KAPITEL SECHS

„Ich sag’ es dir“, sagte Chi mit einem fröhlichen Seufzer, als sie eine Stunde später mit ihrem Champagnerglas gegen Rosies stieß, „das war die schönste Hochzeit der Welt. Besonders als Noah Matt als Bräutigam übergeben hat. Wusstest du, dass er das machen wird?“

Rosie schüttelte den Kopf. „Ich habe Jorge gefragt, ob Noah irgendetwas zu ihm darüber gesagt hat, aber er machte nur eine Reißverschlussgeste über dem Mund als wäre es ein riesiges Geheimnis.“

„Niedlich“, sagte Chi.

Rosie stimmte zu und sah hinüber zu den Jungs, die wieder einmal von Henri dem Pfau fasziniert waren. Der Vogel war, seine Federn hinter sich wiegend, auf die Tanzfläche getrottet und die Tierpflegerin half Jorge, Noah und Jeremy dabei, eine Spur aus Brotkrümeln zu streuen, um Henri wieder zurück ins Gras zu locken. Noah hatte seinen Roboterhelm, die Schminke im Gesicht und die schwarzen Bleche von Armen und Beinen entfernt.

Sie hatten die Hochzeitsfotos der Gäste hinter sich gebracht. Es gab welche mit und welche ohne Roboterkostüme. Jetzt waren Ari und Matt gerade dabei, für die Brautpaar-Fotos zu posieren, während die Gäste es sich mit Getränken und Vorspeisen bequem machen konnten. In den Drinks steckten Rührstäbe in Antennenform, die Jorge und Noah einsammelten, wo immer gerade ein Glas geleert worden war. Die Vorspeisen waren mit Zahnstochern aufgespießt, deren Endstück ein Zahnrad war.

Gideon stand zwar am anderen Ende der Bar und nippte an einem Bier, ging aber nicht zu Rosie und Chi hinüber. Er blieb stattdessen alleine, umgeben von seiner dicken Schutzmauer, die er nach all den Gefühlen, die während der Zeremonie hochgekocht waren, wieder fest um sich errichtet hatte.

Rosie sehnte sich danach, ihn zu berühren und ihn mit kleinen Neckereien zum Lächeln zu bringen. Nicht nur, weil sie ihn heilen wollte … sondern weil sie ihn mochte. Sie mochte ihn genug, um ihn glücklich sehen zu wollen. Wirklich glücklich.

So wie Matt und Ari es zueinander in ihren Ehegelöbnissen gesagt hatten: manchmal waren die dunklen Schatten der Vergangenheit so dicht, dass man sich darin verlor. Chi und Ari hatten Rosie aus dieser Dunkelheit herausgeholt.

Würde Gideon es wohl irgendwem erlauben, ihn herauszuholen?

Da die offiziellen Fotos nun alle aufgenommen waren, hatte er seine Fliege gelockert. In Rosies Augen hatte er noch nie sexyer ausgesehen. Dieser Mann trieb ihr das Wasser in den Mund.

Chi richtete ihren Blick in Rosies Blickrichtung. „Es ist so lieb von ihm, dass er die gesamte Hochzeit bezahlt und sogar den Pianisten vom San Jose Symphonie-Orchester engagiert hat.“ Chi sprach leise genug, dass Gideon es nicht hören konnte.

Gideon hatte nicht zugelassen, dass die Mavericks irgendetwas bezahlten, obwohl sie alle so reich waren wie Krösus. Gideon hatte viele Jahre lang auf schmalem Fuß gelebt und war oft umgezogen, damit er immer Arbeit auf Baustellen hatte. Als er in der Bay Area angekommen war, hatte er nicht mehr als eine Reisetasche. Und dennoch hatte er jeden Wunsch erfüllt, den Ari geäußert hatte, als wäre er ein Dschinn.

„Ari hat erzählt, dass die Jungs irgendwann aufgehört haben, ihm Geld anzubieten, weil er sich weigerte auch nur einen Cent anzunehmen.“ Rosie zog an einem Träger ihres Kleides, das dabei war, von ihrer Schulter zu gleiten. Sie bildete sich ein, Gideons Blick gesehen zu haben, wie er auf ihrer nackten Haut gelandet war. Doch der Blick flatterte flugs davon, als Daniel und die anderen Mavericks neben ihm auftauchten.

Daniel klopfte Gideon auf den Rücken. „Das hast du super gemacht da oben.“ Seine Stimme war laut genug, dass auch Rosie und Chi mithören konnten.

„Ari ist glücklich. Alles andere ist egal.“ Und wieder weigerte er sich, das Kompliment anzunehmen.

Daniel hatte seine Krawatte gelockert und die schwarzen Bleche von Armen und Beinen entfernt. Die anderen Mavericks hatten es ihm gleich getan. Seine weiße Smokingjacke war offen und der Kummerbund sichtbar. „Ich sage voraus, dass du schon ganz bald dein eigenes Bau-Imperium haben wirst.“ Er wandte sich an Evan, Sebastian und Will. „Noch ein Milliardär, das garantiere ich euch.“

Gideon war ein Meister darin, keine Gefühle auf seinem Gesicht zu zeigen. Das hatte er vermutlich in seiner Zeit beim Militär gelernt. Rosie dachte jedoch, sie hätte da etwas aufblitzen sehen, als Daniel ihn mit Lob überschüttete. Es war eine Kombination aus überraschtem Stolz, sofort gefolgt von Unglauben, dass das Lob mehr war als nur heiße Luft von Daniel.

„Bist du bereit für den ersten Spatenstich am neuen Lager?“, fragte Daniel.

Gideon nickte. Endlich war da ein Funken in seinen Augen. Er war wirklich aufgeregt, was das Lagerprojekt anging, und überwand endlich seine natürliche Zurückhaltung, insbesondere als die anderen begannen, ihm technische Fragen zu stellen.

Chi bewegte sich so, dass sie Rosies Blick hinüber zu Gideon blockierte. „Dich hat‘s arg erwischt, Süße.“ Sie sprach wieder so leise, dass niemand es hören konnte.

Rosie blinzelte ihre Freundin überrascht an. Normalerweise teilten die Freundinnen alles miteinander. Aber sie hatte bisher gegenüber Chi oder Ari noch nicht zugegeben, welche Wirkung Gideon auf sie hatte. Es war nicht nur, wie attraktiv sie ihn fand, sondern auch wie sehr er ihr Herz berührte. „Ist das so offensichtlich?“

„Nur für diejenigen, die vom Funkenflug getroffen werden könnten“, antwortete Chi mit einem verschmitzten Lächeln. „Die Funken fliegen schon den ganzen Tag zwischen euch beiden mit all den geheimen Blicken, die Ihr euch zugeworfen habt.“

Hoffnung entzündete sich in Rosies Herz. „Ich war nicht sicher, ob ich mir eingebildet hatte, wie er mich angesehen hat.“

„Du bildest dir gar nichts ein“, bestätigte Chi. „Er mag versuchen, dagegen anzukämpfen, aber Aris Bruder hat es genauso sehr erwischt wie dich. Die Frage ist nur, was du nun machen willst.“

Das war die Jackpot-Frage. „Gideon ist eine harte Nuss.“

„Vielleicht solltest du einen riesigen Nussknacker kaufen,“ schlug Chi vor. Sie hatte einen Hang zum Dramatischen.

Und obwohl Rosie Chis neckenden Vorschlag milde belächelte, wusste sie, dass das Problem war, dass Gideon bereits einen Knacks hatte. Ihr Herz schmerzte, so sehr wollte sie ihm helfen, seine gebrochene Seele zu retten. Sie wollte ihm zeigen, dass er fantastisch, liebevoll, fürsorglich, stark und wunderbar war.

Bevor Chi noch weiter in dem Thema herumbohren konnte, begann der DJ, Musik zu spielen. Es war wieder das „Feather Theme“. Ari und Matt kamen zu ihrer Feier.

Ari schlug die Hände vor den Mund, als sie die Roboter-Deko sah, und dann erneut, als Sebastian, der vor Stolz zu platzen schien, eine weitere große Überraschung mit einem Zug am Stoff enthüllte: Charlies Champagner-Brunnen. Es war eine Mischung aus dem Zinnmann aus dem Zauberer von Oz und dem Roboter aus Verschollen zwischen fremden Welten . Charlie hatte noch ein paar zusätzliche Arme ergänzt, die rund um den Brunnen herausragten.

„Ihr seid einfach die Besten!“, sagte Ari und lachte, während ihr vor Rührung ein paar Tränen hinabkullerten.

Matt grinste wie ein Verrückter. Oder wie der glücklichste Mann in der ganzen weiten Welt – umgeben von seinen Freunden, seinem Sohn und seiner Frau und endlich vollständig.

Ari war ganz klar beeindruckt, als sie ein Kristallglas nahm und unter eine Hand am Brunnen hielt. Das Gesichtsfeld des Roboters begann in verschiedenen Rot-, Grün-, Gelb- und Blautönen zu leuchten, wie ein Stimmungsring. Dann floss der Champagner in ihr Glas.

Noah umarmte Aris Bein mit einem Arm. „Darf ich mal?“

Charlie beugte sich zu ihm hinab. „Ich habe für alle Kinder, die heute hier sind, einen besonderen Arm gemacht.“ Sie gab ihm ein Glas und sagte ihm, er solle es unter den Arm halten, der von der Hüfte des Roboters ausging. Das Glas füllte sich mit Limonade.

„Ich auch, bitte!“ Jorge zitterte praktisch vor Aufregung, als er sein Glas füllte. „Wow“, sagte er mit einer Bewunderung, als hätte er die Gemälde in der Sixtinischen Kapelle angesehen. „Das ist so cool.“

Ari nahm Charlie in die Arme. „Es ist fantastisch, Charlie. Vielen, vielen Dank.“

„Du bist super, Charlie, wie immer.“ Matt prostete ihr mit seinem Glas zu. „Danke.“

„Das habe ich wirklich gern gemacht“, antwortete Charlie und ihre Wangen wurden so rot wie ihr Kleid. Sie grinste, als sie ergänzte: „Ich dachte, Ihr könntet ihn gut brauchen für die Grillfeste bei euch.“

„Du meinst die Margarita-Partys“, witzelte Sebastian, der seinen Arm eng um Charlies Hüfte gelegt hatte und sie festhielt.

Noah zupfte an Aris Kleid, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. „Ich und Jorge haben mit den ganzen Legosachen auf den Tischen geholfen.“

Ari strich ihm über die Haare. „Die sind super. Und du bist große klasse, mein Süßer. Danke.“ Sie tippte Jorge liebevoll auf die Nase. „Und du auch. Ihr seid einfach die Besten.“

„Erklär’ mir doch mal, wie das alles funktioniert.“ Als Roboterprofi musste Matt natürlich alles genau wissen.

Während Charlie ihre einmalige Maschine erklärte, standen die Gäste bereits Schlange, um sich auch ein Glas am Brunnen zu füllen. Gideon wandte sich langsam ab, als wollte er von niemandem bemerkt werden.

Aber Rosie bemerkte es.

Ihr Herz flatterte voller Emotion – und Begehren. Das Begehren, ihn zurückzubringen, ihm dabei zu helfen, teilzuhaben. Ihm zu zeigen, wie sehr ihn alle dabei haben wollten und brauchten.

Besonders sie.

Chi hatte recht. Es hatte sie arg erwischt.

* * *

Gideon kannte das Lied nicht, das Ari für den ersten Tanz ausgesucht hatte. Aber als er so im Hintergrund stand und das Treiben von der Bar aus beobachtete, merkte er, dass die süße Melodie perfekt war als erster Walzer des neuen Ehepaars.

Er fragte sich, ob sie geübt hatten, oder ob Matt Tremont einfach alles konnte. Obwohl alle Mavericks in einer schlechten Ecke von Chicago aufgewachsen waren, schien jeder einzelne von ihnen ein Meister in dem zu sein, was er auch nur berührte. Ari hatte Gideon ihre Geschichte erzählt. Wie die Spencers, die selbst sehr wenig Geld hatten, jeden der Mavericks als Teenager aufgenommen hatten und sie mit ihren eigenen Kindern Daniel, der im gleichen Alter wie die Jungs war, und Lyssa, die damals ein Baby war, großgezogen hatten. Susan und Bob Spencer waren zweifellos beeindruckende Menschen, insbesondere was ihre Großzügigkeit anging.

Bob legte seinen Arm um Susans Schultern als sie Matt und Ari bei ihrem ersten Tanz beobachteten. Susan hatte Tränen in den Augen und Bob streichelte ihre Schulter. Als der DJ ankündigte, dass es nun Zeit wäre, dass die Eltern auch teilnehmen, führte Bob Susan auf die Tanzfläche, gab sie in Matts Arme und nahm Ari zärtlich in seine.

Die anderen Mavericks sahen ebenfalls zu und lächelten. Noah schob seine Hand in Chis, während Rosie Jorges Hand hielt. Sie war so fröhlich, so eins mit sich selbst, solch eine großartige Mutter.

So großartig . Ganz einfach.

„Und jetzt“, rief der DJ, „ist es Zeit, dass die gesamte Hochzeitsgesellschaft auf die Tanzfläche kommt, um die Braut und den Bräutigam in ihr neues, gemeinsames Leben zu begleiten!“

Gideon sah dabei zu, wie Rosie wieder zu Will ging, der sie auch auf dem Weg zur Bühne begleitet hatte. Sie war so lebensfroh und voller Gelächter, als sie auf der Tanzfläche herumwirbelten. Ihr Rock umspielte Wills Beine.

Wie, fragte sich Gideon verzweifelt, wäre es wohl, sie in seinen Armen zu halten? Sie so zum Lachen zu bringen? Die Wärme ihres Körpers an seinem zu spüren?

Aber er wusste es schon längst. Es würde sich himmlisch anfühlen.

Eine kleine Hand griff nach seiner. „Wir müssen tanzen, Onkel Gideon. Wir sind doch Teil der Hochzeits­gesellschaft, oder?“

Natürlich konnte Gideon Noahs Bitte nicht widerstehen und wo Noah hinging, da war auch Jorge nicht weit.

Als Gideon die zwei Jungs zur Tanzfläche brachte, rollte Sebastian Francine nach vorne und drehte ihren Rollator hin und her, während sie mit den Knien wackelte und sich im Takt der Musik wiegte. Es war das Signal für alle Mavericks, mitzumachen. Kelsey und Lyssa und Chi brachten die Jungs und Gideon in einen großen Kreis und drehten sich wild. Sie hielten nur an, um Jeremy dazu zu holen, als Will Harper von ihrem Bruder davon wirbelte.

Durch die Menschenmenge auf der Tanzfläche konnte Gideon Rosie nicht mehr sehen, aber sein gesamter Körper lechzte danach, sie in seinen Armen zu wiegen.

Und schließlich kamen ihm Ari und Bob nah genug, dass er sich dazwischen drängen und mit seiner Schwester tanzen konnte.

„Ich weiß, ich habe es schon gesagt, aber du siehst so wunderschön aus, Ari.“ Sie führte ihn in eine perfekte Drehung. Er war nie ein Tänzer gewesen, aber sie war so anmutig, dass sie seine zwei linken Füße mehr als nur ausglich. „Dich so glücklich zu sehen …“ Die Worte blieben ihm im Hals stecken. „Das ist alles, was ich mir für dich gewünscht habe.“

„Zunächst einmal, du bist zu attraktiv, um es in Worte zu fassen.“ Sie küsste ihn auf die Wange, ohne aus dem Takt zu kommen. Dann sagte sie: „Ich bin glücklich, Gideon.“ Sie hielt einen Moment inne, bevor sie fortfuhr: „Alles hat so geklappt, wie es sollte.“

Sie hatte ihm in den letzten neun Monaten so oft gesagt, dass er sich keinerlei Vorwürfe wegen der Vergangenheit machen sollte. Aber er wusste, dass sie nur nett sein wollte. Sogar heute, an ihrem Hochzeitstag, bemühte sie sich so sehr, ihn aus der Verantwortung zu nehmen.

„Danke“, sagte sie leise. „Für alles.“

„Du musst dich nicht bei mir bedanken. Du weißt, ich würde alles für dich tun. Und ich wollte, dass deine Hochzeit genau so ist, wie du sie dir immer erträumt hast.“

Er machte sich zwar nicht vor, dass er es je schaffen würde, die Jahre seiner Abwesenheit wieder gut zu machen, in der er Ari im Stich gelassen hatte. Nichts könnte seine Fehler wieder gut machen. Aber er hatte viel Geld gespart in den letzten zehn Jahren und Aris Hochzeit zu bezahlen, war das Mindeste, was er tun konnte.

Neben ihnen tanzte Paige eng an Evan gedrückt. Sie strahlte so hell, als würde sie im Rampenlicht stehen. Charlie war zu Francine und Sebastian gestoßen. Daniel und Tasha wiegten sich gemeinsam im Takt. Und dann schwebte Rosie vorbei, dieses Mal in Matts Armen.

Gideons Brust zog sich zusammen. Was würde er nicht alles geben, um sie so zu halten. Sie über die Tanzfläche zu wirbeln. Den süßen Duft ihrer Haare und ihr leichtes Parfüm einzuatmen, ihren Körper an seinem zu spüren.

Dann streckte Matt seinen Arm Richtung Ari aus. „Es ist doch sicher okay, wenn ich meine Frau zurücknehme, oder?“

Einen Moment später wurde seine Schwester aus seinen Armen gewirbelt … und Rosie tanzte direkt in seine Umarmung hinein.

* * *

In Gideons Armen zu sein, war genau so, wie Rosie es sich vorgestellt hatte – besser sogar. Die Stärke seiner Hände, die Härte seines Körpers gegen ihren, sein köstlicher Duft in ihrem Kopf. Er hielt sie zwar so steif wie der Zinnmann, aber ihre Haut prickelte von Kopf bis Fuß vom Nervenkitzel, endlich in seinen Armen zu sein.

Sie hatte seine gut definierten Muskeln gesehen, als er mit Noah und Jorge im Pool gespielt hatte. Aber nichts kam gegen das Gefühl an, seinen Körper gegen ihren gepresst zu spüren, seinen Arm um ihre Hüfte zu haben und sein Herz gegen ihres schlagen zu fühlen.

Seine offensichtliche Zurückhaltung, was das Tanzen anging, hätte sie dazu verleiten sollen, ihn wieder verschwinden zu lassen. Aber Rosie hatte beschlossen, die Samthandschuhe auszuziehen und konnte sich diese himmlische Gelegenheit nicht entgehen lassen. Von jetzt an würde sie ihn genauso behandeln, wie sie all ihre Freunde behandelte: absolut offen und ehrlich. In diesem Moment bedeutete das, auszudrücken, wie viel ihr die Hochzeit bedeutet hatte.

„Ich muss dir sagen, wie sehr es mich berührt hat, als du Ari zum Altar geleitet hast. Die Kosmetikerin hatte uns zwar gewarnt, ihr Werk bloß nicht durch Tränen zu ruinieren, aber ich konnte nicht anders. Und als Matt dich umarmt hat, als wärt ihr bereits Brüder?“ Sie lächelte und sah in Gideons dunkelblaue Augen. „Das war so ein toller Moment. Als Noah ihn an Ari übergeben hat, waren bei mir alle Schleusen offen. Und dann nochmal, als sie ihre Ehegelöbnisse abgegeben haben und dabei Noahs Hände hielten.“ Sie wusste nicht mehr, wann sie sich zuletzt so glücklich gefühlt hatte als würde sie schweben. Es war nicht nur die Hochzeit – es war dieser Moment mit Gideon. Seine Arme um sie, seine Männlichkeit, die sie betörte und endlich nach so unendlich langer Zeit die Chance, ihn kennen zu lernen. „Es war alles so wunderschön, nicht wahr?“

Sie war gerade so richtig redselig und alles, was er hervorbrachte war ein Nicken. Aber dennoch war sie in seinen Armen und ihn gegen sich gepresst zu spüren, war alles, was zählte. Andere Paare wirbelten an ihnen vorbei. Evan mit seiner strahlenden Paige, Will und Harper, Tasha und Daniel, Charlie in ihrem feuerroten Kleid, eng umschlungen von Sebastians Armen.

„Und die Jungs?“, fuhr sie fort, als würden sie eine normale Unterhaltung führen, an der alle beteiligt waren. “Die amüsieren sich heute so sehr. Und“, sagte sie und deutete quer über die Tanzfläche, „ich bin mir ziemlich sicher, dass Kelsey und Lyssa so richtig in die zwei verschossen sind.“ Chi war auch bei den Jungs, alle spielten Ringelreihen.

„Besser geht es kaum“, stimmte er zu. Obwohl seine Stimme krächzend klang, hatte sie zumindest dieses Mal eine gesprochene Antwort bekommen. Vermutlich lag es daran, dass sie über die Jungs redeten. Die zwei Menschen, die immer in der Lage waren, die Mauern um Gideons Herz einzureißen.

Nun, damit konnte Rosie definitiv arbeiten. Zumindest im Moment, wo sie tanzten. Die Hitze und Stärke seines Körpers an ihrem, ein Gefühl der Lebendigkeit, das ihr das Bedürfnis verlieh, ihre Arme um seinen Nacken zu schlingen und ihn zu küssen. Wenn das Lied doch nur für immer spielen könnte, dann würde er feststellen, dass es so viel einfacher war, sich zu entspannen, wenn sie zusammen waren.

„Hast du auch das Gefühl, das Lied ist ewig lang?“, fragte er.

Sie lachte, denn es war einfach so nah an dem, was sie gerade gedacht hatte – nur aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet. „Willst du damit sagen, dass es dir keinen Spaß macht, mit mir zu tanzen?“

„Nein.“ Er schüttelte fest den Kopf und sein Körper versteifte sich noch mehr. „So hab’ ich das nicht gemeint.“

„Ich ärgere dich nur“, sagte sie mit einem kleinen Lächeln und hoffte, dass er es erwidern würde. Sie wollte ihm so dringend zeigen, dass er tanzen konnte, lachen konnte und nicht nur mit den Jungs seine spielerische Seite zeigen konnte. Wenn sie ihm doch nur zeigen könnte, dass er keine Ausrede brauchte, um glücklich zu sein, dass es ihm gestattet war, sich zu freuen. Da sie diese Möglichkeiten nicht hatte, entschied sie sich dafür zu sagen: „Ich liebe es wirklich, mit dir zu tanzen.“

Plötzlich wurden seine Augen rauchblau. Es war ein neuer Blick, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Vielleicht war der rauchige der spezielle Blick für sie . Sie hoffte , dass es dabei um sie ging, dass er darüber nachdachte, wie gut sie sich anfühlte, wie lieblich sie duftete, wie sexy es war, sie in den Armen zu halten, ihre Körper nah aneinandergepresst. Denn das waren all die Dinge, die sie fühlte.

Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und drückte sich näher an ihn. Sie wollte, dass er spürte, was sie dachte, wonach sie sich sehnte und was sie ihm geben wollte.

Natürlich hörte das Lied prompt in diesem Moment auf.

Gideon hielt so schnell an, dass sie beinahe gestolpert wäre. Dann verließ er die Tanzfläche wie ein Flugzeug, das ins weite Himmelsblau startete. Sie blieb alleine zurück, inmitten all der Tänzer, die Arme erhoben, als hielten sie ihn noch.

Einen Takt später rannten die Jungs zu ihr, kreischend und lachend. Aber sie spürte immer noch, wo Gideons Körper an ihren gepresst gewesen war, sie roch immer noch sein Aftershave, fühlte immer noch seine Muskeln unter ihren Fingerspitzen.

Und sie wusste, dass sie in der Nacht aufwachen und sich danach sehnen würde, jeden Moment mit ihm erneut zu fühlen.