Nichts los heute
Markus ist langweilig. Draußen regnet es. Er sitzt in seinem Zimmer und sieht den Tropfen zu, wie sie in kleinen Bächlein über das Fenster laufen. Das Fußballtraining ist abgesagt, das Wetter war die letzten Tage schon so mies, dass der Platz ein einziger riesiger seichter See ist. Markus’ Freund Simon ist übers Wochenende bei seinen Großeltern zu Besuch. Die anderen Jungs sind auch alle irgendwie mit ihrer Familie unterwegs, eine Geburtstagsfeier irgendeiner Tante da, die goldene Hochzeit der Großeltern dort – nur bei Markus ist überhaupt nichts los. Total öde, alles.
Markus schiebt eine CD in die Anlage, legt sich auf sein Bett und denkt nach. Das Leben ist schon ganz schön unberechenbar: es gibt manchmal unerwartete Höhen, da ist man der Sieger, fühlt sich gut, es ist alles wunderbar, ein Traum! Zum Beispiel nach dem 4:1 gegen die Mannschaft aus Oberberg! Dabei sind doch die Oberberger wirklich starke Gegner. Es gibt auch Tiefen, da beutelt es einen ganz schön durch: Als Markus die Fünf in Englisch bekommen hatte, obwohl er normalerweise auf »gut« steht und bei dieser Arbeit ein super Gefühl hatte. Oder der Fahrradunfall seines Freundes Alex: zwei Wochen auf der Intensivstation, dann noch mal vier Wochen Krankenhaus, dann sechs Wochen Reha. Er kann immer noch nicht Fußball spielen! Und dann gibt es die Strecken zwischen den Hochs und den Tiefs. Die langen, geraden, eintönigen. Auf einer solchen Strecke befindet sich Markus wohl gerade.
»Na ja, besser als ein Tief immerhin«, denkt sich Markus, »vielleicht kommt es allein auf den Blickwinkel an?« Er setzt sich ruckartig auf. »Mensch, jammer nicht rum, mach was draus!«, sagt er zu sich selbst und beschließt, nachzusehen, was seine Eltern wohl machen.
Markus findet seinen Vater vor dem Computer, er will die alten Fotos sortieren. Markus setzt sich dazu. Anfangs schaut er seinem Vater nur so ein wenig über die Schulter, doch allmählich beginnt er sich für die Fotos und die dadurch bebilderte Familiengeschichte zu interessieren. Gemeinsam schauen sie Fotos aus den letzten fünf Jahren an, unterhalten sich über Höhen, Tiefen des Lebens und die »unaufregenden« Strecken, die das Leben auch immer wieder beinhaltet.
Überlegt gemeinsam:
Schaut euch doch mal gemeinsam ein paar Fotos an, die eure Höhen und Tiefen dokumentieren – oder eben die scheinbar öden Strecken dazwischen. Das Leben ist so wertvoll, dass es sich durchaus lohnt, in einer stillen Stunde einen Blick darauf zu werfen.