Neununddreißig

Am ersten Weihnachtsfeiertag spielte Trump in Florida mit Lindsey Graham Golf.

»Mr. President«, sagte Graham, »ich habe keinen Zweifel daran, dass es in Georgia und anderswo eine Menge Betrügereien gibt, aber das wird nicht ausreichen, um den Wahlausgang umzukehren.«

Grahams Strategie bestand nun nicht mehr darin, Trump davon zu überzeugen, dass er verloren hatte — diese Schlacht war umsonst gewesen —, sondern ihm klarzumachen, dass er das Ergebnis nicht ändern konnte.

Trump blieb stur. Er konnte nicht verstehen, wie es möglich sein sollte, mit 74 Millionen gewonnenen Stimmen zu verlieren. Seine Meinungsforscher und Wahlkampfmitarbeiter hatten ihm gesagt, dass er mit 74 Millionen Stimmen die Wahl gewinnen würde. Das waren mehr Stimmen, als jeder andere Präsidentschaftskandidat je erhalten hatte — außer Joe Biden. Trump hatte in vielen wichtigen Wahlbezirken gewonnen; er hatte in Ohio und Florida gesiegt.

»Mr. President, Sie haben das Rennen ganz knapp verloren. Jetzt sollten Sie sich Gedanken machen über ›Das große amerikanische Comeback‹.«

»Warum lassen Sie mich das nicht zu Ende spielen?«, fragte Trump Graham zweimal während ihrer Runde.

»Ich lasse Sie es doch zu Ende spielen«, sagte Graham, nachdem Trump die Frage wiederholt hatte. »Es gibt bestimmte Dinge, die ich nicht für Sie tun kann, und Sie wissen, welche das sind. Aber lassen Sie uns das ausspielen. Lassen Sie ruhig weiterhin die Wahlvorgänge überprüfen, von denen Sie glauben, dass sie verfälscht wurden.«

Graham fügte hinzu, auch er glaube, dass einige Briefwahlstimmen verdächtig seien. »Kämpfen Sie weiter« vor Gericht, sagte er, »aber gehen Sie nicht bis zum Äußersten.«

Nach 18 Löchern lagen Trump und ein in Russland geborenes Golf-Wunderkind gleichauf mit Graham und dem Club-Profi.

»Dann spielen wir weiter«, sagte Trump.

Ihr Gleichstand hielt mehrere Löcher lang an. Bei einem Par 4 pfiff ihnen der Wind mit 50 Stundenkilometern um die Ohren.

Beim zweiten Schlag sagte Trump zu seinem Partner: »Pass auf, dass du ihn an dieser Stelle triffst. Achte darauf, den Schläger richtig einzusetzen.«

Der Junge versenkte seinen Ball im Wasser vor dem Green.

Graham vermutete, er müsse nun Selbstmordgedanken hegen, weil er den Präsidenten enttäuscht hatte.

»Oh, das ist schon in Ordnung«, sagte Trump. »Du bist ein großartiger Spieler. Nächstes Mal solltest du aber vorher nachdenken. So ist das Leben.«

Graham war überzeugt, dass er sich für den Rest seines Lebens an Trumps Kommentar erinnern würde. Beinahe hätte Graham zu ihm gesagt: »Ich könnte es nicht besser ausdrücken — denken Sie beim nächsten Mal nach.«

Aber Trump konnte jene 74 Millionen Stimmen nicht aus dem Kopf bekommen und kam immer wieder darauf zurück. Er konnte nicht glauben, dass Biden 81 Millionen — 7 Millionen mehr als er selbst — erhalten haben sollte.

Graham schwankte zwischen Unterstützung und schonungsloser Zuneigung, zwischen Freundschaft und Realismus.

»Mr. President«, sagte Graham, »ich werde nicht mit Ihnen streiten. Wenn man in 19 von 20 richtungsweisenden Wahlbezirken sowie in Florida und Ohio gewinnt, wenn man 74 Millionen Stimmen erhält und am Ende trotzdem verliert, dann muss das schwer zu verkraften sein.«

»Das können Sie mir glauben, dass das schwer zu verkraften ist!«

»So ist es eben«, sagte Graham. »So ist das Leben.«

Von seinem Stabschef Marc Short und seinem wortkargen Anwalt Greg Jacob erfuhr Pence, dass es für ihn keine rechtliche oder verfassungskonforme Grundlage gab, um die Auszählung der Wählerstimmen zu unterbrechen. Nur die Abgeordneten, nicht der Vizepräsident, konnten Einspruch erheben. Aber beide hatten das Gefühl, dass ihr Chef vor einem Dilemma stand. Pence war erst 61 Jahre alt und hegte Ambitionen auf das Präsidentenamt. Er konnte sich nicht so einfach von Trump lossagen.

Das Risiko wurde real, als Senator Josh Hawley aus Missouri, ein parlamentarischer Neuling, der in Yale Jura studiert hatte und Referent von Oberrichter John Roberts am Supreme Court gewesen war, am 30. Dezember ankündigte, dass er als erster Senator Einspruch gegen die für den 6. Januar geplante Bestätigung des Wahlleutegremiums einlegen werde.1

»Zumindest sollte der Kongress den Vorwürfen des Wahlbetrugs nachgehen und Maßnahmen zur Sicherung der Integrität unserer Wahlen ergreifen. Aber der Kongress hat es bisher versäumt zu handeln«, sagte Hawley.

In Houston schnappte sich Cruz, der bemerkt hatte, dass Hawley mit seinem Plan, die Auszählung anzufechten, auf Widerhall gestoßen war, seinen Laptop und begann, seine eigene Idee zu skizzieren: eine vom Kongress eingesetzte Wahlkommission, die das Ergebnis untersuchen sollte. Auch auf dem Rückflug mit Southwest Airlines nach Washington tippte er weiter in seinen Computer.

Vielleicht ziehe ich das allein durch, vielleicht schließen sich andere an, sagte Cruz seinen Mitarbeitern in einer Telefonkonferenz. Zurück in Washington erwähnte er die Idee der Kommission gegenüber Senator John Kennedy aus Louisiana, der ihm seine Unterstützung zusicherte. Anschließend kontaktierte Cruz weitere konservative Politiker.

Senator Lee, sein engster Freund im Senat, schloss sich seiner Initiative nicht an. Als Lee zu ihm sagte, eine Kommission sei nicht möglich, antwortete Cruz, sie seien sich einig, unterschiedlicher Meinung zu sein.

Es gab keinen Ausweg. Pence würde nun gezwungen sein, seine eigene Niederlage und die von Trump im nationalen Fernsehen zu verkünden, während ihre Rivalen und Verbündeten Reden schwingen würden.

»SECHSTER JANUAR, TREFFEN IN DC!«, twitterte Trump am 30. Dezember aus Mar-a-Lago, wo er das Jahresende verbrachte.2

Seine Unterstützer, angeführt von einer Gruppe namens »Women for America First«, hatten beim National Park Service um eine Genehmigung für den 22. und 23. Januar in Washington gebeten.3 Diesen Antrag auf Zulassung einer Kundgebung änderten sie nun und reservierten stattdessen für den 6. Januar eine Versammlungsfläche auf der Freedom Plaza in der Nähe des Weißen Hauses.

Sollte Trump noch gezögert haben, so wurden diese Zweifel von seinen Anhängern im Fernsehen und auf den rechten Websites, die er über Twitter verfolgte, beseitigt.

Die »Deplorables«, die »MAGA«-Anhänger, »my people«: Sie alle fieberten dem Kampf entgegen.

Der ehemalige Chefstratege des Weißen Hauses, Steve Bannon, befand sich am 30. Dezember im zweiten Stock seines Stadthauses am Capitol Hill, von wo aus er mit Trump telefonierte.

Trump und Bannon hatten sich zwei Jahre zuvor wegen Bannons zu großer Medienpräsenz zerstritten, ihre Beziehung aber trotz Bannons neuer Probleme mit der Justiz mittlerweile wieder aufleben lassen.

Im August war Bannon vor einem Bundesgericht in Manhattan angeklagt worden, weil er Spender mit einem privaten Projekt namens »We Build the Wall« betrogen hatte, einem Versuch, die Regierung zu umgehen und Trumps Mauer an der Grenze zwischen den USA und Mexiko zu bauen.4 Trump schien dieser Prozess nicht zu kümmern. Vielleicht würde er Bannon begnadigen.

Trump schimpfte, dass die Republikaner nicht genug täten, um ihn an der Macht zu halten.

»Sie müssen nach Washington zurückkehren und dort noch heute einen dramatischen Auftritt hinlegen«, sagte Bannon zu ihm.

Bannons graues Haar war zottelig, und er trug dicke Schichten von Kleidung, Schwarz auf Schwarz. Seine Augen waren eingefallen und blutunterlaufen, weil er an vielen Tagen bis fast zum Morgengrauen aufblieb, um mit Freunden in aller Welt zu telefonieren und verschwörerische Pläne zu schmieden oder um Texte für seinen rechtsradikalen Podcast zu verfassen.

»Sie müssen Pence von seiner verdammten Skipiste holen und ihn noch heute hierherkommen lassen. Wir stecken in einer Krise«, sagte Bannon und bezog sich dabei auf den Vizepräsidenten, der gerade in Vail, Colorado, Urlaub machte.

Bannon riet Trump, er solle sich auf den 6. Januar konzentrieren. Das sei der Moment für eine Abrechnung.

»Die Leute werden sich fragen: ›Was zum Teufel ist hier los?‹«, prognostizierte Bannon. »Am 6. Januar werden wir Biden zu Grabe tragen, verdammt noch mal, das wird sein Begräbnis.«

Wenn es den Republikanern gelänge, am 6. Januar einen ausreichend großen Schatten auf Bidens Sieg zu werfen, so Bannon, würde es Biden schwerfallen zu regieren. Millionen von Amerikanern würden ihn dann für einen illegitimen Präsidenten halten. Sie würden ihn ignorieren. Sie würden ihn nicht ernst nehmen und darauf warten, dass Trump erneut kandidieren würde.

»Wir werden das von Anfang an sabotieren. Wir werden der Präsidentschaft von Biden gleich zu Beginn den Garaus machen«, sagte er.

Am 31. Dezember brach Trump seinen Aufenthalt ab, ließ die Silvestergala in Mar-a-Lago ausfallen und kehrte vorzeitig aus Florida zurück. Beim Verlassen des Marine-One-Helikopters starrte Trump, der einen schweren schwarzen Wintermantel und eine leuchtend rote Krawatte trug, wortlos zu den Reportern hinüber. Fragen wurden von ihm nicht beantwortet.

Bild 1: »Dazu muss ich etwas sagen«, sagte Biden im August 2017 zu Mike Donilon, nachdem er Fernsehberichte über den Aufmarsch von White Supremacists in Charlottesville, Virginia gesehen hatte. »Das hier ist etwas anderes. Es ist dunkler. Es ist gefährlicher. Das hier ist eine wirklich fundamentale Bedrohung für unser Land.« Zwei Wochen später veröffentlichte Biden einen Artikel in The Atlantic unter der Überschrift »Wir erleben eine Schlacht um die Seele dieser Nation«. Das wurde dann zum Slogan seiner Wahlkampagne, nachdem er sich schließlich entschlossen hatte zu kandidieren.

Bild 2: »Sie sollten als der Mensch kandidieren, der Sie sind«, sagte Mike Donilon (links im Bild) Anfang 2019 zu Biden, als der überlegte, zum dritten Mal für das Amt des Präsidenten zu kandidieren. »Und falls Sie das ändern wollen, können Sie gleich nach Hause gehen. Versuchen Sie es gar nicht erst.« Seit Jahrzehnten war »Mike D.«, wie Biden ihn nennt, sein engster Vertrauter, sein Wortkünstler und politischer Stratege, der ihm half, das Konzept »Seele« als zentrale Botschaft für Bidens Kampagne 2020 zu entwickeln. Donilon, Ron Klain (Mitte) und Anita Dunn (rechts) sind Schlüsselfiguren in Bidens innerem Kreis.

Bild 3: »Sie stehen nicht hinter mir!«, brüllte Trump im August 2017 bei einem Telefonat mit Paul Ryan, dem Sprecher des Repräsentantenhauses. Der Republikaner aus Wisconsin hatte Trump kurz zuvor angegriffen, weil er »beide Seiten« der Demonstranten für den Aufmarsch von White Supremacists in Charlottesville verantwortlich machte. Ryan brüllte zurück: »Sind Sie fertig? Darf ich jetzt auch mal was sagen? Sie sind der Präsident der Vereinigten Staaten. Sie haben die moralische Verpflichtung, diese Sache angemessen zu bewerten und nicht zu verkünden, dass beide Seiten moralisch gleichwertig sind.«

Bild 4: »Wisst ihr, wieso [Rex] Tillerson behaupten konnte, dass er den Präsidenten nicht als ›Trottel‹ bezeichnet hat?«, fragte Mitch McConnell, der Mehrheitsführer im Senat, staubtrocken republikanische Kollegen in seinem breiten Kentucky-Akzent über Trumps Ex-Außenminister. »Weil er ihn einen ›Volltrottel‹ genannt hat.«

Bild 5: »Mr. President, ich glaube, dass Sie die Wahl verlieren werden, wenn Sie auf dem jetzigen Kurs bleiben«, sagte Justizminister William Barr Trump bei einem vertraulichen Gespräch im April 2020. »Sie sind stolz darauf, ein Kämpfer zu sein, und das hat 2016 funktioniert, als die Wähler jemanden wollten, der Washington aufmischt. Und sie wollen immer noch jemanden, der die politische Landschaft aufmischt, aber sie wollen kein komplettes Arschloch.«

Bild 6: »Ach, Sie sind ermüdet?«, fragte Trump lautstark seinen altgedienten Meinungsforscher Tony Fabrizio im Juli 2020 während seiner Kampagne für eine zweite Amtszeit. Er saß im Oval Office und geriet in Wut wegen neuer Umfrageergebnisse, die zeigten, dass unabhängige Wähler emotional erschöpft waren davon, wie Trump mit der Pandemie umging. »Sie haben die Schnauze voll, verdammt noch mal? Also, ich bin auch ermüdet und verdammt erschöpft.«

Bild 7: »Wir sind verarscht worden«, sagte Verteidigungsminister Mark Esper (Bildmitte) zu General Mark Milley, dem Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff (rechts), während sie Trump am 1. Juni 2020 über den Lafayette Square folgten. Milley, der eine Tarnuniform trug, sah das genauso und sagte: »Das hier ist total abgefuckt, das ist ein politischer Stunt, und ich verschwinde.« Die Parade von Präsident und Gefolge fand statt, während zugleich Polizeikräfte den Platz von überwiegend friedlichen Demonstranten gewaltsam räumten. Von links nach rechts: Justizminister William Barr, Präsident Trump, Jared Kushner, Verteidigungsminister Mark Esper, Ivanka Trump, Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff General Mark Milley (im Tarnanzug) sowie Mark Meadows, Stabschef des Weißen Hauses.

Bild 8: »Ich glaube nicht, dass die aktuelle Lage es notwendig macht, den Insurrection Act in Anspruch zu nehmen«, sagte Verteidigungsminister Mark Esper am 3. Juni 2020 zu Trump, nachdem er sich kurz zuvor öffentlich dagegen ausgesprochen hatte, aktiv dienende Soldaten auf den Straßen Washingtons einzusetzen, um Rassenunruhen und fortgesetzte Ausschreitungen unter Kontrolle zu bringen. »Sie haben sich meine Autorität angemaßt!«, schrie Trump ihn an.

Bild 9: Senatorin Kamala Harris wurde von Biden am 11. August 2020 als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft auserkoren. Sie war eine treibende Kraft im Justizausschuss des Senats gewesen, dessen Vorsitz Biden einst innehatte. Außerdem brachte sie Regierungserfahrung und politisches Kapital in die Kandidatur ein. Als Justizministerin in Kalifornien entwickelte sie eine Verbindung zu Bidens Sohn, dem verstorbenen Beau Biden, der zu der Zeit Justizminister von Delaware gewesen war. Am 20. Januar 2021 wurde sie als erste Frau, erste schwarze Amerikanerin und erste Person südasiatischer Abstammung Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten.

Bild 10: »Sie werden am 20. nicht vereidigt werden. Es gibt kein Szenario, bei dem Sie am 20. vereidigt werden können«, sagte Vizepräsident Mike Pence am 5. Januar 2021 im Oval Office zu Trump. Dieser war fassungslos angesichts der Weigerung von Pence, seine Anweisungen zu befolgen, nachdem er ihn zuvor wochenlang unablässig gedrängt hatte, die Bestätigung von Bidens Sieg durch den Kongress zu vereiteln.

Bild 11: Die Beamten der Capitol Police wurden am 6. Januar 2021 von einer immer größer werdenden Horde von Randalierern überrannt, die über die Mauern vor dem Gebäude kletterten und dessen Fenster einschlugen. Einige Beamte wurden mit Metallstangen und ihren eigenen Schutzschilden geschlagen. Sobald sie im Inneren waren, drangen die Aufständischen in den Senatssaal ein. Drüben im Repräsentantenhaus zogen die Beamten ihre Schusswaffen, als Trump-Anhänger gegen die Türen hämmerten. Den Abgeordneten riefen sie zu, in Deckung zu gehen.

Bild 12: »Hängt Mike Pence!«, skandierten die Trump-Anhänger, während sie durch die Marmorhallen des Kapitols zogen und von den Balkonen riesige blaue Trump-Flaggen schwenkten. »Bringt Mike Pence raus! Wo ist Pence? Findet ihn!« Draußen war ein behelfsmäßiger Galgen für ihn errichtet worden. Die Randalierer verwüsteten auch das Büro von Nancy Pelosi, der Sprecherin des Repräsentantenhauses. »Wo ist die Sprecherin?«, schrien einige. »Findet sie!«

Bild 13: »Ich glaube, es gefällt ihm«, vertraute der Generalstabschef, General Mark Milley, einem Abgeordneten an, mit dem er telefonierte, während am 6. Januar 2021 eine wütende Menschenmenge das Kapitol erstürmte. »Er möchte, dass seine Unterstützer bis zum bitteren Ende kämpfen.« Zwei Tage später setzte Milley sich mit seiner Befürchtung auseinander, der Aufruhr könne ein Vorläufer dessen sein, was er einen »Reichstagsmoment« nannte: eine Trump-Version der von Adolf Hitler 1933 herbeigeführten Krise, die seine uneingeschränkte Herrschaft über Deutschland dauerhaft festigte.

Bild 14: Am 4. Februar 2020 zerriss Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, nach dem Auftritt des Präsidenten einen Ausdruck von Trumps Rede zur Lage der Nation. Nahezu ein Jahr danach, nach dem Aufstand der Trump-Anhänger am Kapitol, rief sie Generalstabschef Milley an und sagte: »Es ist ein Armutszeugnis für unser Land, dass wir von einem Diktator gekapert wurden.« Und sie fügte hinzu: »Er hätte unverzüglich verhaftet werden müssen.«

Bild 15: »Sie sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben, und sie wollen, dass ich kandidiere«, sagte Biden im Februar 2019. Seine Frau Jill hat ihm bei drei aufreibenden Präsidentschaftskampagnen und mehreren Krisen und Tragödien in der Familie, die fast Bidens Rückkehr in die Politik auf Bundesebene verhindert hätten, zur Seite gestanden. Dieses Foto zeigt, wie Präsident und First Lady sich innig umarmen, als sie am 20. Januar 2021 am North Portico des Weißen Hauses ankommen.

Bild 16: »Wenn wir nicht liefern können, dann können wir den Vormarsch des Autoritarismus womöglich nicht aufhalten«, warnte Senator Bernie Sanders Biden am 3. Februar 2021. Seine kratzige Stimme und sein drängender Brooklyner Akzent füllten das Oval Office. Sanders war bei den Vorwahlen 2020 lange Bidens Kontrahent gewesen, inzwischen aber ein wichtiger Verbündeter, der half, das 1,9-Billionen-Dollar-Rettungspaket durch den Senat zu bringen, und der für Biden den Kontakt zu den Progressiven in der Partei hielt.

Bild 17: »Die verhalten sich, als wollten sie mich dazu zwingen«, beschwerte sich Manchin am 5. März 2021 während eines Telefongesprächs bei Biden. »Die können mich mal am Arsch lecken.« Der gemäßigte Manchin aus West Virginia war wütend über die Änderungen an Bidens 1,9-Billionen-Dollar-Rettungspaket, die andere Demokraten vorgenommen hatten. Am Ende stimmte Manchin nach stundenlangen Verhandlungen doch für das Paket. »Es wird so aussehen, als hätten Sie den Deal ausgehandelt«, versprach ihm Biden.

Bild 18: »Mr. President«, sagte Außenminister Tony Blinken zu Biden im April 2021, »das war eine unglaublich schwierige Entscheidung.« Sie sei im Stil eines Präsidenten getroffen worden. »Ich bewundere Sie, dass Sie sich zu einem Entschluss durchgerungen haben.« Während Biden das Für und Wider eines Abzugs abgewogen hatte, fungierte Blinken als Verbindungsmann zu den NATO-Partnern und als zuverlässiger Vermittler. Diese Aufgabe übernimmt er seit über 20 Jahren für Biden, er arbeitete bereits zu dessen Senatszeiten für ihn.

Bild 19: Verteidigungsminister Lloyd Austin hält sich gern im Hintergrund. Doch hinter den Kulissen spielte er bei Bidens Überlegungen zum Truppenabzug aus Afghanistan eine entscheidende Rolle. Er fragte Kollegen, was sie von einem langsamen, »gesteuerten« Rückzug in drei oder vier Phasen hielten, um ein Druckmittel bei diplomatischen Verhandlungen zu haben. Doch Biden erklärte, das erinnere ihn an den alten, »an Bedingungen gebundenen« Ansatz, woraufhin Austin seinen Vorschlag schließlich zurückzog.

Bild 20: »Es fällt mir in diesen Tagen schwer, einen Friedhof zu besuchen, ohne an meinen Sohn Beau zu denken«, erklärte Biden, als er durch die Reihen der weißen Marmorgrabsteine auf dem Nationalfriedhof Arlington schritt, wo die Toten aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak bestattet sind. Wenige Stunden zuvor hatte er seine Entscheidung zum Abzug der US-Truppen aus Afghanistan bekannt gegeben. Er blickte auf die Hunderte von Grabsteinen und sagte bekümmert: »Sehen Sie sich das an.«

Bild 21: »Gib mir dein Biden-Ehrenwort«, bat Beau Biden seinen Vater im Mai 2015, kurz bevor er an einem Krebstumor im Gehirn verstarb. »Versprich mir, Dad, dass du klarkommst, ganz egal, was passiert.« Das Leben seines Sohnes Beau, der für seinen Militärdienst im Irak mit einem Bronze Star ausgezeichnet wurde, hat nach wie vor großen Einfluss auf seinen Vater, angefangen bei dessen anhaltender Trauer und seinem Gefühl der Schicksalsbestimmtheit bis hin zu seiner Entscheidung, die US-Truppen aus Afghanistan abzuziehen.

Bild 22: »Wenn man als Präsident der Vereinigten Staaten eine solche Entscheidung treffen muss, dann muss man sich der Tatsache stellen, dass diese Entscheidung Menschenleben kosten kann und wird«, sagte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan, als Biden darüber grübelte, ob er die US-Truppen aus Afghanistan abziehen sollte. Bei Besprechungen fragte Biden fast immer: »Jake, was denken Sie?«

Bild 23: »Seine Stimmung, in der er derzeit jeden Tag ins Büro kommt, befindet sich in einem mittleren emotionalen Bereich«, berichtete Ron Klain, Stabschef des Weißen Hauses, im privaten Kreis über Biden. »Keine Nachricht, die ich ihm am Morgen mitteile, kann schlimmer sein als die Art von Nachricht, die er schon so oft in seinem Leben erhalten hat.« Klain wusste, dass der Präsident Delaware vermisste. »Er fühlt sich in der Wohnung im Weißen Haus nicht richtig wohl.«

Bild 24: »Ja, hier muss man wirklich Verantwortung übernehmen«, sagte Biden zu seinem Außenminister Blinken und dem Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan im April 2021. Er bezog sich auf seine Entscheidung zum Abzug der US-Truppen aus Afghanistan, die bald heftig kritisiert wurde. Republikanische wie demokratische Politiker befürchteten einen Zusammenbruch der afghanischen Regierung und brutale Menschenrechtsverletzungen durch die Taliban.

Bild 25: »Die Demokratie ist in Gefahr, und der Senat verliert sich in sinnlosen Debatten!«, erklärte Majority Whip James Clyburn, als die Demokraten im Juni 2021 mit ihrem Gesetz zur Wahlreform scheiterten. Ein Jahr zuvor, als Bidens Kandidatur bei den Vorwahlen der Demokraten auf der Kippe stand, hatte der Königsmacher aus South Carolina einen Deal mit ihm vereinbart: Clyburn würde ihn unterstützen, wenn Biden sich bereit erklärte, eine schwarze Richterin für das Oberste Gericht zu nominieren.

Bild 26: »Sie haben Scheiße gebaut«, sagte Senator Lindsey Graham zu Trump bei einem Telefonat im Sommer 2021. Trump legte abrupt auf. »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf«, sagte Graham, als er am Tag darauf zurückrief. »Ich hätte auch aufgelegt!« Dennoch drängte er Trump erneut, die Wahl 2020 abzuhaken und sich auf die Wahlen 2022 zu konzentrieren. Graham war zu einer Art Suchtberater für Trump geworden, der sich mühte, seinen Patienten davon abzuhalten, sich ein weiteres Glas von seinem angeblichen Wahlsieg 2020 zu genehmigen.

Bild 27: »Trump 2020 ähnelte Hillary 2016. Sie hatten zu viel Geld, zu viel Zeit, zu viel Ego«, sagte Kellyanne Conway, Trumps langjährige Wahlkampfstrategin, im Sommer 2021 zu Trump. Sein Wahlkampf 2020 mit einem Etat von über einer Milliarde Dollar sei von Zwistigkeiten zwischen Trumps Mitarbeitern und seinen Verbündeten geprägt gewesen. »Dieses Mal haben Ihnen der Hunger und der Biss gefehlt«, erklärte sie im Vergleich zu seinem weniger durchgeplanten Wahlkampf 2016.

Bild 28: »Wir werden uns nicht beugen«, erklärte Trump am 26. Juni 2021 in Wellington, Ohio. Er war zurück auf der Bühne, hielt große Auftritte vor Tausenden begeisterten Anhängern und fachte dabei Gerüchte über ein mögliches Comeback im Jahr 2024 an. »Wir werden nicht zerbrechen. Wir werden nicht nachgeben. Wir werden niemals aufgeben. Wir werden niemals kapitulieren. Wir werden niemals klein beigeben. Wir werden unter keinen Umständen aufgeben, nie im Leben.« Es war eine Kriegsansprache.

Bild 29: Bei einem Telefongespräch am 9. Juli 2021 warnte Präsident Biden den russischen Präsidenten Waldimir Putin, er müsse gegen die von Russland aus operierenden Cyberkriminellen und ihre Ransomware-Attacken vorgehen. »Wenn Sie es nicht können oder wollen, werde ich es tun«, sagte er. Am Ende des Gesprächs ergänzte Biden: »Wissen Sie, große Länder haben eine große Verantwortung. Sie sind aber auch sehr verwundbar.« Die US-Kapazitäten für Cyberangriffe waren hervorragend, wie Putin wusste. Biden beließ es dabei. Eine direkte Drohung gegenüber dem russischen Präsidenten sprach er nicht aus.