Senatorin Susan Collins, gemäßigte Republikanerin aus Maine, fuhr am 31. Januar gerade mit ihrem Mann, Tom Daffron, zum Flughafen Bangor, als Präsident Biden anrief.1
»Ich habe gerade Ihren Brief erhalten«, sagte er in seiner leicht erkennbaren, lebhaften und ermutigenden Stimme.
Collins, die bereits in der fünften Wahlperiode im Senat saß, hatte einen Brief von zehn republikanischen Senatoren an Biden arrangiert. Sie hatten ihn an jenem Morgen mit einem Gegenvorschlag zu Bidens 1,9-Billionen-Dollar-Rettungspaket an das Weiße Haus geschickt. Ihr Vorschlag belief sich auf weniger als ein Drittel von dem, was Biden eingeplant hatte — 618 Milliarden Dollar.
Sie erkannte den alten Joe am Telefon sofort, geschäftig und gelassen. Er wollte sie auf den neuesten Stand bringen und reden. Sie kannten sich sehr gut. In ihren ersten zwölf Jahren hatten sie gemeinsam im Senat gesessen, und in weiteren acht war Biden Vizepräsident und damit Vorsitzender des Senats gewesen.
Collins wollte den neuen Präsidenten nicht abwürgen, aber sie wollte auch nicht ihren Flug nach Washington verpassen. Sie bat ihren Mann, noch ein paar Runden um den Flughafen zu drehen.
»Ich muss wirklich meinen Flug erwischen«, sagte sie schließlich.
Biden sagte, er sei gerne zu dem Treffen bereit, um das die Republikaner in ihrem Brief gebeten hatten. Passte ihr morgen?
»Darf ich die anderen neun Republikaner informieren?«
Bitte warten Sie damit, bis Sie in Washington gelandet sind, bat Biden. Diese Bitte fand Collins ungewöhnlich, aber sie vermutete, dass er wahrscheinlich seinen Mitarbeitern Bescheid sagen wollte. Biden war schon lange telefonsüchtig gewesen und griff schnell zum Hörer, um einen Kontakt herzustellen oder ein Treffen zu vereinbaren, wenn er ein Problem erkannte, und vor allem als Gelegenheit, um zu verhandeln. Collins hatte den Brief erst wenige Stunden zuvor an das Weiße Haus geschickt, das an einem Sonntag wahrscheinlich gar nicht voll besetzt war.
Ron Klain war entgeistert, als er den Brief sah. Ein Drittel von Bidens 1,9-Billionen-Dollar-Plan war eine extrem niedrige Summe und konnte kein ernsthafter Vorschlag sein.
Der Brief steckte voller Optimismus und Appelle für ein parteiübergreifendes Handeln. Er begann mit: »Wie Sie in Ihrer Rede zum Amtsantritt sagten, erfordert die Überwindung der Probleme, vor denen unser Land steht, ›das, was in einer Demokratie am schwersten erreichbar ist: Einigkeit.‹«
Im Brief stand außerdem: »Im Geiste der Überparteilichkeit und Einigkeit haben wir ein COVID-19-Rettungspaket entworfen, das auf früheren COVID-Hilfe-Gesetzen aufbaut, die alle mit überparteilicher Zustimmung erlassen wurden.« Aber das erste Angebot wollte nicht so recht zur bekundeten Freundlichkeit passen.
Biden sagte Klain jedoch, er werde den Vorschlag nicht zurückweisen. Was nicht bedeutete, dass er ihn akzeptierte. Er wollte einfach mehr darüber hören. Vielleicht waren diese Republikaner bereit, Trump hinter sich zu lassen und eine Vereinbarung zu treffen. Vielleicht war der im Brief genannte Betrag verhandelbar. Er würde sie einladen. Sein Stil war es zuzuhören. Ein Brief durfte nicht von vornherein alles bestimmen. Er war eine Einleitung.
Nach ihrer Ankunft in Washington erfuhr Collins, dass das Weiße Haus sich gemeldet hatte. Biden würde sie um 17 Uhr am folgenden Montag, dem 1. Februar, empfangen. Sie rief die anderen neun Republikaner in ihrer Gruppe an, von Senatorin Lisa Murkowski aus Alaska bis Senator Todd Young aus Indiana und Senator Bill Cassidy aus Louisiana.
Collins brachte sie auf Linie und verteilte die Aufgaben. Jeder Senator sollte sich auf einen wichtigen Teil des Rettungspakets konzentrieren und ihn vorstellen. Sie würden Biden zeigen, dass er viel zu früh viel zu viel wollte und dabei viel zu viel Geld ausgab.
Collins informierte den Fraktionsvorsitzenden Mitch McConnell über das bevorstehende Treffen mit Biden. Er gab ihr seinen Segen, wollte sich aber derzeit nicht direkt beteiligen. Zehn Senatoren, die sich mit Biden trafen, konnten als Versuchsballon für McConnell dienen, eine Chance, Biden einzuschätzen. Er würde zusehen, wie Biden, sein kürzlich an die Macht gelangter Kollege, sich bei einer Verhandlung verhielt, bei der es um viel Geld und hohe Einsätze ging. Er bekam so auch einen besseren Eindruck davon, welche Richtung der Präsident einschlug.
McConnell wusste auch, dass Collins schon lange zu einer größeren Gruppe von etwa 20 republikanischen und demokratischen Senatoren gehörte, die sich gern persönlich trafen, um überparteiliche Ideen zu besprechen. Sie trafen sich häufig zu Dinners oder geheimen Meetings. McConnell behielt diese Diskussionen im Auge, machte sich aber selten Sorgen deswegen. Bei diesen Gelegenheiten wurde viel geredet, aber es gab kaum Hinweise, dass sie irgendwo hinführten.
McConnell glaubte, Politik sei schonungslos parteiisch. Überparteilichkeit war schön und gut — wenn es keine andere Möglichkeit gab, um etwas Konkretes zu erreichen, und wenn man dabei nicht zu große Zugeständnisse an die Demokraten machte.
Mit den Jahren hatte Biden gelernt, dass Besprechungen — insbesondere lange Besprechungen — nützlich sein konnten, um Leute von ihren Positionen abzubringen. Die meisten Senatoren kannten nur die kurze Version der vorgeschlagenen Gesetze, die mehrere Hundert Seiten umfassen konnten. Bei einer langen Diskussion konnten sich Bereiche für Kompromisse eröffnen. Aber das brauchte Zeit. Als Obamas Vizepräsident hatte er zwischen dem 5. Mai und dem 22. Juni 2011 einen Marathon aus elf Arbeitsgruppensitzungen mit Republikanern über eine langfristige Lösung für die Staatsschuldenkrise geführt. Die Gespräche wurden ergebnislos abgebrochen, wie er nur zu genau wusste. Aber sie waren einer Lösung nahegekommen.
Der Kontext des bevorstehenden Treffens war wichtig. Bidens Notfallpaket war ein Steuergesetz- und Haushaltsentwurf. Die Demokraten konnten im Senat ein sogenanntes »Reconciliation«-Verfahren einleiten, wenn sie das wollten. Nach obskuren Senatsregeln bezüglich Haushaltsgesetzen war nur eine einfache Mehrheit notwendig. Außerdem war dabei kein Filibuster möglich, der de facto 60 Stimmen erforderte. Bei dem Stimmenverhältnis von 50:50 im Senat und der entscheidenden Stimme von Vizepräsidentin Harris konnte der Rettungsplan durchgehen, mit 51 zu 50, wenn Biden alle 50 Demokraten auf Linie halten konnte — eine große, unsichere Aufgabe. Aber vielleicht eine Möglichkeit.
Am 1. Februar, einem Montag, dem zwölften Tag seiner Präsidentschaft, betrat ein maskierter Präsident Biden um 17 Uhr das Oval Office. Er setzte sich auf den Stuhl des Präsidenten mit dem Rücken zum Kamin.
Er war freundlich, aber es war nicht ganz der alte Joe, der lachend hereinspazierte, mit Kumpels das Neueste besprach und sich über Sportmannschaften unterhielt. Er vermittelte den Eindruck, hier gehe es ums Geschäft. Er hatte einen Stapel Notizen in der Hand und ein Notebook auf dem Schoß.
Seine dunklen Socken mit kleinen blauen Hunden, die unter dem Hosenbein hervorlugten, gaben der ernsten Situation ein wenig Leichtigkeit.2
Vizepräsidentin Harris saß zu seiner Rechten im anderen Sessel. Collins saß aufrecht in einem jägergrünen Kleid links von Biden auf der Couch, die ihm am nächsten stand. Alle trugen Masken und saßen weit auseinander.
»Danke, dass Sie hergekommen sind«, begann Biden sanft, während er sich umsah. Sie dankten ihm vielmals. »Wir haben Ihnen zu danken, Mr. President.«
»Nein, nein, nein«, sagte Biden, »Ich möchte unbedingt mit Ihnen reden.« Er machte eine kurze Pause. »Es fühlt sich an, als wäre ich wieder im Senat. Nichts in meinem Leben habe ich lieber gemacht.«
Die neun republikanischen Senatoren im Raum glucksten. Auch sie waren mit Ordnern und Notebooks bewaffnet. Der zehnte Senator, Mike Rounds aus South Dakota, war über Telefon zugeschaltet. Klain, Ricchetti und andere Mitarbeiter saßen im Hintergrund.
Die gute Nachricht sei, so Collins, dass sie mit Bidens 160-Milliarden-Dollar-Vorschlag für die Impfstoffverteilung und Testprogramme als direkte und notwendige Reaktion auf die Pandemie einverstanden waren.
Aber dann kamen sie und die anderen republikanischen Senatoren auf den Kern ihrer Kritik an den 1,9 Billionen Dollar zu sprechen. Sie glaubten nicht, dass die Wirtschaft sich in einer ernsthaften Notlage befand. Das 900-Milliarden-Paket, das der Kongress erst im Dezember beschlossen hatte, sei mehr als ausreichend.
»Dann gehen wir einmal die Punkte durch, bei denen wir unterschiedlicher Meinung sind«, schlug Biden vor. Er wollte die Einzelheiten, »Granularität« erreichen, ein Wort, das er in Meetings immer häufiger benutzte.
Die Republikaner schienen mit einer Stimme zu sprechen. Biden sah 465 Milliarden Dollar direkte Zahlungen oder Hilfsschecks über 1400 Dollar pro Person vor. Der Vorschlag der Republikaner belief sich auf 220 Milliarden Dollar, weniger als die Hälfte. Statt des 1400-Dollar-Schecks in Bidens Plan, die noch zu den 600-Dollar-Schecks hinzukamen, die bereits im Dezember-Paket enthalten waren, konnte man den neuen Scheck vielleicht auf 900 Dollar reduzieren. Oder vielleicht sogar 800 oder 700 Dollar? Und so ging es weiter.
Senatorin Murkowski aus Alaska schlug 1000 Dollar vor.
Biden hörte zu, gab aber nicht nach.
Klain schüttelte den Kopf. Nein. Der 1400-Dollar-Scheck war ein großer Pluspunkt in Bidens Politik und Strategie gewesen. Zusammen mit den 600 Dollar, die im Rahmen des früheren Hilfsplans im Dezember ausgegeben worden waren, ging es um eine Summe von 2000 Dollar.
Die 2000 Dollar waren ein Versprechen der zwei neuen demokratischen Senatoren aus Georgia. Beide hatten in einem traditionell republikanischen Staat gewonnen, weil sie bei Wahlkampfveranstaltungen den Leuten gesagt hatten, sie müssten für sie stimmen, um die zusätzlichen 1400 Dollar zu bekommen. Biden war selbst dort gewesen. Das Ergebnis war ein 50:50-Stimmenverhältnis im Senat.
Klain schüttelte wieder den Kopf.
Collins sah zu Klain hinüber. Wer war dieser Kerl da hinten, der ein solches Theater machte? Der so unverschämt den Kopf schüttelte? Hinter der Maske erkannte sie ihn nicht. Sie wandte sich an Senator Rob Portman aus Ohio: »Wissen Sie, wer der Typ ist?«
Ron Klain, flüsterte Portman zurück.
Auch der finanzpolitisch konservative Senator Mitt Romney aus Utah, der der einzige republikanische Senator gewesen war, der beim ersten Amtsenthebungsverfahren für Trumps Verurteilung gestimmt hatte, bemerkte Klains Kopfschütteln. Romney hatte schon in verschiedenen Aufsichtsräten gesessen und wusste um die Macht kleiner Gesten.
»Ich glaube, Ron hält das hier für einen Rohrkrepierer«, sagte Romney, während er sich umdrehte.
Ein paar republikanische Senatoren und Berater Bidens lachten unbehaglich. Klain antwortete nicht. Er fand es verrückt, darüber zu diskutieren, wie Biden etwas nicht tun könnte, von dem er ganz eindeutig gesagt hatte, dass er es tun würde.
Klain merkte später an, dass er den Kopf wohl etwas heftiger geschüttelt hatte, als er es vorgehabt hatte. Es war nicht seine Absicht gewesen, beeinflussend oder respektlos zu sein. Aber er fand die Position der Republikaner aus dem Senat lächerlich, eine völlige Verweigerung eines großen Sieges von Biden.
Biden brachte das zur Sprache, was Klain gedacht hatte: Georgia.
»Wir haben mit diesem Thema die Wahlen in Georgia gewonnen«, sagte Biden.
Im Raum herrschte einen Moment lang Schweigen. Nicht der alte Joe. Er war ganz der praktische Politiker.
Romney saß Biden und Collins gegenüber auf einer anderen Couch und hielt die Diskussion in Gang. Er zog ein paar Statistiken heraus, die er mitgebracht hatte. Im Stil eines CEO argumentierte er, dass manche Staaten, im Gegensatz zu einigen finanziell gebeutelten Städten, an diesem Punkt der Pandemie kein Geld brauchten. Er erläuterte, wie er die Hilfen für Staaten und Städte berechnen wolle.
In fast der Hälfte der Staaten seien die Einnahmen gestiegen, sagte Romney und fragte, warum man denen dann mehr Geld geben sollte. Andere hatten noch nicht einmal die Gelder ausgegeben, die Trump und der Kongress letztes Jahr beschlossen und verteilt hatten.
Romneys letztes Argument verblüffte Klain. Der republikanische Vorschlag sah weder Hilfen für Staaten noch für Kommunen vor. Biden hatte dafür den Riesenbetrag von 350 Milliarden Dollar vorgesehen. Warum sprach Romney dann von Berechnungen? Null mal irgendetwas ergab immer noch null. Diese Leute redeten von Berechnungsformeln, obwohl sie nichts auf den Tisch legten. Das war Bullshit.
Er schüttelte den Kopf erneut.
Jetzt mischte sich Portman ein, ehemaliger Direktor des Office of Management and Budget und US-Handelsvertreter unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Wie Romney war Portman als besonnener, geschäftsorientierter Republikaner bekannt, der enge Verbindungen zu Familie Bush unterhielt. Doch Portman stand Trump, der bei den Republikanern in Ohio immer noch beliebt war, weit weniger feindselig gegenüber.
Portman hatte außerdem Grund zur Hoffnung, dass Biden sich auf einen Deal einließ. Eine Woche zuvor hatte er bekannt gegeben, dass er 2022 nicht für eine dritte Amtszeit im Senat kandidieren würde. Biden hatte ihn angerufen, und es war ein gutes Gespräch gewesen.
Aber er war auch Realist. Tage zuvor hatte Portman mit Steve Ricchetti telefoniert und ihn gebeten, dem Präsidenten auszurichten, dass sie einen schlechten Start haben würden, wenn sie neben dem Problem Solvers Caucus im Repräsentantenhaus nicht auch die gemäßigten Senatoren einbanden.
Ricchetti hatte ihm widersprochen. Präsident Biden und die Republikaner im Senat hätten unterschiedliche Blickwinkel auf diese Krise. Sie sähen sich unterschiedliche Daten an und sprächen mit unterschiedlichen Experten. Der Präsident sei entschlossen, große Geschütze aufzufahren. Er werde sich niemals dazu überreden lassen, die ersten Monate untätig zu bleiben.
Portman drängte Ricchetti, Biden solle seine Position genau überdenken. Was Biden in den kommenden Wochen tat, konnte seine Präsidentschaft bestimmen.
»Dies ist ein Sister-Souljah-Moment für Biden«, hatte Portman zu Ricchetti gesagt. Er bezog sich damit auf Bill Clintons Rüge im Jahr 1992 gegenüber der schwarzen Aktivistin, die Schwarze aufgerufen hatte, eine Woche lang Weiße statt andere Schwarze zu töten. Das wurde verbreitet als Versuch Clintons angesehen, sich als Politiker der Mitte zu positionieren und um Wähler in den Vorstädten zu buhlen.3
»Nehmen Sie das Mikrofon in die Hand und sagen Sie: ›Wissen Sie was? Wir haben uns das Paket auf die Fahnen geschrieben. Es ist Teil unseres Wahlprogramms. Wir glauben daran. Aber wir werden alle tief durchatmen und auf die Bremse treten‹«, hatte Portman Ricchetti vorgeschlagen. Biden könne ganz einfach von vorn beginnen und etwas Kleineres und Überparteiliches machen. Das Land einen. Ricchetti war höflich, aber sie sprachen nicht dieselbe Sprache.
Bei anderen Treffen und Telefonaten mit Republikanern im Senat Ende Januar hatten auch Brian Deese und Jeff Zients keineswegs angedeutet, dass Biden nachgeben würde. Ricchetti gehörte zum Chor des Weißen Hauses.
Am 1. Februar versuchte Portman es im Oval Office noch einmal und bat Biden dieses Mal direkt, sich von den linkspolitischen Versuchungen zurückzuziehen. Er sagte Biden, manche Teile des Rettungsplans hätten nichts mit der Pandemie zu tun und überzeugten ihn nicht. Die Steuervorteile für Eltern gehörten dazu, und beim Internal Revenue Service habe man ihm und anderen gesagt, die Umsetzung werde wahrscheinlich lange dauern.
Diese Steuervorteile halfen Familien nicht unmittelbar bei der Bewältigung des Virus, sagte Portman. Die Wirtschaft erhole sich bereits, und das Bruttoinlandsprodukt werde wieder steigen.
Biden wies darauf hin, dass sie früher bereits zusammengearbeitet hatten.
Das wisse er, antwortete Portman.
Biden beharrte auf seinem Ansatz und seinen Zahlen.
Klain widersprach Portmans Beschreibung der Steuervorteile für Eltern vehement. Würde es schwierig werden, diese umzusetzen? Natürlich. Alles war schwierig, wenn der IRS es machen sollte. Aber es war machbar. Er schüttelte wieder den Kopf.
Collins warf Klain wütende Blicke zu.
Die Mitarbeiter des Weißen Hauses horchten auf, als Senatorin Shelley Moore Capito aus West Virginia das Wort ergriff. Die Republikanerin Capito verstand sich gut mit Joe Manchin, dem demokratischen Senator ihres Staates. Manchin war die entscheidende demokratische Stimme. Was Capito sagte, konnte darauf hinweisen, was Manchin womöglich wollte.
Capito legte Biden nahe, er solle eine kürzere Geltungsdauer für die 400 Dollar Zuschlag zum Arbeitslosengeld erwägen, der Teil des Präsidentenplans war und zu den 1400-Dollar-Schecks hinzukam. Nach Bidens Plan sollten die 400 Dollar bis September 2021 gezahlt werden.4 Die Republikaner im Senat wollten, dass die 400 Dollar nur bis Juli ausgezahlt wurden.
Capito sagte, ihr ginge es vor allem darum, die Beihilfen an der kurzen Leine zu halten. Sie befürchtete, dass viele Menschen in West Virginia nicht zur Arbeit zurückkehren würden, wenn die Hilfen zu lange ausgezahlt wurden. In ihrem Staat beliefe sich die wöchentliche Arbeitslosenhilfe dann auf 724 Dollar — was etwa 19 Dollar die Stunde entsprach, mehr als das Doppelte des Mindestlohns von 8,75 Dollar in dem Staat.
Biden sagte, er diskutiere gern über Capitos Vorschlag. Dann erklärte er: »Ich bleibe definitiv bei September.«
Dann wandte sich Biden an Collins und schlug vor, sich wieder mit Punkten zu beschäftigen, bei denen Einigkeit bestand. »Sie haben eine eigene Art, Kleinunternehmen in Ihrem Gesetz zu berücksichtigen.« Biden wusste, dass Hilfen für stillgelegte Betriebe eines ihrer Kernthemen waren. Sie war in der Regierung von George H. W. Bush Regionaldirektorin für die Small Business Administration gewesen, bevor sie in den Senat gewählt wurde.
»Ich berücksichtige Kleinunternehmen. Der Umfang ist etwa gleich groß«, wies Biden hin. Beide Pläne sahen dafür 50 Milliarden Dollar vor. »Wissen Sie was? Ich gebe meinen Plan auf, und wir nehmen Ihren. Wir könnten meinen Kleinunternehmer-Plan durch Ihren ersetzen. Das könnten wir tun.«
Für diesen Vorschlag war Collins aufgeschlossen. »Gut«, sagte sie. »Da verfolgen wir dieselben Ziele.«
Die Diskussion ging weiter — höflich und zirkulär. Biden hielt an seinen 1,9 Billionen Dollar fest und warf häufig einen Blick in seine Notizen oder auf sein Notebook. Die Republikaner beharrten auf 618 Milliarden Dollar.
Schließlich vertagte Biden das Treffen. Seine Mitarbeiter würden sich bei ihnen melden. »Brian Deese wird mit Ihnen in Kontakt bleiben«, versprach er. »Nicht wahr, Brian?«
Klain fand, Biden habe das Treffen gut geleitet.
Manche der anwesenden Republikaner sagten später, sie hätten sich langsam gefragt, ob das alles nur Show war. Hatte Biden das Treffen nur angesetzt, um behaupten zu können, er habe es versucht? Das wäre schwer zu glauben. Joe war nicht der Typ, der ihnen erst Hoffnungen machte und dann auf stur stellte. Und er hatte eine Stunde mehr Zeit dafür aufgewendet, als vorgesehen war.