnlicher Soldat maskiert. Doch so sehr er sich anstrengte, Rhodan erkannte nirgends den alten Freund.

Durch ein großes Energiefeldfenster konnte Rhodan hinaussehen auf eine phantastische Traumlandschaft mit kupferfarbenen Bergen und turmhohen roten Farnen und Moosen. In der Ferne erkannte er einen Wasserfall aus Diamanten. Sein erster Eindruck hatte ihn nicht getrogen: Galkorrax war eine tödliche und doch faszinierend schöne Welt.

Vom anderen Ende des Saals näherte sich ihnen in militärisch schnellem Schritt ein kleinerer Maahktrupp in schweren Schutzanzügen. Rhodan erkannte vier breite Maahks und drei schmalere Gestalten, allesamt mit geschlossenen Raumhelmen.

Der Trupp kam genau vor ihnen zu stehen. Die Maahks sahen – wie alle Angehörigen ihres Volkes – aus Sicht von Terranern wie große, gefährliche Monster aus. Doch Rhodan interessierte sich eher für die drei Gestalten mit der Statur von Terranern oder Arkoniden. Er konnte ihre Gesichter hinter spiegelnden Raumhelmen nicht erkennen.

Der größte der drei Humanoiden nahm den Raumhelm ab. Lange, weiße Haare, ein scharfkantiges Gesicht und rote Augen kamen dahinter zum Vorschein.

Rhodan hielt den Atem an. Sein Herz schlug schneller, als er den Arkonidenadmiral erkannte, der ihm sehr vertraut war.

Atlan. Endlich hatten sie ihn gefunden!

Kühl musterte der junge Admiral die Gefangenen. Einen Herzschlag zu lange blieb sein Blick an Sichu haften. Rhodan zeigte ein dünnes Lächeln. Wenn du wüsstest, wie gut ich dich kenne, Kristallprinz!

Aber dies war ein anderer Atlan als der, den er kannte. Was machte sein Freund bei den Maahks? Wieso begleitete er die Methanatmer, als wären sie keine Kriegsgegner, sondern ... Verbündete?

»Ich kenne Sie nicht«, sagte Atlan spröde.

Rhodan trat vor, fest entschlossen, den Freund zur Rede zu stellen. Da nahmen auch die anderen beiden humanoiden Gestalten ihre Raumhelme ab: ein älterer Arkonide, der Rhodan vage bekannt vorkam, und eine Arkonidin mit kurzen Haaren und spitzem Gesicht. Vor ihnen stand Rowena, die Gegnerin, die sie von Atlantis bis hierher verfolgt hatte.

Sie lächelte mitleidig und ging aufreizend langsam um die Gefangenen herum. »Das sind keine Arkoniden«, sagte sie kalt wie die Oberfläche eines Eismondes. »Bestenfalls Halbarkoniden.«

Sie blieb vor Caysey stehen und sah geringschätzig auf ihren Bauch hinab, blickte dann Rhodan ins maskierte Gesicht. In ihren Zügen arbeitete es.

Rhodan sah ihr an, wie sie eins und eins zusammenzählte und die Maskerade durchschaute – es gab vermutlich nicht so viele Arkonidenähnliche, die gemeinsam mit einer hochschwangeren Atlanterin im Kosmos umherirrten.

Entschlossen drehte Rowena sich zu Atlan herum. Dann legte sie die rechte Hand auf die Brust und kniete unterwürfig vor ihm nieder. »Das sind eindeutig die Diebe des Talagons, denen ich auf Atlantis begegnet bin, Gebieter. «

Atlan verzog das Gesicht, drehte sich zum Größten der Maahks um und befahl mit schneidender Stimme: »Diese Fremden gehören nicht zu unseren Leuten. Lass sie töten, Geektor!«

Mit rauer Stimme antwortete der Maahk: »Jawohl, Hochedler!«

 

ENDE

 

 

Perry Rhodan und Sichu Dorksteiger haben in der Vergangenheit des Arkon-Imperiums und der Kolonie Atlantis offensichtlich in ein Wespennest gestochen. Viele ihrer Hoffnungen haben sich zerschlagen, die BEST HOPE bringt nicht die Hilfe, die das Schiff hätte bringen können.

Doch warum ist die Arkonidin Rowena so sehr daran interessiert, das mysteriöse Talagon in ihre Finger zu bekommen? Wieso jagt sie hinter Perry Rhodan, Sichu Dorksteiger und Caysey her?

Wesentliche Hintergründe zu Rowena und ihren Motiven liefert Band fünf von PERRY RHODAN-Atlantis. Verfasst wurde er von Michelle Stern. Am 13. Mai 2022 liegt er unter folgendem Titel vor:

 

DIE KRALASENIN