STRAHLKRAFT
Die Semimanifestation in der Mitte des ansonsten leeren Raumes zeigte die TOSOMA in Großaufnahme. Doch von einem Moment zum anderen verschwand der Raumer und kehrte im Orbit von Galkorrax in das Normalkontinuum zurück – genau vor 20 Maahkschiffen. Gemeinsam rasten sie auf den Planeten zu.
Schau an, schau an. Tolcai war überrascht von der Entwicklung. Er hätte nicht gedacht, dass die Arkoniden mit den Maahks zusammenarbeiten würden, um einen Teil der Bevölkerung des verbrennenden Planeten zu evakuieren. Doch diese Information hatte er direkt aus der Positronik der TOSOMA entnommen, also stimmte sie.
Nun sind deine Herren auf einer Rettungsmission. Wenn du die Maahks nicht retten willst, rette zumindest deine Herren. Denn sonst ...
Aus dem Nichts materialisierten Beiboote aus der STRAHLKRAFT und vernichteten zuerst alle Maahkeinheiten, bevor sie sich dem Kugelraumer widmeten. Der Schutzschirm der TOSOMA glühte auf, doch dem Punktbeschuss hielt er nicht stand. Mit Leichtigkeit schnitten die Waffenstrahlen durch den Arkonstahl und wüteten im Inneren.
Sieh, wie sie sterben, mein Kleiner!
Männer sanken weinend zu Boden und beteten lautstark zu ihren Göttern, bevor sie von Feuerwalzen in Asche verwandelt wurden. Einige fluchten und rannten in den Feuersturm. Andere verkrochen sich hinter Konsolen, bevor sie in der Gluthölle starben. Eine Handvoll schaffte es in die Notfallfähren, doch nachdem sie ins All katapultiert worden waren, warteten die Beiboote der STRAHLKRAFT, nahmen sie unter Beschuss und vernichteten Material und Leben.
Die Simulation erlosch.
Willst du das, mein Kleiner?, fragte Tolcai. Willst du, dass deine Herren sterben?
RCO schwieg, während Tolcai jubelte. Da war er gewesen, der Moment, in dem das Schicksal seine wundervolle Wirkung entfaltete. Er spürte, wie sein Hauch wirkte und RCO seine Programmierung hinterfragte, Grenzen verschob und den Spielraum dazwischen auslotete.
Ha! Spielraum!
Schicksal und Ironie waren verwandte Zeitgenossen und gingen gern miteinander ins Bett.
Na, mein Kleiner, du zögerst mit der Antwort!, bohrte Tolcai nach.
Du lässt von der TOSOMA ab, sobald ich dir das Talagon ausgehändigt habe?
Natürlich, du kannst mir vertrauen. Tolcai konnte die Überlegung des Roboters direkt hören. Nur wenn das Schlachtschiff handlungsfähig blieb, konnten die Arkoniden Tolcai das Talagon wieder abjagen. Händigte er es hingegen nicht aus, starben die vermeintlichen Retter der Galaxie und Tolcai wäre Sieger auf ganzer Linie. Herrlich, dass er unter zwei gleich miesen Alternativen wählen musste.
Und du ziehst dich aus dem System zurück?, fragte RCO.
Tolcai musste sich beherrschen, um nicht aufzulachen. Das Schicksal schlug origineller zu, als er es erwartet hatte. Es war die richtige Entscheidung, diesen Weg zu beschreiten. Vielleicht würde RCO eines Tages an ihn denken und ihn seinen Schöpfer nennen. Seine Entscheidung konnte in ferner Zukunft zum Samen eines echten Bewusstseins werden. Es war zwar ein langer Weg dorthin, aber die erste Kreuzung hatte er überschritten. Tolcai würde es zwar nicht erleben, aber die Gewissheit hatte durchaus etwas Tröstendes.
Natürlich, mein Kleiner. Hier hält mich nichts mehr.
Für diese Aussage musste er nicht einmal lügen, denn er musste das Talagon an einem anderen Ort aktivieren.
Dann nimm es!
RCO öffnete die Bauchklappe, nahm das Talagon mit einer Hand heraus und hielt es Tolcai hin. Das Gefühl, einfach wieder danach greifen zu können, war unbeschreiblich. Seinem Vorhaben, das Talagon zu öffnen, stand nun nicht einmal mehr der rechthaberische Bordrechner der STRAHLKRAFT im Weg, denn RCO sorgte für die nötige Ablenkung.
Danke, mein Kleiner. Danke, sagte er. Bewahre es für mich auf und halte es im Fall des Falles bereit.
Das Talagon verschwand wieder hinter der Bauchklappe. Damit musste der Bordrechner beruhigt sein.
Mit einem Lächeln verließ Tolcai den Raum und befahl einen Ortswechsel.