Drittes Kapitel
Initiative
A
uf dem dritten Schild an der Straße des Erfolgs steht: Initiative
. Im Grunde bedeutet Initiative
, dass man aus eigenem Antrieb tut, was man tun sollte.
Der Mann, der die Wegweiser zum Erfolg aufgestellt hat, wuchs in den Bergen von Wise, Virginia, auf. Er hatte kaum Schulbildung, kein Zuhause und nur wenige Freunde, als er sich als Wasserträger in der Kohlegrube verdingte. Da er in dieser Funktion nicht ständig im Einsatz war, ging er in seinen Pausen den Fahrern dabei zur Hand, ihre Maultiere abzuschirren, nachdem die Kohle abgekippt worden war. Eines Tages kam der Eigentümer des Bergwerks vorbei und sah, wie der junge Kerl den Fahrern bei der Arbeit half. Er hielt ihn auf und fragte ihn, wer ihm das aufgetragen hatte. Da sagte der Junge: »Keiner, aber ich hatte gerade etwas Zeit und dachte, es würde sicher niemandem etwas ausmachen, wenn ich sie sinnvoll nutze und den Fahrern bei der Arbeit helfe.«
Der Minenbesitzer wollte schon weitergehen, da wandte er sich noch einmal zu dem Burschen um: »Komm heute Abend nach der Arbeit in mein Büro.« Der Junge bekam Angst. Würde er seinen Job verlieren, weil er eigenmächtig gehandelt hatte? Nervös fand er sich abends im Büro des Bergwerksbesitzers ein. Der sah, dass der junge Mann Angst hatte, und beruhigte ihn. Er habe nichts zu befürchten. Dann bat er ihn, Platz zu nehmen, und erklärte ihm: »
Weißt du eigentlich, mein Junge, dass wir mehrere Hundert Männer in dieser Anlage beschäftigen und etliche Vorarbeiter, deren Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, dass die Leute tun, was man ihnen sagt, und das sie es richtig machen. Von diesen vielen Hundert Leuten bist du der Erste, den ich in mein Büro rufen musste, weil er andere unaufgefordert bei ihren Aufgaben unterstützt hat. Du hast da eine seltene Eigenschaft, nämlich Eigeninitiative
, und wenn du sie weiter so zum Einsatz bringst, dann kannst du es hier weit bringen.«
Damit wandte er sich wieder seiner Arbeit zu. Der Junge erhob sich und verließ das Büro. Dies war einer der glücklichsten Momente seines Lebens. Er war gekommen in der Erwartung, »gefeuert« zu werden. Stattdessen war er gelobt worden.
Fünf Jahre später wurde derselbe Junge zum Geschäftsführer des besagten Bergwerks ernannt und wurde Chef von über tausend Mitarbeitern. Er war seinerzeit der jüngste Geschäftsführer einer Kohlegrube in den Vereinigten Staaten. Die Arbeiter mochten ihn, weil er ihnen etwas zutraute. Über dem Schalter, an dem die Löhne ausgezahlt wurden, prangte ein großes Schild mit folgender Aufschrift:
»An meine Kollegen
Vor fünf Jahren arbeitete der Geschäftsführer dieser Grube noch als Wasserträger für 50 Cent am Tag. Eines Tages erwischte der Eigentümer des Bergwerks den Wasserträger dabei, wie er den Fahrern an Kipphalde 3 dabei half, ihre Maultiere abzuschirren. Für diese zusätzliche Arbeit wurde er nicht bezahlt. Niemand hatte ihn darum gebeten. Er hatte es getan, weil er helfen und den Fahrern unter die Arme greifen wollte
.
Eigeninitiative ist ein wertvolles Instrument, das jedermann zur Verfügung steht. Jeder, der an diesem Schalter seinen Lohn empfängt, hat die gleiche Chance, in eine verantwortungsvollere Position aufzusteigen, wie der Wasserträger – und er kann das auf dieselbe Art erreichen.
Es wird von niemandem in dieser Mine verlangt, die Arbeit eines anderen zu übernehmen, doch sollte er das aus eigenem Antrieb tun, wird ihn keiner davon abhalten. Und jeder, der so viel Initiative zeigt wie der besagte Wasserträger, kann es in diesem Unternehmen weit bringen, weil ihn niemand aufhalten kann.«
Von jetzt an sollten Sie jede Chance nutzen, die sich Menschen eröffnet, die Initiative zeigen. Dieser Wegweiser zum Erfolg ist der allerwichtigste. Die Anweisungen, die Ihnen der mit Initiative
bezeichnete Wegweiser vorgibt, sind einfach zu befolgen. Nehmen Sie sich vor, in den nächsten zehn Tagen bei der Arbeit Initiative
zu beweisen, indem Sie jeden Tag mindestens eine Aufgabe erledigen, die Ihnen niemand aufgetragen hat. Reden Sie mit keinem darüber. Behalten Sie für sich, was Sie tun, und befolgen Sie nur diese Anweisungen. Können Sie in Ihrem Job keine Aufgaben übernehmen, die Ihnen nicht zugewiesen wurden, arbeiten Sie einfach ein bisschen schneller und besser als sonst in derselben Zeit. Machen Sie das zehn Tage lang, und Ihr Chef wird es bemerken. Nach Ablauf der zehn Tage werde Sie auch feststellen, dass es sich auszahlt, Ihr Leben lang weiter Initiative
zu zeigen, denn es führt zu mehr Verantwortung und höherem Verdienst, und es bringt Sie weiter auf dem Weg zu Ihrem konkreten Lebensziel
.
»Initiative
Was die Welt – auch finanziell – am meisten honoriert, ist
Initiative. Was aber ist
Initiative eigentlich? Ich will es Ihnen verraten: unaufgefordert das Richtige zu tun.
Fast so gut ist es, auf die erste Aufforderung hin das Richtige zu tun. Dann winkt Ihnen viel Ehre, nicht immer aber auch eine entsprechende Vergütung.
Wer immer erst auf die zweite Aufforderung hin handelt, wird nicht so gewürdigt – und schlechter
bezahlt.
Und dann sind da noch die, die erst dann das Richtige tun, wenn ihnen gar nichts anderes übrig bleibt. Sie werden gar nicht gewürdigt und bekommen einen Hungerlohn. Solche Menschen heischen oft Mitleid und erzählen, wie schwer sie es haben.
Noch eine Stufe weiter unten stehen die Zeitgenossen, die nicht einmal dann das Richtige tun, wenn jemand daneben steht, ihnen zeigt, wie es geht, und sie dabei beaufsichtigt, wie sie es ausführen. So jemand findet nie einen Job – es sei denn, er hat einen reichen Vater.
Zu welcher Kategorie gehören
Sie?«
– Elbert Hubbard