Fünf

Im Sommer 2018 hatte Mitch McConnell alle Hände voll zu tun, Trump im Zaum zu halten, vor allem im Hinblick auf die Besetzung von Richterposten. Es könnte der Grundpfeiler seines politischen Erbes sein, die Bundesjustiz weiter nach rechts gesteuert zu haben.

Trump stimmte sich in der Regel mit McConnell und Don McGahn, dem Justiziar des Weißen Hauses, ab. McGahn arbeitete eng zusammen mit McConnell, um die Nachfolge-Pipeline der Justiz mit konservativen Kandidaten zu füllen.1 Aber Trumps Motive für diese Bestrebungen waren nie in Ideologie begründet, sondern in seinem Drang zu »gewinnen«, wodurch er dazu neigte, unvermittelt seine Meinung zu ändern.

Trump nominierte Brett Kavanaugh, um den Posten zu besetzen, der von Richter Anthony M. Kennedy geräumt wurde. Kurz vor Kavanaughs Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats trat die Collegeprofessorin Christine Blasey Ford am 16. September 2018 an die Öffentlichkeit und beschuldigte Kavanaugh, er habe versucht, sie zu vergewaltigen, als beide noch Teenager waren.2

Blasey Ford wurde aufgefordert, am 27. September vor dem Justizausschuss auszusagen.

An jenem Morgen rief Trump McConnell an und fragte ihn, ob er die Nominierung Kavanaughs zurückziehen solle.

»Warum sprechen wir nicht darüber, nachdem Dr. Ford ausgesagt hat?«, fragte ihn McConnell. »Das können wir uns als Halbzeitpause vorstellen.«

Trump war einverstanden. Er würde warten.

Blasey Ford galt als vorsichtig und zurückhaltend; ihre Aussage wurde überwiegend für glaubhaft gehalten. Trump war verunsichert und blieb in Kontakt mit McConnell. Er wollte abwarten, was Kavanaugh ihm dazu zu sagen hatte. Kavanaughs Aussage am selben Tag war emotional aufgeladen und defensiv und erhielt Beifall von rechts.

Trump rief McConnell noch einmal an, nachdem sowohl Blasey Ford als auch Kavanaugh ausgesagt hatten.

»Was halten Sie von Kavanaugh?«, fragte Trump.

»Meine Unterstützung für ihn ist stärker als Maultierpisse«, antwortete McConnell.

»Was?«, fragte Trump.

In Kentucky ist nichts stärker als Maultierpisse, erklärte McConnell. »Wir sollten uns für ihn einsetzen.«

Außerdem, so McConnell, »müssen wir das so oder so bald zum Abschluss bringen, da wir nicht wissen, ob wir nach November noch eine Mehrheit im Senat haben werden.«

McConnell brauchte eine schnelle Abstimmung zur Bestätigung Kavanaughs. Er war sicher, dass sie nur so genug Zeit hätten, um noch vor der Wahl einen anderen Kandidaten bestätigt zu bekommen. Falls Kavanaugh nicht genug Unterstützung fand oder seine Kandidatur zurückzog, konnte McConnell nicht garantieren, dass er das rechtzeitig hinkriegen würde.

Am 6. Oktober bestätigte der Senat Brett Kavanaugh mit 50 zu 48 Stimmen.

Das Hochgefühl, draußen im Land Wahlkampf zu machen, motivierte Joe Biden, in den letzten sechs Tagen vor den Kongresswahlen 2018 in 13 Städten aufzutreten. Und der 6. November brachte blaue Gewinne ein.3 Die Demokratische Partei gewann 40 Sitze im Repräsentantenhaus hinzu und somit die Mehrheit, wodurch Nancy Pelosi zum zweiten Mal Sprecherin des Repräsentantenhauses wurde. Die Republikaner konnten ihre Mehrheit im Senat halten.

Cedric Richmond und sein Stabschef Virgil Miller machten einen Termin aus, um Biden in dessen Washingtoner Büro zu treffen, das sich in der Constitution Avenue Nummer 101 befand, nur ein paar Schritte vom Kapitol entfernt.

»Vielleicht sind Sie die einzige Person, die Donald Trump schlagen kann«, sagte Richmond. »Ich meine, Sie sollten es versuchen.« Kandidieren und ihn schlagen.

Richmond war mit Senator Cory Booker aus New Jersey und Senatorin Kamala Harris aus Kalifornien befreundet, zwei schwarzen Demokraten, von denen ebenfalls erwartet wurde, dass sie kandidieren würden. Doch er kam immer wieder auf Biden zurück — für Richmond hatte der Wahlerfolg Priorität. Du kannst nicht regieren, wenn du nicht zuerst gewinnst, pflegte er zu sagen.

»Ich bin nicht sicher, dass ich dafür die richtige Person bin«, erwiderte Biden. Richmond spürte ein echtes Widerstreben bei Biden. »Ich muss diese Person nicht sein. Es geht nicht um mich. Jemand anders kann ihn schlagen.«

Richmond sagte, das wichtigste Ziel für den Congressional Black Caucus sei, Trump zu schlagen. Viele der schwarzen Abgeordneten würden ihn unterstützen, so Richmond. Er habe ein sehr gutes Verhältnis zur Black Community. Er erinnerte Biden an seinen Besuch auf dem Bartholomew Golf Course.

Richmond drängte ihn. »Sehen Sie, erstens gefällt vielen Afroamerikanern Ihre Authentizität. Zweitens wissen sie es zu schätzen, dass Sie Obama den Rücken freigehalten haben. Und drittens wissen sie, wie viel unsere Community zu verlieren hat, wenn die Demokraten Trump nicht schlagen können.«

Richmond fügte hinzu, dass nicht nur der Black Caucus Biden unterstütze, sondern auch der Hispanic Caucus sowie die Moderaten der Demokratischen Partei. Er habe eine Basis.

In der Zeit bis Thanksgiving am 22. November 2018 wurden die Einzelteile zusammengesetzt, doch zunächst nur vorläufig. Greg Schultz, drahtig und noch keine 40, war der inoffizielle Wahlkampfmanager für eine mögliche Biden-Kampagne. Er war das Gegenteil von Donilon — ein junger Taktiker, der sich hauptsächlich auf organisatorische Aspekte und Daten konzentrierte, nicht auf »Seele«.

Schultz stammte aus der Gegend um Cleveland, Ohio, und hatte Obama als dessen Wahlkampfleiter für Ohio zu zwei aufeinanderfolgenden Wahlsiegen in diesem Bundesstaat verholfen; später wurde er als hochrangiger Berater für Bidens Vizepräsidentenbüro tätig.

Mit seiner älteren Mannschaft sprach Biden gern über Ideen und Missstände, doch sie alle verließen sich auf Schultz, um Bidens politische Maschinerie am Laufen zu halten. Schultz hatte es nicht leicht — diese Maschine lief nicht immer rund, und viele talentierte Wahlkämpfer, die meinten, Bidens Zeit sei vorbei, engagierten sich für andere Kandidaten.

Diese Einschätzung hatte durchaus ihre Vorteile: Biden war beliebt im Wahlkampf. Aber er war kein erfolgreicher Spendenwerber. Seine Social-Media-Followerschaft war das, was man von einem beliebten Ex-Vizepräsidenten erwarten würde, doch seine politische Präsenz war nicht der Rede wert.

Schultz und sein Stellvertreter Pete Kavanaugh schickten Biden im Dezember 2018 ein detailliertes, elfseitiges Memo zu der Frage, wie ein landesweiter Wahlkampf am besten zu organisieren sei.4 Es enthielt Empfehlungen zur Wahlkampfzentrale, zu Terminen, Reisen, Personalien. Clintons Wahlkampf-Hauptquartier vier Jahre zuvor in Brooklyn war eine riesige Organisation gewesen; Bidens bestand aus einem kleinen Kader von Loyalisten.5

Eine Ankündigung der Kandidatur Bidens und des Wahlkampfstarts wurden für die erste Märzwoche 2019 vorgeschlagen.

Richmond tauchte immer wieder in Bidens Büro in der Constitution Avenue auf.

»Ich bin zu 74 Prozent dabei«, sagte Biden bei einer solchen Begegnung. Bald darauf hieß es: »Ich bin zu 82 Prozent dabei.«

Was zur Hölle haben diese Prozentsätze zu bedeuten?, fragte sich Richmond. Das ist verrückt.

Als Nächstes waren es 85 Prozent, dann 88 Prozent.

Ach scheiße, er kandidiert auf jeden Fall, wurde Richmond klar. Es war Bidens Art, sich zu einem »Ja« durchzuhangeln.