Lou war noch immer nicht zurück. Dafür hatte Ohayon die alten Patronenhülsen im Steinbruch eingesammelt und ins Labor geschickt, um sie mit denen zu vergleichen, die nach der Schießerei an der Tankstelle gesichert wurden. Ja, und dann kamen die alte Laurine Mercier und ihre siebenjährige Urenkeltochter daher und fanden, ohne es je gewollt zu haben, das, was alles wieder veränderte – eine Leiche.
Laurine Mercier hatte in Courcelles immer als sonderlich gegolten, weil sie im Sommer stets mit einem riesigen schwarzen Sonnenschirm herumlief und so tat, als würde sie andere nicht erkennen. Sie benutzte auch gerne deutsche Worte in ihren Sätzen, und sagte manchmal: »Solche waren wir, solche sind wir.«
Offenbar bildete sie sich etwas darauf ein, dass ihre Vorfahren mütterlicherseits Deutsche waren. Aber von der Sorte gibt es ja einige in dieser Ecke Frankreichs. Also solche, die sich noch immer wie Fremde aufführen.
Laurine und ihre Urenkeltochter hatten eigentlich nur den Hund ausführen wollen, denn der brauchte, wie alle Hunde, Bewegung. Der Hund war aber sehr dumm, oder durch Überzüchtung schon stark von seinen Instinkten getrennt. Also fand Madame Merciers Urenkeltochter …
»Oma, da am Schilf schläft jemand, der ist so dick, als ob er gleich platzt.«
So wurde, auf diese nicht eben ungewöhnliche Weise, am Ufer des Lac de Session Gilles Larousses Leiche gefunden. Er musste es unzweifelhaft sein, denn eine Gerichtsmedizinerin aus Metz hielt einen langen Vortrag, bei dem es unter anderem ausführlich um Zähne ging. Ohayon hörte genau zu, schrieb sogar mit, meinte allerdings, am Ende ein wenig Zahnschmerz zu verspüren.
In Gilles Larousses Halfter steckte eine Pistole. Und nachdem man die untersucht hatte, stand fest, dass die beiden Opfer an der Tankstelle mit dieser Waffe erschossen worden waren.
Commissaire Bagrange war zufrieden: »Das deckt sich damit …« Diesen Fakt betonte er mehrfach, weil nun alles so gut zusammenpasste, »… deckt sich eindeutig damit, dass Paul Bézier ausgesagt hat, Gilles Larousse sei etwa zehn Minuten nach den Schüssen im Tal bei ihnen aufgetaucht, habe nervös gewirkt und die illegalen Arbeiter, anders als sonst, sofort mit seinem Transporter weggebracht.«
Roland hatte kurz genickt und auch Ohayon wollte aufstehen, da er meinte, die Sache wäre mit dem ballistischen Bericht erledigt. Doch so war es nicht.
In einem weiteren Vortrag ging es um Kaufquittungen und die Zuordnung einer Seriennummer. Dem zu folgen war nicht schwer. Gilles Larousse hatte die Waffe gekauft. Wieder wollte Ohayon aufstehen, doch es war immer noch nicht vorbei.
Der sich nun anschließende Bericht hatte es wirklich in sich. Bei dem Nachweis spielten Abrieb-, Eindrück- und Tragespuren am Halfter eine Rolle, da sie der Waffe zuzuordnen waren. Ebenfalls von Bedeutung war der Umstand, dass Gilles Larousse das Halfter, in dem die Waffe steckte, unter einem Jackett getragen hatte, und dass dieses Halfter mit zwei Ledergurten befestigt gewesen war. Gegen Ende all dieser hieb- und stichfesten Darlegungen, die der Staatsanwältin am besten gefielen, verlor Ohayon endgültig den Faden. In der Summe alles Gesagten schien die Schießerei an der Tankstelle mit all ihren Folgen bis ins Kleinste aufgeklärt. Das jedenfalls schloss Ohayon aus dem vernünftigen und zufriedenen Nicken seines Chefs und der Staatsanwältin.