»Wach auf. Ohayon! Wach auf.«
»Was?«
»Da.«
»Ach, die wieder. Wie spät ist es?«
»Halb zwei.«
Die Männer vom Wachschutz waren, wie auch an den vorherigen Tagen, mit einem Transporter gekommen. Roland hatte die Lichter des Fahrzeugs zwischen den Stämmen schon eine Weile vorher aufblitzen sehen.
Zunächst patrouillierten sie vor den Gebäuden auf und ab, und Ohayon atmete schon wieder ganz gleichmäßig.
»Wach auf, da passiert was.«
Ohayon blinzelte. Es dauerte einen Moment, ehe er richtig wach war, denn er hatte gerade von einer zutraulichen Ente geträumt, die sprechen konnte.
»Was denn?«
»Sie streiten sich.«
»Ah ja?«
Der Streit war nicht heftig, es schien eher ein Wortgefecht zu sein, bei dem offenbar eine Zigarette eine Rolle spielte. Jedenfalls fuchtelte der eine mit seiner Zigarette vor dem Gesicht des anderen rum, während der ihn zweimal am Oberarm festhielt. Zwischendurch zeigte der mit der Zigarette dreimal auf den Transporter. Zuletzt machte er sich frei und ging zum Eingang des Gebäudes. Dort zog er ein Bund Schlüssel aus der Tasche und versuchte, die Tür aufzuschließen. Keiner der Schlüssel passte.
»Der will da rein?«, stellte Roland fest.
»Das wird ihm nicht gelingen, das Schloss wurde ausgetauscht.«
Der Mann kehrte zu seinem Kollegen zurück, zeigte auf die Tür, seine Zigarette, seine Schlüssel und redete ununterbrochen dabei. Roland und Ohayon stiegen aus. Da der Streit inzwischen ziemlich heftig geworden war, bekamen die Kontrahenten nicht mit, dass sich ihnen zwei Männer der Gendarmerie näherten.
»Dürfen wir erfahren, worum es geht?«
Die Männer sahen sie etwas verschreckt an.
»Sie hatten uns gesagt, Ihre Firma besäße keine Schlüssel zu den Gebäuden, warum versuchen Sie dann, mittels eines Schlüssels …«
Weiter kam Roland nicht, denn die Männer rannten weg.
Sie nahmen die Verfolgung auf, wobei sich für Ohayon zeigte, dass Roland zwar schneller war als er, die Flüchtigen aber noch schneller. Die machten auch nicht den Fehler, den Transporter zu besteigen, sondern liefen an ihm vorbei und vergrößerten dabei ihren Vorsprung.
Plötzlich sah Ohayon weiter vorne etwas zwischen den Bäumen. Im ersten Moment dachte er an ein Wildschwein, aber dann … Irgendjemand lief von da in schrägem Winkel auf die beiden Flüchtigen zu. Als der Schatten aus dem Wald kam, erkannte Ohayon, dass es ein kräftig gebauter Mann war. Roland rief noch irgendetwas, und im gleichen Moment sprang der Schatten einen der Flüchtigen an, riss ihn zu Boden. Der Niedergerissene versuchte sich freizumachen, schlug und trat um sich. Er verlor trotzdem, denn auch der Angreifer schlug ein paarmal mit der Faust zu. Da ahnte Ohayon bereits etwas.
Roland erreichte die beiden zuerst. »Hören Sie auf!«
»Warum? Damit er wieder abhaut?«
Als Ohayon ankam, grinste der Mann in der Lederjacke.
»Ohayon, bist du etwa gerannt? Das hat’s ja noch nie gegeben.«
»Ihr kennt euch?«
»Ja, wir kennen uns, das ist Gendarm Conrey aus Fleurville.«
Der Mann am Boden wand sich zwar noch ein bisschen, aber Conrey hatte jetzt keine großen Schwierigkeiten mehr, ihm Handschellen anzulegen. »Wie ist Ihr Name?«
Der Gefesselte fluchte.
»Wir kriegen den sowieso raus.«
»Paul … Paul Bézier. Und ich weiß gar nicht, was Sie überhaupt von mir wollen.«