J ayden Kennedy schwebte immer noch wie auf Wolken, so aufgeregt war er wegen des neuen Auftrags und des Diamantrings, den er aus New York City mit nach Hause gebracht hatte. So ungelegen ihm die Domiluxe-Vermietung seines Hauses jetzt auch kam, sie hatte sich doch als Segen erwiesen. Er und Julie hatten noch nie so viel Zeit gemeinsam verbracht, und er war mehr als je zuvor überzeugt, auch den Rest seines Lebens mit ihr verbringen zu wollen.
Er überlegte sich, wo er ihr die entscheidende Frage stellen wollte. Auf dem Wanderweg, wo sie sich zum ersten Mal begegnet waren? In dem Restaurant, wo sie ihr erstes Date hatten? Oder sollte er auf Griechenland warten? Sie hatten davon gesprochen, die Reise zusammen zu unternehmen.
Plötzlich war Julie hinter ihm und schlang die Arme um seine Hüfte. »Soll ich den Fernseher ausstellen?« Er hatte darauf bestanden, nach dem Essen den Abwasch zu machen, während sie sich die Nachrichten ansah. »Ich merke es immer, wenn du in Gedanken ganz woanders bist. Du machst dir doch keine Sorgen wegen des neuen Kunden, oder?«
Er trocknete sich die Hände am Geschirrtuch und drehte sich zu ihr um. Bei ihrem Lächeln wurde ihm ganz warm ums Herz. »Ich mach mir keine Sorgen, überhaupt nicht. Ich habe eher von unserem Trip nach Griechenland geträumt.«
»Oh, das höre ich gern.« Sie sah ihn eindringlich an, versuchte, seine Miene zu entschlüsseln. »Warum grinst du mich so an? Als hättest du ein Geheimnis.«
»Es gibt kein Geheimnis«, sagte er. Wenn er ihr den Heiratsantrag gemacht – und sie ihn hoffentlich angenommen – hatte, würde er sie an diesen Augenblick erinnern und ihr dazu gratulieren, seine Gedanken lesen zu können.
Sie setzten sich beide aufs Sofa und hörten den Meteorologen ausführen, dass der Regen in den nächsten Stunden noch zunehmen würde. Unterbrochen wurde er von Julies Handy, das auf dem Beistelltisch piepte. Als sie die neue Textnachricht las, riss sie die Augen auf. »Von meiner Freundin Kara, sie ist in East Hampton und sagt, dass Melissa Eldredges Stieftochter vermisst wird. Anscheinend wird in der ganzen Gegend nach dem Mädchen gesucht.«
»Im Ernst? Wie seltsam. Hat sie in ihrem Podcast nicht erwähnt, sie würde sich völlig anders als Judith Moore verhalten, sollte ihre Stieftochter vermisst werden?« Und dann hatte Melissa Eldredge in dieser Podcast-Folge noch etwas gesagt, aber das wollte ihm jetzt nicht einfallen.
»Moment, Kara hat noch einen Link auf einen Artikel geschickt.« Julie scrollte durch die Seite, die sie anschließend gemeinsam lasen.
»Peppa Wutz!« , kam es unisono von ihnen.
»Genau, das hat sie auch in ihrem Podcast erwähnt«, sagte Jayden. »Sie liebt ihre Stieftochter so sehr, dass sie mittlerweile die Handlung jeder Peppa-Wutz- Folge kennt.«
Ihm stockte der Atem, als er den Gedanken fortführte.
»Deine Mieterin«, sagte Julie und schlug sich die Hand vor den Mund. »Ich hab sie für einen Mann mit einer heimlichen Familie gehalten, aber …«
»Sie hat sich anfangs nach der alten Schaukel hinten im Garten erkundigt. Ich hab ihr gesagt, die sei für Kinder, darauf kam von ihr dieser seltsame Kommentar – dass das perfekt wäre. Später hat sie klargestellt, dass sie damit das Haus meint, aber mir ist es ziemlich komisch vorgekommen. Ich werde rüberfahren.«
»Um was zu tun? Dich umbringen zu lassen? Nein. Das kannst du nicht. Bitte.«
»Dann verständigen wir die Polizei«, sagte er und griff nach dem Telefon.
»Aber die Polizei wird nichts unternehmen können«, sagte sie. »Denk doch. Wir haben bloß einen Zeichentrickfilm im Fernsehen gesehen. Wir haben noch nicht einmal ein Kind zu Gesicht bekommen, schon gar nicht dieses eine.«
»Aber der Zeichentrickfilm passt nicht zu der Geschichte, die mir meine Mieterin aufgetischt hat. Dazu kommt ihre völlige Überreaktion, als ich ihr schrieb, ich würde mir gern den Keller ansehen.«
Julie kaute nachdenklich auf ihrem Daumennagel herum. »Okay, wie wär’s mit Folgendem? Ich rufe die Polizei von einem alten Münzfernsprecher aus an und sage, ich wäre zufällig in der Nähe deines Hauses gewesen – was ja stimmt. Ich kann sagen, ich hätte von dem vermissten Mädchen gehört. Und dass der Besitzer des Hauses ein alleinstehender Mann ist, mir im Haus aber ein Kind aufgefallen ist, das sich im Fernsehen Peppa Wutz angesehen hat – was mich nachdenklich gemacht hat. Wenn man was sieht, soll man sich doch melden, oder? Und dann gebe ich ihnen deinen Namen und deine Telefonnummer, dann sehen wir ja, was die Polizei unternimmt.«
»Und wenn sie was unternimmt«, sagte er und führte ihren Gedanken fort, »kann ich von der anonymen Mieterin erzählen und mitteilen, was mir seltsam erschienen ist.«
»Auf diese Weise muss die Polizei davon ausgehen, dass sie zwei unabhängige Informationsquellen hat«, sagte Julie. »Sie werden sich das Haus ansehen. Ich bin mir ganz sicher.«
»Ziemlich clever«, sagte er und griff sich bereits seine Regenjacke. »Fahren wir. Im Diner gibt es einen alten Münzfernsprecher.«