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Die Cafeteria ist voll von Patienten und ihren Besuchern. Jessica hat ihren Tee schon ausgetrunken, als Jusuf sich zu ihr an den Tisch setzt. Er wirkt gehetzt.
»Stehe ich jetzt unter Verdacht?«, fragt Jessica und legt ihre Finger um die immer noch warme Tasse.
»Laura Helminen wurde gestern aus ihrer Wohnung in Laajasalo entführt. Nur einige Stunden vor dem Mord an Maria Koponen. Sie erinnert sich, dass sie vor dem Fernseher saß, als es klingelte. Die nächsten Erinnerungsbilder sind verschwommen. Sie sagt, sie sei zusammen mit einer anderen Frau in einem dunklen, muffigen Raum aufgewacht.«
»Die andere Frau war die Eisprinzessin?«
»Ja. Helminen hat sie auf dem Foto erkannt. Aber sie hatte sie vorher nie gesehen.«
»Was noch?«
»Der bärtige Heiland hat gesagt, wir könnten die Befragung bald fortsetzen. Weil Helminen die Täter nicht beschreiben konnte.«
»Überhaupt nicht?«
»Sie wusste zu sagen, dass es mehrere Entführer waren. Den Stimmen nach Männer.«
»Warum hatte sie dann Angst vor mir?«
Jusuf schweigt einen Moment und streicht über das Papiertischtuch.
»An der Wand des Raums hing ein Gemälde.«
»Was für eins?«
»Laura Helminen sagt, dass es das Bild einer dunkelhaarigen Frau war.«
»Und dass es … mich darstellt?«
»Mensch, Jessica, Laura Helminen ist durcheinander, sie steht
immer noch unter Schock. Denk doch mal nach«, lacht Jusuf.
»Verdammt nochmal, Jusuf. Und wenn es tatsächlich mich zeigt? Wenn man den Opfern mein Bild gezeigt hat? Vielleicht wird die ganze Show nur meinetwegen aufgezogen, weil irgendwer sich an mir rächen will.«
»Das glaube ich nicht eine Sekunde lang«, sagt Jusuf, beugt sich vor und legt seine Hand auf Jessicas. »Die Sache klärt sich früher oder später auf. Wir schnappen diese Bekloppten, und dann wirst du sehen, dass der Fall nichts mit dir zu tun hat.«
»Vielleicht sollte ich nicht mehr mitmachen.«
»Wie meinst du das?«
»Ich hab zum ersten Mal seit langer Zeit das Gefühl, dass ich es nicht schaffe, alle Fäden zusammenzuhalten«, seufzt Jessica und richtet den Blick auf die Neonröhren an der Decke. Ihre Wangen sind heiß, sie blinzelt nervös.
»Du musst dich zusammenreißen, Jessi. Wir brauchen dich«, sagt Jusuf, holt eine Zigarettenschachtel aus der Jackentasche und steht auf. »Ich geh jetzt eine rauchen. Und dann mach ich mit der Befragung von Laura Helminen weiter.«
»Okay. Vielleicht ist es besser, wenn du das allein erledigst.«
»Such inzwischen dein Handy. Unsere Leute rufen die ganze Zeit bei mir an, weil sie dich nicht erreichen.«
»Gibt’s was Neues?«
»Das Liebespaar hat auf den Aufnahmen der Kamera beim Savonlinna-Saal was entdeckt. Hängt mit dem glatzköpfigen Mann zusammen.«
»Okay. Fahr nicht ohne mich hier weg.«
»Nein.«
»Ach übrigens, mein Portemonnaie ist auch in meiner Jackentasche. Ich hab den Tee anschreiben lassen.«
Jusuf lacht auf, zückt seine Brieftasche und legt seine Bankkarte auf den Tisch.
»Du kennst die PIN
. Kauf nicht die ganze Theke leer«, sagt er und verschwindet nach draußen.