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Erica erwachte aus einem verwirrenden und beunruhigend erotischen Traum, in dem Big Blue ihr zuschaute, wie sie sich selbst befriedigte. Sie schüttelte den Kopf und setzte sich auf. Ihre wenigen Erfahrungen mit Sex waren im Großen und Ganzen enttäuschend gewesen. Und sie hatte sich damit abgefunden, dass sie einfach nicht besonders interessiert daran war. Warum um alles auf der Welt – oder wo auch immer sie war – würde sie plötzlich erotische Träume haben? Und das ausgerechnet von einem Alien?

Von ihrem Traum und der Wärme der Sonne war ihr heiß geworden. Sie schwitzte. Sie warf dem glitzernden Meer einen wehmütigen Blick zu. Aber sie war noch nie eine sehr gute Schwimmerin gewesen und wer wusste schon, was unter der ruhigen Oberfläche lauerte?

Sie wandte sich stattdessen dem kleinen Bach zu, schöpfte so viel, wie sie konnte, in ihre Hände und bespritzte damit ihr Gesicht und den Körper. Peri empfand dies als wunderbares Spiel und tat sein Bestes, um sie ebenfalls zu bespritzen.

Sie spielten ein paar Minuten lang, bevor sie beschloss, dass sie weiterziehen musste, wenn sie diesen Ort erkunden wollte. Der Felsvorsprung am anderen Ende des Strandes sah vielversprechend aus. Wenn sie es schaffen würde, ihn zu erklimmen, könnte sie sich einen besseren Überblick über ihre Umgebung verschaffen.

Sie griff nach Peri, um ihn wieder in die Tragetasche zu stecken, aber stattdessen hüpfte er ein kurzes Stück den Strand hinauf und schnatterte.

„Willst du mir etwa sagen, dass du laufen willst?“

Sie nahm an, dass er ziemlich schnell müde werden würde, aber sie sah keinen Grund, ihn nicht allein herumlaufen zu lassen. Er hatte nie Anzeichen dafür gezeigt, dass er sich von ihr entfernen wollte.

Zu ihrer Überraschung lief er nicht den Strand hinunter, sondern stürzte sich auf einen Haufen heruntergefallener Lianen, die halb im Unterholz verborgen lagen. Aus Angst, er könnte sich darin verfangen, folgte sie ihm.

Der Haufen blassblauer Stränge fühlte sich unerwartet weich an, als sie danach griff, um Peri herauszuziehen. Einige davon waren bereits ineinander verschlungen, fast wie geflochten, und sie hatte eine plötzliche Eingebung.

„Ich frage mich, ob ich einen Rock oder ein Oberteil daraus machen könnte.“

Obwohl sie versucht war, es sofort auszuprobieren, stand die Sonne nun nicht mehr hoch am Himmel. Sie wusste, wie schnell die Nacht hereinbrechen würde. Sie sammelte die Lianen ein, stopfte so viele wie möglich in ihren Beutel und legte sich den Rest um den Hals. Die seidigen Stränge, die über ihre Brüste fielen, fühlten sich unerwartet erotisch an. Ihre Brustwarzen zogen sich zusammen.

„Vielleicht ist hier wirklich etwas im Wasser“, murmelte sie.

Peri ging ein paar Schritte den Strand hinauf. Dann drehte er sich um und schaute sie über die Schulter an. Er war offensichtlich ungeduldig, weiterzugehen.

„Schon gut, schon gut. Ich komme ja schon.“

Der ebene Sand am Rand des Wassers erleichterte das Gehen. Peri hüpfte in den seichten Wellen herum, die über den Strand spülten, und das kühle Wasser beruhigte ihre schmerzenden Füße.

Trotz allem fühlte sie sich seltsam … glücklich. Wie lange war es her, seit sie das letzte Mal die Freiheit hatte, einfach nur spazieren zu gehen. Und noch dazu an einem so schönen Ort?

Sie schaute immer wieder aufs Wasser hinaus und erwartete halb, Big Blue aus den Wellen auftauchen zu sehen. Nicht, dass ich ihn sehen will, sagte sie sich entschlossen, auch wenn ihr die Erinnerungen an ihren Traum durch den Kopf schossen.

Trotz der Freude über die Umgebung fing ihr Glück an, zu schwinden, als sie müder wurde. Der Weg zu dem Felsvorsprung war viel weiter, als sie es erwartet hatte. Peris Energie ging zur Neige, bevor sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, und sie schob ihn zwischen die weichen Ranken in den Beutel.

Die Sonne begann bereits unterzugehen, als sie den Fuß der Felsen erreichten. Sie stellte fest, dass die Klippe viel höher war, als sie von ihrer ursprünglichen Position ausgesehen hatte. Kein Wunder, dass es so lange gedauert hatte, sie zu erreichen.

Sie war auch viel steiler, als erwartet, und sie hatte nicht vor, sie in der einbrechenden Dunkelheit zu erklimmen.

„Ich schätze, wir werden für die Nacht hier campen“, sagte sie zu Peri, als sie ihn aus der Tasche hob.

Er sprang hinunter und fing an, die Gezeitenbecken zu erforschen. Ein scharfes Knacken ließ sie gerade noch rechtzeitig aufblicken, um zu sehen, wie er die Schale eines kleinen Meerestieres mit einem Stein zerschlug. Eifrig verschlang er das Innere. Sie erschauderte. Wahrscheinlich war es dasselbe, wie Austern zu verzehren, aber es war ein gewaltiger Unterschied zwischen feinsäuberlich präparierten und geöffneten Schalentieren auf einem Eisbett und einem schleimigen, gelben Etwas, das aus einer aufgebrochenen Schale gesaugt wurde.

Aber Peri schien mit seiner Mahlzeit zufrieden zu sein, also aß sie selbst noch ein paar Bissen geräucherten Fisch. Obwohl sie wusste, dass sie dankbar sein sollte, ihn zu haben, wäre ihr eine Abwechslung durchaus willkommen gewesen. Aber nicht so willkommen, dass sie eines dieser Schalentiere probieren wollte.

Da es noch nicht ganz dunkel war, lehnte sie sich gegen einen moosbewachsenen Felsen und überlegte, was sie mit ihren Ranken anfangen sollte. Nachdem sie eine Länge gefunden hatte, die um ihre Taille reichte, versuchte sie, ein paar kürzere Ranken zu finden und bemerkte bald, wie sehr ihr eine Schere fehlte. Schließlich gelang es ihr, einen langen Strang Liane in kürzere Teile zu zersägen, indem sie ihn über einem scharfen Stein hin und her rieb. Nachdem sie die kürzeren Stücke an das Taillenband gebunden hatte, fing sie an, die längeren Ranken zwischen die anderen Stränge zu verweben. Als die völlige Dunkelheit hereinbrach, hatte sie ein kleines Stück der Vorderseite für einen Rock fertig.

Der Platz, den sie als Schlafplatz gewählt hatte, war eine flache Mulde am Fuß der Klippen. Bei Tageslicht war es eine gute Wahl gewesen, aber nach Einbruch der Dunkelheit schien es nicht mehr so reizvoll.

Alles, was sie vor sich sehen konnte, war Wasser. Und das ständige Rauschen der Wellen übertönte jedes andere Geräusch. Die Tatsache, dass sie nichts – und niemanden – sehen oder hören konnte, der sich ihr näherte, machte sie zunehmend nervös. Obwohl sie versuchte, sich einzureden, dass es auch bedeutete, dass auch sie nicht gesehen werden konnte, spitzte sie ihre Ohren, um jedes Geräusch zu erhaschen. Es half auch nicht, dass sie das Gefühl hatte, jemand würde sie beobachten.

Der Stein an ihrem Rücken war hart und unnachgiebig und sie dachte wehmütig an die bequeme Hängematte, in der sie die letzte Nacht verbracht hatte.

„Vielleicht hätte ich mir eine Hängematte anstatt eines Rocks flechten sollen“, murmelte sie vor sich hin, während sie unbehaglich im Sand herumrutschte.

Zum ersten Mal, seit sie hier angekommen war, war ihr kalt. Das Gestein um sie herum schimmerte feucht, als eine neblige Brise vom Meer heranwehte. Sie fröstelte und versuchte, die restlichen Lianen so anzuordnen, dass sie so viel wie möglich von ihrem Körper abgedeckten. Peri kuschelte sich eng an sie und hatte seinen Schwanz erneut über sein Gesicht geschlungen. Sie beneidete ihn um seinen friedlichen Schlummer.

Sie schlief die ganze Nacht unruhig und begrüßte das erste Licht der Morgendämmerung mit einem Seufzer der Erleichterung. Sosehr sie sich auch davor fürchtete, die Klippe zu erklimmen, so wenig wollte sie eine weitere Nacht am Strand verbringen.

Ihre Bewegungen weckten Peri auf. Er hüpfte fröhlich zurück in die Richtung der Gezeitentümpel, während sie versuchte, sich für mehr geräucherten Fisch zu begeistern.

Anstatt weitere Muscheln aufzubrechen, hob Peri eine runde, blaue Frucht hoch. Sie erinnerte sich daran, dass er am Vortag eine solche gegessen hatte, aber wie war sie hierhergekommen? Als sie ihm zum Strand hinunter folgte, fand sie knapp hinter der Flutlinie noch mehrere davon. Sie mussten mit den Wellen herangeschwemmt worden sein.

Vorsichtig hielt sie sich eine an die Nase und schnupperte. Mmm. Sie roch süß und saftig und das Wasser lief ihr im Mund zusammen.

Peri verschlang sein Stück Obst – hoffentlich bedeutete das, dass es sicher war. Sie nahm einen kleinen vorsichtigen Bissen und stöhnte vor Vergnügen. Köstlich. Das weiche Fruchtfleisch erinnerte sie an eine Pflaume, aber es schmeckte eher wie eine Banane.

Sie zwang sich, eine unendlich lange Minute zu warten, aber sie konnte keine negativen Auswirkungen spüren. Also verspeiste sie den Rest eifrig. Ihr Magen knurrte, als sie auf die verbliebenen Früchte starrte, aber sie beschloss widerwillig, dass es das Beste wäre, sich erst zu vergewissern, dass sie keine Spätreaktionen erlebte, bevor sie noch mehr davon aß.

Sie sammelte die verbliebenen Früchte ein und kehrte mit einem optimistischeren Gefühl für den Tag zu ihrem Rastplatz zurück. Zumindest bis sie einen Blick auf die Felswand über sich warf.

Sie war eher steinig als glatt, aber sie war noch nie sonderlich schwindelfrei gewesen und die Höhe erschien ihr beängstigend.

„Vielleicht sollten wir ein Stück näher am Strand hochklettern“, sagte sie zu Peri. „Dort ist es vielleicht nicht so steil.“

Er starrte zu ihr auf, was sie als Zustimmung auffasste, also schnürte sie sich den halben Rock um die Taille und sammelte ihre Sachen ein.

Am Fuß der Klippe, dort wo sie ins Meer hineinragte, befanden sich große Felsbrocken. Aber es gelang ihr, sich einen Weg durch sie hindurch zu bahnen. Peri kletterte mit überraschender Leichtigkeit über sie hinweg, obwohl er oft von einer Seepocke, die am Felsen klebte, oder einem Stück Seetang abgelenkt wurde – was er dann auch gleich fraß.

„Ich nehme an, das ist essbar“, sagte sie zweifelnd und versuchte, auf einem kleinen Stück Seetang herumzukauen. Es schmeckte eher wie salziger, bitterer Spinat.

„Ich glaube, ich halte mich lieber an die Früchte.“ Sie reichte Peri den Rest des Seetangs.

Als sie es endlich um die Spitze herum geschafft hatten, entdeckte sie eine kleine Bucht. Leider waren die Felsen hier noch steiler, aber zu ihrer Freude plätscherte ein Wasserfall an der Felswand herunter. Das frische Wasser war eine willkommene Erleichterung, besonders nach ihrem Versuch, Seetang zu essen. Während Peri im Bach spielte, aß sie noch eine der Früchte. Jetzt, da die Sonne aufgegangen war und sie Nahrung und Wasser zu sich genommen hatte, kehrte ihr Optimismus vom Vortag zurück.

Irgendwo an diesem Ort musste es Technologie geben und sie würde sie finden. Aber in der Zwischenzeit wollte sie es wie einen Urlaub betrachten. Den Urlaub, den sie schon vor Jahren hätte machen sollen. Warum hatte sie so verzweifelt um die Anerkennung eines Mannes gebettelt, der sich nie wirklich für sie interessiert hatte? Hatte ihr Vater überhaupt schon gemerkt, dass sie weg war? Würde er sich Sorgen machen?

Wenn es ihn überhaupt interessiert, dann nur, wenn er merkt, wie viel Arbeit ich tatsächlich geleistet habe, dachte sie verbittert. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, aber sie weigerte sich, den Tränen nachzugeben. Stattdessen spekulierte sie darüber, was sie hinter dem nächsten Felsen finden würde. Ein Dorf vielleicht oder vielleicht auch nur ein Haus, das wäre schön. Aber wer würde dort leben? Noch mehr große, blaue Aliens?

Hoffentlich wären sie zivilisierter als ihr Big Blue.

Sie saß in der Sonne und grübelte, während sie sich in ihrer Fantasie immer unwahrscheinlichere Szenarien ausdachte. Schließlich erhob sie sich und hob Peri hoch, der auf ihrem Oberschenkel döste.

„Zeit, zu gehen.“

Erst als sie die Bucht zur Hälfte umrundet hatte, bemerkte sie, dass der Punkt, auf den sie zusteuerte, weißen Schaum an der Basis aufwies. Sie war sich sicher, dass der vorher nicht da gewesen war.

Die Flut. Natürlich, die Flut stieg auf. Sie stieß einen reumütigen Seufzer aus und rückte Peris Tasche zurecht.

„So viel dazu, dem Strand zu folgen. Sieht aus, als müssten wir doch zurück in den Dschungel.“

Sie drehte sich um, um den Weg zurückzugehen, und hielt plötzlich inne. Die Felsbrocken, über die sie geklettert waren, um die Bucht zu erreichen, standen jetzt bereits zur Hälfte unter Wasser. Bis sie dort ankamen, würden die Wellen bereits gegen den Fuß der Klippe schlagen.

Verdammt. Das bedeutete, dass sie hier gefangen wäre, bis die Ebbe kam. Aber als sie sich auf den Weg zurück zum Wasserfall machte, begann die Breite des Strandes bereits zu schrumpfen. Sie ließ ihren Blick über die Felswand wandern und entdeckte etwas, das sie zuvor übersehen hatte. Der Felsen am Fuß der Klippe war viel dunkler als weiter oben. Mit Entsetzen stellte sie fest, dass die dunkle Linie hoch über ihrem Kopf die Flutmarke sein musste. Der gesamte Strand würde bald unter Wasser stehen.