Leseprobe aus Caven - Blain Rock 2 von B.B. Soul & Anke Nowak
Klappentext
»Das Leben, das du führst, ist vielleicht nicht immer das Leben, das du willst, aber mit Sicherheit das Leben, das du brauchst.«
Die Worte seines Vaters haben Caven, Clanführer der Neo Panthera, von jeher begleitet. Sie haben ihm stets die Kraft und den Mut gegeben um das Leben zu führen, das es braucht, um seinem Clan eine Zukunft zu geben.
Veris steht seit Jahren an Cavens Seite, kämpft für den gemeinsamen Traum und die Vision Blain Rock. Doch ist das genug, wenn die eigenen Wünsche für die Zukunft noch ein ganzes Stück weitergehen und nicht nur eine Stadt, einen Clan, sondern einen bestimmten Mann betreffen.
Das Konzept von Blain Rock muss sich unterdes beweisen. Sind die Clans bereit, enger zusammenzuarbeiten und sich zu vertrauen? Das gilt es schnell herauszufinden, wenn sie das Rätsel um die verdächtigen Vorfälle lösen wollen.
Textauszug
Das hier ist einer der schwersten Gänge die ich als Clanführer der Neo Panthera je antreten musste, oder zumindest im Begriff bin das in absehbarer Zeit zu tun. Zuhause in meiner Küche, mit Jolyn an meiner Seite, da war ich mir noch sicher, dass ich bereit dazu bin. Mich voll und ganz auf sie zu konzentrieren, ihr Halt und Sicherheit zu geben, das hat meinen Fokus ein wenig hiervon abgelenkt. Aber jetzt? Jo ist nicht hier, natürlich nicht! Ich habe sie - nachdem ich den Gang zu Masons Eltern nicht weiter aufschieben konnte - auf dem Weg hierher bei ihrer besten Freundin Ivy abgesetzt, weil ich sie unter gar keinen Umständen allein lassen wollte. Mason war, trotz des Altersunterschiedes, ein Freund der Beiden und so können sie am besten füreinander da sein.
Nur jetzt sitze ich hier, vor dem Haus von Masons Eltern und atme bereits zum dritten Mal tief durch. Es ist nicht direkt der Umstand, dass ich Tessa und Phil mitteilen muss, dass ihr Sohn tot ist. Natürlich ist das schlimm und wäre es auch unter anderen Umständen. Wirklich zu schaffen macht mir allerdings die Tatsache, dass ich Ihnen keine Antworten werde geben können. Weder zu dem Wie, noch zu dem Warum kann ich wirklich etwas sagen. Lediglich in Bezug auf das Wann habe ich inzwischen zumindest einen Zeitraum anzubieten. Diesen konnte Sage bis auf zwei Stunden eingrenzen, wie Veris mir gerade vor wenigen Minuten telefonisch mitgeteilt hat. Laut den ersten Untersuchungen liegt Masons Todeszeitpunkt ca. 12 bis 14 Stunden zurück. Das wiederum würde bedeuten, dass er am Morgen umgekommen ist, zwischen 7 und 9 Uhr. Eine Uhrzeit zu der er sich eigentlich auf dem Weg zur Schule befinden sollte, die mitten in der Stadt liegt. Das wiederum untermauert unsere Annahme, dass er nicht in der Gegend gestorben ist in der wir ihn gefunden haben. Was sollte er um die Uhrzeit auch dort draußen machen, in einem abgelegenen Gebiet unseres Territoriums, so ganz alleine.
Es hilft alles nichts. Hier werde ich keine Antworten finden, also reiße ich mich mental am Riemen und steige endlich aus dem Auto. Wir brauchen Hinweise, müssen seinen Tagesablauf rekonstruieren und hier ist der beste Ort damit zu beginnen. Noch dazu haben seine Eltern die Wahrheit verdient. Was bringt ihnen das Warten auf einen Jungen der nie wieder nach Hause kommen wird? Ein paar zusätzliche Minuten der Normalität? Eine Normalität die ich Stück für Stück zerstöre. Erst mit meinem Klingeln, dann mit meinem Eintreten und letztendlich als ich ihnen den Grund meines Besuchs offenbare.
Bei jedem einzelnen dieser Schritte habe ich die langsame Veränderung gesehen. Die Überraschung, als ich vor der Tür stand. Die Sorge, als ich darum bat reinkommen zu dürfen und dann der Zusammenbruch, der unweigerlich folgen musste.
Ursprünglich wollte ich zurück ins Büro fahren, aber mir war klar, dass ich mich jetzt nicht um die Belange von Panthera Lang kümmern kann. Ich habe ein wichtiges Telefonat zu führen und das kann ich genauso gut von zu Hause aus erledigen. Danach kann ich hoffentlich zumindest eine Sache schon mal von meiner Liste streichen.
»Es war der Höhepunkt eines beschissenen Tages«, gebe ich wenige Minuten später ohne zu beschönigen zu, während ich mir die Haare zurückstreiche und in meiner Wanderung innehalte. »Ich könnte dir jetzt sagen, dass du das Geschehene nicht mehr ändern kannst und es nichts bringt dir den Kopf zu zerbrechen …« Ich schnaube nur in den Hörer, spüre aber das Knurren bereits in meiner Brust vibrieren, was bildet er sich … »aber, ich bin sicher der Letzte der dir sowas erzählen wird. Vergiss nicht, ich weiß genau wie es sich anfühlt und es ist einfach nur beschissen. Also tue ich das Einzige was ich jetzt für dich tun kann und was du vor kurzer Zeit auch für mich getan hast, ich übernehme den Anruf bei Ethan.« Ich höre auch weiterhin den Unmut in Blakes Stimme, spare mir aber eine weitere Ermahnung. Er wird sich schon zusammenreißen!
»Danke und Blake, bleib standhaft, was die Dringlichkeit des Treffens anbelangt. Du kennst den Adler, noch betrifft es keinen seiner Leute, deshalb wird er es vielleicht nicht als oberste Priorität ansehen. Lass dich davon nicht reizen.«
»Ich weiß und werde mich bemühen, trotz der Lage sachlich und direkt zu bleiben.« Natürlich werden seine Worte von einem Knurren begleitet, immerhin spreche ich hier mit dem Clanführer der Dark Lykae und doch nehme ich mir die Freiheit heraus ihn zu ermahnen. Das dürfte mit Sicherheit nicht jeder und erst Recht nicht in der momentanen Lage.
Aber seit heute sitzen wir im selben Boot und irgendwie … war es mit Blake schon immer deutlich einfacher, als mit Ethan. Was nicht wirklich verwunderlich ist, denn der Adler ist wie sein ganzes Volk einfach eine Nummer für sich. Was wir jetzt aber mit Sicherheit nicht gebrauchen können, sind zwei Clanführer die sich an die Gurgel gehen. Natürlich im übertragenen Sinne, denn zu so etwas wie Handgreiflichkeiten würde sich der Anführer der Winged Hunter wohl nicht herablassen. Zumindest kann ich es mir nicht vorstellen.
»Ich habe nichts anderes erwartet. Gib mir Bescheid, wenn der Termin steht.«
»Mache ich, aber gehen wir, wie besprochen von morgen Abend aus. Ich bekomme das schon hin.« Damit ist das Gespräch mit Blake beendet und ich lasse mein Handy sinken. Mein Finger wischt über das Hörersymbol, bevor ich das kleine Technikwunder auch schon auf den Couchtisch gleiten lasse.
»Damit wäre auch das abgehakt«, erkläre ich mir selbst, während ich erneut mein langes Haar zurückstreiche. Für eine Weile stehe ich einfach da, mitten in meinem großen Wohnzimmer und gehe gedanklich noch einmal die Aufgabenliste durch. Veris hat mit Sage gesprochen und ist danach noch einmal in die Firma gefahren um Ela zu informieren. Ein umsichtiger Gedanke von ihm, denn er hat Recht, meine Sekretärin sollte meine morgigen Termine nach Möglichkeit verlegen. Wenn sich die Sache erst einmal herumgesprochen hat, werden wir andere Dinge im Kopf haben, als Genehmigungsanträge, Baupläne und co. Diese Dinge können beim besten Willen warten.
Lee hat die Soldaten aufgeklärt und die Taktung der Kontrollläufe erhöht. Morgen früh wird er als erstes bei Masons Freunden nachhören, ob sie irgendetwas wissen. Danach sind wir vielleicht schon etwas schlauer, oder auch nicht.
Ich für meinen Teil bin ebenfalls mit den wichtigen Gesprächen durch und komme mir zugegeben gerade etwas … Ich kann mich um ehrlich zu sein nicht wirklich entscheiden wie ich mich fühle.
Einerseits fühle ich mich rastlos, auf der anderen Seite wie von einer Dampfwalze überfahren.
Ich schwanke zwischen dem Wunsch in mein Bett zu fallen und der Sehnsucht nach einem Lauf. Keins von beidem wird wirklich helfen die Geschehnisse auszublenden, aber hier rumstehen ist wohl auch keine Option. Ich atme tief durch, lasse meinen Blick durch mein Heim schweifen und vermisse die Ruhe, die dieser Ort sonst für mich ausstrahlt. Im Vordergrund beim Entwurf meines eigenen Hauses stand der Wunsch nach Raum, Licht und natürlichen Werkstoffen. Holz war für mich keine Frage und zieht sich nicht nur durch die Außenkonstruktion, sondern auch die Inneneinrichtung. Teilweise sind die Stücke selbst gefertigt, einige wenige auch von Lee oder eben ganz profan gekauft.  Ein Blick durch die umlaufende Glasfront suggeriert Freiheit und damit ist mein ganz persönlicher Rückzugsort in meinen Augen eigentlich perfekt. Tja, eigentlich, denn heute bringt er mir keine Ruhe.
Kurzentschlossen wende ich mich um, mache mich auf den Weg ins Badezimmer und entledige mich bereits auf dem Weg dorthin meiner Klamotten. Vielleicht hilft eine ausgiebige Dusche zumindest dabei meinen Kopf etwas zu klären und die angespannten Muskeln zu lockern. Schaden kann es jedenfalls nicht.
Nur wenige Minuten später bin ich allerdings auch schon wieder zurück. In einer locker auf den Hüften sitzenden Jogginghose, mit einem einfachen Shirt und noch feuchten Haaren, deren Spitzen den Stoff auf den Schultern und im Nacken in einem dunkleren grau einfärben. Die Dusche hat nicht wirklich etwas gebracht, außer vielleicht, dass ich sauber bin. Also muss Plan B her und der führt mich zuerst zum Kühlschrank, oder genauer gesagt zu einem kalten Bier. Mit diesem in der Hand mache ich mich auf den Weg zum großen Balkon auf der Rückseite des Hauses, aber nicht ohne einen Zwischenstopp einzulegen und mein Smartphone mitzunehmen. Nachdem ich das Display zum Leben erwecke legt sich tatsächlich ein leichtes Schmunzeln auf meine Lippen. Ich tippe nur zwei Buchstaben, ein einfaches »Ja« und verstaue das kleine Gerät in der Hosentasche, um die große Schiebetür zu öffnen.
Noch während ich den ersten Schritt auf den Balkon mache atme ich die kühle Nachtluft tief ein. Und wie immer macht die Kombination der vertrauten Geräusche und Gerüche etwas mit mir. Ich nehme jede Nuance wahr, sowohl die Frische des Grases und den Duft der Blumen, als auch die vielfältigen Düfte des Waldes. Die Geräusche hier draußen sind angenehm, so viel intensiver, wenn auch zurückhaltender als der Lärm der Stadt. Das leise Knacken im Unterholz, die Witterung sich entfernenden Rotwildes, der Gesang der Vögel und das leise Aufeinandertreffen von Wasser und Stein, das vom See herüber getragen wird. Ja, genau das liebe ich und endlich spüre ich einen Hauch der Ruhe, die ich im Inneren meines Zuhauses noch vermisst habe.
Blain Rock ist so nah und dennoch bietet uns das Leben in einem »Vorort« die Möglichkeit abgeschieden zu bleiben, ohne dass jemand Verdacht schöpft. Genau das war der Grund uns hier niederzulassen und im Laufe der Jahre langsam immer mehr und mehr Land zu erwerben. Dass die Randbezirke, im letzten Jahrzehnt, in beträchtlichem Maße gewachsen sind schreiben die Einheimischen der Panthera Lang LLC zu. Seit es eine Firma gibt die Bauprojekte offen antreibt, müssen wir uns über den stetigen Wachstum der Clans keine Sorgen mehr machen. Die Wohnungen und Häuser in unserem Gebiet, ebenso wie die bei den Vögeln und Wölfen sind offiziell immer schon verkauft, bevor wir mit dem Bau beginnen. So kommen wir erst gar nicht in die Versuchung Menschen ablehnen zu müssen.
Natürlich gibt es immer wieder Interessenten für ein Objekt hier so nah am Fuß des Berges, aber bisher konnte ich diese immer in ein neutrales Gebiet umleiten. Allein schon deshalb ist es wichtig unsere Geschäfte auch weiterhin auszubauen, selbst wenn das nicht alle im Rudel verstehen. Das Misstrauen gegenüber den Menschen sitzt immer noch tief und nicht wenigen widerstrebt es für sie zu arbeiten. Ich will mir gar nicht vorstellen was die neuesten Entwicklungen für den immer noch zerbrechlichen Frieden bedeuten könnten.
»Du zerbrichst dir schon wieder den Kopf über Dinge die du nicht ändern kannst … stimmt’s?« Veris‘ ruhige Stimme lässt mich nicht einmal mit der Wimper zucken, immerhin habe ich ihn erwartet und außerdem bereits bei seiner Ankunft auf meinem Grundstück wahrgenommen.
Er stellt sich neben mich, lehnt ebenfalls seine Unterarme aufs Geländer und mein rechter Mundwinkel zuckt, als ich bereits die Flasche Bier in seiner Hand sehe.
»Praktisch, dass hier Selbstbedienung herrscht, hmm?«
»Äußerst praktisch ist außerdem der Umstand, dass sich der Vorrat immer wieder von Zauberhand zu regenerieren scheint.« Ich höre das Lachen in seiner Stimme und brumme nur eine Zustimmung. Wir wissen beide, dass dafür nicht ich verantwortlich bin, ebenso wie ich mich nicht für die Sauberkeit in meinem Heim rühmen darf. Neneh, eine der guten Seele des Clans und eine der wenigen Alten die den großen Krieg überlebt haben, hat sich meiner angenommen. Sie hat sich unserem Rudel vor über 100 Jahren, auf der Flucht, angeschlossen. Jetzt ist sie der Überzeugung, dass mir irgendwer das Leben ein bisschen leichter machen muss, zumindest bis ich die passende Frau für diese Rolle gefunden habe. Aktuell kann mir nur leider niemand, weder eine Frau, noch ein Mann das Leben leichter machen.
»Hör auf damit!« Veris‘ nachdrücklich ausgesprochene Worte lassen mich nun doch den Kopf in seine Richtung drehen. Zum ersten Mal an diesem Abend, vielleicht zum ersten Mal am heutigen Tag, sehe ich ihn wirklich an und begegne prompt seinem wissenden Blick. Ich hebe fast automatisch eine Augenbraue und er wiederum beschwichtigend seine freie Hand, während er sich in meine Richtung dreht.
»Nein, das war nicht mal im Ansatz ein Befehl, lediglich der Versuch dich hier bei mir zu halten«, erklärt er mir gewohnt ruhig und mir entschlüpft tatsächlich ein Seufzen. Ja, er kennt mich verdammt gut, vielleicht sogar zu gut. Aber über das leidige Thema, dass und wie ich Veris wieder etwas auf Abstand bringen werde, will ich mir jetzt wirklich keine Gedanken machen.
Um ehrlich zu sein nehme ich das was seine Augen - sowohl vorhin im Wald, als auch gerade jetzt - versprechen, mehr als bereitwillig an.
»Ich weiß einen guten Weg um dir meine Aufmerksamkeit zu sichern«, knurre ich, während ich ihn bereits zu mir ziehe und im nächsten Moment seine Lippen mit einem harten und fordernden Kuss verschließe.
Das kleine wissende und ziemlich zufriedene Lächeln ist mir dabei sehr wohl aufgefallen und ja, vielleicht hat er es gerade hierauf angelegt, aber wer bin ich, mir - und auch ihm - deswegen ein bisschen Zerstreuung zu verwehren. Wir können sie beide zweifellos gebrauchen.
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