Wenige Tage später blieb Isabelle absichtlich länger auf der Arbeit als sonst. Teils wollte sie damit ihr erneutes Zuspätkommen wiedergutmachen, teils wollte sie aber auch noch nicht nach Hause. Es graute ihr vor der Wohnung, über der seit Dr. Henshaws letztem Besuch eine seltsame Stimmung lag.
Nachdem Marissa zwei weitere Tage im Bett verbracht hatte, hatte sie schließlich wieder zur Schule gehen können. Sie tat weiterhin so, als wäre es ein Virus gewesen, doch Isabelle bezweifelte, dass Rosie sich so leicht hinters Licht führen ließ. Marissa hatte weder Fieber, noch hatte sie sich erneut übergeben müssen.
Außerdem hatten Fiona und Rosie sie schon mehrmals mit fragenden Blicken gelöchert, weshalb es Isabelle zunehmend schwerer fiel, Marissas Geheimnis zu wahren. Sie wusste nur nicht, wie sie ihre Schwester ermutigen sollte, es den beiden zu erzählen. Insgeheim hoffte sie, dass sich Marks Verdacht doch als falsch erwies. Und dass Marissa ihre Lektion gelernt hatte und den Männern auf ewig entsagte.
Oder zumindest, bis sie vierzig war.
Doch mit jedem Tag, der verstrich, schwand diese Hoffnung.
Als Isabelle schließlich nach Hause kam, war es außergewöhnlich still. Auf dem Tisch fand sie eine Notiz von Rosie, dass sie bei einer Freundin sei und es für das Abendessen im Kühlschrank noch etwas Hähnchen und einen Eintopf gebe.
Isabelle warf einen Blick in ihr Zimmer, um herauszufinden, ob sie und Marissa gemeinsam zu Abend essen würden. Zu ihrer Überraschung war es jedoch leer, wenngleich die zerknautschte Tagesdecke und das Schulbuch auf Marissas Kopfkissen davon zeugten, dass sie erst kürzlich hier gewesen sein musste.
Schnell ermahnte Isabelle sich, sich nicht zu sorgen – bestimmt war Marissa nur spazieren. Sie setzte sich auf das Bett und zog Schuhe und Strümpfe aus. Kurz massierte sie die müden Füße, bevor sie in die Hausschuhe schlüpfte. Die warme Luft, die über das offene Fenster hereinströmte, und die wohltuende Stille waren sehr verführerisch. Wie von allein schlossen sich Isabelles schwere Augenlider und sie genoss die friedliche Ruhe. Für ein paar Sekunden lang, in der trügerischen Phase zwischen Wachen und Schlafen, kam es Isabelle sogar beinahe so vor, als hätten sich all ihre Probleme in Luft aufgelöst.
„Bist du dir sicher, Josh?“, hörte sie Marissas Stimme plötzlich von draußen. „Und was ist mit der Uni?“
Augenblicklich war Isabelle hellwach. Wenn sie ihre Schwester so gut hören konnte, musste sie ganz in der Nähe sein.
„Die Uni hat eigentlich noch nie zu meinem Plan gehört. Mark wollte immer, dass ich Medizin studiere, nicht ich. Aber das ist jetzt nicht weiter wichtig. Wie ich gehört habe, suchen sie gerade Arbeiter für die Holzfällerlager im Norden. Und dort wird man deutlich besser bezahlt als hier. Also werde ich den Sommer über dort arbeiten, um ein bisschen Geld für das Kind anzusparen.“
Neugierig ging Isabelle auf die Knie und schob den Vorhang ein Stück zur Seite, sodass sie hinausschauen konnte. Marissa und Josh standen neben einer baufälligen Hütte in Rosies kleinem Innenhof. Sie waren so in ihre Unterhaltung vertieft, dass sie Isabelle nicht bemerkten.
Nachdenklich betrachtete Marissa den Boden unter ihren Füßen. „Es gefällt mir überhaupt nicht, dich so lange allein zu lassen, aber wenigstens weiß ich, dass Mark und deine Schwester sich um dich kümmern werden“, sagte Josh und ergriff Marissas Hand. „Du weißt, wie viel du mir bedeutest. Und ich verspreche dir, wir stehen das durch – hinterher sind wir umso stärker. Und wenn ich nach dem Sommer wieder hier bin, hast du deine Meinung übers Heiraten ja vielleicht geändert.“
Beinahe wäre Isabelle aus dem Bett gefallen. Josh hatte Marissa tatsächlich einen Antrag gemacht?
„Ich habe dich nicht verdient, Josh“, erwiderte Marissa mit einem Kopfschütteln. „Es fühlt sich an, als verbaue ich dir dein ganzes Leben.“
An dem leichten Zittern in ihrer Stimme erkannte Isabelle, dass ihre Schwester den Tränen nahe war.
„So ein Unfug“, korrigierte Josh sie und sah sie mit einem so liebevollen Blick an, dass es Isabelle beinahe den Atem verschlug. „Ich liebe dich, Marissa. Und nichts auf der Welt wird das ändern.“
Dann, ganz langsam, beugte er sich zu ihr vor und küsste sie.
Marissa erwiderte seinen Kuss und legte die Arme um ihn. Sie klammerte sich an ihm fest, als wäre er ihr einziger Halt in einem tosenden Sturm.
Leicht beschämt, dass Isabelle so einen persönlichen Moment beobachtet hatte, ließ sie sich wieder aufs Bett sinken. Zum ersten Mal erkannte sie, wie viel Marissa Joshua Henshaw bedeutete und beneidete ihre Schwester. Wie fühlte es sich wohl an, wenn ein Mann dir zuliebe seine Zukunft aufgab und alles dafür tat, dass du dich geborgen und versorgt fühlst?
Unweigerlich wanderten ihre Gedanken zu Elias. Ja, es stimmte, sie schien ihm viel zu bedeuten – wenngleich er mit seinem Antrag nicht gerade leidenschaftliche Liebe hatte durchschimmern lassen. Vertraute Isabelle dennoch darauf, dass er immer zu ihr stehen würde? Obgleich das bisher noch nie jemand in ihrem Leben getan hatte?
Na ja, Mark ist immer für mich da gewesen, schoss es ihr verbotenerweise durch den Kopf. Einen Moment lang dachte sie darüber nach, ob das stimmte. Tief in ihrem Herzen wusste sie: Selbst als sie Mark zu ihrem Sündenbock gemacht hatte, hatte er sich nicht vergrämen lassen.
Warum hatte sie in ihm eigentlich nie mehr als einen Freund gesehen? Er war gut aussehend, sympathisch, treu und wies auch sonst jede Eigenschaft auf, die ein Mann ihrer Meinung nach anziehend machte. Es bestand kein Zweifel: Er gäbe einen ausgezeichneten Ehemann und Vater ab.
Wie schade, dass ihr das nicht früher aufgegangen war.
Mit einem kleinen Seufzen schob sie ihre verwegenen Überlegungen beiseite und machte sich auf in die Küche, wo sie auf ihre Schwester warten wollte. Nur wenige Minuten später kam Marissa hoch, sie wirkte ziemlich verhalten. Überrascht sah Marissa sie an. „Isabelle. Wann bist du nach Hause gekommen?“
„Vor Kurzem. War das Josh, den ich neben dir gesehen habe?“
Marissa nickte.
„Ist alles in Ordnung? Du siehst aus, als hättest du dich über etwas aufgeregt.“
Zögernd biss Marissa sich auf die Lippe und sah in Richtung ihres Zimmers, als würde sie nichts lieber tun als zu fliehen.
„Bitte rede mit mir, Liebes“, sagte Isabelle mit zarter Stimme. „Ich möchte dir helfen. Worüber habt ihr gesprochen?“
Mit einem Seufzen setzte Marissa sich schließlich zu Isabelle an den Tisch und faltete die Hände. „Josh hat vor, den Sommer über im Norden zu arbeiten.“
„Tatsächlich? Und warum sucht er sich nicht einfach hier in der Stadt eine Arbeit?“
„Er sagt, dass sie im Norden besser bezahlen und dass er so mehr Geld verdienen kann – für mich und das Baby.“
„Und was ist mit der Schule, wird er das Jahr beenden?“
„Der Schulleiter hat ihm erlaubt, seine Abschlussprüfungen vorzuziehen. So verpasst er nur die Feierlichkeiten“, erklärte sie und sah dabei so schrecklich traurig aus, dass es Isabelle den Hals zuschnürte. Vermutlich dachte Marissa an ihre eigene Abschlussfeier, die sie ebenso wenig würde wahrnehmen können. Bis dahin wäre die Schwangerschaft auf jeden Fall nicht mehr zu übersehen.
Schweigend saß Isabelle eine Weile da und suchte nach den richtigen Worten. „Wie geht es dir damit, dass er die Stadt verlassen will?“
„Ich fühle mich so unendlich schuldig.“ Isabelle sah, wie sehr Marissa gegen die Tränen ankämpfte.
„Liebes, die Schwangerschaft wird euer beider Leben für immer verändern. Aber ich bin wirklich froh, dass Josh Verantwortung übernehmen will. Du nicht?“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Wie es scheint, hat Josh dich sehr gern“, sagte Isabelle und wartete einen Augenblick. „Es wundert mich, dass er nicht um deine Hand angehalten hat.“
Beschämt sah Marissa weg und rümpfte die Nase. „Ehrlich gesagt hat er das. Aber ich habe Nein gesagt.“
Immer mehr bekam Isabelle den Eindruck, dass zu viele Einzelheiten der Geschichte nicht zusammenpassten. Aber was wusste sie schon darüber, wie sich eine junge Frau in Marissas Zustand fühlte oder was sie dachte? Voller Mitgefühl nahm sie Marissas Hand. „Das musst du mir bitte erklären, Rissa. Wenn er dir wichtig genug ist, dass du sein Kind zur Welt bringst, warum willst du ihn dann nicht heiraten?“
Schnell befreite Marissa ihre Hand und legte sie wie zum Schutz auf ihren Bauch. „Ja, Josh ist mir wichtig. Sehr wichtig sogar. Aber ich werde ihn nicht dazu zwingen, mich zu heiraten. Auf keinen Fall lasse ich zu, dass er seine Zukunft für mich an den Nagel hängt.“
„Und was ist mit deiner Zukunft?“, wandte Isabelle, obwohl sie es nicht wollte, ein wenig verärgert ein. „Warum solltest du die Einzige sein, die für diesen Fehler bezahlt? Schließlich bist du nicht allein dafür verantwortlich.“
Stur schob Marissa das Kinn vor und erinnerte Isabelle nur zu sehr daran, wie sie das als Kind immer getan hatte. „Ich möchte einfach nicht, dass er mich nur aus einem Pflichtgefühl heraus heiratet. Wenn ich jetzt Ja sage, werde ich nie wissen, ob Josh mich auch unter anderen Umständen geheiratet hätte“, erwiderte sie, während sich eine Träne den Weg über ihre Wange bahnte.
Wieder einmal kam Marissas romantische Ader zum Vorschein. Der Teil von ihr, der an Traumprinzen und Märchenschlösser glaubte. Doch das wahre Leben kam leider nur selten an so hohe Erwartungen heran – vor allem nicht, wenn ein siebzehnjähriges Mädchen unverheiratet schwanger wurde.
„Ein Kind zu bekommen verändert natürlich einiges“, sagte Isabelle vorsichtig. „Aber das heißt nicht, dass da kein Raum mehr für euch zwei sein wird.“
Marissa antwortete nicht, sie spielte bloß mit dem Taschentuch in ihren Händen.
Ein alarmierender Gedanke schoss Isabelle plötzlich durch den Kopf. „Marissa, sieh mich bitte an.“
Geduldig wartete sie, bis ihre Schwester den Blick hob.
„Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen, was du eigentlich vorhast. Willst du das Kind behalten? Oder möchtest du es zur Adoption freigeben?“
„Ich weiß es nicht, Belle. Das ist alles so verwirrend“, sagte sie und hielt sich das Taschentuch an den Mund, um nicht laut aufzuschluchzen.
Isabelle setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. „Das ist in Ordnung. Du hast noch genug Zeit, um das herauszufinden. Und ich helfe dir gern, zu einer Entscheidung zu kommen, wenn du so weit bist“, versuchte sie Marissa zu beruhigen und streichelte über ihr goldenes Haar. „Vielleicht ist es ganz gut, wenn Josh eine Weile weggeht. Zumindest gewinnst du dadurch Zeit, um dir über deine eigenen Wünsche klar zu werden.“
Langsam hob Marissa den Kopf, ein Hauch von Erleichterung im Blick. „So habe ich das noch gar nicht gesehen.“
„Es heißt doch: Die Liebe wächst mit der Entfernung. Wir werden sehen, ob da etwas dran ist.“
Nun lächelte Marissa sogar ein wenig. „Ja, vermutlich.“
„Aber in der Zwischenzeit müssen wir es unbedingt Tante Rosie erzählen, das sind wir ihr schuldig. Schließlich leben wir unter ihrem Dach.“
Marissa verzog das Gesicht. „Kannst du das bitte übernehmen? Ich glaube nicht, dass ich das kann.“
„Also gut. Ich spreche mit ihr und Fiona, sobald sie wieder hier sind.“ Da es ein warmer Frühlingsabend war, setzte sich Isabelle nach dem Abendessen auf die Eingangstreppe vor die Wohnung. Marissa hatte nur sehr wenig gegessen und sich gleich im Anschluss wieder auf ihr Zimmer zurückgezogen.
Während Isabelle auf Tante Rosie und Fiona wartete, bat sie Gott um Mut und gleichzeitig auch um Gnade, Fionas und Rosies Reaktionen annehmen zu können – ganz gleich, wie sie ausfielen.
Endlich sah sie die beiden Frauen die Straße entlangkommen.
„Sieh mal, wem ich auf dem Nachhauseweg über den Weg gelaufen bin“, rief Rosie und deutete grinsend auf Fiona.
Abgesehen von Haube und Schürze trug diese noch ihre Dienstkleidung und hatte sich mit einem Arm bei ihrer Tante eingehakt.
„Hallo ihr beiden. Habt ihr schon gegessen?“, erkundigte sich Isabelle. Auf keinen Fall wollte sie sie aufhalten, wenn sie hungrig waren.
„Ja, ich habe mit den anderen Bediensteten gegessen“, erwiderte Fiona.
„Und ich hatte vorhin schon etwas vom Eintopf“, antwortete Rosie, die am Treppenende stehen blieb.
Isabelles Blick wanderte von der einen Frau zur anderen. „Könntet ihr euch einen Moment zu mir setzen? Ich habe euch etwas zu sagen.“
„Das klingt aber geheimnisvoll“, sagte Fiona, während sie sich neben Isabelle setzte und Rosie einen Moment brauchte, um auf der obersten Stufe Platz zu nehmen.
Eine kleine Brise umspielte Isabelles Haarspitzen und sie überlegte, wie sie diese Unterhaltung beginnen sollte. „Euch ist sicher nicht entgangen, dass die Stimmung in den letzten Tagen eher angespannt war“, sagte sie schließlich.
„Man müsste schon blind sein, um das nicht zu merken“, entgegnete Fiona trocken.
Erst jetzt wurde Isabelle das Ausmaß ihrer Nachricht klar und ihr wurde ganz flau. Unsicher presste sie die Lippen zusammen.
„Was auch immer es ist, wir finden sicher eine Lösung“, sagte Rosie mit tröstender Stimme. Heute konnte sie Isabelle aber nicht beruhigen.
„Das wird dieses Mal leider nicht so einfach“, antwortete sie und musste schlucken. „Marissa erwartet ein Kind.“
Erschrocken holte Fiona Luft.
Tante Rosie bekreuzigte sich. „Himmel, bewahre uns. Sie ist doch selbst noch ein Kind!“
„Ich weiß …“ Ihr Blick blieb an einer jungen Mutter in einem abgetragenen Hauskleid auf der anderen Straßenseite hängen: In den Armen wiegte sie ein Baby, ein weiteres kleines Kind, barfuß, zog an ihrem Rockzipfel. Das könnte auch Marissa eines Tages erwarten: Ein Leben im Armenviertel, stets bemüht, sich so gut es ging auch ohne Geld um ihre Kinder zu kümmern.
Tränen ließen Isabelles Sicht verschwimmen, doch sie blinzelte sie stur weg.
„Wie … also, ich meine, wann ist das passiert?“, fragte Fiona, die ebenso verblüfft schien wie Isabelle.
„Dr. Henshaw zufolge ist sie bereits im vierten Monat. Es muss direkt nach dem Tod unserer Mutter gewesen sein. Ich habe keine Ahnung, warum mir das nicht aufgefallen ist. Wahrscheinlich war ich zu sehr in meiner Trauer versunken.“
„Dich trifft keine Schuld, Isabelle“, versicherte Rosie ihr. „Du hättest sie unmöglich auf Schritt und Tritt beobachten können.“
„Und ich dachte, der Kirchenchor würde ihr guttun. Da habe ich sie immer in Sicherheit gewiegt. Aber wer weiß, wie oft sie die Proben hat sausen lassen und sich stattdessen mit diesem Jungen getroffen hat?“, überlegte Isabelle laut und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Das Verrückteste an alledem ist, dass dieser Junge Dr. Henshaws kleiner Bruder ist.“
„Ach du Schreck.“ Tante Rosie biss sich auf die Unterlippe. „Die beiden sind noch so jung. Was haben sie jetzt vor?“
„Ich weiß es nicht. Ich denke, Marissa braucht erst noch ein wenig Zeit, um das alles zu verarbeiten, bevor sie irgendwelche großen Entscheidungen treffen kann.“
„Auf jeden Fall. Das war sicher auch für sie ein riesiger Schreck“, mutmaßte Fiona und drückte Isabelles Hand. „Wir werden für euch beten.“
„Danke“, erwiderte Isabelle und versuchte zu lächeln.
Einige Minuten saßen die drei in bedächtiger Stille, schließlich räusperte Fiona sich. „Auch ich habe Neuigkeiten. Natürlich nichts so große, aber ich dachte, ihr solltet es wissen.“
„Und zwar?“ Isabelle wagte es kaum, nachzufragen, denn noch mehr schlechte Nachrichten würde sie nicht ertragen können.
„Mr Templeton und seine Familie bereiten sich gerade auf ihren Aufenthalt im Sommerhaus vor. Für gewöhnlich reisen sie immer erst im Juli ab, aber Adam, ich meine Mr Templeton, hat von Gerüchten über einen Polio-Ausbruch in der Gegend gehört und macht sich nun Sorgen um seine jüngere Schwester. Sie ist sehr anfällig für Krankheiten und deshalb möchte er sie so schnell wie möglich aus der Stadt bringen“, erzählte Fiona und linste zu Isabelle. „Und die meisten Bediensteten reisen mit.“
Neugierig lehnte Tante Rosie sich zu ihr vor. „Heißt das, du etwa auch, Fiona?“
„Ja“, sagte sie mit vor Freude funkelnden Augen. „Man hat mir schon Bilder von dem Haus gezeigt, es sieht zauberhaft aus. Nicht ganz so groß wie das Anwesen hier, aber mit Blick über den Lake Muskoka. Nichts als Wasser und Bäume, soweit das Auge reicht.“
„Das klingt ja wunderbar“, sagte Isabelle und fuhr sich über die Augen. Früher hatte Vater oft davon gesprochen, ein Sommerhaus zu kaufen, es jedoch nie getan. Nun war ihr natürlich klar, weshalb.
„Du wirst also den ganzen Sommer über fort sein?“, fragte Tante Rosie weiter.
„Wie es aussieht, ja. Aber es tut mir leid, euch hier allein zu lassen. Vor allem jetzt, mit Marissa. “
„Rede keinen Unsinn“, entgegnete Isabelle und schloss ihre Freundin in die Arme. „Wir freuen uns mit dir. Nicht wahr, Tante Rosie?“
„Aye. Und wir hoffen, dass du jeden Augenblick genießen kannst. Die Luft im Norden wird dir guttun“, stimmte Rosie mit ein und stand auf. „So, möchte noch jemand ein Glas Limonade? Ich fühle mich schon ganz ausgetrocknet.“
Noch tief in Gedanken nickte Isabelle nur halbherzig. Bei so viel Veränderung schwirrte ihr der Kopf: Josh und Fiona würden den Sommer über die Stadt verlassen und Marissa würde ein Kind bekommen. Und sie …
Plötzlich flogen ihre Gedanken zu Elias und der bevorstehenden Hochzeit. Erneut machte sich ein ungutes Gefühl in ihr breit. Als ihr Verlobter würde die Nachricht auch an ihm nicht spurlos vorübergehen. Sie musste ihn dringend einweihen.
Ein weiteres Gespräch, dem sie überhaupt nicht entgegenfieberte.