Kapitel 10

Am nächsten Morgen kam Isabelle rund zwanzig Minuten vor Arbeitsbeginn am Hotel an. Sie hatte bewusst den früheren Bus genommen, um an ihrem ersten Tag auf jeden Fall pünktlich zu sein. Ohne Eile schritt sie über den samtenen Teppich der Hotellobby und bestaunte das elegante Foyer. Im Royal York’s Imperial Room, dem hoteleigenen Restaurant, hatte sie in den letzten Jahren mehrmals mit ihrer Familie gegessen.

Beschämt erinnerte sie sich, wie ihr die Schönheit dieses Ortes gar nicht aufgefallen war und sie sich sogar bei ihren Eltern darüber beschwert hatte, wie voll und reizlos sie es hier fand. War sie tatsächlich so blind für ihre privilegierte Lebensweise gewesen?

Welche Ironie: Heute war sie hier nicht zu Gast, war keine feine Dame, die im Speisesaal dinierte, sondern ein Dienstmädchen, das die Zimmer der wohlhabenden Gäste putzte. Entschieden schüttelte sie jeden Anflug von Selbstmitleid ab und rief sich erneut ins Gedächtnis, wie glücklich sie sich schätzen durfte, ein Dach über dem Kopf und eine redliche Arbeit zu haben.

Sie trat an die Rezeption, wo ein Mann in schwarzem Anzug und weißer Fliege sie freundlich anlächelte. „Herzlich willkommen, Miss. Reisen Sie gerade an?“

„Nein. Ich fange heute meine neue Stelle an. Mrs Herbert erwartet mich.“

Schlagartig verblasste sein Lächeln. „Mrs Herbert befindet sich sicherlich in ihrem Büro im Untergeschoss. Ein Stockwerk tiefer.“

„Oh, ich verstehe“, erwiderte Isabelle und zögerte, ob sie ihn nach den Treppen fragen sollte.

„Künftig kommen Sie bitte durch den Bediensteteneingang auf der Rückseite des Hotels und nutzen auch nur den Aufzug für die Angestellten. Lediglich die Hotelpagen haben Zutritt zur Lobby und zum Gästeaufzug. Aber heute können Sie ausnahmsweise durch das Treppenhaus nach unten gehen. Es ist gleich hinter der Ecke rechts.“

„Danke“, sagte sie und unterdrückte ihr Empören. Er hielt sich ja bloß an die Regeln.

Auf dem Weg zum Treppenhaus ließ Isabelle noch einmal die Schönheit der eleganten Möbel, die exotischen Palmen und die reich verzierte Uhr auf sich wirken. In diesen Genuss käme sie in nächster Zeit nicht noch einmal.

Die Treppen hatte Isabelle schnell gefunden und sie begab sich ein Stockwerk tiefer. Dort folgte sie einem langen, dunklen Korridor, bis sie Stimmen hörte. Ein paar Frauen in Dienstkleidung standen in einem halb offenen Bereich neben einem Tisch. An der Wand neben ihnen hing eine Stechuhr und auf dem Tisch darunter lag ein unordentlicher Haufen Karten, vermutlich Stechkarten. Als Isabelle sich den Frauen näherte, verstummten sie und sahen Isabelle unverwandt an.

„Guten Morgen. Ich suche nach Mrs Herbert“, sagte sie mit holpriger Stimme.

Eine der Frauen stieß etwas Zigarettenrauch aus und gestikulierte in eine Richtung. „Am Ende des Gangs. Ihr Name steht an der Tür.“

„Danke.“ Mit erhobenem Kopf ging Isabelle an ihnen vorbei. Je näher sie dem Büro kam, desto unruhiger wurde sie. Schließlich holte sie tief Luft und klopfte.

„Herein“, erklang eine schroffe Stimme und Isabelle wurde umso nervöser.

Sie betrat den beengten Raum und sah eine recht groß gewachsene Frau hinter einem metallenen Schreibtisch sitzen.

„Guten Morgen. Ich bin Isabelle Wardrop, das neue Zimmermädchen.“

Skeptisch sah die Frau mit der Zweistärkenbrille sie an, bevor sie die Brille von der Nase nahm und ihr Blick zur Wanduhr wanderte. „Sie sind pünktlich, das ist gut. Aber in Zukunft kommen Sie bitte fünfzehn Minuten vor Schichtbeginn. Damit sie sich umziehen, den Putzwagen überprüfen und in das entsprechende Stockwerk fahren können.“

„J-ja, Ma’am.“

Als die Frau aufstand, klingelte der große Schlüsselbund an ihrer Hüfte. „Erst bringe ich Sie zu den Spinden und dann stelle ich Ihnen Miss Eggerton vor, sie wird Sie einarbeiten. Die erste Woche über folgen Sie ihr, ab nächster Woche arbeiten Sie allein.“

Mit einem wortlosen Nicken folgte Isabelle der Frau. Sofort unterbrach die Frauengruppe das Plaudern und die Zigaretten wurden im Aschenbecher auf dem Tisch ausgedrückt.

„Was stehen Sie hier so tatenlos herum?“, bellte Mrs Herbert sie an. „Nehmen Sie sich Ihre Stechkarten und ab an die Arbeit.“

„Jawohl, Ma’am“, hieß es und sie eilten davon.

Mrs Herbert öffnete einen Raum direkt gegenüber von der Stechuhr. Eine Reihe von Metallspinden flankierte die beiden kurzen Wände und vor den langen standen Holzbänke. „Dieser hier ist für Sie. Sobald Sie sich umgezogen haben, verstauen Sie hier Ihre persönlichen Dinge. Aber verlieren Sie den Schlüssel nicht. Muss er ersetzt werden, zahlen Sie.“

„Ja, Ma’am.“

Eine Toilettenspülung erklang, gefolgt von ein paar Schritten und fließendem Wasser.

„Miss Eggerton, Sind Sie das?“

„Ja, Ma’am“, hörte man die Stimme einer Frau, die kaum älter als Isabelle sein konnte und nun hinter den Spinden hervortrat. Sie trug eine schwarze Dienstmädchentracht mit weißer Schürze und einer weißen Haube über dem dunklen Haar.

„Das ist das neue Dienstmädchen, Miss Wardrop. Sie wird Sie diese Woche begleiten. Ich vertraue darauf, dass Sie sie ordnungsgemäß einarbeiten, Miss Eggerton.“

„Natürlich, Mrs Herbert.“

Wortlos betrachtete Isabelle das Gesicht der jungen Frau und versuchte herauszufinden, ob ihr diese Aufgabe missfiel. Das schien zum Glück nicht der Fall zu sein.

„Miss Eggerton wird Ihnen eine frische Tracht geben und sobald Sie sich umgezogen haben, beginnen Sie mit Ihrer Schicht. Ziehen Sie die fünfzehn Minuten, die Sie heute später anfangen, von Ihrer Mittagspause ab“, erklärte Mrs Herbert. Bevor sie ging, hielt sie einen Moment inne und begutachtete Isabelles Aussehen. „Und auf diese außergewöhnliche Frisur können Sie künftig verzichten. Ein einfacher Haarknoten unter der Bedienstetenhaube ist absolut ausreichend.“ Isabelle nickte bloß, während Mrs Herbert ihr einen letzten Blick zuwarf und den Umkleideraum verließ. Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, atmete Isabelle laut hörbar aus und wandte sich an Miss Eggerton.

„Hallo. Ich bin Isabelle Wardrop.“

„Ich heiße Mary, von mir aus können wir uns ruhig duzen“, erwiderte Miss Eggerton lächelnd. „Komm mit, ich such dir eine Uniform raus und dann legen wir los.“

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Wie jeden Mittwoch war Mark zur Visite bei den Schwangeren in Bennington Place, doch heute fiel es ihm besonders schwer, sich zu konzentrieren. All seine Gedanken kreisten um den Streit mit seinem Bruder Josh von heute Morgen. Ganz gleich, was er ihm in letzter Zeit sagte oder wie zugewandt er sich zeigte: Josh schien einfach immer auf Streit aus zu sein!

Fröhlich war er einzig und allein vor der Chorprobe – wobei das Wort fröhlich in Bezug auf Josh seine ganz eigene Bedeutung bekam. Das allerdings bestärkte Mark in seiner Vermutung, dass es Josh weniger um den Chor als vielmehr um eine der Sängerinnen ging. Wie Mark damit umgehen sollte, wusste er nicht. Außer ihre Abmachung zu brechen und ihm doch den Chor zu verbieten, fiel ihm nichts ein.

Das laute Räuspern einer Frau riss ihn aus seinen Gedanken. „Dr. Henshaw?“

Kurz blinzelte er und gab sich größte Mühe, sich wieder auf seine Patientin zu konzentrieren. Er nahm das Stethoskop von ihrem Bauch, hängte es sich um den Hals und setzte ein Lächeln auf. „Dem Baby scheint es sehr gut zu gehen, Miss Southby. Ich denke, in etwa vier Wochen wird er oder sie sich zeigen lassen.“

„Das ist etwas früher, als ich gedacht hätte“, erwiderte die Frau, während sie ihr Kleid wieder über den Bauch strich. Mit einem hoffnungsvollen Blick sah sie zu ihm auf. „Aber bei der Geburt werden Sie doch dabei sein, nicht?“

„Eigentlich übernimmt die Hebamme die meisten Geburten. Sollten keine Komplikationen auftreten, was ich bei Ihnen nicht erwarte, werden Sie bei Mrs Dinglemire in den besten Händen sein. Sie ist eine sehr erfahrene Hebamme.“

Bei den regelmäßigen Visiten wechselten Mark und Mrs Dinglemire sich ab, sodass – egal wer von beiden die Entbindung überwachte – beide bestens informiert waren.

„Aber ich würde mich so viel besser fühlen, wenn Sie dabei wären“, kokettierte Miss Southby mit einem gekonnten Augenaufschlag und Schmollmund.

Mark kroch die Hitze den Nacken hinauf. Schnell drehte er sich weg und packte seinen Arztkoffer zusammen. Das Problem mit den Frauen aus Bennington Place war, dass die meisten keine Ehemänner hatten und manche von ihnen Mark für den perfekten Kandidaten hielten. Immer wieder musste er sich große Mühe geben, den schmalen Grat zwischen Gutherzigkeit und professioneller Distanz nicht zu überschreiten. „Machen Sie sich da mal keine Sorgen, Miss Southby, es wird alles gut werden. Bis zum nächsten Termin.“

Und noch bevor sie auch nur ein Wort erwidern konnte, hatte Mark ihr Zimmer verlassen und ging über die Treppe zurück ins Erdgeschoss.

Kaum war er unten angekommen, lief er Olivia Reed, eine der zwei Gründerinnen von Bennington Place, in die Arme. Fröhlich grüßte sie ihn. „Wie gut, dass ich dich noch erwische. In der Küche gibt es frischen Kaffee, falls du einen möchtest.“

Wenngleich er noch einige weitere Patienten auf der Liste hatte, konnte er einer netten Unterhaltung mit einer Freundin nicht widerstehen. „O ja, gern. Vielen Dank.“

Mark kannte Olivia nun schon viele Jahre. Nachdem er ihr von einer schweren Krankheit wieder auf die Beine geholfen hatte, waren sie gute Freunde geworden. Er bewunderte sie sehr dafür, wie tapfer sie allen Widerständen trotzte und sich hingebungsvoll für die unverheirateten Mütter einsetzte. Bei diesem Unterfangen unterstützte Mark Olivia und Ruth Bennington von Herzen gern.

Mit zwei gefüllten Tassen gingen die beiden aus der Küche in Olivias Büro hinüber, wo sie sich etwas ungestörter unterhalten konnten.

„Wie geht es dir, Mark?“, fragte Olivia und setzte sich neben ihn auf einen der Besucherstühle. „Wir haben uns gefühlt schon seit Jahren nicht mehr richtig unterhalten.“

„Ja, das stimmt. Mir geht es gut. Und dir?“, stolperten die Worte wie automatisch aus ihm heraus.

Olivia legte den Kopf schief und sah ihn über den Rand ihrer Tasse hinweg prüfend an. „Dein Gesicht sagt aber etwas anderes. Du siehst müde aus, Mark, und irgendwie als wärst du nicht ganz bei der Sache. Arbeitest du zu viel?“

Schon öfter hatte Olivia ihn dafür gerügt, dass die langen Schichten im Krankenhaus, das Mütterheim, die Hausbesuche und die ehrenamtliche Arbeit im Armenviertel zu viel des Guten waren. Doch Mark konnte sich einfach nicht entscheiden, worauf er verzichten sollte.

„Ach, das ist es nicht“, erwiderte er. „Josh bereitet mir Sorgen.“ Wenn es jemanden gab, der ihn verstand, dann Olivia. Sie wusste, dass er Joshs Vormund war. Denn wäre Josh nicht gewesen, wäre er vor ein paar Jahren beinahe eine Ehe mit Olivia eingegangen, damit sie ein verwaistes Kind adoptieren konnte. Letztlich war aber dann doch alles anders gekommen: Sie hatte Darius Reed geheiratet, die Liebe ihres Lebens, und mit ihm die kleine Abigail adoptiert. Inzwischen hatten sie neben Abi und Darius’ Tochter Sofia auch einen gemeinsamen Sohn. Noch nie war Olivia Mark zufriedener vorgekommen.

„Warum? Was ist mit Josh?“

Mit wenigen Worten berichtete Mark ihr von Joshs Fehlstunden und wie vernarrt er in den Kirchenchor war. „Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass er in eines der Mädchen verliebt ist. Und ich mache mir große Sorgen, dass er sich damit die Zukunft verbaut.“

Mitgefühl schimmerte in Olivias braunen Augen. „Das ist sicher nicht leicht für dich. Ich weiß, dass du nur sein Bestes willst.“

Er nickte. „Ja. Aber im Moment weiß ich einfach nicht weiter. Jeder Wortwechsel endet in einem Streit.“

„Darf ich dir einen Rat geben?“, fragte sie vorsichtig.

„Natürlich. Ich kann jede Hilfe gebrauchen.“ Olivia war zwar ein paar Jahre jünger als er, dennoch hielt Mark sie für sehr weise.

„Josh ist ein junger Mann, der sich vermutlich zum ersten Mal in seinem Leben verliebt hat. Das ist eine große Sache für ihn! Vergiss das nicht. Es zu ignorieren oder herunterzuspielen, wäre nicht fair. Außerdem wird es auch nicht dafür sorgen, dass sich seine Gefühle für dieses Mädchen ändern.“

„Und was schlägst du vor? Ich kann doch nicht einfach dabei zusehen, wie seine erste Jugendliebe ihm die Zukunft verbaut“, erwiderte Mark und rieb sich nachdenklich über den Bart. „Vielleicht sollte ich darüber nachdenken, eine andere Stelle anzunehmen. Ganz woanders, möglichst weit weg von hier, von der Versuchung.“

„Jetzt wirst du aber ein bisschen melodramatisch, meinst du nicht?“

Er zuckte mit den Schultern.

„Ich glaube nicht, dass ein Umzug in dieser Situation das Richtige wäre“, fuhr Olivia fort. „Im Gegenteil, es könnte alles nur verschlimmern.“ Mitfühlend legte sie eine Hand auf seinen Arm. „Hab Geduld, Mark. Und tue nichts, was ihn am Ende womöglich noch weiter von dir wegtreiben könnte. Wenn du ihn dazu zwingst, sich zwischen dir und dem Mädchen zu entscheiden, könnte das verheerende Auswirkungen auf eure Beziehung haben. Bitte glaube mir, ich weiß, wie das ist.“ Mit bittendem Blick lehnte sie sich ein Stück zu ihm vor. „Versuch mit ihm ins Gespräch zu kommen. Hör ihm zu und finde heraus, was er gerade fühlt. Vielleicht hat er Angst vor der Universität? Oder vielleicht hat er auch ganz andere Zukunftspläne, fürchtet sich aber, dich zu enttäuschen?“

Unruhig stand Mark auf und begann im Zimmer umherzugehen. Furcht davor, ihn zu enttäuschen? Genau das tat Josh doch gerade, auch wenn er es vielleicht gar nicht wollte.

Olivia stellte sich zu ihm ans Fenster, wo er mit leerem Blick nach draußen starrte. „Du bist ein ganz wunderbarer Mensch, Mark, aber manchmal erinnerst du mich ein wenig an meinen Vater. Es ist nicht leicht, deinem Anspruch gerecht zu werden.“

Er erstarrte. Stimmte das? Erwartete Mark tatsächlich zu viel von Josh?

„Bemüh dich um ein ehrliches Gespräch mit ihm und versuch, das Ganze mal aus seiner Perspektive zu sehen“, riet Olivia ihm mit einem freundschaftlichen Armtätscheln. „Schaden kann es ja nicht, oder?“

Mark gab ein tiefes Seufzen von sich. „Wahrscheinlich nicht.“

„Gut“, sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Und nur damit das klar ist: Ich hoffe, du ziehst niemals aus Toronto weg. Bennington Place würde einen wertvollen Mitarbeiter verlieren – und ich einen sehr guten Freund.“

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Als Isabelle an jenem Abend aus dem Bus stieg, schmerzte ihr ganzer Körper und Tante Rosies Wohnung lag eine gefühlte Ewigkeit entfernt.

Dort angekommen ließ sie sich müde auf einen Küchenstuhl fallen. Rosie betrachtete sie und musste lächeln. „Du Ärmste. Du bist ja völlig ausgelaugt. Komm, ich lasse dir ein heißes Bad ein, mit etwas Bittersalz.“

„Das klingt himmlisch.“

Nur wenige Sekunden später hörte Isabelle den knarrenden Wasserhahn und dann, wie Rosie die Badewanne mit den eisernen Klauenfüßen füllte. Als Rosie wiederkam, setzte sie den Teekessel auf. „Falls das heiße Wasser nicht reicht, können wir hiermit nachhelfen.“

„Belle, bist du das?“, fragte Marissa, die gerade aus ihrem Zimmer kam.

„Ja“, erwiderte Isabelle mit einem Lächeln.

„Und, wie war dein erster Arbeitstag?“

„Anstrengend.“

„Oh, Belle, ich fühle mich schrecklich“, gestand Marissa und machte ein langes Gesicht. „Ich gehe in die Schule und sitze den ganzen Tag am Schreibtisch, während du echte Knochenarbeit leistest.“

„Mach dir keine Sorgen, Rissa. Ich werde mich sicher bald daran gewöhnen“, entgegnete Isabelle und tätschelte ihr den Arm.

Entschieden schob Marissa ihr Haar zur Seite. „Sobald ich mit der Schule fertig bin, werde ich auch arbeiten gehen.“

„Alles zu seiner Zeit. Wie es für dich nach dem Sommer weitergeht, sehen wir dann.“ Ein lautes Magenknurren folgte ihren Worten. Erst jetzt bemerkte Isabelle, wie hungrig sie war, weil sie auf der Arbeit keine Zeit für ein Mittagessen gehabt hatte. Morgen würde sie sich wenigstens ein Brot oder eine andere Kleinigkeit zur Stärkung für den Nachmittag mitnehmen.

„Du nimmst jetzt erst mal ein Bad“, sagte Rosie, „und ich mache derweil etwas von dem Eintopf für dich warm.“

„Vielen lieben Dank. Du bist ein Engel.“

Rosie lachte nur. „So hat mich noch nie jemand genannt. Aber jetzt los, bevor das Wasser wieder kalt wird.“

„Ist Fiona noch nicht wieder zurück?“, wollte Marissa wissen.

„Nein. Vermutlich ist es heute später geworden bei den Templetons“, sagte Rosie mit einem Seufzen. „Hach, was gäbe ich nur für eines dieser Fernsprecher.“

An der Tür zum Badezimmer blieb Isabelle noch einmal stehen. „Nach dem Essen wollte ich kurz zu Mr Sweenys, ich muss noch jemanden anrufen. Soll ich es auch bei den Templetons versuchen?“ Isabelle wusste, dass es Rosie nicht gefiel, wenn ihre Nichte so spät abends allein nach Hause ging. „Vielleicht kann ich Fiona ja von der Haltestelle abholen.“

„Oh, das wäre wunderbar.“

Der Gedanke, das Haus noch einmal verlassen zu müssen, gefiel Isabelle nicht besonders, vor allem nicht, als sie an ihrem gemütlichen Bett vorbeikam. Am liebsten würde sie sich sofort hineinlegen und zwölf Stunden durchschlafen. Doch das ging nicht, sie wollte sich noch bei Mark bedanken. Und wenn sie Rosie dabei auch noch einen Gefallen tat, machte sie das natürlich gern.

Ganz gleich, wie müde sie war.