Kapitel 53

W ir näherten uns dem Butler, der wie einige der Umstehenden ein Schild in der Hand hielt. Als er uns erblickte, atmete er erleichtert auf und deutete eine Verbeugung an.

»Gräfin und Graf von zur Mühlfelden?«, fragte er zur Sicherheit. Die Namen, die auf seinem Schild standen.

Wir nickten.

»Gott sei Dank«, sprach er mit der zu seinem Outfit passenden Näselstimme. »Mir wurde eben gesagt, Ihre Maschine wäre nicht aus London losgekommen.« Er sah etwas verstört auf den Teil meiner Leinenhose, der wie eine braune Inkontinenzlandkarte Australiens aussah, was dem Kaffeefleck im Schritt zu verdanken war.

»Es hieß, Ihr Flug wäre gestrichen. Aber das war ja zum Glück eine Fehlinformation. Wenn ich Sie bitten dürfte.«

Seine Absätze klackerten auf den glatt polierten Bodenfliesen des Flughafens, als trüge er High Heels.

»Die Herrschaften reisen mit leichtem Gepäck?«, fragte er, während wir Probleme hatten, mit ihm Schritt zu halten.

Wir nickten erneut.

»Gut. Sehr gut.«

Ein Klimaanlagen-Abgasgemisch an warmer Luft empfing uns, als wir das Terminal verließen und zu den Kurzzeitparkplätzen direkt in der Zufahrt gingen.

»Wie Sie wissen, beginnt das Schlichtungsverfahren in der Erbauseinandersetzung in wenigen Minuten. Ich hoffe, Sie sind emotional gut vorbereitet, immerhin geht es um hundertzwanzig Millionen Franken, und die Anwesenden sind, nun, gewisse Charaktere, wenn mir die Bemerkung gestattet sei.«

Der Butler hielt vor dem für die Herrschaften ausgewählten Shuttle-Fahrzeug und öffnete die hinteren Türen.

Wenn man dem Umstand, dass man mit dem Leben schon einmal abgeschlossen hatte, überhaupt etwas Gutes abgewinnen kann, dann vielleicht die Erkenntnis, dass man in ihm nichts mehr zu verlieren hat. Sondern nur noch zu gewinnen.

Ich wusste nicht, wohin dieser Gedanke mich führte, ebenso wenig, wie ich eine Vorstellung davon hatte, wohin der livrierte Chauffeur uns bringen wollte, gemeinsam mit seinem Beifahrer, dem Butler. In dem goldenen Rolls-Royce-Cabrio, in dem Christin und ich es uns erwartungsfroh, aber auch – das gebe ich zu – mit etwas flauem Magen bequem machten.

»Sind wir gut vorbereitet, Liebling? «, fragte mich Christin, während sie die Beine ausstreckte.

»Ich denke, das sind wir, Schat z«, antwortete ich, als der Wagen nahezu geräuschlos anfuhr.

 

Und so endet diese Geschichte, wie alle Geschichten beginnen. Mit dem Aufbruch zu einer Reise von ungewisser Dauer mit unsicherem Ergebnis – was im Grunde eine treffende Beschreibung für das Wunder des Lebens ist.

Oder die Definition eines Elternabends.