Samstag

Viele bunte Farben

Benedikt ist viereinhalb und liebt das Malen mit flüssigen Farben. Heute hat die Erzieherin im Kindergarten genau das mit den Kindern vor. Benedikt ist glücklich über dieses Angebot und legt gleich los – er hat einen Malerkittel an und vor ihm liegt dieses wunderbare riesige weiße Plakat, das er nun bemalen darf. Versunken und konzentriert malt er. Die meisten anderen Kinder sind lange vor ihm fertig, Benedikt malt immer noch, er fügt immer wieder neue Details hinzu, kann gar nicht aufhören. Erst als wirklich kein weißes Fleckchen mehr auf dem Papier ist, seufzt er zufrieden, schaut sich sein Werk noch einmal an und zeigt es der Erzieherin. Sie bittet ihn, seinen Pinsel und seine Hände im Waschraum sauber zu machen.

Benedikt geht in den Waschraum und trifft seine Freundin Julia, die auch ihren Pinsel und ihre Hände waschen soll. Sie hat ihren Pinsel abgelegt, und Farbe verteilt sich auf dem Rand des Waschbeckens. Das bringt die Kinder auf eine Idee: Sie probieren aus, wie die Farbe auf dem Waschbecken aussieht, sie verschmieren Farbe auf dem Waschbeckenrand, auf dem Wasserhahn, auf Fliesen. Man kann mit dem Finger wunderbare Spuren in der Farbe hinterlassen, besonders auf den Keramik-Fliesen lassen sich da tolle Muster zeichnen. Plötzlich hören sie die Stimme der Erzieherin. »Bene, Julia, seid ihr bald fertig?«, ruft sie. Oh weh. Jetzt sehen die beiden erst, was sie angerichtet haben. Schnell waschen sie sich die Hände, spülen die Pinsel ab und laufen in die Gruppe zurück.

Den ganzen Morgenkreis über denkt Benedikt an das bemalte Waschbecken. Er fühlt sich nicht gut, kann kaum singen, kaum zuhören. Und es kommt, wie es kommen muss: Die Erzieherin entdeckt die Schmiererei. Sie fragt die Kinder, wer das Waschbecken und die Fliesen mit Farbe bemalt habe. Sie ist wirklich sauer, schaut die Kinder nacheinander ernst an. Benedikt bringt es nicht fertig, sich zu melden. Auch Julia sagt nichts, sieht weg.

Später, als die Kinder schon wieder am Spielen sind, geht Benedikt zu seiner Erzieherin, und sagt: »Du Eva, das Waschbecken … die Farbe … das war ich!« Sofort kullern dicke Tränen über seine Wangen, sein Herz klopft zum Zerspringen. Richtig weh tut das. Eva sieht ihn an: »Benedikt, ich finde es gut, dass du mir das jetzt gesagt hast. Und mutig.« Und dann drückt sie ihm einen Lappen in die Hand und bittet Benedikt freundlich, im Waschraum sauber zu machen. Benedikt putzt und wischt und wienert. Nach 20 Minuten zeigt er Eva den Waschraum, und sie lobt ihn: »Das hast du wirklich sehr gut gemacht, ich kann keine Farbe mehr sehen, du hast sehr sauber geputzt!« Und dann sieht sie ihm fest in die Augen: »Es ist nicht schlimm, wenn du mal einen Fehler machst. Aber du musst den Mut haben, deinen Fehler zuzugeben, und versuchen, ihn wiedergutzumachen. Ich bin stolz auf dich, weil du das heute geschafft hast!« Dann nimmt sie Benedikt in den Arm. Alles ist wieder gut, und Benedikt hat tatsächlich das Gefühl, dass heute ein wichtiger Tag ist, dass er heute etwas geschafft hat.

Einen Fehler zu machen ist nicht der Weltuntergang. Aber ihr solltet versuchen, diesen Fehler wiedergutzumachen. Wenn ihr versucht, euch vor dieser Verantwortung zu drücken, dann erfüllt ihr die Erwartung anderer nicht, aber noch viel schlimmer: Ihr könnt so auch eure eigene Erwartung nicht erfüllen, und das drückt die Stimmung, das macht euch unglücklich.

Besser ist es dann, eine Form der Umkehr zu finden: um Verzeihung bitten, sich selbst verzeihen, oder andere Wege finden, den Fehler wieder auszubügeln.

Lieber Gott,

ich habe einen Fehler gemacht.

Das macht mich unglücklich.

Mein Bauch tut mir irgendwie weh, mein Kopf summt.

Bitte hilf mir dabei,

diesen Fehler wiedergutzumachen.

Sei du bei mir und mach mich stark

für die Umkehr,

für die Versöhnung.

Amen.

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