21. Kapitel
Die ehrenwerte Signorina Bernadetta Bianco
B
ernadetta betrat die Druckerei und verharrte in der noch offenen Tür. Es war eigenartig, im schlichten Kleid das Gebäude zu betreten, nachdem sie wochenlang die Vorzüge von Hosen genossen hatte, dann wiederum störte sie kein Jackett und zumindest der Gondoliere war ungewöhnlich freundlich zu ihr gewesen. Er hatte geschwatzt, ihr Komplimente gemacht, wie hervorragend ihr die kurzen Haare zu Gesicht ständen, und hatte ihr obendrein noch aus der Gondel geholfen, als sie ihr Ziel erreicht hatten.
»Berni!«, rief Andrea erschrocken und kam auf sie zugeeilt. Die Hände wischte er beim Laufen an den Hosenbeinen ab, bevor er die Mütze vom Kopf zog. »Meiner Treu, mit dir habe ich nicht gerechnet!«
»Ich bin gekommen, um mit Signor Ros…« Sie unterbrach sich, meinte sie doch den Blick des besagten Herrn bereits auf sich zu spüren.
»Signorina Bianco, guten Tag.«
Sie hob den Blick. Ihre Hände fühlten sich plötzlich wie in Schweiß gebadet an, weshalb sie sie schnell hinter sich versteckte. Zumindest die eine war mit ihrem Täschchen beschäftigt, aber die andere zuckte, als wolle sie sich bereits auf die breite Brust Arturos legen, um ihn endlich wieder berühren zu können.
Er streckte ihr die Hand entgegen.
»Sie können gehen, Bursche.«
Er gönnte Andrea nicht einmal einen Blick, der versank einzig in ihr. »Kommen Sie, Signorina, die Druckstube ist …«
Sie hob die Brauen. Ein Lächeln hob seine Mundwinkel, und er tat seine Worte mit einem Achselzucken ab.
»Nicht der richtige Ort für unser Gespräch«, fuhr er fort, dabei war sie sich hundertprozentig sicher, dass er eher hatte andeuten wollen, dass eine Frau nicht ins Geschäft gehörte, sondern an den Herd.
Dennoch nahm sie seine Geste an und überließ ihm ihre Hand, um ins Obergeschoss geführt zu werden. Dort wollte sie abbiegen, um in das Büro zu treten, aber Arturo umfasste ihre Finger stärker und zog sie zu sich, um sie die nächste Treppenflucht hinauf zu eskortieren. Und noch eine.
Mit klopfendem Herzen stand sie schließlich vor seinem winzigen Schlafzimmer. Arturo griff an ihr vorbei, um die niedrige Tür aufzustoßen, und schob sie dann über die Schwelle.
»Verzeih mir, aber ich kann meiner Zurückhaltung nicht vertrauen, sobald du in meiner Nähe bist.« Er lachte sinnlich an ihrem Ohr, was ihre eigene Zurückhaltung auf eine harte Probe stellte.
»Eine Dame führt man dennoch nicht in sein Schlafzimmer.«
Sein Lachen wurde tiefer. Hinter ihr klickte es, als er die Tür ins Schloss drückte, dann schmiegte er sich bereits an ihren Rücken. Seine großen, warmen Hände legten sich um ihre Taille und sein Mund in ihren Nacken.
»Verzeih mir, Bernardo«, wisperte er, was einen süßen Schauer verursachte. »Aber ich dachte, es sei weniger verfänglich, schließlich ist es nicht dein erster Besuch hier oben.«
Bernadetta schnaubte, konnte aber nicht beim Thema bleiben. Sie drehte sich in seinem leichten Halt und schlang ihm die Arme um den Hals. In seinen braunen Augen stand eben jenes Sehnen, das auch sie verzehrte, und ließ sie inniglich seufzen.
»Arturo.« Sie stockte, riss die Lider auf, die sie soeben genießerisch gesenkt hatte, und blinzelte verwirrt. »Oder soll ich Amor …«
Sein Kichern nahm dem Moment die Anspannung.
»Es sind Namen«, wisperte er an ihren Lippen. »Sie sind unbedeutend.« Sein Atem netzte ihre Lippen, bewirkte einen mächtigen Schauer, der ihrer Beherrschung den Rest gab und sie sich in seine Umarmung stürzen ließ. Sie küsste ihn mit dem tiefempfundenen Hunger, der ihr bereits den Schlaf der vergangenen Nacht geraubt hatte.
Arturo streichelte ihr Antlitz, hielt sie derweilen nur mit der einen Hand in ihrem Nacken bei sich, aber sie wollte auch keine Distanz zwischen ihnen aufbauen.
»Das hier ist gegen all meine Glaubenssätze«, flüsterte er schließlich. »Wie müssen sich meine Eltern über mich amüsieren!«
Sein Lachen ließ seine Brust vibrieren und übertrug sich auf sie.
»Meine Mutter ist in Ohnmacht gesunken«, flüsterte sie, »und meine Schwester in haltloses Weinen ausgebrochen, als ich ihnen sagte, ich ließe mich nicht aufhalten.«
Es hatte sie für einen winzigen Moment an ihrer Entscheidung zweifeln lassen.
»Es sind Belanglosigkeiten«, versicherte er. »Unbedeutend im Kosmos der Zeiten.«
Bernadetta hob die Lider, um in seine herrlichen Augen sehen zu können. »Ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte.«
»Ist es von Bedeutung?« Eine Spur Unsicherheit schlich sich in seine Miene und schwang auch in seiner Stimme mit. »Möchtest du mich lieber vergessen und dein Leben mit einem Sterblichen verbringen?«
»Wenn ich könnte …«, hauchte Bernadetta, wobei sie aber tief in ihrem Inneren wusste, dass es niemals jemanden geben konnte, der sie so in Aufruhr versetzte wie dieser Mann. Dieser Gott. »Aber wie könnte ich dir schon widerstehen?« Sie nahm der Anklage die Schärfe, indem sie grinste. »Erfülle dein Versprechen. Lehre mich die Liebe.«
»Wer hätte gedacht, dass mich mein eigener Zauber zu Fall bringt?«
Arturo streichelte ihren Haaransatz, drückte ihr weitere kleine Küsse auf, bevor er die Hände an ihr herabwandern ließ.
»Du fühlst dich anders an«, murmelte er dabei, als er ihre Brust umfasste. »Aber beruhigend anders.«
»So?« Sie schaffte es gerade mal, die Lider zu einem schmalen Spalt zu heben, wollte sie sich doch eigentlich in dem warmen Mix aus Zufriedenheit und süßer Unrast verlieren.
»Ich bin sicherlich weder Männlein noch Weiblein besonders zugeneigt, aber letztlich bin ich mit deiner Form mehr als zufrieden.« Während er sprach, öffnete er die kleinen Perlmuttknöpfe in ihrem Rücken und schob ihr das Kleid über die Schultern. Es fiel nur bis zu ihrer Hüfte hinab, da sie so eng beieinanderstanden, offenbarte aber bereits ihre Brüste. Arturo trat zurück, um seinen heißen Blick an ihr herabwandern zu lassen, ohne die Hand von ihrer bedauerlich kleinen Rundung zu nehmen, die er nun sacht zu massieren begann.
»Meine Unzulänglichkeiten werden dich hoffentlich nicht abstoßen«, wisperte sie.
Artur liebkoste sie noch mit Blicken. »Sprichst du von deiner Streitlust?« Er beugte sich grinsend vor, um ihr die Empörung von den Lippen zu küssen. »Oder von deiner Herrschsucht?«
»Du …«
Er schlang den Arm um sie und zog sie fest an sich, um ihre Trennung zu unterbinden. Denn Bernadetta wollte zurücktreten und ihn für seine Worte ausschimpfen.
»Weib, allein deinetwegen schickten mich meine Eltern her.« Er unterstrich jedes Wort mit einem Kuss.
»Das ist …«
»Du hast das Pamphlet verändert. Gib es zu, du bist eine Suffragette!« Noch immer begleitete jedes Wort ein kleiner, sachter Kuss. »Und die anderen Aufträge?«
»Du erwartest nicht …«
»Keine Lügen mehr«, bat Arturo. Er hob ihr Kinn an, um ihre Lippen miteinander zu verschmelzen. »Ich verstehe deine Handlung. Ich verstehe deine Wut und deinen Schmerz. Auch wenn solcherart Gefühle neu für mich sind, hat mich dein Betrug in die Knie gezwungen. Wie musst du da gelitten haben, als du deinen Vater zu Grabe tragen musstest?«
Tränen brannten in ihren Augen und die Schuld zog ihr den Hals zu. »Wie kann ich dich nur lieben?«
»Scht«, brummte er. »Halte mich nicht länger verantwortlich, auch wenn meine Sippe ihre Hände im Spiel haben mag. Ich täte alles, um deinen Verlust rückgängig zu machen, aber mehr als den Versuch, ihm im Orkus ausfindig zu machen …«
Bernadetta entriss ihm den Mund. »Himmel«, korrigierte sie zittrig. »Er war ein guter Mann, er muss im Himmel sein.«
Arturo verkniff sich seinen Widerspruch. »Ja, er wird im Himmel auf dich warten, wenn deine Zeit gekommen ist.«
Einen Moment dachte sie ernsthaft darüber nach, ihn zur Rede zu stellen, aber sie verwarf es schnell. Sie wollte kein weiteres Gespräch führen, das ihre Weltanschauung ins Wanken brachte. Sie wollte vielmehr vergessen, was das Leben so schwierig machte. Mit einem Seufzen kuschelte sie sich wieder an seine Brust.
»Arturo?«
»Bitte mich nicht, deinen alleinherrschenden Gott zu bestätigen. Ich möchte keine Lügen zwischen uns.«
Bernadetta schmunzelte. »Nein, ich frage mich nur, ob bei der Liebe nur die Frau entkleidet sein muss oder vielleicht doch beide?«
Sein tiefes, samtiges Lachen rollte über sie hinweg und verscheuchte jeden anderen Gedanken.
»Tatsächlich ist dies ein Streitpunkt unter den Göttern und den Menschen zugleich.« Dennoch löste er sich von Bernadetta und streifte sein Jackett ab.
»Warte«, murmelte sie. Mit einem kleinen Schritt war sie wieder bei ihm und half ihm, Weste und Hemd abzustreifen. »Wird es so sein wie in der letzten Nacht?«
Arturo schüttelte den Kopf. Er stieg aus seiner Hose und warf sie in Richtung des Stuhls. »Nein. Ich ging davon aus, mit einem Mann intim zu werden. Die Liebe mit einer Frau ist anders.«
Er streckte ihr die Hand entgegen. »Komm zu mir.«
Bernadetta zögerte nicht. Sie ergriff seine Hand und ließ sich zu dem schmalen Bett führen, dessen Bettdecke einladend zurückgeschlagen worden war. Es roch nach Rosen, als sie sich auf das kühle Laken niederließ. Obwohl sein Geschlecht noch unter seiner Leibwäsche verborgen war, schoss ihr bei einem versehentlichen Blick in die Region heiße Röte in die Wangen.
»Rutsch noch etwas tiefer hinein«, bat er und folgte ihr ins Bett. Nervös räusperte sich Bernadetta. Sie wagte kaum, ihm in die Augen zu sehen.
»Bernadetta?«
Sie begegnete irritiert seinen amüsierten Augen.
»Dies ist kein Augenblick für Furcht.«
Ihre Zungenspitze huschte über ihre spröden Lippen. »Ich fürchte mich nicht.«
Arturo rutschte näher an sie heran. Seine Hand platzierte er auf ihren Bauch. »Unsere Schicksale wurden miteinander verbunden, Bernadetta, und auch wenn es unerwartet kam, kann ich den Furien nur danken, dich ausgewählt zu haben. Seit Dekaden gelte ich nun als Liebesbote, ohne den Sinn meiner Aufgabe ernsthaft erfasst zu haben. Nun jedoch …«
Sein zärtliches Lächeln bereitete ihr Atemnot. »Nun?«, hauchte sie, ehrfürchtig seiner Eröffnung lauschend.
»Nun sehne ich mich in jedem Moment danach, von dir ergänzt zu werden.« Arturo streichelte noch immer ihren Bauch. Erst nach einem langen, sanften Kuss schob er seine schlanken Finger über ihre sensible Haut, um ihre Brust zu umfassen. Wie zuvor massierte er sie mit unfassbarer Zärtlichkeit, bevor er sich ebenso der anderen widmete.
Bernadetta ließ sich in einem Bad süßer Zufriedenheit treiben, sie genoss schlicht, was er ihr schenkte, und blinzelte zwischendurch lediglich, um in sein männliches und doch so schönes Gesicht zu schauen.
Arturo verwöhnte sie mit zarten Tupfern auf ihren hochempfindlichen Lippen, bis seine Finger ihre Brust verließen und weiter hinab um ihren Bauchnabel kreisten.
Ihre Unruhe nahm zu, als nun auch sein Mund abwanderte. Um über ihren Hals Küsse zu verteilen, hatte er sich aufgestellt und rutschte nun über ihren Leib.
Bernadetta hob sich ihm entgegen. Auch den Platz zwischen ihren Schenkeln räumte sie ihm schnell ein. Als er dann seine Zunge tief in die Höhle ihres Nabels schob, entrang sich ihr ein tiefes Stöhnen und sie grub die zittrigen Finger in seinen Schopf.
»Arturo«, wisperte sie drängend, wobei sie die Beine anzog und seinen Körper zwischen ihnen einklemmte.
Er schaute zu ihr hoch und ließ seine Augen genüsslich über ihren Körper wandern. »Fühlst du dich wohl?«
Bernadetta stöhnte verzweifelt. »Ja. Ja, es ist wundervoll!«
»Gut.«
Abgelenkt, wie sie war, bemerkte sie die Veränderung erst gar nicht. Arturos Rechte schob sich gemächlich ihren Schenkel empor und erreichte ihren Schoß, als sich seine Zunge erneut in ihren Bauchnabel versenkte. Sie hob das Becken, während sein Daumen über ihre Scham strich und auf Anhieb seinen Bestimmungsort fand. Sein sanftes Reiben ließ heiße Bolzen durch Bernadettas Körper schießen. Sie keuchte, krümmte sich und stammelte angespannt seinen Namen.
»Was tust du nur mit mir?«
»Dich ein für alle Mal an mich ketten.«
Arturo kam hoch, rutschte gerade so nah an ihrem Leib empor, dass sie ihn erahnen, aber nicht richtig spüren konnte, bevor er sich auf sie bettete und die Hand an die Wange legte, um ihren Mund ebenso zu bedenken wie ihren Nabel zuvor.
Seine straffe Männlichkeit drängte dabei gegen ihr weibliches Gegenstück, bereit, sich in sie zu versenken.
»Bernadetta«, wisperte er mit einem Blick, der von mehr sprach als der Lust, die sie beide verschlang. »Ich schenke mich dir mit Leib und Geist.«
»Mit Leib und Seele«, wisperte sie, wobei sie das Becken anhob, um den Druck zu lindern.
Arturo stöhnte und trieb sich mit einem festen Stoß in sie. Erschreckt über den Schmerz, der ihren Schoß zerriss, klammerte sie die Schenkel an ihm fest. Tränen drängten sich in ihre Augen und sie biss sich auf die Lippe.
Arturo verteilte Küsse auf ihren verkniffenen Mund. »Verzeih mein Ungestüm. Ich hätte mich wohl vergewissern sollen …« Er stockte mit verblüffter Miene. »Unkundig. Natürlich.«
Arturo mochte damit beruhigt sein, Bernadetta verwirrte es nur weiter.
»Verzeih mir.« Damit zog er sich aus ihr zurück und rutschte wieder an ihr herab, um seine Liebkosung ihres Bauchnabels wieder aufzunehmen. Auch sein Daumen legte sich erneut auf die empfindliche Knospe zwischen ihren Schenkeln und nahm ihr Spiel wieder auf.
Bernadetta blieb noch eine Weile angespannt, dann jedoch gewann die süße Zufriedenheit erneut die Oberhand.
Arturo nutzte ihre Entspannung und ließ den Daumen abrutschen. Als er in ihren Leib abtauchte, zuckte Bernadetta zusammen, da sie den Schmerz von zuvor erwartete. Als er jedoch ausblieb, drängte sie sich ihm entgegen. Arturo wechselte die Finger, um neben dem sanften Rhythmus seines Eindringens auch die empfindliche Knospe weiter streicheln zu können.
Bernadetta verging vor unbekannten Gefühlen. Sie wollte ihn spüren, aber gleichzeitig nicht auf seine Bemühungen verzichten. Sie wollte ihn küssen und umarmen und …
Ein Beben ließ ihren Schoß zucken. »Oh!«
Arturo kam geschwind zu ihr hoch, überrumpelte sie damit und so schob er sich bereits mit voller Länge in ihren Leib, bevor sie an ein mögliches Unbehagen dabei auch nur denken konnte. Die Vereinigung brachte das Fass zum Überlaufen. Bernadetta klammerte sich an ihn, hauchte seinen Namen, als kleine Wellen durch ihren Körper schossen, und suchte seinen Mund, um ihn in diesem besonderen Moment zu schmecken.
Arturo bewegte sich leicht in ihr. Zunächst war es kaum zu bemerken, schließlich war Bernadetta mit den Wellen süßer Lust beschäftigt, dann aber machte es den Eindruck, als könne er sie leiten. Mit jedem Stoß rollte eine weitere Welle über sie hinweg. Klein und süß. Bernadetta klammerte sich mit den Beinen an ihn, verschob das Becken mit dem Gefühl, dass noch etwas fehlte. Arturo stöhnte an ihrem Mund, stemmte sich auf und beschleunigte sein Tempo. Er brach damit die kleinen Wellen auf, brachte sie dazu, sich aufzutürmen und ihr erneut den Atem zu nehmen.
»Arturo!«
»Gleich, meine kleine, widerspenstige Gefährtin! Halte dich noch einen Moment zurück!«
Bernadetta stieß verzweifelt den Atem aus. Wenn sie nur könnte! Wenn sie nur wüsste wie!
Arturos Herz klopfte unter ihren Fingern ebenso heftig wie ihres, Schweiß tränkte sein Haar und ließ es im einfallenden Sonnenlicht schimmern.
Bernadetta warf den Kopf hin und her, bat ihn voller Verzweiflung, sie nicht länger warten zu lassen, und schrie auf, als diese eine mächtige Welle glühender Lust sie mit sich riss.
Arturo umschlang sie keuchend und presste sie mit aller Macht an sich. Obwohl das Sonnenlicht um sie herum flirrte, blendete sie einzig ihre Zufriedenheit. Sie konnte die Lider weder heben, noch wollte sie es.
Nach einer Weile lockerte sich Arturos Umarmung und er rutschte trotz ihres Protestes an ihre Seite.
»Ist mir verziehen?«
Bernadettas Lippen ließen sich gerade mal zu einem schwachen Grinsen bewegen. Erst lange Augenblicke später, als auch das Glühen der Morgensonne das Zimmer verlassen hatte, drehte sie sich in seiner Umarmung, um ihm einen Kuss auf den Mund zu hauchen.
»Amor.«
»Hmm?«, brummte er. Auch in seinen Augen schimmerte selige Zufriedenheit.
»Gott der Liebe.«
»Nur ein lästiger Job.« Er zuckte die Achseln und hinderte sie dran, sich zurückzuziehen. »Bisher habe ich die Begeisterung hierfür nicht verstehen können.« Er küsste sie genüsslich.
»Ein Jammer.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Du bist wahrlich göttlich in deinem Job.« Das Kichern brach nur so aus ihr hervor.
»Du verulkst wahrhaft einen Gott?«, grummelte Arturo, wobei er sich auf sie rollte. »In den alten Tagen hätte mein Großvater einen Blitz herabgeschickt, der dich augenblicklich in Asche verwandelt hätte!«
Aus ihrem Kichern wurde ein atemloses Lachen. »Warte, Juno und Jupiter, nicht wahr? Das ist so ketzerisch!«
Die Belustigung schwand aus Arturos feingeschnittenem Antlitz und Sorge trat an ihre Stelle. »Wirst du das verkraften können? Wird dein Glaube an diesen einen, alleinigen Gott unserer Liebe im Wege stehen?«
Bernadetta zögerte. Es war keine Frage, die sich einfach so abtun ließ, denn ihr Glaube war nun mal tief in ihr verankert.
»Weißt du«, griff Amor schnell auf, weil ihm ihr Zögern wohl nicht geheuer war, »ich hege ja den Verdacht, dass der alte Kauz – Jupiter – diese neue Religion ins Rollen brachte, um seinen Kindern und Kindeskindern ihre Stellung zu rauben und wieder Alleinherrscher über den Kosmos zu sein.«
Bernadetta blinzelte. Dieser Gedanke war doch bar jeglicher … Sie schob ihn von sich. »Amor? Wir sollten die Religion außen vor lassen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass jedes Wort darüber lediglich zu Irritationen führt.«
Arturo seufzte. Mit einem tiefen Kuss gab er sein Einverständnis. »Ich will die Bagage ohnehin nicht sehen. Was sie mir eingebrockt haben!«
Er sah mit deutlicher Verärgerung auf sie herab.
»Dieser verfluchte Auftrag! Mich auf die Erde zu schicken, um übereifrige Fregatten …« Er stockte, die Stirn runzelte sich, und als er erneut anhob, war er bereits deutlich weniger geladen. »Diese bescheuerte Tinktur und dann dieser Vogel. Da hatte doch hundertprozentig …«
Wieder brach er ab, dieses Mal reumütig. »Verflixt! Ich werde mich noch bedanken müssen!«
Er rollte sich von ihr herunter, um an die blanken Dachsparren zu starren. Statt seiner rappelte sich Bernadetta auf, um nun auf ihn hinabzublicken.
»Wovon sprichst du?«
Amor grummelte. Erst ihre sachten Küsse linderten sein Unbehagen. »Da hat jemand Amor gespielt«, murrte er, wobei er die Augen verdrehte. »Ich wurde offenbar mit meinen eigenen Waffen geschlagen und einer meiner überaus gelangweilten Familienangehörigen hat dafür gesorgt, dass mein ruhiges, liebloses Leben durcheinander gerät.« Er zuckte die Achseln. Er hob die Hand, um ihr eine Strähne aus der Stirn zu streichen. »Ich stehe jetzt tief in jemandes Schuld, weil ich ohne seine Intervention wohl nie verstanden hätte, warum die Liebe für Sterbliche und Götter so immens wichtig ist.«
»Weil wir nur Staubkörner der Gezeiten sind?«
Arturo zog sie zu sich herab, um sie voller Gefühl zu küssen. »Weil eine Existenz ohne Gefährten ohne Bedeutung ist. Bernadetta, ich verabscheue den Gedanken, dich je wieder gehen zu lassen. Dich in wenigen Jahren zu verlieren, raubt mir den Verstand! Ich …« Er kam hoch und umklammerte in offensichtlicher Panik ihre Oberarme.
»Arturo«, versuchte sie ihn abzulenken. »Denke nicht daran. Richte deine Gedanken einzig auf den Moment. Nur dieser Augenblick zählt jetzt. Alles andere …« Sie zuckte die Achseln. »Ich liebe dich. Und ich freue mich über jeden Moment, den wir miteinander verbringen werden. Eines Tages werden wir getrennt werden, aber davon soll unsere gemeinsame Zeit nicht getrübt werden.«
Amor sah sie an. Ein Meer an Emotionen schwappte über seine Miene, bis sie sich endlich klärte. »So soll es sein. Quetschen wir eine auf immer währende Liebe in ein sterbliches Leben.«
Sie besiegelten ihren Schwur mit ausufernder Leidenschaft.