11.

Antworten

 

Rhodan versuchte das, was Rowena ihm erzählt hatte, mit seinem Wissen über Atlan in Einklang zu bringen. Er wusste von Upoc und kannte Geschichten aus der Zeit, als Atlan das erste Mal beinahe Imperator geworden wäre. Doch letztlich war es sein Onkel Upoc gewesen, der auf den Kristallthron gekommen war. Die Ereignisse, die Rowena geschildert hatte, mussten in dieser Zeit stattgefunden haben. Damals war Atlan erst ein Gefangener Orbanaschols gewesen, doch dann war er freigekommen, und Orbanaschols Regentschaft hatte geendet.

»Das heißt, Atlan bedeutet Ihnen sehr viel«, schloss er. »Genau wie mir. Wir müssen keine Feinde sein.«

»Ach nein?« Die Kralasenin verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe meinen Teil der Abmachung mehr als erfüllt. Verrate mir endlich etwas über diesen Torbogen! Und über den Doppelgänger.«

»Im Grunde gehört das beides zusammen. Das eine ergibt sich aus dem anderen.«

»Inwiefern?«

»Wie viel wissen Sie über Zeitreisen?«

»Dass Raum und Zeit zusammenhängen, weiß jedes Kind. Gravitation lässt Zeit vereinfacht gesagt langsamer vergehen, fehlende oder negative Gravitation schneller. Wo immer sich das Sein konzentriert, konzentriert sich in gewisser Weise auch die Zeit. Wenn sich ein System relativ zum Beobachter bewegt, laufen alle inneren Prozesse relativ zum Beobachter langsamer ab. Dilatationsflüge sind ...«

»Entschuldigen Sie«, sagte Rhodan. »Ich hätte es vielleicht nicht so weit fassen sollen. Was ich meine, ist, wie viel wissen Sie über Zeitreisen mithilfe eines Transmitters?«

Rowena starrte ihn an. Feuchtigkeit brachte ihre Augen zum Glänzen. »Du willst mir weismachen, dass dieser Torbogen eine Zeitmaschine ist?«

»Ja. Sichu und ich kommen aus der Zukunft. Ich bin ein Terraner, und sie ist eine Ator. Sie werden beide Begriffe nicht kennen.«

»Und der Doppelgänger?«

»Das war kein Doppelgänger.« Rhodan bemühte sich, ruhig zu sprechen.

Die Erinnerung an Atlan wühlte ihn auf. Er würde zu gern wissen, was geschehen war, nachdem er Atlan verlassen hatte – oder was geschehen würde, aus der Sicht dieser Zeit. Am liebsten wäre er direkt zurück an den Punkt gesprungen, an dem er seine Gegenwart verlassen hatte, um dem niedergeschossenen Atlan helfen zu können. Doch der Transmitter war beschädigt worden und das Talagon nach wie vor nicht sicher.

Kurz dachte Rhodan an den schattenhaften Unbekannten, der sich über den reglosen Freund gebeugt hatte. War das jener »er«, der das Talagon nicht bekommen durfte?

»Der Mann, dem Sie begegnet sind, das war Atlan«, erläuterte er. »Es war das ältere Selbst des Kristallprinzen, dem Sie die Treue geschworen haben.«

»Lüge!«, brauste Rowena auf. »Warum sollte Atlan in dieser Umgebung gewesen sein? Und wieso sollte er einen Vertrauten wie dich haben? Denn das wirst du doch behaupten, zu sein, oder?«

»Ich bin Atlans Freund«, sagte Rhodan gelassen. »Und es war Atlans letzter Wunsch, dass das Talagon in dieser Zeit bleiben muss, bevor er mich und Sichu mitsamt dem Artefakt in die Vergangenheit geschickt hat. Wir können die Zeitmaschine reparieren und Atlan retten, aber dazu müssen wir zusammenarbeiten, nicht gegeneinander. Erzählen Sie mir, warum Sie das Talagon fortbringen wollten. Ich bin sicher, wir finden eine Lösung.«

»Nein!« Rowena sprang auf. »Ich habe genug gehört! Du bist ein Lügner und Wichtigmacher! Einer, der mich manipulieren will!«

»Sehen Sie mich an.«

Langsam, wie unter einem Zwang drehte Rowena sich zu ihm. Ihr Unterkiefer trat hervor. »Was glaubst du, wer du bist, dass du mir Befehle geben willst?«

»Ich bin einer der besten Freunde von Atlan da Gonozal. Dem Atlan, der er einst sein wird.«

»Ach ja? Dann erzähl mir etwas über Atlan und Atlantis. Etwas aus der Zukunft.«

»Das werde ich nicht. Weil es mir nicht zusteht. Die Zukunft zu kennen, ist ein großes Privileg. Größer vielleicht als jedes andere. Damit verbunden ist eine Verantwortung. Ich würde lieber sterben, als diese Verantwortung zu ignorieren. Schon jetzt ist der Grat, auf dem ich wandele, schmal. Atlan wollte nicht, dass das Talagon in meiner Zeit bleibt, nur deshalb bin ich hier. Was genau ich tun soll, weiß ich noch nicht, doch ich denke, wir wollen beide nicht, dass Atlan zu Schaden kommt. Erzählen Sie mir den Rest der Geschichte. Verraten Sie mir, weshalb Sie das Talagon wirklich haben wollen und wieso Sie versucht haben, es fortzuschaffen.«

Auch wenn das Letzte lediglich eine Vermutung war, war Rhodan inzwischen davon überzeugt: Rowena hatte das Talagon fortbringen wollen.

Die Kralasenin setzte sich wieder. Sie wirkte noch immer verwirrt, doch weniger gefährlich. Rhodan sah es als gutes Zeichen an, dass sie ihn weder schlug noch davonrannte wie beim letzten Mal.

»Also gut«, sagte Rowena. »Ich erzähle es dir.«

 

 

Zwischenspiel

Rowena

 

Wenn es stimmt, was Perry Rhodan sagt, ist er möglicherweise ein nützlicher Verbündeter. Wenn er dagegen lügt, werde ich ihn umbringen.

Wichtig ist, nicht zu viel Zeit zu verlieren. Falls Tarts Caysey doch in die Mangel nimmt, und die Barbarin etwas weiß, wird sie reden. Es geht darum, schnell zu sein, also gebe ich meinen Widerstand auf und erzähle dem sogenannten Terraner, was es mit dem Talagon auf sich hat.