Kapitel 16

Später an diesem Abend, als er hinter seinem Schreibtisch in seinem Büro im Phoenix saß, war Rhys nicht überrascht, als seine Eltern verlangten, über Zoom mit ihm zu sprechen. Er wollte Zoey etwas Zeit geben, um die Verlobung zu verarbeiten, bevor sie seinen Eltern gegenübertrat. Doch wie es typisch für sein Leben war, wollten seine Eltern nicht so lange warten. Sie waren anständige Menschen, aber auch verwöhnt und anspruchsvoll im Umgang. Im Moment stand Zoey seitlich neben dem Schreibtisch und knabberte an ihrem Daumen, ohne den besorgten Blick von Rhys zu nehmen. Er war nicht im Geringsten so beunruhigt und fand ihre Ängste liebenswert. Sie wollte ihn nicht enttäuschen, doch wie hätte sie das tun können? Von Tag eins an hatte sie ihn bezaubert. Rhys zweifelte nicht daran, dass es seinen Eltern ebenso ergehen würde, wenn sie sich erst an den Gedanken gewöhnt hatten, dass er eine Frau heiratete, deren sozialer Status unter seinem stand.

»Wir haben viel zu besprechen, Sohn«, sagte Warren Harrington, der ebenfalls an seinem Schreibtisch saß, hinter ihm an der Wand ein abstraktes Kunstwerk. Rhys hatte schon immer wie sein Vater ausgesehen. Die grauen Augen waren typisch für die Harringtons. Die Männer hatten den gleichen Körperbau und die gleiche Größe, der einzige Unterschied bestand darin, dass das Haar seines Vaters grau meliert war und er ein runderes Kinn hatte als Rhys.

Neben ihm in einem Ohrensessel saß Alice, der es schwerfiel, sich zurückzuhalten. »Tut mir leid, sagtest du gerade, dass du dich verlobt hast?« Die hellblauen Augen seiner Mutter waren groß, und durch all das Botox, das sie wie eine Frau in den Vierzigern aussehen ließ, konnte sie das Gesicht kaum bewegen.

»Ihr habt mich richtig verstanden«, bestätigte Rhys. Er musste seiner Familie nichts erklären. Erklärungen schuldete er nur seiner Wahlfamilie, dennoch wollte er, dass das hier problemlos für Zoey verlief. Nur für sie führte er dieses Gespräch überhaupt. »Ihr Name ist Zoey Parker. Sie lebt in Brooklyn. Wir sehen uns seit einem Monat.«

»Einen Monat.« Alice schnappte nach Luft und blickte zwischen Rhys und Warren hin und her. »Ist das nicht ein bisschen schnell, Rhys?«

»Ganz bestimmt ist es das«, stimmte er zu.

»Und du bist dir sicher mit ihr?«, fragte Alice.

»Ziemlich sicher«, war seine Antwort.

Warren strich sich mit der Hand über das glatte Gesicht und blickte zur Decke. »Parker, hm.« Sein stählerner Blick kehrte zu Rhys zurück. »Kein Name, den ich kenne. Du sagtest, dass sie aus Brooklyn kommt. Was macht ihre Familie?«

Rhys lächelte. »Du kennst ihren Namen nicht, weil du vermutlich noch nie jemanden wie sie kennengelernt hast.«

»Rhys.« Sein Vater runzelte die Stirn. »Du weißt, wie wir die Dinge handhaben. Wir haben enge Verbindungen mit einigen der führenden Familien in New York.«

Diese lächerliche Bemerkung seines Vaters ließ Zoey nervös von einem Fuß auf den anderen treten und den Kopf senken. Ja, das alles würde nie passieren. Doch innerhalb einer Sekunde hielt Rhys Zoey in seinen Armen. Sie wehrte sich bei jedem Schritt, bis er sie auf seinem Schoß gezogen hatte und sie auf den Bildschirm blickte.

Seine Eltern sahen beschämt aus, dass sie alles mitangehört hatte. Rhys hatte nicht vor, irgendetwas zu beschönigen. Wenn Zoey mit ihm zusammen war, musste sie wissen, mit wem sie es aufzunehmen hatte. Ja, er würde sie vor dem Anspruchsdenken der beiden beschützen, indem er ihr zeigte, dass Zoey und er eine solide Einheit bildeten und er ein eigenständiger Mann war, zu dessen Leben Zoey nun gehörte. Und seine Eltern würden damit zurechtkommen müssen.

In die bleierne Stille hinein hob Zoey die Hand und winkte. »Hi, ich bin Zoey. Wie schön, Sie kennenzulernen.«

Weiterhin Stille.

Rhys grinste und strich ihr das Haar hinter das Ohr. »Zoey arbeitet als Hundefriseurin.«

Seine Mutter gab einen unterdrückten Laut von sich.

Sein Vater zog eine Braue hoch. »Eine Hundefriseurin?«

»Eine der besten in Brooklyn.« Rhys nickte.

Zoey lachte nervös und sah zu Tode erschrocken aus. »Nun, ich war eine Hundefriseurin. Und ich habe diese Arbeit wirklich geliebt. Es war ein großartiger Job. Ich habe so viele unglaubliche Menschen kennengelernt. Aber heute Morgen habe ich mich für einen Studienplatz in Tiermedizin beworben. Es wird mindestens einen Monat dauern, bis ich mehr weiß, doch ich hatte früher schon einmal eine Zusage. Und nun hoffe ich, dass man mich wieder annehmen wird.«

Rhys legte ihr einen Finger unter das Kinn und drehte ihren Kopf, bis er ihre Aufmerksamkeit hatte. »Du hast dich für ein Studium der Tiermedizin beworben?«

Sie schenkte ihm ein Lächeln, das seine Welt aus den Angeln hob. »Nun ja, weißt du, da ist das Geld, das ich aus diesem Investment habe, und ich finde, ich sollte es in diese Ausbildung investieren, statt mir ein Haus davon zu kaufen.«

»Zoey«, rief Rhys und platzte fast vor Stolz. »Das ist wundervoll.«

Sie drehte sich zurück zu seinen Eltern, und etwas von ihrer süßen Schüchternheit verschwand, als sie zu Warren sagte: »Sie haben mich vorhin gefragt, was meine Eltern beruflich machen. Sie arbeiten beide als Ärzte in Sacramento.«

Warren warf Rhys einen wenig erfreuten Blick zu. »Ich nehme an, das erklärt, warum William dachte, dass du den Verstand verloren hast. Er hat mir einen wortreichen Text geschrieben, dass du nach Sacramento ziehen würdest. Nichts davon hat einen Sinn ergeben.«

»Ich denke, er war betrunken«, fügte Alice hinzu.

Rhys unterdrückte ein Grinsen. Er musste sich später bei den Jungs bedanken. »Ich habe entschlossen, dass es mir mehr entgegenkommt, in New York zu bleiben.«

»Gut«, sagte Warren mit harter Stimme. »Wir brauchen Harrington-Blut in der Stadt.«

Rhys ignorierte diese Bemerkung und sah zu seiner Mutter, als diese nun Zoey mit einer freundlicheren Stimme als zuvor fragte: »Was für Ärzte sind Ihre Eltern, Zoey?«

»Meine Mutter ist Allgemeinmedizinerin. Sie hat eine eigene Praxis. Und mein Dad ist Gefäßchirurg.«

»Wie interessant.« Alice lächelte sanft. »Ich nehme an, wir sollten uns einmal treffen.«

Zoey erwiderte das Lächeln. »Ich bin mir sicher, dass sie sich sehr freuen würden, Sie beide kennenzulernen.«

Alice blickte zu Rhys, dann zu Warren und dann zu Zoey. »Nun, eine Hochzeit bedeutet jede Menge Vorbereitungen.«

»Nein«, sagte Rhys.

Warrens Brauen schossen in die Höhe. »Nein?«

»Keine Vorbereitungen.« Rhys küsste Zoeys Schulter. Er unterdrückte ein Grinsen wegen der Art, wie sie sich zierte. Dann sah er zu seinem Vater. »Keine große Inszenierung. Wir werden nur eine private Zeremonie zusammen mit engen Freunden haben. Ihr seid beide herzlich eingeladen, daran teilzunehmen.« Er wusste zu schätzen, was seine Eltern während seiner Kindheit und Jugend für ihn getan hatten. Er hatte immer das erledigt, was nötig war, damit der Namen Harrington eine feste Größe in New York City blieb. Doch inzwischen gehörte sein Leben ihm, und Zoey war alles, was jetzt zählte.

Sein Vater verzog das Gesicht.

Alice konnte nicht still sitzen. Schließlich brach sie das Schweigen und fragte: »Dann ist es das, was du willst, Rhys?«

»Es ist das, was wir wollen.«

Er lächelte Zoey an, als er die Arme um sie legte. Sie blickte zu seiner Mutter. »Werden Sie bald wieder in der Stadt sein?«, erkundigte sie sich. »Bestimmt wird meine Mutter hierherkommen, um mit mir ein Brautkleid auszusuchen. Es wäre wirklich schön, wenn Sie uns dabei Gesellschaft leisten.«

Alice blinzelte, wechselte einen langen Blick mit Warren und sah dann erneut zu Zoey. »Ich werde mein Bestes tun, um es zu ermöglichen.«

»Fantastisch«, sagte Rhys. An seinen Vater gerichtet fügte er hinzu: »Gibt es sonst noch etwas zu besprechen?«

Warren schüttelte den Kopf. »Ich nehme an, es ist alles geregelt.« Er zögerte für einen Moment. »Glückwunsch zur Verlobung. Würdet ihr mir erlauben, es in der Zeitung bekannt zu geben?«

Es dauerte einen Augenblick, bis Rhys bewusst wurde, dass sein Vater ihm eine Frage gestellt hatte, statt etwas von ihm zu verlangen. Er lächelte zurück. »Ja, das ist in Ordnung.«

»Ich kümmere mich darum.«

Dann verabschiedeten sie sich voneinander, während seine Mutter immer noch erschrocken darüber schien, dass Zoey sie an etwas so Persönlichem teilhaben lassen wollte. Rhys fuhr den Computer herunter und setzte sich auf seinem Sessel zurück. Zoey rutschte auf seinem Schoß herum, bis sie rittlings auf ihm sah. Ihr Blick hielt ihn gefangen. »Du hättest ihnen nicht zu sagen brauchen, dass deine Eltern Ärzte sind. Du musst ihnen und ihrem Anspruchsdenken nicht entgegenkommen.«

Sie küsste ihn auf die Nase. »Aber ich wollte es. Sie sind nun mal so, wie sie sind. Es war nicht schlimm für mich, sie zu beruhigen.«

Er schaute sie an, und wieder einmal verblüffte ihn ihr starker Charakter zutiefst. Diese außergewöhnliche Frau, die ihm aus heiterem Himmel das Herz gestohlen hatte, ihm dieses Leben schenkte, diese Liebe – nie hätte er geglaubt, dass er sie finden würde.

Sanft lächelte sie und tippte ihm an die Wange. »Was bedeutet dieser Gesichtsausdruck?«

»Ständig sagst du, dass ich dir helfen würde, aber in Wirklichkeit scheinst du all die Risse in meinem Leben zu kitten.«

»Gut«, sagte sie und verschränkte die Finger in seinem Nacken. »So ist das Spiel ausgeglichen.«

Er grinste und war versucht zu bleiben, wo er war, doch er hatte einen Plan für den Abend. Einen, der seinen Schwanz ungeduldig zucken ließ. »Apropos spielen. Wir werden unten bereits erwartet.«

Sie legte den Kopf schräg. »Werden wir das?«

»Mhm-hm.« Er richtete sich in dem Sessel auf, nahm ihr Gesicht in seine Hände und zog ihren Mund an seinen. »Heute Abend wird das Phoenix erfahren, dass du mir gehörst und ich dir. Doch du wirst immer die Wahl haben.« Er hob eine Augenbraue. »Was sagst du, Zoey? Ja oder nein zu meinem Spiel heute Abend?«

»Ja«, sagte sie und strich mit ihren Lippen über seine. »Immer ja, Rhys.«