13.

Atlantis – 17. April 8005 v. Chr.

 

Perry Rhodan hielt Sichu in den Armen. Trotz der Nähe seines Zellaktivators konnte er sehen, wie sie mit jedem Atemzug schwächer wurde.

Tolcai hatte seine Geschichte erzählt, Rhodan hatte alles mit angehört. Ein Cappin aus der Forschungskolonie war er, den die Takerer fast 200.000 Jahre vor der Gegenwart, aus der er kam, auf der urzeitlichen Erde errichtet hatten. Die Ergebnisse ihrer Zuchtexperimente, die Konos, hatten sich für immer einen Platz in der irdischen Sagenwelt gesichert.

Aber das hatte Tolcai beendet.

Die Erde war eine tote Welt. Selbst die Zwergandroiden waren mittlerweile gestorben. Hier lebten nur noch Rhodan und seine Frau. Und Tolcai, der doch kein echter Kosmokratenroboter war, sondern irgendwo tief in seinem Innern die Reste eines biologischen Wesens enthielt.

Ein enttäuschtes, getriebenes biologisches Wesen, das eine gewaltige Intrige inszeniert hatte, nur um etwas zu tun, das es noch nie zuvor getan hatte. Dazu war es bereit, sein eigenes Leben zu opfern. Und nicht nur das, sondern das Leben in einem ganzen Spiralarm der Milchstraße.

Ohne es zu merken, spielte Tolcai in seiner Zerrissenheit der Gegnerin in die Hände, die er so leidenschaftlich hatte bekämpfen wollen. Ohne triftigen Grund vollendete er die Mission des Labori Hlixtras mit mehr als einer Million Jahre Verspätung. Beim Sieg über Seth-Apophis waren Rhodan und die Menschheit des fünften Jahrhunderts NGZ von entscheidender Bedeutung gewesen.

Nun sollte RCO, der arkonidische Serviceroboter, der Einzige sein, der die Geschichte bewahrte. Er war kein Lebewesen und daher nicht von der Nukleotiden Pest betroffen.

Ob QUARTAM, der gerade neben Rhodan aufsetzte, noch als lebendig zu bezeichnen war, ließ sich nicht leicht beantworten. Rhodan hatte ungeachtet dieser Frage die Lebensgeschichte Tolcais aufgezeichnet und an ihn übertragen. Ob sie dadurch die Zeiten überdauerte, würde sich zeigen.

QUARTAM öffnete seine Schleuse. Rhodan legte sich Sichu über die Schultern und hastete zu dem Schiff, das einmal ein arkonidischer Wissenschaftler gewesen war. Jeder Schritt, den der Terraner machte, kam ihm doppelt so lang vor wie der vorherige.

Trotzdem erreichte er die Schleuse QUARTAMS. Das Schott schloss sich, und das Schiff hob ab. Rhodan sackte unter Sichus Gewicht zusammen. QUARTAM sorgte für einen freien Ausblick auf Atlantis, indem er einen Teil seiner Außenhaut transparent werden ließ. Die Arkonspitze sank unter ihm zurück, und Rhodans Blick schweifte über den Kontinent, der ohnehin bald versunken wäre. Die grünen Flächen der Wälder und Prärien waren schwarzbraun geworden. Der blaue Walzenrumpf der STRAHLKRAFT war der einzige frische Farbtupfer in dem ganzen Tableau.

Eigenartigerweise dachte Rhodan nicht an die vielen Menschen, die dort gestorben waren, die unzähligen Tiere und Pflanzen, die von einem Moment zum anderen nicht mehr lebten. Er dachte auch nicht an die Unzahl von Menschen, die nie geboren würden.

Er dachte nur an Caysey.

Er hatte ihr versprochen, ihr Kind zu retten, ihren Sohn, für den sie ihr Leben opfern wollte, aber nicht einmal dieses eine Leben hatte er vor dem Ende bewahren können.

QUARTAMS Stimme nahm er kaum wahr. Erst als der ehemalige Arkonide laut rief: »Verdammt, zuhören sollen Sie mir!«, erregte er Rhodans Aufmerksamkeit.

»Ich habe Tolcais Lebensbericht mitbekommen«, sagte QUARTAM. »Nicht dass ich alles verstanden hätte, aber ich weiß, wie der Feind doch zu besiegen ist. Hören Sie? Ich sagte, wir können das Leben in diesem Teil der Öden Insel noch retten. Tolcai selbst hat die Lösung geliefert – oder genauer gesagt, sein Vater! Und diese Lösung haben Sie die ganze Zeit vor der Nase gehabt, mein Lieber ...«