Zu Beginn der globalen Ausbreitung von Covid-19 sah es so aus, als würde Lateinamerika die Covid-19-Pandemie allen Befürchtungen zum Trotz einigermaßen glimpflich überstehen. Seit Beginn des neuen Millenniums hatten die Gesundheitsbehörden zahlreicher Länder der iberoamerikanischen Regionen erhebliche epidemiologische Herausforderungen gemeistert, und die Pan American Health Organization (PAHO) hatte sich dabei als Koordinierungsinstanz bewährt.1 Zudem verfolgten ihre leitenden Akteure das Geschehen in Asien und Europa sehr aufmerksam und bereiteten sich früh auf den unausweichlich bevorstehenden Import der Erreger vor.2 Das brasilianische Gesundheitsministerium richtete schon am 31. Januar 2020 eine interministerielle Arbeitsgruppe ein und gründete drei Tage später ein operatives Notfallzentrum. Auch das mexikanische Gesundheitsministerium reagierte sofort auf die Covid-19-Warnmeldung der WHO und setzte eine Sonderkommission unter Leitung seines führenden Epidemiologen ein.3 Weitere Regierungen, die über einigermaßen eingespielte gesundheitspolitische Institutionen verfügten, verfuhren in den der Folgezeit ähnlich. Dies geschah wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, als in diesen Ländern noch keine einzige Person positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden war. Der erste laborbestätigte Nachweis erfolgte am 25. Februar in Brasilien.
Ab Ende Februar und in der ersten Märzwoche registrierten mehrere Gesundheitsbehörden die ersten Indexpersonen, einige Tage später traten zahlreiche Verdachtsfälle auf. Überall, wo es qualifizierte Untersuchungsteams gab, begann die Isolierung der Erkrankten und die Suche nach ihren Kontaktpersonen. In einigen kleineren Staaten mit wenigen Flugverbindungen zu den großen europäischen Infektionsherden verliefen die Eindämmungsversuche relativ erfolgreich. So war es beispielsweise in Uruguay. Dort gelang es den Gesundheitsbehörden in der zweiten und dritten Märzwoche, die in Überlandbussen reisenden Einheimischen, die Kontakte zu infizierten Touristen hatten, zu identifizieren und unter Quarantäne zu stellen. Die Ausbreitung des Erregers verlangsamte sich daraufhin deutlich, und dieser Anfangserfolg verschaffte der medizinisch gut beratenen politischen Führung Spielräume für eine eher gezielte Dosierung ihrer weitergehenden Maßnahmen.
Derartige Konstellationen blieben jedoch Ausnahmen. In den großen Ballungszentren und Flächenstaaten Iberoamerikas war die Situation unübersichtlicher. Zudem ging die Zahl der Verdachtsfälle bald in die Hunderte und wurde für die nur beschränkt verfügbaren epidemiologischen Teams unkontrollierbar.
In dieser Situation zogen mehrere Regierungen die Notbremse, und zwar vor allem solche, die sich zunächst eher am Rand der Ausbreitungsdynamik befanden und erst seit wenigen Tagen mit einzelnen Infektionsfällen konfrontiert waren. Die peruanische Regierung erklärte am 15. März den Ausnahmezustand, verhängte eine landesweite Ausgangssperre und ordnete groß angelegte polizeiliche Patrouillen zur Kontrolle der Straßen und Großmärkte an. Zwei Tage später folgte die bolivianische Interimsregierung diesem drastischen Beispiel. Am 18. März proklamierte die chilenische Regierung einen dreimonatigen Katastrophenzustand. Einen Tag später erklärte auch das Nachbarland Argentinien den gesundheitspolitischen Notstand und verlieh den angekündigten Beschränkungen der Bewegungsfreiheit durch den Aufmarsch der Nationalpolizei und einiger Sondereinheiten der Armee Nachdruck. In den folgenden Tagen proklamierten weitere Regierungen – so etwa in Kolumbien am 20. März und in Ecuador vier Tage später – den Notstand. Auch sie mobilisierten ihre Sicherheitskräfte und verhängten nächtliche Ausgangssperren.
Bei diesen drastischen Maßnahmen handelte es sich keineswegs nur um politische Machtdemonstrationen der Staatschefs und ihrer Präsidialämter und Generalstäbe. Sie waren eher als Flucht nach vorn zu verstehen, die schon einige Tage vor dem Bekanntwerden der transatlantischen Worst-Case-Szenarien in Gang kam. Sie hatte wohl mehr mit der Einschätzung zu tun, dass die betroffenen Länder einer größeren gesundheitspolitischen Belastung nicht würden standhalten können. Deshalb versuchten die involvierten Regierungen, ihre teilweise durchaus effizienten, aber viel zu schmal etatisierten epidemiologischen Kapazitäten durch massive Eingriffe in die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung zu unterstützen. Das einzige Land, in dem die Proklamation des Ausnahmezustands als direkte Antwort auf ein schon unkontrollierbar gewordenes Pandemiegeschehen zustande kam, war Ecuador, und hier setzten die ohnehin nur beschränkt möglichen Gegenmaßnahmen zu spät ein.
Aufgrund dieser Einschätzung zogen die Regierungen Argentiniens, Boliviens, Chiles, Ecuadors, Kolumbiens und Perus unmittelbar nach der Erklärung des Ausnahmezustands rigorose Konsequenzen. Ihre Entscheidungen trafen die Bevölkerung abrupt und mit voller Härte. Häufig wurden die Häfen, Flughäfen und Grenzen schon vor der Verhängung des gesundheitspolitischen Ausnahmezustands geschlossen, sodass vielerorts Tausende von Reisenden festsaßen, und zwar Touristen aus Übersee genauso wie iberoamerikanische Passagiere. Bei der Einstellung des öffentlichen und privaten Schulunterrichts sowie der Schließung der Universitäten fungierte Bolivien als Vorreiter. Die anderen Regierungen dieser Ländergruppe zogen in den folgenden Tagen nach. Die übrigen Komponenten der Lockdown-Pakete wurden gleichzeitig in Kraft gesetzt: Die öffentlichen Einrichtungen wurden geschlossen, Fernstraßen und Eisenbahnen gesperrt, Versammlungsverbote erlassen, Parks und Freizeitanlagen abgeriegelt sowie kulturelle, religiöse und sportliche Massenveranstaltungen untersagt. Auch die als nicht systemrelevant eingestuften Betriebe mussten die Produktion herunterfahren.
Besonders rigoros waren innerhalb der gesamten Ländergruppe die Ausgangsbeschränkungen. Sie wurden generell landesweit angeordnet. Ältere Menschen – in der Regel ab 65 Jahre aufwärts – und Kinder durften ihre Wohnungen und Grundstücke nicht mehr verlassen. Den übrigen Familienangehörigen und Haushalten erging es kaum besser. Nur jeweils einem ihrer erwachsenen Mitglieder – abwechselnd Frauen und Männer – war pro Tag ein zweistündiger Ausgang zur Beschaffung von Lebensmitteln und Medikamenten erlaubt. Voraussetzung dafür war häufig ein entsprechender Online-Antrag bei den zuständigen Behörden.
Dieses Vorgehen konnte trotz der demonstrativen Präsenz der Sicherheitskräfte ein Dilemma nicht lösen: Es erreichte nur den ›formellen‹ staatlich regulierten Sektor der iberoamerikanischen Welt. Für die breite Masse der Akteure und Konsumenten der Schattenökonomie waren derart weitreichende Restriktionen lebensgefährlich,4 denn der Hungertod ist eine inakzeptable Alternative zum akuten Atemwegssyndrom. Das war den Krisenstäben der Regierungen selbstverständlich bekannt. Als die Einkommensverluste und der drohende Hunger nach wenigen Tagen die Furcht vor der Festnahme und zeitweiligen Inhaftierung zu verdrängen begannen, führten die Verwaltungen einiger Metropolen ein Prämiensystem ein, um auch die Haushalte der Tagelöhner und Straßenhändler in die angelaufenen Hilfsmaßnahmen einzubeziehen.5 Die Methode war einfach: Familien, die sich auch weiterhin an die strengen Beschränkungen hielten, erhielten bescheidene Unterstützungszahlungen, in der Regel umgerechnet 30 bis 50 US-Dollar im Monat. Wer in ihren Genuss kommen wollte, musste online umfangreiche Antragsformulare ausfüllen, die Informationen über die Familienzusammensetzung, die individuellen Beiträge zum Haushaltseinkommen und den Gesundheitszustand (einschließlich möglicher Covid-19-Symptome) enthielten. Dank der auch in den informellen Sektoren weit fortgeschrittenen Nutzung des Smartphones erlangten die kommunalpolitischen Erfinder dieses Verfahrens umfassende Daten, die ihr Krisenmanagement wesentlich erleichterten. Es setzte sich in kürzester Zeit durch und avancierte in der Ländergruppe des ›harten Lockdowns‹ zum Hauptinstrument der sozial- und gesundheitspolitischen Pandemiebekämpfung.
Die Zahlungen kompensierten zusammen mit der periodischen Abgabe von Lebensmittelpaketen nur einen Teil des ohnedies prekären Lebensunterhalts. Aber sie wurden nach über vierzig Jahren des Abbaus der sozialen Sicherungssysteme als Novum wahrgenommen und verfehlten nicht ihre Wirkung, zumal sie mit ersten Ansätzen zur Ausweitung der epidemiologischen Überwachung im Sektor der Massenarmut kombiniert waren. Letztlich scheiterten aber auch sie an der unerwartet langen Dauer der Pandemie. Da nur ein Teil der ›informellen‹ Parallelgesellschaften erreicht wurde, konnten derartige Versuche zur Abschwächung der Pandemiefolgen allenfalls zwei Monate lang durchgehalten werden. Danach brachen die fragilen Kompensationssysteme zusammen, und die von der Mobilität abhängigen Überlebensstrategien verschafften sich wieder Geltung.
Dagegen waren die Regierungen und Krisenstäbe genauso machtlos wie die Polizeiapparate. Ab Mitte Mai 2020 lockerten sie notgedrungen ihre pauschalen Maßnahmenpakete. Sie konzentrierten sich nun darauf, die regionalen und metropolitanen Schwerpunktbildungen der Pandemie abzusperren. So geschah es zunächst in Bolivien, wo das Krisenzentrum die Provinzen in drei Risikogruppen einteilte und die ›harte‹ Variante auf die besonders schwer heimgesuchten Gebiete der Tiefebene einschränkte, jedoch im Verlauf des Juni auch den Großraum La Paz erneut unter Quarantäne stellte. Ähnliche Differenzierungsversuche wurden in den folgenden Wochen auch in Chile, Kolumbien und Peru gestartet. Sie scheiterten jedoch ebenfalls an den Realitäten einer extrem ungleichen Gesellschaftsstruktur. Die Länder des ›harten Lockdowns‹ versanken im Chaos und mussten ihre traditionsreichen Feiern und Massenveranstaltungen zur Wintersonnenwende absagen.
Indessen schlugen nicht alle lateinamerikanischen Regierungen diese Linie ein. Sie konnten mit ihren Alternativkonzepten jedoch nur dann Erfolge verbuchen, wenn die geografischen und sozialpolitischen Rahmenbedingungen wie in Costa Rica, Uruguay und einigen anderen kleineren Nationalstaaten ein solches Vorgehen begünstigten und die Eindämmungsversuche in der ersten Ausbreitungsphase einigermaßen erfolgreich verlaufen waren. Sie ersetzten den allgemeinen Lockdown durch Einzelmaßnahmen, die sie in ihrer Abfolge dem Pandemiegeschehen anpassten und einzelne Restriktionen wie Grenzschließungen und die Absage von Großveranstaltungen mit Aufklärungskampagnen zur Verbesserung der alltäglichen Infektionshygiene kombinierten. Auch die mexikanische Regierung versuchte sich in dieser Variante.6 Statt eines schlagartig verfügten Lockdowns ergriff ihr Krisenstab im März eine Reihe von Einzelmaßnahmen. Zunächst stellten einige Schulen und Universitäten den Unterricht ein, eine Verlängerung der Osterferien folgte. In der dritten Märzwoche ließ der Krisenstab alle Bars, Nachtclubs und Kinos schließen und schnitt die sich herausbildenden Pandemieschwerpunkte von den Inlandsflügen ab. Am 30. März proklamierte auch Präsident Andrés Manuel López Obrador aufgrund der unaufhaltsam gewordenen Ausweitung der Pandemie den nationalen Gesundheitsnotstand. Der formelle Wirtschaftssektor wurde mit Ausnahme der essenziellen Versorgungsbereiche heruntergefahren, die Schulen schlossen nun generell, und eine abgeschwächte Variante der Ausgangsbeschränkungen wurde in Kraft gesetzt. Auch dieses Maßnahmenpaket unterschied sich noch deutlich von den rigorosen Praktiken innerhalb der südamerikanischen Ländergruppe. Präsident López Obrador und der von dem Epidemiologen Hugo López-Gatell Ramírez geleitete Krisenstab setzten weiterhin auf transparente Überzeugungsarbeit und hofften auf Zeitgewinn, um die früh gestarteten epidemiologisch-medizinischen Vorkehrungen konsolidieren zu können. Dabei scheiterten sie jedoch genauso wie die südamerikanische Ländergruppe, die schon in der ersten Ausbreitungsphase des Virus ihre Hoffnungen auf einen umfassenden Lockdown gesetzt hatte. Auch in Mexiko erreichten die administrativen Gegenmaßnahmen die Lebenswelten der Schattenökonomie nur unzureichend. Als sich die nationale Katastrophe abzeichnete, konnten auch in der nordamerikanischen Region Lateinamerikas die regionalen Pandemieschwerpunkte nur noch von den übrigen Provinzen abgeschottet werden.
In unserer Übersicht blieb bislang ein Nationalstaat unberücksichtigt, der sich deutlich von den Ländergruppen des ›harten‹ und einer eher ›weichen‹ Variante des Lockdowns unterschied: Brasilien. Zunächst schien sich die brasilianische Regierung wie in Mexiko auf eine pragmatisch abwägende Linie der Pandemiebekämpfung festzulegen.7 So ließ die von Gesundheitsminister Henrique Mandetta8 geleitete interministerielle Arbeitsgruppe am 17. März die Grenze zu Venezuela schließen, die Einstellung der Flugverbindungen nach Europa und in die USA folgte eine knappe Woche später. Auch Massenveranstaltungen und große kirchliche Feierlichkeiten wurden untersagt, um Zeit für den landesweiten Ausbau der epidemiologischen und klinischen Infrastruktur zu gewinnen. Dann aber intervenierte die Regierungsspitze und positionierte sich gegen weitere Einschränkungsmaßnahmen. Präsident Jair Bolsonaro erließ ein erstes Gegendekret und erlaubte die Wiedereröffnung der Kirchen. Als die Gouverneure der am stärksten betroffenen Bundesstaaten weitreichende Ausgangsbeschränkungen erließen und das öffentliche Leben einfroren, lancierte Bolsonaro eine Gegenkampagne unter dem Motto ›Brasilien darf nicht stillstehen‹. Auch gegen die Beschränkung der Inlandsflüge und Reiseverbote in die regionalen Schwerpunktbildungen der Pandemie sprach er sich aus. Bei diesem Vorgehen wurde er mehrfach vom Obersten Gericht in die Schranken gewiesen, aber er saß am längeren Hebel. Im Mai wurde bekannt, dass Bolsonaro schon am 13. März die Leitung des Krisenstabs dem Stabschef seines Präsidialamts übertragen und Gesundheitsminister Mandetta Zügel angelegt hatte.9 Als Mandetta ihm in der Folgezeit öffentlich widersprach und sein Werben für das Antimalariamittel Hydroxychloroquin zur Behandlung von Covid-19 kritisierte, entließ er ihn. Noch am selben Tag ernannte er den Onkologen und Unternehmer Nelson Teich zu dessen Nachfolger.10 Aber auch Teich ließ sich keinen Maulkorb anlegen und warb für den zügigen Ausbau der Testkapazitäten sowie Investitionen in die epidemiologische Forschung. Wegen mangelnder Unterstützung durch das Präsidialamt erklärte er Mitte Mai 2020 seinen Rücktritt. Nun übernahm ein General der brasilianischen Armee auch die Leitung des Gesundheitsministeriums.11 Die medizinische Fachkompetenz war vollends marginalisiert. Bolsonaro setzte offensichtlich darauf, die Pandemie ungehindert ›ausbrennen zu lassen‹, und wurde dabei von der Armee gedeckt. Das Oberste Gericht und der Kongress opponierten heftig und nachhaltig, aber erfolglos.
Währenddessen gingen die Gouverneure der Bundesstaaten und die Bürgermeister der am schlimmsten heimgesuchten großstädtischen Agglomerationen ihre eigenen Wege. Mangels anderer Interventionsmöglichkeiten erließen sie seit der zweiten Märzhälfte harte Ausgangsbeschränkungen, legten den Nahverkehr weitgehend still, führten die Maskenpflicht ein, schlossen die Schulen und fuhren die Produktion der nicht systemrelevanten Wirtschaftszweige herunter. Da die bundesstaatliche Unterstützung ausblieb und die innerbrasilianische Mobilität nicht einschneidend reduziert wurde, war es ein Kampf gegen Windmühlen. Trotz zeitweiliger Kompensationszahlungen an den informellen Sektor konnte die Pandemie in den Favelas und den regionalen Schwerpunkten nicht eingeschränkt werden.
Letztlich war jedoch in allen hier skizzierten Konstellationen ein Interventionsschwerpunkt entscheidend: die Gegenmaßnahmen auf epidemiologisch-medizinischem Gebiet. Hier aber waren die Ressourcen trotz der sehr früh begonnenen Vorkehrungen rasch erschöpft. Der größte Mangel herrschte von Anfang an bei den Testkapazitäten. Es war deshalb nicht möglich, die sich während der zweiten Ausbreitungsphase bildenden Infektionsherde in den Armenvierteln und Gefängnissen einzudämmen; die in der Folgezeit entwickelten bzw. importierten Schnelltestsysteme kamen zu spät. Da es zusätzlich – noch massiver als in Europa – an Schutzkleidung, Schutzmasken und Desinfektionsmitteln mangelte, setzte sich die Pandemie auch in zahlreichen Krankenhäusern fest.
Dessen ungeachtet entwickelten in ganz Lateinamerika die Angehörigen der Gesundheitsberufe zusammen mit engagierten Basisinitiativen vielfältige Aktivitäten, um das Verhängnis aufzuhalten. Es gelang ihnen in mehreren Ländern, die privaten Krankenhausketten in die klinische Notfallversorgung einzubeziehen, was eine erhebliche Erweiterung und Verbesserung der Behandlungskapazitäten zur Folge hatte. Auch die Online-Datenbanken konnten zur Installierung einer medizinischen Online-Beratung genutzt werden, die in einigen großen Nationalstaaten über zehn Millionen Menschen erreichten.
Das Verhängnis ließ sich jedoch nicht immer aufhalten, und zwar dort nicht, wo die Regierungen ungeachtet ihrer jeweiligen Einstellung zum Lockdown das Gesundheitswesen kurzhielten. In Ecuador war beispielsweise die Gesundheitsministerin am 21. März zurückgetreten, weil sie keine Aufstockung der verfügbaren Mittel erreicht hatte: Neun Tage später konnte die Regierung nur noch Sondereinheiten nach Guayaquil schicken, die die Leichen der an Covid-19 Verstorbenen aus den Häusern bargen und auf den Straßen aufsammelten. Zwei Monate später wurden auch in Manaus, der Provinzhauptstadt des brasilianischen Amazonas, Massengräber ausgehoben. Zu Beginn der Katastrophe hatte die Armee die Errichtung eines Feldlazaretts zugesagt, aber nichts dergleichen war geschehen, obwohl der inzwischen amtierende kommissarische Gesundheitsminister zuvor Kommandant des Militärdistrikts Amazonas gewesen war. Auch in La Paz und Lima waren ab Ende Juni Kommandos der Sicherheitsbehörden im Einsatz, um die in ihren Häusern und auf den Straßen verstorbenen Pandemieopfer zu bergen. In den Monaten zuvor hatten sie die gegen die Bevölkerung verhängte Ausgangssperre noch mit unnachgiebiger Härte durchgesetzt und die Zuwiderhandelnden mit ihren Motorradstaffeln eingekreist.