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Quinn

 

Eine halbe Stunde, bevor ich Maci wecken muss, stehe ich auf und nehme mir etwas Zeit, um in der Ruhe meines Hauses einen Kaffee zu trinken. Ich liebe meine Tochter über alles, finde aber die morgendliche Stille auch sehr angenehm.

Als Michael gestern Abend gehen wollte, begleitete ich ihn zur Tür. Bevor er das Haus verließ, zog er mich in seine Arme. »Danke, dass du mich mit ihr bekannt machen wolltest. Sie ist … sie ist unglaublich.«

»Danke, dass du das gesagt hast«, flüsterte ich gegen seinen Hals.

Er küsste mich auf die Schläfe – eine süße Geste, die mich dazu brachte, ihn fester zu umarmen. »Es ist die Wahrheit, Babe. Wir reden morgen weiter.« Diesmal küsste er mich auf die Stirn, bevor er zurücktrat. »Schließ ab, ja?« Er wartete noch, bis ich die Tür zugezogen und verriegelt hatte.

Als ich hörte, wie sein Geländewagen ansprang, schaltete ich das Licht auf der Veranda aus. Lächelnd ging ich in mein Schlafzimmer und dachte noch lange über Michael nach.

Trotz der wenigen Stunden Schlaf fühle ich mich ausgeruht und habe große Lust, meine Tochter mit Pfannkuchen zu überraschen. Als sie fertig sind, wecke ich Maci. Ich will unbedingt wissen, was sie von ihrem Dad hält. »Guten Morgen«, sage ich fröhlich, als sich mein Mädchen die Augen reibt.

»Guten Morgen, Mom.« Sie schlingt ihre Arme um meinen Hals.

»Ich habe Pfannkuchen gemacht.«

Lachend beobachte ich, wie sie aus dem Bett springt und in die Küche rennt. Ich folge ihr eilig. Sie angelt sich einen Pfannkuchen, gibt einen Klecks Butter drauf, bestreut ihn mit geschnittenen Erdbeeren und übergießt alles mit Sirup.

Ich schenke mir noch etwas Kaffee ein, setze mich zu ihr an den Tisch und lasse sie in Ruhe essen, bevor ich sie nach ihrem Dad frage. »Was hältst du von Michael?«

Maci trinkt einen Schluck Milch und wischt sich den Mund ab. »Er ist nett. Er erinnert mich an einen dieser Biker, wie in der Serie, die du und Mama Bessie immer geschaut habt.«

Ich ersticke mein Lachen mit einer Hand. »Das stimmt schon, er ist ein Biker. Aber ich glaube nicht, dass er wie einer von Sons of Anarchy ist. Weißt du noch, dass ich dir erzählt habe, dass dein Dad bei der Navy war?« Sie nickt. »Er hat mit ein paar Freunden, mit denen er gedient hat, einen Club, eine Werkstatt und ein Geschäft gegründet.«

»Wie soll ich ihn nennen? Soll ich ihn Dad nennen?«, unterbricht sie mich.

Ich greife über den Tisch und halte ihre Hand fest. »Du kannst ihn nennen, wie du willst. Ich möchte ihn gern noch einmal einladen. Was meinst du?«

»Das ist eine gute Idee«, stimmt sie zu, bevor sie in den Pfannkuchen beißt. »Vielleicht können wir heute Abend zusammen einen Film ansehen und Pizza bestellen?«

»Das wäre schön. Ich rufe ihn später an und frage, ob er Zeit hat. Aber jetzt muss ich mich anziehen. Wenn du mit dem Essen fertig bist, putzt du dir die Zähne und ziehst deine Uniform an.«

Ich höre ein schwaches Okay und gehe ins Bad, weil ich sie später zur Schule bringen will.

 

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Ich fahre auf den Parkplatz des Broken Eagles Bike Shop , steige aus meinem Auto und gehe an den offenen Garagentoren vorbei zum Geschäft. Obwohl ich spüre, dass ich beobachtet werde, schaue ich weiter geradeaus.

Mir ist bewusst, dass ich hübsch bin und einen schönen Körper habe. Weil ich so viel tanze, bin ich fitter als je zuvor. Natürlich ziehe ich damit die Blicke vieler Kerle auf mich. Trotzdem denke ich nur an einen einzigen Mann.

Auch mein Outfit ist perfekt. Ich trage meine Lieblings-Shorts, die abgenutzt sind und wie angegossen passen. Mein babyblaues T-Shirt ist figurbetont und hat einen asymmetrischen Ausschnitt, der eine Schulter freilässt. Dazu trage ich mit Glitzersteinen besetzte Flip-Flops, und mein Haar fällt in unordentlichen Wellen über meinen Rücken. Wenn ich nicht arbeite, bin ich fast immer ungeschminkt, um meiner Haut eine Pause zu gönnen.

Hoffentlich findet Michael es nicht unangemessen, dass ich einfach so hier auftauche. Ich dachte nur, es wäre nett, wenn ich persönlich vorbeikomme und ihn zum Abendessen einlade. Außerdem habe ich ihm ein Schulfoto von Maci mitgebracht und eines aus der Zeit, als sie Tanzunterricht nahm.

Sobald ich den Laden betrete, umgibt mich der Geruch von Motoröl und Benzin, oder was auch immer das ist. Ich gehe auf den Tresen zu. Als ich näher komme, lächelt mich der Mann dahinter an.

»Na, hallo.« Er lehnt sich gegen den Tresen und grinst. »Was kann ich für dich tun?«

Ich stoße ein überraschtes Lachen aus. »Ähm … ich bin eigentlich hier, um Michael Griffin zu treffen. Ist er da?«

Er runzelt die Stirn. »Michael? Wir haben hier keinen Michael, Schätzchen.«

Ein dunkelhaariger Mann nähert sich von hinten, und der Mann am Tresen dreht sich zu ihm um. »Hey Wes, arbeitet hier einer, der Michael heißt?« Er wendet sich wieder zu mir. »Wie ist sein Nachname?«

»Ähm … Griffin. Er sagte, er sei Teil des MC und arbeite hier.«

»Du musst Quinn sein. Ich bin Wes, und wir alle nennen ihn nur Mic.« Er kommt um den Tresen herum und gibt mir die Hand.

»Es ist schön, dich kennenzulernen. Ist Mich… ich meine, ist Mic hier? Ich verspreche, dass ich ihn nicht lange aufhalten werde.«

»Er ist hinten. Ich bringe dich zu ihm.«

Ich folge Wes durch einen Lagerraum. Sobald wir aus der Hintertür treten, sehe ich Mic. Er hat sein Hemd ausgezogen und wirft alleine Körbe. Überrascht von seinem Anblick, bleibe ich stehen. Ich streiche mir über das Kinn, um zu prüfen, ob ich sabbere. Gott sei Dank nicht. Aber ich glaube, ich hatte gerade einen Orgasmus.

Michael ist gut gebaut und hat den Körper eines Wide Receivers. Er ist muskulös, aber nicht übermäßig, und mindestens eins achtzig groß. Seinen Rücken bedeckt ein riesiges Adler-Tattoo. Weitere übersäen seine Arme.

Wes stößt einen Pfiff aus, und Michael dreht sich zu uns um. Als er mich sieht, lächelt er und kommt mir entgegen. »Hey, alles in Ordnung?«

»Oh ja, natürlich. Maci hat gefragt, wann wir uns wiedersehen. Ich dachte, du könntest vielleicht mit uns heute Abend eine Pizza essen und einen Film anschauen.« Ich ziehe die zwei Bilder aus meiner Tasche. »Die habe ich dir mitgebracht.«

Er nimmt mir die Fotos aus der Hand und schaut sie an.

Wes stellt sich neben ihn und betrachtet sie ebenfalls. »Sie ist wunderschön«, sagt er.

»Danke«, entgegne ich und lächle ihn an, bevor er uns allein lässt.

»Die sind toll, Babe, danke. Warum kommt ihr nicht zu mir? Ich habe einen größeren Fernseher.«

Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. »Das klingt toll. Schick mir einfach deine Adresse. Passt dir sechs Uhr?«

»Auf jeden Fall.« Er zieht sein T-Shirt an und begleitet mich mit einer Hand auf meinem Rücken durch das Lager zurück in den Shop.

Zwei Männer stehen hinter dem Tresen und grüßen, als wir an ihnen vorbeigehen.

»Freut mich, dich kennenzulernen, Quinn. Bring Maci das nächste Mal mit, wenn du willst«, verabschiedet sich Wes. Gott, er ist so nett.

»Hat mich auch gefreut, Wes.«

Draußen überrascht mich Michael, indem er meine Hand mit seiner umschließt und mich zu meinem Auto führt. Er öffnet mir die Tür. »Ich sehe euch später.« Er beißt sich auf die Unterlippe, und ich merke, wie mein Bauch vor Lust bebt. »Ich bin froh, dass du vorbeigekommen bist. Ich musste ständig an dich und Maci denken.«

»Ich musste auch ständig an gestern Abend denken. Deshalb bin ich hergefahren, statt dir eine Nachricht zu schreiben oder dich anzurufen.« Ich zucke mit den Schultern und versuche, möglichst lässig zu wirken, bin mir aber sicher, dass ich dabei kläglich versage.

Er lehnt sich dicht an mich. Sein Geruch ist eine Mischung aus Schweiß, Moschus und Motoröl, was mir sehr gefällt. »Wie ich schon sagte, ich bin froh, dass du hergekommen bist.« Seine Lippen streifen meine Wange, und ich merke, wie ich erröte.

»Wir … äh … sehen uns später«, bringe ich stockend hervor, bevor ich in mein Auto steige. Er tritt einen Schritt zur Seite, und ich fahre los, wobei ich ihm zuwinke. »Ich bin so eine Idiotin«, ärgere ich mich, sobald ich den Parkplatz verlassen habe.