»Ich bin mir nicht sicher, ob wir nach links oder rechts müssen«, sagte Linnea. »Mein Handy weiß es gerade auch nicht.«
Juna betrachtete eine geschnitzte Katze, die auf einem hölzernen Pfosten thronte und über das Meer hinaussah. Der Pfosten gehörte zu der Terrasse eines schlichten Restaurants am Kai. »Hafenkater« stand auf dem Schild über der Tür. Juna beneidete den hölzernen Kater. Er vermisste niemanden, hatte keine Antworten zu finden, kein Problem zu lösen. Nichts zu tun, außer hier in der Sonne zu sitzen und um sich zu schauen.
»Lass uns doch erst mal was essen«, schlug Juna vor. Die sonnenwarmen Bänke sahen so einladend aus, und die Menschen, die mit einem Kaffee, einem Bier oder einem Stück Kuchen dort saßen, wirkten ebenso gelassen wie der Kater. »Wir haben es ja nicht eilig, oder?«
»Nein. Es ist sowieso noch zu früh, um einzuchecken.«
Sie suchten sich ein windgeschütztes Eckchen und bestellten Kartoffelpuffer mit Apfelmus. Die hatte es bei den Großeltern im Spreewald auch öfter gegeben. Juna aß mit Appetit. Herrlich knusprig, und das Apfelmus schmeckte nach dem langen Sommer, in dem die Äpfel gereift waren. Die Luft um sie herum aber war herbstklar, und das schräge Licht der Sonne tauchte alles in leuchtende Farben. Im Frühling damals war es wunderschön, dachte Juna, aber das hier, das ist unbeschreiblich! Wie in jenen Tagen hatte sie das Gefühl, in einer ganz anderen Welt gelandet zu sein. Hier war alles offen, weit und frei. Kein Brummen eines Motors störte die Ruhe, nur ab und zu eine Fahrradklingel. Über ihnen zog eine Pfeilformation Kraniche nach Süden. Wie würde wohl der Leuchtturm bei diesem Licht aussehen, und der verwunschene Hochuferweg? Gab es statt der frühlingsgrünen jetzt goldfarbene Blätter dort? Flüsterten sie anders als damals? Juna freute sich auf alles. Auf jeden Schritt, den sie auf dieser Insel tun würde.
»Ich habe mich übrigens gestern Abend noch mit Reon getroffen«, sagte Linnea beim Kaffee. »Ich war dabei, meine Aufnahmen durchzusehen, da hat er mir eine Nachricht geschickt. Er wollte mir Material geben über die Forschung zu dem Kleinen Tümmler und seine Aktionen für den Naturschutzbund und Greenpeace. Wir haben dann noch im Torschließerhäuschen einen Wein getrunken.« Sie drehte ihre Tasse auf dem Untersetzer hin und her. »Wir haben uns richtig gut unterhalten. Ich glaube, er freut sich, dass er jetzt jemanden kennt, der gut mit Medien umgehen kann. Es ist ihm so wichtig, mehr Menschen mit seinem Anliegen zu erreichen. Und ich kann ihn jederzeit anrufen, wenn ich Fragen habe und Informationen für meine Beiträge brauche. Das passt doch gut zusammen.«
»Ich bewundere, wie gekonnt du mit deinem Handy und dem Internet umgehst«, sagte Juna. »Das Nötigste beherrsche ich ja auch, aber Instagram zum Beispiel bleibt mir ein Rätsel, das ich gar nicht lösen möchte. Es wird mir immer schnell zu viel, all diese Bilder, die beim Scrollen an einem vorbeifliegen. Mir wird schwindelig davon. Ich kann es gar nicht alles aufnehmen und habe Schwierigkeiten, das Interessante von dem Unwichtigen zu unterscheiden. Oft möchte ich mir diese Anstrengung gar nicht machen. Dann schalte ich aus.« Und obwohl sie eben erst angekommen waren, wurde Juna gerade hier klar, dass sie das nicht ändern wollte. Allein von diesem Tisch aus gab es schon so viel zu sehen, dass sie kaum alles wahrnehmen konnte. Für irgendetwas auf Bildschirmen blieb da kein Platz. Nicht, dass sie etwas gegen Bildschirme hatte. Aber sie war froh, dass sie Linnea dabeihatte. Und auch, dass Linnea jetzt so anders wirkte als damals im Krankenhaus. Das lag sicher nicht nur an Junas Gesellschaft und der schönen Zeit im Spreewald.
»Ich habe mich übrigens ein bisschen in die Stadt verliebt«, sagte Linnea. »Stralsund ist einfach wunderschön. Es hat einen ganz besonderen Charme.«
In Stralsund oder in Reon?, dachte Juna. Aber auch sie hatte die Stadt ins Herz geschlossen. Der Anblick der Stadtsilhouette von der Fähre aus, mit den alten Kirchen und der modernen weißen, geschwungenen Fassade des Ozeaneums, die wirkte, als würden sich die Segel der einstigen Hansekoggen im Wind blähen, hatte tatsächlich etwas Einzigartiges.
Und es war ein Ort, an dem sie mit Adrian gewesen war. Alle diese Orte bildeten für immer eine ganz persönliche Landkarte in Junas Denken – wie lauter Inseln, die sich aus dem großen Ganzen heraushoben.
»Freut mich, dass du einen schönen Abend hattest. Hast du Reon von der Libelle erzählt?«, fragte sie.
»Natürlich nicht. Aber ich glaube, wenn er uns da weiterhelfen soll, könnten wir ihn bedenkenlos fragen.«
»Gut zu wissen. Aber jetzt sehen wir erst mal, wie weit wir kommen.« Juna trank ihren Kaffee aus. Seit sie die Insel betreten hatten, fühlte sie sich merkwürdig zuversichtlich, dass sie das Rätsel lösen würden. Doch vielleicht lag das nur an der Leichtigkeit, die sie heute beinahe genauso spürte, wie sie sie damals empfunden hatte. Ihre Angst, ohne Adrian hierher zurückzukehren, war wohl übertrieben gewesen.
Manches muss man einfach tun. Du denkst zu viel nach. Hab ich immer gesagt.
Ja, ich weiß. Du hast recht. Wie so oft.
Linnea fragte die Kellnerin nach der Richtung. Zu zweit zogen sie den Handkarren die Straße entlang nach Norden, dorthin, wo die Kraniche herkamen.
»Da ist es!«, rief Linnea schließlich und zeigte auf ein Haus mit einer blaugestrichenen Holzwand und einem roten Ziegeldach. Norderende.
Juna gefiel das Haus auf Anhieb. Das Knallblau entsprach ihrer Stimmung. Und die runden Fenster darin, die an Bullaugen erinnerten, unterstrichen das heitere Gefühl. Vor dem Eingang stand eine Tafel mit einer Aufschrift in Kreide. Offen is, wenn offen is. Sehr sympathisch, dachte Juna. Das sollte ich auch an meine Haustür schreiben. Es gab einem die Erlaubnis, sich zurückzuziehen und für niemanden zu sprechen zu sein, wenn man es so wollte. Und trotzdem wirkte es einladend.
Auf der Tafel war auch die Rede von hausgemachten Fischbouletten. Vielversprechend.
Wenig später sah sie sich in ihrem Zimmer um. Es war oben unter dem Dach, aber geräumig, eigentlich als Doppelzimmer gedacht. Es gab ihr einen Stich, als sie das zweite Bett sah, doch dann warf sie entschlossen ihre Jacke darauf. Bettwäsche und Wände und die beiden gemütlichen Ohrensessel waren von einem sonnigen Gelb, die Vorhänge in einem dezenten Orange gewählt, der Parkettboden kastanienbraun. Alles wirkte warm und einladend. Es gab ein Giebelfenster, und aus dem Bett heraus würde sie durch das andere Fenster blicken können.
Juna öffnete es und lehnte sich hinaus. Hier oben schien die Luft sogar noch süßer und frischer. Begierig sog sie sie ein. Vor ihr lag eine Wiese mit einigen alten Weiden, die der Herbst in filigranes Gold gehüllt hatte. Dahinter glitzerte der Vitter Bodden. Ganz im Hintergrund konnte sie schemenhaft den Alten Bessin erkennen, die Landzunge, die jedes Jahr um mehrere Meter wuchs und ein Vogelschutzgebiet war. Darüber kreiste ein Schwarm Gänse. Genau wie damals! Nur flogen sie diesmal nicht nach Norden, sondern würden bald nach Süden aufbrechen.
Juna stand lange und sah ihnen zu, dann schloss sie dieses Fenster und öffnete das Giebelfenster auf der anderen Seite. Als sie sich hinauslehnte, entdeckte sie hinter einigem Grün das offene Meer. Auf einmal konnte sie es nicht mehr erwarten, zum Strand zu gehen. Sie schlüpfte in alte Jeans und Sandalen, suchte ihre gemütliche alte Windjacke aus dem Koffer und wollte gerade Linnea eine Nachricht schicken, als diese klopfte.
»Hast du auch so ein phantastisches Zimmer?«, begann Linnea, sah sich dann um und stellte fest: »Ja, hast du! Das freut mich. Gefällt es dir?«
»Das hast du großartig ausgesucht«, versicherte Juna. »Kommst du mit an den Strand?«
»Dasselbe wollte ich dich auch gerade fragen.«
Nur wenige Meter die Straße herab gab es zu ihrer Freude bereits einen Strandübergang. Auf der Wiese lagen Blätter, und der Wind wehte ihnen den Sand vom Strand schon entgegen. Auf der Landseite der Dünen verlief eine geschützte Promenade, und ein kleines Lokal namens Buhne 11 gab es auch. Das Schild »Offen« schaukelte wie in einem alten Western quietschend an einem rostigen Balken im Wind.
»Da lade ich dich nachher zu einem Eis ein«, verkündete Juna fröhlich.
Im Vorübergehen blieb sie einen Augenblick an der Promenade stehen. Auch hier gab es eine Tafel, auf der diesmal mit Kreide die Temperatur von Luft und Wasser vermerkt war. Doch es waren eindeutig noch die Temperaturen vom Sommer. Hier bleibt alles etwas länger, dachte Juna. Die Zeit vergeht einfach langsamer. Vielleicht ist dadurch von Adrian hier noch mehr spürbar als anderswo.
Das Wasser war schon kälter an den Füßen, als die Tafel es behauptete. Herrlich kalt! Es prickelte wie Sekt. In der tiefstehenden Nachmittagssonne warf jede Muschel einen langen Schatten. Eine große Schale, die wie ein Schmetterling zum Himmel geöffnet lag, leuchtete auf, als befände sich eine Lampe darin. Ein knorriger Ast, den die Wellen angespült hatten, war mit Seetang behangen, der im Wind schaukelte und vor dem Horizont einen bizarren Schattenriss ergab. Im Norden erhob sich der Dornbusch. Den Leuchtturm konnte man von hier aus nicht sehen, aber dafür erkannte Juna, dass der Wald dort, wo der verwunschene Hohlweg war, in allen Farben des Herbstes strahlte. Scharlachrot, Gelb, Bronze. Genauso hatte sie es sich vorgestellt, nur war es noch schöner.
Linnea war schon im Recherchemodus. »Ich werde den Mann dort fragen, ob er die Familie kannte, die vor deinem Wilhelm das Hotel geführt hat«, beschloss sie. »Er ist alt, und er ist bestimmt hier aufgewachsen. Wie hießen diese Leute noch mal?«
»Wir sind doch gerade erst angekommen«, protestierte Juna. Sie wollte nicht aus ihrer Stimmung gerissen werden.
»Aber dafür sind wir doch hergekommen.«
»Das ist ein Bernsteinfischer. Der will bestimmt nicht gestört werden.« Juna hasste es, Leute zu stören. Der Mann trug eine Wathose, stand bis zur Brust im Wasser und fischte mit einem großen Netz. Immer wieder stapfte er zum Strand, schüttete das Netz aus und durchsuchte die Haufen nassen Seetangs nach Bernstein.
»Der wird bestimmt sowieso ständig von neugierigen Feriengästen gefragt, was er da tut«, wischte Linnea ihren Einwand beiseite. »Wer nicht fragt, bekommt auch keine Antworten.«
Sie hatte eben eine Journalistin mitgenommen. Juna gab sich geschlagen. »Karow. Albert und Josefine Karow. Das Hotel hieß Sturmmöwe.«
Linnea schlenderte auf den Mann zu. Juna hielt sich lieber im Hintergrund. Linnea aber war ganz in ihrem Element. Bewundernd betrachtete Juna, wie sie den mürrischen alten Mann um den Finger wickelte.
Als sie zurückkam, hielt sie sogar ein kleines Stück Bernstein hoch, das er ihr geschenkt hatte. »Herr Riemer war sehr nett«, sagte sie. »Stell dir vor, er hat als Kind mit dem Sohn der Karows gespielt. Johann. Aber dann sind sie fortgezogen und er hat nie wieder von ihnen gehört. Das hilft uns also nicht weiter. Lass uns morgen zu dem Grundstück fahren. Vielleicht hat der neue Hotelbesitzer, an den ihr damals verkauft habt, doch noch etwas in den Unterlagen.«
»Das hat Wilhelm ja schon versucht«, sagte Juna. »Wir könnten höchstens noch einmal in der Nachbarschaft herumfragen.«
»Ja, auf jeden Fall. Persönlich klappt das immer besser. Wilhelm hat es nur aus der Ferne probiert. Vielleicht lebt sogar die alte Nachbarin noch, mit der du damals gesprochen hast?«
Darauf hoffte Juna auch. Frau Hiller war so nett gewesen. Juna wollte sie wiedersehen und erfahren, ob die gerettete Rose noch lebte. Sie hätte gern an einer Blüte gerochen und die Blütenblätter angefasst. Die Blüte einer Rose, die es gegeben hatte, als Adrian geboren worden war und sein ganzes Leben noch vor sich hatte. Und wenn diese Rose noch existierte, dann wusste Juna ganz genau, worum sie Frau Hiller bitten würde.
Auf der urigen Terrasse des Strandcafés Buhne 11 saß es sich gemütlich, geschützt vor dem kühlen Wind. Sie entschieden sich beide gegen Eis und für einen heißen Sanddornsaft. Juna versuchte, sich zu erinnern, ob sie mit Adrian auch hier gesessen hatte, aber das musste ein anderes Café gewesen sein. Sie sah auf die Zahlen auf der Tafel, die vom letzten Sommer, und fühlte sich selbst ein wenig so. Übrig geblieben. Und ein wenig sinnlos. Doch der heiße Saft erwärmte sie von innen, und die letzte Abendsonne legte einen besonderen Glanz auf alles.
Es war gut, hier zu sein.
»Geh ruhig schon hoch«, sagte Juna zu Linnea, als sie bezahlt hatte. »Ich bleibe noch einen Augenblick am Strand.«
»Wenn es dir nichts ausmacht? Ich würde gern noch etwas recherchieren.«
Und an Reon schreiben, dachte Juna mit einem inneren Schmunzeln.
So gern sie Linnea mochte, es tat gut, allein am Strand zu sein. Aber war sie denn allein? Adrian schien ihr so nahe hier unten am Wellensaum, mit Blick auf den Dornbusch. Doch sosehr sie nach innen lauschte, er schwieg. Vielleicht, weil ein Gespräch gerade nicht nötig war. Sie hatten immer gut zusammen schweigen können.
Trauer wird nicht alt, dachte Juna. Egal, wie viel Zeit vergeht, sie ist immer wieder da. Die Erinnerungen genauso. Und manchmal, an den richtigen Orten und zu bestimmten Zeiten, werden sie beinahe wieder Gegenwart. Wie jetzt gerade. Vielleicht ist es wegen der Weite und der Ruhe hier oder weil alles doch vertraut ist. Man kann sich hier hinter nichts verstecken, nicht hinter Straßenlärm, Geschäftigkeit, Menschenmengen. Einfach hinter gar nichts. Hier geht es nirgends weiter, hier kann niemand vor seinen Gedanken und Gefühlen fortlaufen.
Laufen half immer. Es war kein Weglaufen, nicht hier, aber ein Laufen vorwärts, ein Laufen ins Leben, in die Zukunft, in das Trotzdem. Einen Fuß vor den anderen setzen, immer wieder. Die leichten Schmerzen im Knie waren ihr beinahe willkommen. Daran spürte sie, dass diese so andere Welt um sie herum wirklich und nicht alles nur ein Traum war. Juna lief am Ende beinahe bis zum Dornbusch und kehrte nur widerstrebend um, um nicht im Dunkeln umherzuirren.
Als die Sonne unterging, fühlte sie schließlich einen tiefen Frieden, gemischt mit wohliger Müdigkeit. Es war nun völlig windstill am Strand. Eine lange, weiche Dämmerung voller würziger Herbstgerüche legte sich über Meer und Land. Die Musik fliegender Schwäne, die ihre Schlafplätze aufsuchten, begleitete Juna zurück, über die Dünen und die Wiese, über der Nebel aufstieg und die Nacht willkommen hieß. Die Stimme Hiddensees war ein zeitloser Trost.
Morgens wachte Juna davon auf, dass etwas sie blendete. Sie hatte die Vorhänge nicht geschlossen, wozu auch? Niemand konnte ins Zimmer sehen. Die aufgehende Sonne tauchte den Vitter Bodden in goldrotes Licht, draußen auf dem Dach tschilpten Spatzen, und unten auf der Straße war das Getrappel von Hufen zu hören. Was man nicht mit dem Fahrrad transportieren konnte, lud man hier auf Pferdewagen. Juna lächelte. Auch dieses uralte Geräusch war so vertraut.
Sie hatte wunderbar geschlafen.
Linnea schien sich ähnlich wohlzufühlen an diesem Morgen. Beide machten sich mit Vergnügen über das Frühstücksbuffet her. Hinter der großen Fensterfront und den Bullaugen lockten die Wege. »Lass uns ein Fahrrad ausleihen, dann kommen wir schneller nach Kloster«, schlug Juna vor. »Außerdem ist das schonender für mein Knie. Wenn ich zu lange laufe, spüre ich es noch.«
»Machen wir. Hast du gesehen?«, fragte Linnea mit vollem Mund und deutete auf eine Leiste an der Wand hinter dem Buffet. Dort lagen in zwanglosem Durcheinander eine Menge glatter Kieselsteine vom Strand, und auf jeden war mit Filzstift der Name eines Gastes geschrieben. »Super Idee!«
Das fand Juna auch. Auf einmal wünschte sie sich, ebenfalls Spuren auf dieser Insel zu hinterlassen. Wenigstens in irgendjemandes Erinnerung.
Das neue Hotel war schön geworden, ein völliger Gegensatz zu dem heruntergekommenen Gebäude, das Juna und Adrian damals vorgefunden hatten. Ein wenig zu modern vielleicht. Der ganze Garten war zugepflastert und in eine Terrasse voller Plastikmöbel verwandelt worden.
»Gut, dass du nicht hier gebucht hast«, sagte Juna.
»Wollte ich, war ja naheliegend. Aber es war völlig ausgebucht. Und zu teuer«, sagte Linnea. »Zum Glück.«
Der Besitzer war zwar freundlich, konnte ihnen aber nicht weiterhelfen. Die alten Akten waren schon in der DDR verlorengegangen.
Mehr Erfolg hatten sie nebenan. »Da steht tatsächlich noch Hiller an der Klingel!«, stellte Juna hocherfreut fest und drückte auf den Knopf. Während sie warteten, versuchte sie ungeduldig, um das Haus herum in den Garten zu spähen. Doch eine Hecke, die längst einmal hätte geschnitten werden müssen, versperrte ihr die Sicht.
Die Libelle hatte sie für den Moment vergessen. So albern ihr das auch schien, plötzlich wünschte sie sich verzweifelt, die alte Rose blühen zu sehen. Ihr war, als hinge ihre eigene Zukunft davon ab.