Story 2 - Valerie le Fiery & Frank Böhm
Der Quietschie und der Brainie
»Ist ganz schön heiß heute, oder?«
Schwitzend, aber gut auf die brütende Sonne vorbereitet, liegt Brainie unter seinem Schirm am Strand von Fuerteventura und schaut zu seinem Freund, der von allen Quietschie genannt wird und mit dem er mittlerweile ein gutes halbes Jahr zusammen ist, rüber.
»Da sagst du was. Ist kaum noch auszuhalten dieses Wetter. Wie viel Grad mögen wir heute haben? Gefühlte fünfzig würde ich behaupten, sofern ich es nicht besser wüsste, da das Digitalthermometer dort drüben nur achtunddreißig anzeigt. Aber was soll’s, allemal besser als die eisige Kälte in diesem verschlafenen Dorf im Winter. Erinnerst du dich?«
»Wie sollte ich das wohl jemals vergessen?«, kontert Brainie. »Schließlich wolltest du mich am Tag vor Heiligabend morgens in den Schnee schmeißen, weil ich keinen darauf Bock hatte, mitten in der Nacht zu irgendwelchen Schaufeln zu greifen, um den Weg freizuräumen, nur weil der werte Herr von und zu Willard Graf von Borgfeld unbedingt einkaufen wollte.«
»Hey, nenn mich nicht so!«, mault Quietschie zurück. »Du weißt doch, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn du diesen bescheuerten Titel in den Mund nimmst.«
»Ist schon gut, wollte halt nur einen kleinen Spaß machen und dich natürlich auch ein ganz klein wenig foppen, weil ich das damals wirklich fies fand.«
Quietschie grinst und schüttelt den Kopf. Dabei sucht er nach der Hand seines Freundes, die er wenig später fest umschließt.
»Aber was danach kam, fandst du alles andere als … fies, oder?«
Brainie schaut leicht verschüchtert zur Seite und legt ebenfalls ein zartes Grinsen auf.
»Nein, das war mehr als klasse. Schließlich haben wir fast unser ganzes Leben gebraucht, um zu spüren, dass wir mehr als nur Freundschaft füreinander empfinden. Und dieser Moment, in dem uns das klar wurde und wir uns zum allerersten Mal geküsst haben, Quietschie, den werde ich niemals vergessen. Also eigentlich bin ich dir sogar dankbar dafür, dass du mich aus dem Bett gehoben und bei minus vier Grad vor die Hüttentür getragen hast, nur um mich anschließend so heiß zu küssen, dass mir die Sinne schwanden. Dafür muss ich dich einfach lieben.«
Jetzt ist es Quietschie, der nicht weiß, was er sagen soll. Wortlos sieht er seinem Brainie, der eigentlich auf den Namen Tjarven Möhlenkamp getauft wurde, in die Augen und hat ganz plötzlich das Verlangen, diesen Mann, den er seit der Schulzeit kennt, zu küssen, was er bereits im nächsten Moment in die Tat umsetzt. Zärtlich legt er seine Lippen auf die seines Partners und lässt diesen durch ein leichtes Zungenspiel all die Liebe spüren, die er für ihn empfindet, bis er sich irgendwann mit einem quietschenden Schrei von ihm löst.
»Was ist los?«, ruft Brainie erschrocken aus und zuckt dabei leicht zurück. »Hat dich was gebissen oder gestochen?«
»Nein! Das nicht. Aber ich weiß nicht, warum ich nicht schon vorher gemerkt habe, dass meine Beine inzwischen total rot sind und mittlerweile wie Feuer brennen. Ich habe das erst gepeilt, als ich mich zu dir gedreht habe und meine Oberschenkel mit dem Sand in Berührung kamen. Fuck, das tut so verdammt weh! Dabei habe ich meine Beine der glühenden Sonne wegen sogar mit dem T-Shirt bedeckt.«
Brainie verdreht die Augen und hat große Mühe, sich das Lachen zu verkneifen.
»Was ist denn los?«, hakt Quietschie nach. »Ich finde das alles andere als lustig!«
»Ich eigentlich auch nicht“, stimmt Brainie zu, »aber wenn man so — entschuldige den Ausdruck — blöd ist, dass man sich ein Netzshirt auf die Schenkel legt und damit ein Karomuster auf der Haut produziert, bleibt bei mir eigentlich kein Auge trocken. Sorry, aber auf deinen Beinen kann man gerade Schach oder Dame spielen.«
Erschrocken sieht Quietschie an sich hinunter und stößt erneut einen kleinen Schrei aus.
»Oh, Mist verdammter! Ich kann mich ja nie wieder in kurzen Hosen in die Öffentlichkeit wagen.«
»Jetzt bleib mal cool!«, kontert Brainie und macht eine beruhigende Handbewegung. »Ich laufe rasch zum nächsten Supermarkt und besorge dir etwas Quark, der soll bekanntlich gut gegen Sonnenbrand helfen. Und das nächste Mal cremst du dich bitte genauso ein, wie ich es getan habe, also mindestens mit Schutzfaktor 50, dann hast du solche Probleme auch nicht.«
»Sie brauchen nicht extra zum Supermarkt zu gehen“, schaltet sich eine Stimme von hinten ins Gespräch ein, »ich habe ein wirksames Mittelchen dabei, das kann ich Ihrem Freund leihen.«
Brainie schaut sich um und erblickt eine ältere Frau, die ihm ein kleines Fläschchen hinhält, in der sich ganz offensichtlich eine Lotion befindet, die er mit freundlichen Dankesworten entgegennimmt, etwas davon in seinen Händen verreibt und langsam beginnt, es auf der verbrannten, karogemusterten Haut seines Freundes zu verteilen.
Trotz des Schmerzes, den er aufgrund der Berührungen seines Freundes verspürt, bemüht sich Quietschie, möglichst tapfer zu sein und nicht aufzustöhnen, obwohl seine Haut wie Feuer brennt und trotz der kühlenden Lotion keine Linderung eintritt. Stattdessen lächelt er leicht gequält und ruft der älteren Dame ebenfalls ein herzliches »Dankeschön“ zu, als Brainie ihr das Fläschchen zurückgibt. Nickend und mit den Worten »Gern geschehen!« verstaut sie das Präparat in ihrer Tasche und widmet sich erneut ihrer Lektüre, die sie lediglich anlässlich der Debatte der beiden Männer unterbrochen hatte.
Eine knappe halbe Stunde vergeht, bis Quietschie mit einem weiteren Schmerzenslaut abrupt seinen Oberkörper aufrichtet und fassungslos auf seine Oberschenkel starrt.
»Was zum Henker ist denn das?«, fragt Brainie, der durch den Ausruf hochgeschreckt ist und nun ebenfalls auf Quietschies Beine schaut, deren obere Region mittlerweile in flammendem Rot leuchtet und dazu ziemlich angeschwollen zu sein scheint.
»Ich weiß es nicht genau, aber … ich denke fast, ich reagiere auf etwas. Wie du weißt, bin ich auf einige Sachen allergisch.«
Quietschies Stimme klingt irgendwie schmerzverzerrt und wütend zugleich.
»Klar, das ist mir bestens bekannt. Löwenzahn, Salat, Artischocken, Chicorée, Sonnenblumen, …«
»Ja, bloß das ist nicht alles, da gibt es noch ein paar Sachen, die man so gut wie nie braucht und sich deswegen auch nicht wirklich merkt, aber … verdammt, das tut so extrem weh, ich halte das nicht aus. Sorry, ich bin dann mal weg, du kannst gern hierbleiben, ich verschwinde ins Hotel.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, seinen Freund noch eines weiteren Blickes zu würdigen oder seine Sachen zusammenzupacken, stürmt Quietschie wie ein wildgewordener Stier los, ist wenige Sekunden später bereits am Ende des Strandes und gleich darauf aus Brainies Sichtfeld verschwunden.
Konsterniert starrt Brainie ihm hinterher und wird erst durch die Stimme der älteren Dame aus seinen Gedanken aufgeschreckt.
»Was hat Ihr Freund denn? Ich habe eben das Wort Allergie gehört und auch Löwenzahn, reagiert er vielleicht auf alle Korbblütler?«
»Wie meinen Sie das? Was sind denn Korbblütler genau? Ich kenne ihn zwar schon lange und weiß, was er alles nicht isst beziehungsweise essen darf, aber das war eben doch gar nicht der Fall.«
»Nun, wenn er auf Löwenzahn allergisch ist, besteht durchaus die Möglichkeit, dass er auch auf Ringelblume, Kamille und Arnika reagiert. Ausgerechnet diese drei Pflanzen sind als Bestandteile in der Lotion enthalten, die ich Ihnen gegeben habe, normalerweise sind sie eher ein Garant für eine rasche Linderung der Beschwerden. Jede Pflanze für sich allein ist schon sehr heilsam, in der Kombination sind sie jedoch noch wirksamer. Natürlich darf man nicht allergisch sein, was glücklicherweise nur wenige Menschen betrifft, zumindest habe ich bisher keinen solchen Fall erlebt, und da ich mich hobbymäßig mit solchen Pflanzen und ihren Wirkungen beschäftige, habe ich sie selbst schon oft anderen Menschen empfohlen, bisher ohne negative Folgen. Glauben Sie mir, ich wollte nur helfen und dem jungen Mann keineswegs schaden. Das tut mir wirklich aufrichtig leid für Ihren Freund, Sie sollten ihm vielleicht nachgehen und vor allem die schmerzenden und geschwollenen Partien mit Eis kühlen, damit die Haut sich beruhigen kann. Aber denken Sie daran, das Eis in ein Handtuch einzuschlagen, nicht direkt auf die Haut legen, das könnte seinen Zustand sonst eher verschlimmern. Und Ihr Freund sollte, sobald er wieder zu Hause ist, umgehend einen Arzt aufsuchen und einen richtigen Allergietest machen lassen, nur um sicherzugehen, dass da nicht noch mehr unerkannte Allergene demnächst einen Angriff auf sein Immunsystem starten werden.«
»Sie haben recht, ich werde mal ins Hotel gehen und versuchen, ein bisschen Eis aufzutreiben. Danke für Ihre Mühe und dass er darauf dermaßen stark reagiert, das konnten weder Sie noch ich ahnen, ich fürchte, das wusste er selbst nicht.«
»Alles Gute für Ihren Freund und ich hoffe, dass er morgen wieder halbwegs beschwerdefrei ist. Normalerweise dauert es übrigens ein paar Stunden oder sogar weitaus länger, bis solche extremen Hautreaktionen auftreten, ich vermute, der Sonnenbrand hat das erheblich beschleunigt. Haben Sie trotzdem noch einen schönen Urlaub. Ich bitte Sie nochmals, mir zu glauben, dass es mir aufrichtig leidtut.«
»Danke, machen Sie sich jetzt mal keine Vorwürfe. Und vielen Dank nochmals für Ihre Hilfe und die guten Ratschläge.«
Mit diesen Worten dreht sich Brainie um und verlässt den Strand ebenfalls in Richtung Hotel, seine und Quietschies Sachen hat er bereits während der Unterhaltung mit der netten Dame zusammengesammelt und in der großen Strandtasche verstaut.
Als er das Hotel erreicht, stellt er fest, dass er keine der beiden Schlüsselkarten bei sich hat, Quietschie muss aus Versehen wohl beide eingesteckt haben. Seufzend wendet er sich dem Treppenhaus zu und erklimmt die Stufen bis in den fünften Stock, da man ohne dieses kleine Plastikkärtchen auch den Fahrstuhl nicht benutzen kann. Etwas außer Atem und mit deutlich gerötetem Kopf erreicht er schließlich die Zimmertür, hinter der Quietschie und er seit mittlerweile drei Tagen logieren, und klopft leise an.
»Quietschie? Ich bin’s. Lass mich bitte rein, du hast meine Karte, ich kann nicht aufmachen.«
»Verschwinde! Ich brauche meine Ruhe“, ertönt es von drinnen und Brainie kann deutlich hören, dass Quietschies Stimme ziemlich angefressen klingt.
»Bitte, ich möchte nur rein. Und dir helfen“, bettelt Brainie weiter, wird jedoch gleich wieder abgeschmettert.
»Na, danke auch. Deine Hilfe war echt klasse. Ich sehe jetzt nicht nur kariert aus, nein, es fühlt sich an, als wäre ich Darsteller einer Feuerwehrserie gewesen, allerdings der, der dabei umkommt und verbrennt. Und nun hau wieder ab und leg dich an den Strand. Ich sterbe hier derweil.«
»Komm, nun sei nicht unfair, Quietschie. Für deinen Sonnenbrand kann ich definitiv nichts und für die allergische Reaktion auf die Lotion noch viel weniger.«
Langsam wird Brainie ein wenig sauer, denn es ist nun wirklich nicht seine Schuld, dass Quietschie sich überhaupt erst diesen Sonnenbrand eingehandelt hat.
»Ich bin aber unfair, Brainie. Weil ich es einfach sein will. Verstehst du das? Du hast schließlich nicht das Gefühl, als würde sich die Haut deiner Beine vom Rest des Körpers lösen wollen. Du bist der Kerl, dem es gut geht, egal wie lange er in der Sonne war. Also, und nun mach die Flatter.«
»Quietschie, ich werde nicht gehen. Selbst wenn ich mir eine Ersatzkarte über die Zentrale holen muss, um ins Zimmer zu kommen. Du kannst und wirst mich nicht einfach so aussperren.«
»Doch, merkst du nicht, dass ich das kann?«, ruft ihm Quietschie mit schmerzverzerrter Stimme durch die immer noch verschlossene Tür zu.
»Okay, falls du das so willst!«, wehrt sich Brainie. »Dann gehe ich eben zur Rezeption und lasse die Tür öffnen.«
Entschlossen dreht sich Brainie um und will sich soeben auf den Weg machen, als plötzlich die Zimmertür einen Spalt breit geöffnet wird. Grinsend betritt Brainie den Raum und schüttelt über das Verhalten seines Freundes den Kopf.
»Was ist denn in dich gefahren?«, hakt er nach und setzt sich zu dem wieder auf dem Rücken liegenden Quietschie, der nach wie vor die Zähne vor Schmerzen stark zusammenbeißen muss. »Ich will dir doch nur helfen. Und zumindest unsere Sachen abstellen, damit ich die nicht noch länger mit mir herumschleppen muss. Du warst nicht gerade freundlich zu mir, aber ich sehe darüber hinweg, weil ich merke, wie sehr du leidest. Ich glaube, ich besorge erst mal etwas Eis, um deine Oberschenkel zu kühlen. Beweg dich nicht vom Fleck, ich bin so schnell wie möglich wieder da.«
In weiser Voraussicht greift Brainie zu einer der beiden Schlüsselkarten, die auf dem Nachttisch liegen, und macht sich auf den Weg zur Hotelküche, um den nächsten Bediensteten um etwas Crushed Ice zu bitten, das ihm eine der netten, jungen Damen bereitwillig aushändigt.
Zurück im Hotelzimmer öffnet er den ersten der drei ergatterten Beutel, wickelt das Eis in eines der Handtücher und tupft vorsichtig mit der Außenseite die Haut des rechten Oberschenkels seines Freundes ab, was dem sofort ein wohliges Schnurren entlockt.
»Oh, das tut gut, Brainie. Ich glaube, das ist das Richtige. Mach bitte weiter, nicht aufhören“, haucht Quietschie leise und schließt die Augen, was er stets tut, wenn er etwas zu genießen beginnt. Für einen Moment hört man lediglich leise Atemgeräusche und Quietschie wirkt von Minute zu Minute entspannter.
Brainie öffnet den zweiten Eisbeutel, schüttet den Inhalt auf ein weiteres Handtuch und behandelt damit den anderen Oberschenkel, woraufhin sich Quietschie zunächst leicht aufbäumt, sich gleich darauf jedoch wieder entspannt fallen lässt.
Brainie kommt seinem Freund dabei verdächtig nahe, seine Lippen sind nur wenige Millimeter von Quietschies entfernt. Einen Moment lang zögert er noch — möglicherweise aus Angst, abgelehnt zu werden — irgendwann traut er sich jedoch und küsst Quietschie, zunächst vorsichtig, doch als der sich nicht wehrt, wird Brainie etwas forscher und seine Zunge sucht nach der seines Freundes, wird fündig und beginnt, liebevoll mit ihr zu spielen. Unterdessen kühlt Brainie ohne Unterlass Quietschies Beine, bis ihm irgendwann durch eine Hand signalisiert wird, dass die Kühlakkus Marke Eigenbau beiseitegelegt werden können.
»Küss mich einfach weiter!«, fordert Quietschie Brainie auf und lässt seine Arme um dessen Rücken wandern, zieht ihn ganz nah zu sich und legt letztendlich Brainies Hand auf seine durchaus beachtliche Beule zwischen den Beinen, was seinen Freund unverzüglich lächeln lässt. Vorsichtig knetet er den harten Riemen unter Quietschies knapper Hose, liebkost seinen Freund dabei weiter, streichelt ihm über die Arme, schiebt Quietschies Shirt hoch, knabbert an dessen Nippeln und lässt ihn förmlich unter seinen Fingerkuppen zerschmelzen.
»Zieh dich aus“, fordert Quietschie seinen Freund irgendwann auf, woraufhin der sich sofort seines T-Shirts entledigt und sich wenig später auch die Shorts von den Beinen streift. Gleich darauf spürt Brainie schon eine fordernde Hand an seinem mittlerweile stark erregten Schwanz, lässt sich die Berührung jedoch gern gefallen und gibt sie gleichermaßen zurück. Irgendwann giert er danach, Quietschies heißes Teil mit den Lippen zu verwöhnen, woraufhin er sich mit dem Gesicht genau in diese Richtung bewegt, um entsprechende Taten folgen zu lassen. Quietschies Atem geht schwer, ein zunächst heiseres Röcheln wird von einem lustvollen Stöhnen abgelöst, Brainie spürt, dass Quietschie nicht mehr lange brauchen wird, lässt von ihm ab und gibt ihm so die Möglichkeit, sich voller Ekstase zu entladen.
Auch Brainie kann seine Erregung nicht mehr im Zaum halten, ein paar wenige Handbewegungen genügen, bis er ebenfalls über die Klippe der Lust fällt und sich gleich darauf völlig außer Atem in die Kissen wirft, woraufhin er plötzlich ein lautstarkes Knacken vernimmt und, ehe er sich versieht, eine Etage tiefer liegt.
»Was war das denn jetzt?«, kommt es erschrocken von Quietschie.
»Na ja“, kommt es grinsend von Brainie, »ich glaube, der Lattenrost hat sich verabschiedet und ist nach unten gekracht. Ein typischer Fall von »Ich habe die Nummer nicht überlebt“ würde ich sagen.«
»Du hast dir doch hoffentlich keine wichtigen Teile eingeklemmt oder so was? Geht es dir gut?«
Quietschie steht der Schreck immer noch ein wenig ins Gesicht geschrieben, doch ein helles Auflachen von Brainie beruhigt ihn endgültig, denn das vorherige Lächeln allein hätte durchaus Fassade sein können. Immerhin kennt er seinen Freund bereits mehr als die Hälfte seines Lebens, von daher weiß er, dass Brainie eher stumm leidet, als irgendwelche Schmerzen oder anderes Unwohlsein zuzugeben.
»Sicher doch. Bei mir ist alles in Ordnung. Die einzigen Opfer in diesem Raum sind ein verbrannter Quietschie und ein in seine Einzelteile zerlegter Lattenrost. Mach dir keinen Kopf und kühl lieber noch mal deine Beine, immerhin ist es eben ganz schön heiß hergegangen.«
Achselzuckend greift Quietschie nach dem restlichen, bisher nicht geschmolzenen Eis und bearbeitet weiter seine Oberschenkel, während Brainie sich aus dem Bett hochwuchtet und in seine Klamotten wirft.
»Was hast du denn jetzt vor?«, kommt es erstaunt von seinem Freund, der mit Bedauern verfolgt, wie Brainies interessante Teile samt und sonders unter Unterwäsche und kurzen Shorts verschwinden, bevor er den Oberkörper in ein sommerliches Kurzarmhemd hüllt.
»Na was wohl? Runtergehen natürlich! Und denen an der Rezeption mal Bescheid geben, dass ihre Betten irgendwie so gar nicht belastbar sind. Wir haben ja nicht mal beide gleichzeitig draufgelegen, aber selbst dann sollte so etwas eigentlich nicht passieren. Es hätte dabei immerhin wirklich jemand zu Schaden kommen können, oder? Klar bin ich ein wenig moppelig, bloß auch das muss so ein Bett eigentlich verkraften. Es kann echt nicht sein, dass ein Lattenrost derart schnell nachgibt. Ist ja hier schließlich keine Billigklitsche.«
»Soll ich mitkommen?«
»Nö, lass mal, ich mach das schon. Halt du lieber die Temperatur deiner Beine weiter schön unten und zieh dir besser etwas an.«
»Wieso anziehen? Es ist hier drin fürchterlich heiß und …«
»Nun, es könnte immerhin sein, dass jemand vom Hotel den Schaden begutachten möchte, da würde ich es irgendwie angebrachter finden, wenn du dich ihm oder ihr nicht im Adamskostüm zeigen würdest. Immerhin ist das etwas, das hoffentlich allein mir vorbehalten ist, oder Graf von Borgfeld?«
»Nenn mich nicht ständig so, Blödmann“, kommt es leicht mürrisch von Quietschie, »du weißt, wie sehr ich das hasse. Aber okay, ich werfe mich in irgendwas rein. Ungern und nur dir zuliebe, mir wär das nämlich ziemlich wurscht, wer mich nackt sehen kann. Bin schließlich nicht prüde.«
»Bin ich eigentlich auch nicht, aber dein neuestes Tattoo auf der Hinterbacke, das geht andere wirklich nichts an. Und nun will ich den Herrschaften unten mal eben ein wenig auf den Zahn fühlen, immerhin ist Schlafen so nicht zumutbar.«
»Ohne dich anständig zu verabschieden? Geht ja mal gar nicht“, moniert Quietschie und erreicht damit, dass Brainie, der bereits an der Tür stand, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht zurückkommt, sich über seinen Freund beugt und sich somit sein Vorhaben um eine lockere Viertelstunde nach hinten verschiebt, da aus dem einen geforderten Kuss ein paar mehr werden und sich beide Männer nur schwer wieder voneinander lösen können.
»Jetzt aber“, murmelt Brainie und schiebt Quietschie ein Stück von sich weg.
»Okay, wenn’s denn unbedingt sein muss“, flüstert Quietschie und erhebt sich leise seufzend. »Ich mache mich dann mal landfein.«
Während Quietschie sich ins Bad begibt und anschließend ankleidet, erreicht Brainie die Rezeption und wartet darauf, dass die Dame hinter dem Tresen sich um ihn kümmert, was jedoch mehrere Minuten dauert, da gerade etliche neue Gäste eingetroffen sind, die zunächst ihre Zimmerschlüssel bekommen müssen. Endlich wendet sich die junge Angestellte Brainie zu und fragt nach seinem Begehr.
»Nun, wir haben ein kleines Problem mit unserem Bett“, beginnt Brainie auf Deutsch, da ihn die Hotelmitarbeiterin in eben dieser Sprache angesprochen hat.
»Oh, wie kann ich Ihnen helfen, was ist passiert?«
»Es ist zusammengebrochen“, erwidert Brainie, was ein irritiertes Augenbrauenzusammenziehen bei der jungen Dame auslöst.
»Zusammengebrochen? Das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Haben Sie sich vielleicht zu stark auf das Bett geworfen?«, setzt sie mit einem Blick auf Brainies nicht ganz gertenschlanke Figur hinzu, was diesem natürlich nicht entgeht und das Lächeln, das er bislang an den Tag gelegt hat, aus seinem Gesicht wischt.
»Junge Frau, diese Frage ist mehr als unnötig und Ihren schrägen Blick dürfen Sie sich gern sparen. Bitte holen Sie Ihren Vorgesetzten, ich würde das gern mit einer kompetenten Person weiter erörtern.«
»Ich bitte vielmals um Verzeihung“, beschwichtigt die Dame umgehend und versucht, den mittlerweile deutlich unzufrieden wirkenden Brainie umzustimmen, »meine Bemerkung war absolut unangebracht und hatte keinesfalls irgendetwas mit Ihrem Aussehen zu tun. Ich war nur ein wenig irritiert, weil solche Dinge in der Regel nicht geschehen. Sofern ich natürlich den Hoteldirektor holen soll, werde ich das gern tun.«
»Kein Problem, lassen Sie es einfach gut sein!«, entgegnet Brainie. »Wir brauchen lediglich eine Lösung. Schlafen kann man in dem Bett nämlich nicht mehr. Entweder wird der Lattenrost ausgetauscht oder wir benötigen ein neues Zimmer.«
Brainie sieht die Rezeptionistin mit eindringlichem Blick an und tippt mehrfach mit den Fingerkuppen auf den Tresen, während die Dame suchend den Computer durchforscht.
»Sie haben Glück, Herr …«, beginnt die Hotelangestellte schließlich einen Satz, der durch ein leicht genervtes »Möhlenkamp“ seitens Brainie beendet wird.
»Nun, Herr Möhlenkamp“, versucht sie es erneut, »Sie und Ihr Freund haben tatsächlich Glück. Ich kann Ihnen sofort ein anderes Zimmer anbieten, und zwar einen Raum mit Luxusausstattung. Die Suite verfügt nicht nur über ein Wasserbett, eine kleine Bar und eine voll ausgestattete Küchenzeile, sondern sowohl über ein Bad mit Wanne und Regenwalddusche als auch über einen Balkon mit Blick auf das wunderschöne Meer.«
»Das hört sich gut an!«, entgegnet Brainie und lächelt die Dame an. »Und, junge Frau, ich weiß, dass ich ein paar Kilo zu viel auf den Rippen habe, aber deshalb kracht kein Bett zusammen. Schließlich habe ich nicht das Gewicht eines Sumoringers.«
»Herr Möhlenkamp, es war wirklich nicht so gemeint!«, entschuldigt sich die Hotelmitarbeiterin abermals und errötet dabei. Man kann ihr deutlich anmerken, wie unangenehm ihr das Ganze ist. »Manchmal schieße ich einfach ein wenig über das Ziel hinaus.«
»Sicher!«, kommt es, nach wie vor genervt grinsend, von Brainie, während er die neuen Zimmerkarten entgegennimmt und anschließend versichert, die alten Exemplare nach dem internen Umzug unverzüglich abzugeben.
Wenige Minuten später erreicht er das alte Hotelzimmer und stößt einen Freudenschrei aus.
»Quietschie, stell dir vor“, sprudelt es förmlich aus ihm heraus, »da geht ein Bett kaputt und wir bekommen ein Upgrade in die Luxusklasse. Jetzt kann der Urlaub richtig beginnen, und nun komm, hilf mir schnell, wir ziehen um und genießen für den Rest der Urlaubszeit einen Specialroom.«
»Was?«, kommt es ein wenig irritiert von Quietschie.
»Wir bekommen ein anderes Zimmer, Quietschiebaby, und können abends unter einer Regenwalddusche vögeln und anschließend Cocktails auf einem Balkon mit Meerblick schlürfen. Nun los, räum deine Siebensachen zusammen, ich kann es kaum abwarten.«
Langsam, aber sicher kommt auch bei Quietschie an, was Brainie erreicht hat. Er öffnet den Kleiderschrank, wirft seine Klamotten schnell in den Koffer, steht innerhalb weniger Sekunden bereits auf dem Flur und tritt von einem Fuß auf den anderen, da auch er mittlerweile ziemlich gespannt ist.
Das Zimmer befindet sich auf derselben Etage, lediglich auf der anderen Seite der Hotelanlage, so vergeht nur etwa eine Minute, bis Brainie die Tür des neuen Luxuszimmers öffnet und Quietschie vor Staunen der Mund offenstehen bleibt.
»Was zum Henker hast du mit der Hoteltante gemacht, dass sie uns als Entschädigung ein solches Zimmer gibt?«
»Nun“, beginnt Brainie zu erklären, »ich habe meinen Unmut sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, weil ich die Reaktion der Dame an der Rezeption etwas unpassend fand.«
Bei dieser Erläuterung entgleiten Brainie selbst im Nachhinein noch einmal die Gesichtszüge.
»Was war denn unpassend?«, hakt Quietschie nach.
»Sagen wir mal so. Sie hat unterschwellig mein Gewicht als Verursacher für das Bettdesaster verantwortlich gemacht.«
»Boah! Das ist doch …«
»Lass! Reg dich nicht auf. Ich wollte daraufhin ihren Vorgesetzten sprechen und sie hat sich entschuldigt. Außerdem habe ich, obwohl ich irgendwie schon sehr gekränkt war, meine Wut mit dummen Sprüchen kompensiert. Ich habe sogar von einem Sumoringer gesprochen“, unterbricht Brainie seinen Freund. »Aber vielleicht hat sie sogar recht und ich bin doch viel zu dick. Bin ich das, Quietschie? Ehrliche Antwort! Komm! Raus mit der Sprache!«
Quietschie sieht Brainie einen Moment lang direkt in die Augen, bevor er leise zu sprechen beginnt.
»Du willst eine ehrliche Antwort von mir? Die bekommst du, bloß möchte ich dich vorab bitten, mich nicht zu unterbrechen, damit ich nicht den Faden verliere, okay? Anschließend können wir gern diskutieren, du darfst mich später sogar hauen oder knutschen, je nachdem, wonach dir gerade ist. Wo fange ich am besten an, wenn ich eine solch blöde Frage beantworten soll? Nein, du bist still, das war so abgemacht. Ich beginne am besten ganz neutral und objektiv und stelle mich mal ganz dumm. Was heißt eigentlich zu dick? Wo findet man eine Definition dafür und wer hat die festgelegt? Lass uns also systematisch vorgehen. Ärzte definieren das über den Body-Mass-Index, sofern ich da richtig informiert bin und das inzwischen nicht geändert wurde. Weder kenne ich dein Gewicht ganz genau, noch habe ich das jemals in Relation zu irgendwas gesetzt, ich vermute, du kennst deinen BMI und weißt somit, ob du über einer von wem auch immer festgelegten Grenze liegst. So viel zur objektiven Seite.
Jetzt komme ich allerdings zu der schöneren, nämlich meiner subjektiven Sicht auf dieselbe Frage und die ist sehr schnell und einfach zu beantworten, ich erkläre dir auch sehr gern warum. Für mich bist du nicht zu dick und warst es auch nie. Für mich bist du der Mann, den ich über alles liebe, und das nicht erst seit gestern. Wir kennen uns inzwischen wie lange? Über fünfzehn Jahre, wenn ich richtig rechne, Mathematik ist ja irgendwie nicht so meins. Fünfzehn Jahre, in denen ich immer nur den Brainie in dir gesehen habe. Erst den frechen Klassenkameraden, später den besten Freund und heute den geliebten Menschen. Du bist Brainie, nicht der Mensch mit so und so vielen Kilos. Ich sehe dich gesamt, ganz genau so, wie du bist. Und ich liebe dich auch so, wie du nun mal bist, ganz egal, wie viele Kilos du auf die Waage bringst. Ich versuche mal einen Vergleich, der zwar garantiert hinkt, aber eventuell verstehst du, was ich ausdrücken will. Stell dir eine Praline vor, so eine leckere mit Likörfüllung. Wenn ich die mag, dann mag ich doch alles, oder? Ich sage also nicht, dass ich nur die Füllung will, denn in dem Fall könnte ich mir schließlich ganz einfach Likör kaufen. Andersrum will ich auch nicht bloß die Schokolade essen, da wäre ich mit einer einfachen Tafel sicher besser bedient. Nein, ich will das Gesamtpaket, ich will alles zugleich. Und genau so ist das eben auch mit dir, ich will dich. Mit deiner leicht störrischen Frisur, in der ich so gerne herumwuschle, mit diesen Augen, in denen manchmal ein winziger Hauch Traurigkeit liegt, mit den Lippen, die zum Küssen einladen und mit genau diesem Körper, an den ich mich verdammt gern anschmiege. Du bist vielleicht nicht sportgestählt und drahtig, dafür hast du Hirn und Herz. Und ehrlich gesagt, ich habe mir bis eben noch nie Gedanken darüber gemacht, ob du zu dick bist, denn das ist für mich gar nicht wichtig. Ich sehe nur den Mann, den ich immer wollte und den ich endlich bekommen habe. Ehrlich, Brainie, ob du ein paar Gramm zu viel hast, ist mir egal und dir sollte es das auch sein, solange du gesund bist, was, zumindest in meinen Augen, ganz offensichtlich der Fall ist, und solange es dich nicht stört. Und nun darfst du mich hauen, ich erwähnte es ja bereits.«
»Ich würde dich niemals schlagen!«, reagiert Brainie mit belegter Stimme und feuchten Augen. Quietschies Ansprache hat ihn dermaßen sentimental gestimmt, dass er tatsächlich ein paar Probleme hat, nicht jeden Moment in Tränen auszubrechen. »Aber ich will auch etwas dazu sagen“, fährt er Sekunden später fort, »weiß jedoch nicht so recht, wo ich anfangen soll. Einerseits freue ich mich wahnsinnig über deine hammergeilen Worte, vor allem, dass du den Menschen, den du zum Partner hast, als Ganzes siehst und nicht nur den Körper. Das ist leider bei vielen Leuten anders. Dennoch bin ich schon ziemlich lange unzufrieden mit mir selbst. Ich hasse es, wenn die Leute spitze Bemerkungen über mein Gewicht machen oder mir schräge Blicke zuwerfen, so wie die Olle eben an der Rezeption. In solchen Momenten fühle ich mich sofort minderwertig und würde mich am liebsten verstecken. Es bereitet mir richtige Probleme, in diesen Situationen die Fassung nicht zu verlieren. Manchmal schäme ich mich auch, zum Beispiel vorhin am Strand war mir das total peinlich, weil sich, während ich deine Beine eingecremt habe, wieder diese bescheuerten Röllchen an meinem Bauch gebildet haben, die ich am liebsten verteufelt hätte. Ich bin immer der Meinung, dass mich alle Leute einfach nur mitleidig oder verächtlich anstarren und mit dem Finger auf mich zeigen.«
Quietschie zieht Brainie daraufhin ganz nah zu sich heran und nimmt ihn fest in den Arm, da in diesem Moment die Tränen tatsächlich zu laufen beginnen.
»Was interessieren dich denn die Leute? Lass sie doch denken, was sie wollen. Die sollen sich doch an die eigene Nase fassen und sich um sich selbst kümmern, bevor sie über andere Menschen urteilen“, flüstert Quietschie seinem Freund liebevoll ins Ohr, was den jedoch lediglich den Kopf schütteln lässt.
»Ich muss mich aber endlich selbst in meinem Körper wohlfühlen können. Was bringt es mir denn, wenn ich eine riesige Schutzhülle über meine Persönlichkeit spanne und sämtliche spitzen Bemerkungen ausblende oder Blicke ignoriere, dann aber einen riesigen Stich ins Herz bekomme, sobald ich mich nach dem Duschen im Spiegel anschaue und am liebsten alles Überschüssige an meinem Körper wegbrennen würde? Quietschie, verstehst du, worauf ich hinauswill? Ich möchte attraktiver werden und an meinem Körper arbeiten, nicht allein nur für dich, sondern auch für mich. Hilfst du mir dabei?«
Quietschie nickt und drückt Brainies Kopf gleich darauf an seine Schulter zurück und streicht ihm dabei immer wieder durchs Haar.
»Klar! Falls du das willst, unterstütze ich dich. Von mir aus können wir gleich morgen mit ein wenig Sport beginnen. Was hältst du davon, wenn wir nach dem Frühstück ein wenig joggen gehen? Natürlich lassen wir es erst ein wenig sacken, aber du wirst sehen, dass du dich anschließend wunderbar fühlst.«
»Wir probieren es einfach. Der Strand hier eignet sich ja sehr gut dafür. Aber du wirst dir zumindest eine dreiviertellange Hose anziehen müssen, damit deine Beine sich von der Sonne erholen.«
»Jepp!«, stimmt Quietschie seinem Freund zu. »So ein Ding habe ich sogar dabei. Aber weißt du, was ich nun will?«
»Na, was denn?«, raunt Brainie heiser zurück.
»Ich möchte dich mit Haut und Haaren vernaschen, und zwar auf diesem Luxusbett. Dabei ist es mir egal, wie viele Röllchen an deinem Oberkörper sind, denn ich werde jedes einzelne davon bis zur absoluten Ekstase verwöhnen und dich in den siebten Himmel katapultieren. Wie findest du das?«
»Das ist eine fantastische Idee. Ich werde dich nicht daran hindern. Na los. Worauf wartest du noch? Zieh mir das Shirt aus.«
»Oh, wie stürmisch, Herr von und zu Brainie!«
»Ja, siehst du, ich kann auch anders. Und nun komm her. Näher! Ganz nah! Mach schon!«
Mit diesen Worten presst Brainie seinen Mund auf die Lippen seines Freundes und beginnt, ihn voller Leidenschaft heiß und innig zu küssen. Wenig später fallen sie auf das frisch bezogene Bett, reißen sich förmlich die Klamotten vom Leib und ihrem Stöhnen nach zu urteilen, sind sie offensichtlich so wild aufeinander, dass sie die nächsten Minuten hingebungsvoll genießen, bereits nach kurzer Zeit ihren Gipfel der Lust erreichen und danach heftig keuchend aufeinanderliegen.
»Falls wir es so noch öfter miteinander treiben, verbrenne ich bestimmt auch ein paar Kilo!«, wispert Brainie ein paar Minuten später noch völlig außer Atem.
»Jetzt nicht kneifen, morgen Vormittag geht’s an den Strand, und zwar zum Laufen. Sex können wir später trotzdem noch haben, aber jetzt habe ich eine klitzekleine Bitte an dich.«
»Na? Was denn?«
»Könntest du meine Beine noch mal kühlen? Das tut echt noch verdammt weh!«
»Mach ich gleich! Aber zunächst sollte ich die Chipkarten für das alte Zimmer an die Rezeption zurückbringen. Ich hatte der Ollen das eben versprochen. Auf dem Rückweg bringe ich noch mal frisches Eis mit.«
*
»Nanu, was ist denn mit dir los? Keinen Appetit heute früh?«
Irritiert sieht Quietschie am nächsten Morgen auf Brainies Tablett, mit dem der kurz nach ihm an den Frühstückstisch kommt, denn darauf befinden sich lediglich ein Glas Orangensaft, ein kleines Schälchen Naturjoghurt und eine Banane.
»Was heißt Appetit? Mir knurrt ganz schön der Magen, aber ganz ohne Abstriche werde ich meinem Ziel, ein paar Kilo zu verlieren, nicht ernsthaft näherkommen. Also muss ich wohl in den sauren Apfel beißen und zusätzlich zu dem geplanten Sportprogramm natürlich auch meine Ernährung umstellen, das hätte ich übrigens schon längst tun sollen.«
»Nun hör mir bitte mal gut zu, mein herzallerliebster Brainie. Natürlich hast du recht, ein wenig Verzicht wirst du sicher üben müssen, aber das, was du da gerade machst, ist völlig dämlich, sorry. Ich bin zwar nicht sonderlich schlau und ein Ernährungswissenschaftler schon mal gleich gar nicht, bloß das ist definitiv der falsche Weg.«
»Warum denn das? Ich hab gestern noch recherchiert, als du schon geschlafen hast. Diese ganzen blödsinnigen Diäten sind nicht mein Ding, deshalb habe ich mich dafür entschieden, zukünftig einfach die Kalorien zu zählen. Schon meine Oma hat immer gesagt, wenn sie mal ein paar Pfund verlieren wollte, sie macht FdH, also friss die Hälfte.«
»Kalorienzählen ist völlig okay, keiner muss sich nur von einem bestimmten Lebensmittel ernähren oder blödsinnige Shakes trinken. Verzicht in Maßen ist absolut in Ordnung, aber bitte doch nicht mit Brachialgewalt. Erstens würde ich es gut finden, wenn du dich vor solchen Aktionen mit deinem Arzt besprichst, der kann dir sicher ganz genau sagen, was für dich gut ist, was du lassen solltest und was sogar gefährlich sein könnte. Und zweitens, mein Brainieschatz, haben wir Urlaub, was gleichbedeutend ist mit erholen, genießen und chillen. Ein wenig Sport ist perfekt, ganz leicht für den Anfang natürlich, auch ein wenig darauf aufzupassen, was man alles isst, ebenso, aber ich lasse definitiv nicht zu, dass du plötzlich hier fastest. Ich kenne dich genauso lange wie du mich und weiß daher, dass es für dich kaum etwas Schöneres gibt als ein Frühstück mit frischen Brötchen, Nussnougatcreme und einem leckeren Kakao. Keine Widerrede, ich hole dir das jetzt. Was wir zu Hause machen werden, also in Bezug auf gesunde Ernährung, entscheiden wir, sobald der Urlaub vorbei ist, doch bis dahin wirst du es dir gut gehen lassen und darüber will ich auch überhaupt nicht diskutieren. Ich möchte nämlich nicht, dass du schlecht gelaunt und mit leerem Magen durch die Gegend rennst, nur weil du es mit aller Macht vorantreiben willst. Lass uns die verbleibenden Tage genießen, anschließend bin ich zu allen Schandtaten bereit.«
Noch ehe Brainie etwas erwidern kann, ist Quietschie bereits aufgesprungen und steht wenig später mit den versprochenen Köstlichkeiten wieder am Tisch. Mit Tränen in den Augen sieht Brainie zu ihm hoch und man kann an seinem Blick erkennen, wie viel ihm Quietschies Worte bedeuten und wie sehr er ihn liebt.
»Ich wollte doch nur, dass es schneller geht“, flüstert Brainie mit erstickter Stimme. »Damit du endlich den Partner an die Seite bekommst, den du verdient hast und der zu dir passt.«
Quietschie lässt sich auf seinen Stuhl fallen und greift nach Brainies Hand.
»Ich habe das alles doch schon. Für mich bist du perfekt, das habe ich dir gestern doch schon erklärt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Und nun bitte ich dich, iss, was dir schmeckt, Abnehmen geht eh nicht von heute auf morgen. Und einen schlecht gelaunten Freund, der vor Hunger nörgelt, würde ich definitiv nicht so prickelnd finden. Ich verspreche dir, zu Hause arbeiten wir das genau aus, okay?«
»Einverstanden“, murmelt Brainie und lässt sich die von Quietschie organisierten leckeren Sachen schmecken, wobei seine Laune zusehends besser wird. »Du musst mir jedoch trotzdem versprechen, dass wir gleich joggen gehen!«
Quietschie verdreht die Augen und lächelt seinen Freund an.
»Natürlich machen wir das. Schließlich haben wir das gestern ebenfalls vereinbart. Außerdem könnte ich auch mal wieder ein bisschen Bewegung gebrauchen.«
»Ja, könnte sein! Vielleicht sind deine Beine durch die gestrige Sonneneinwirkung sogar komplett durchgegart. Dann solltest du sie bei Laune halten, damit sie schön knusprig bleiben.«
»Ha, ha, ha!«, kontert Quietschie und tritt Brainie daraufhin ganz leicht an den linken Knöchel, was der mit einem leisen »Aua!« quittiert. »Mach dich ruhig über meinen Sonnenbrand lustig, Blödie! Wirst schon sehen, was du davon hast.«
»Na, was habe ich denn davon?«, feixt Brainie breit grinsend zurück.
»Das zeige ich dir, wenn wir allein und nackt sind!«
Etwa eine Stunde später stehen Quietschie und Brainie in Shorts, T-Shirts und Sportschuhen am noch fast menschenleeren Strand und wärmen ihre Muskeln langsam auf.
»Es ist sehr wichtig, dass du dich vor den sportlichen Aktivitäten ausreichend lockerst“, erklärt Quietschie, was Brainie mit einem Nicken bestätigt und dabei seine Unterschenkel dehnt. »Sobald wir alle wichtigen Muskeln vorbereitet haben, werden wir etwa zwei Kilometer in die eine Richtung und zwei in die andere laufen. Das sollte fürs Erste reichen.«
Quietschie erzählt derweil noch einige Dinge über diverse Dehn- und Streckübungen, doch das bekommt Brainie gar nicht mehr richtig mit. Vielmehr ist er bereits durch die diversen Übungen ziemlich verschwitzt und derart außer Puste, dass er sich kaum mehr imstande sieht, überhaupt noch zu joggen. Dennoch will er seinen Freund nicht enttäuschen und läuft mit ihm mehr oder weniger elegant am Wasser entlang, bis er jedoch nach etwa zwei Kilometern schwer atmend und keuchend zu Boden geht und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Seiten fasst.
»Brainie, Schatz, mein Gott, was ist mit dir? Oh, Scheiße verdammte, was kann ich denn bloß tun?«
»Nichts!«, presst Brainie hechelnd hervor. »Das geht gleich wieder. Ich habe nur diese verfluchten Seitenstiche und mein Mund ist so trocken, als hätte ich eine Woche lang in der Wüste verbracht.«
»Süßer, soll ich einen Arzt holen? Ich könnte auch einen Krankenwa…«
»Hör auf, Quietschie! Ich bin doch kein Notfall. Das hatte ich in der Schule auch immer, sobald ich eine längere Strecke laufen musste. Ich hatte das nur verdrängt. Wahrscheinlich bin ich einfach nicht dafür gemacht, Sport zu treiben.«
»Aber wieso hast du mir das denn nicht gesagt?«
»Mensch, ich hatte es halt verdrängt. Sagte ich doch gerade!«
Mit besorgtem Blick kniet sich Quietschie neben seinen Partner und legt einen Arm um ihn.
»Es tut mir leid!«, flüstert er ihm zu.
»Was?«, hakt Brainie nach, der allmählich wieder des normalen Atmens fähig ist.
»Na, vor allem, dass ich dich überfordert habe. Eventuell hätten wir es zunächst bei einer Strecke von einem Kilometer belassen sollen. Wir hätten auch schwimmen gehen können, aber nein, der blöde Quietschie muss gleich mit einem Riesenprogramm daherkommen und seinen Freund zu Boden trainieren. Da haben wir es wieder. Ich bin halt zu allem zu doof.«
»Hör auf jetzt, du hast das super gemacht“, dementiert Brainie.
»Ach ja? Super nenn ich eigentlich was anderes. Du bist hier am Strand mehr oder weniger zusammengebrochen, das ist alles andere als super!«
»War doch mein freier Wille, ein bisschen zu trainieren, also mach dir keinen Kopf!«
»Mach ich aber! Und ich zweifele an mir selbst. Ich will meinen Partner glücklich machen und sorge stattdessen dafür, dass er kaum noch atmen kann. Außerdem bin ich zu blöd, mich ordentlich einzucremen, und lege stattdessen noch ein Netzshirt über meine Beine, damit sich dort schöne, kleine Karomuster auf der Haut bilden und …«
»… und du laberst eine Menge Müll, Quietschie! Und nun gib mir deine Hand und hilf mir auf. Ich will ins Hotel, duschen und anschließend möchte ich heißen, unbändigen Sex mit dir, egal, ob du ein Sklaventreibertrainer mit Schachbrett auf den Beinen bist oder nicht!«
»Geht es dir denn gut genug? Ich meine, wir können auch gern noch etwas hier sitzen bleiben oder so.«
»Nee, ich will nicht einfach im Sand rumlümmeln, das mache ich normalerweise doch lieber mit ’ner Badehose am Körper. Außerdem fühle ich mich so verschwitzt nicht wirklich wohl. Guck dir bloß mal an, wie mein T-Shirt an mir klebt, das ist richtig dunkel vor Nässe. Bestimmt müffle ich wie ein Iltis, den man schließlich nicht umsonst Stinkmarder nennt.«
»Okay, aber wir gehen wenigstens ganz langsam“, kommt es mit nachgiebiger Stimme von Quietschie, der seinem Freund endlich die Hand reicht, ihn hochzieht und ihm dabei behilflich ist, sich abzuklopfen, denn Brainies Hinterteil und Rücken sehen aus, als wären sie mit dem feinen Sand des Strandes förmlich paniert worden. »Außerdem rieche ich nichts, so schlimm kann es mit deinem Duft also nicht sein.«
»Also ich finde mich gerade eklig. Ich japse wie ein Wal auf dem Trockenen, sobald ich bloß ein bisschen laufen muss. Du hättest mich gestern mal sehen sollen, als ich die Stufen hochtraben musste, da ja beide Schlüsselkarten in deinem Besitz waren und du mich somit dazu verdammt hattest, mich durchs Treppenhaus zu quälen. Außerdem frage ich mich, ob irgendwas mit deinem Geruchssinn nicht stimmt, denn ich stinke wirklich aus jeder Pore erbärmlich und mit dem am Körper klebenden Shirt wird erst so richtig deutlich, wie schwabbelig ich tatsächlich bin. Wie kannst du ein Ungetüm wie mich eigentlich lieben? Und ich spreche eben noch von heißem Sex. Was soll denn an Sex mit mir heiß sein?«
Mit jedem Wort ist Brainies Stimme ein wenig leiser geworden, bis sie kaum noch verständlich ist, außerdem hält Brainie den Kopf gesenkt, als würde er Angst haben, Quietschie anzusehen. Stur betrachtet er seine Füße, während er mit schleppenden Schritten weitergeht, bis er von Quietschie abrupt gebremst wird.
»Stopp, stopp, stopp, nun mal langsam mit den jungen Pferden. Was zum Henker laberst du da bloß für einen Blödsinn? Also erstens bis du zwar etwas außer Atem, das ist bei einer ungewohnten Anstrengung aber durchaus normal. Zweitens stinkst du nicht und das, was du sonst noch so von dir gegeben hast, will ich mal ganz dezent überhören. Für mich bist du nicht schwabbelig und ein Ungetüm schon mal gleich gar nicht. Und drittens hatte ich mit niemand anderem so geilen Sex wie mit dir, das solltest du dir vor Augen führen. Für mich bist du der Mann, den ich liebe und den ich jederzeit unterstützen werde, bei was auch immer. Hast du das jetzt endlich kapiert oder soll ich es auf einen Zettel schreiben und dir vor die Stirn kleben?«
»Meinst du das wirklich ernst?«, fragt Brainie und dabei ist seine Unsicherheit nicht zu überhören. Dass er in seinen Augen bei dem Versuch, sich sportlich zu betätigen, kläglich versagt hat, nagt gewaltig an seinem Selbstbewusstsein, das ohnehin nicht sehr ausgeprägt ist.
»Alles, was ich zu dir sage, meine ich auch so. Versteh das doch endlich mal, Brainie. Würdest du mich jetzt mal für einen Moment entschuldigen? Ich müsste ganz dringend für kleine Sportler.«
»Sicher, aber schaffst du es echt nicht mehr bis zum Hotel? Das kenne ich ja gar nicht von dir. Aber okay, tu, was du nicht lassen kannst. Ich warte hier.«
Mit großen Schritten zieht sich Quietschie hinter einen der kleinen Strandkioske, die in regelmäßigen Abständen aufgebaut sind, zurück, als ob er tatsächlich austreten würde, in Wahrheit jedoch sieht er sich suchend nach etwas um, wird ganz offensichtlich auch fündig, steckt sich ein kleines Teil in seine Hosentasche und begibt sich zurück zu dem wartenden Brainie.
»Na, Blase erfolgreich entleert?«, feixt der ihn an und setzt sich in Bewegung, wird allerdings von Quietschie erneut zurückgehalten.
»Bleib bitte noch mal stehen!«
»Warum das denn jetzt? Ich will endlich duschen!«
Statt einer Antwort greift Quietschie nach Brainies Händen, sieht ihm tief in die Augen und beginnt zu sprechen.
»Herr Tjarven Möhlenkamp, um das nun ein für alle Mal klarzustellen, lass mich dir sagen, dass ich dich schon sehr lange mehr liebe als mein Leben und ich gedenke auch nicht, dich jemals wieder gehen zu lassen. Von daher, geliebter Brainie“, bei diesen Worten lässt sich Quietschie auf sein rechtes Knie fallen, »würde ich gern von dir wissen, ob auch du mich für den Rest deines Lebens ertragen kannst. Tjarven, willst du mich heiraten? Und jetzt frag mich bloß nicht, ob ich das ernst meine!«
Fassungslos starrt Brainie auf Quietschie, Tränen steigen in seine Augen und mit einem unterdrückten Schluchzer haucht er »Ja, ja ich will! Und wie gern sogar“, zieht seinen Frischverlobten hoch und lehnt sich an ihn. »Nichts lieber als das“, fügt er noch hinzu, bevor Quietschie ihm den Mund mit einem zärtlichen Kuss, der das Versprechen besiegelt, verschließt.
Nach einer Weile schiebt Quietschie seinen Freund ein Stück von sich, grinst, greift in die Hosentasche und zieht einen Plastikring des Verschlusses einer kleinen Wasserflasche hervor.
»In Ermangelung eines am Strand liegenden Juweliers muss das erst einmal symbolisch als Ring dienen, aber ich möchte noch heute mit dir losgehen und die schönsten Ringe kaufen, die wir finden können. Einverstanden?«
Ein Nicken ist die einzige Antwort, denn Brainie versagt die Stimme endgültig, als Quietschie ihm das blaue Stück Plastik fast andächtig über den Finger streift. Glücklich versinken die beiden Männer erneut in einem langen Kuss, wobei die morgendliche Sonne sie in sanftes Licht taucht.
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