7.2 Ansprüche bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Wie zu Beginn dieses Kapitels bereits erwähnt, richten sich die Ansprüche, die gegen den Fotografen geltend gemacht werden können, weil er ohne Einwilligung das Bildnis einer Person veröffentlicht hat, primär nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, aber die zum Urheberrecht geltenden Grundsätze finden auch hier Anwendung. Da es viele Übereinstimmungen mit den in Abschnitt 7.1 dargestellten Ansprüchen gibt, werde ich die Ansprüche hier nur kurz darstellen und nur auf die Ansprüche näher eingehen, die Besonderheiten gegenüber denen bei Urheberrechtsverletzungen aufweisen.
Aber bilden wir jedoch auch hier zunächst wieder einen Beispielfall: Der Fotograf macht in seinem Studio verschiedene Aufnahmen einer guten Bekannten, nennen wir sie Anna, die sich ihm ohne Vergütung als Model zur Verfügung gestellt hat, um seine fotografischen Fertigkeiten zu trainieren. Auch ein paar Aktaufnahmen von Anna wurden gefertigt. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht abgeschlossen, beide waren sich jedoch einig, dass es sich um Testaufnahmen handelt, die für eine Veröffentlichung nicht in Betracht kommen sollten. Dennoch veröffentlicht der Fotograf einige Zeit später eine von zwei außerordentlich gut gelungenen Aktaufnahmen auf seiner Website. Welche Ansprüche hat Anna?
7.2.1 Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB analog)
Der Unterlassungsanspruch, der Anna zusteht, richtet sich hier nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Dort ist die Vorschrift des § 1004 die Rechtsgrundlage für diesen Anspruch, auch wenn er sich nach seinem Wortlaut auf Abwehransprüche des Eigentümers richtet. Er wird jedoch für einen wie hier skizzierten Fall analog angewandt.
Im Übrigen gilt das, was ich in Abschnitt 7.1.1 über den Unterlassungsanspruch nach dem Urhebergesetz ausgeführt habe, auch für den Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB.
7.2.2 Beseitigungsanspruch (§ 1004 BGB analog)
Auch für den Beseitigungsanspruch nach BGB gilt das Gleiche wie für das Urhebergesetz (siehe Abschnitt 7.1.2). Auch hier stünde Anna der Anspruch zu, die Beseitigung noch andauernder Störungen zu verlangen.
Die Beseitigung des Aktfotos von der Website des Fotografen wird jedoch hier bereits durch den Unterlassungsanspruch umfasst, mit dem der Fotograf verpflichtet wird, es sofort zu unterlassen, die Bilder auf seiner Website (und an anderer Stelle) zu zeigen. Dies impliziert natürlich die sofortige Beseitigung von der Website, sodass ein separater Beseitigungsanspruch hier nicht in Betracht kommt.
7.2.3 Vernichtungsanspruch (§ 37 KUG)
Auch ein Vernichtungsanspruch steht Anna zu, der sich hier jedoch nach der Sonderregelung in § 37 KUG richtet (das Kunsturhebergesetz finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg). Inwieweit hier auch der Anspruch auf Rückruf oder Entfernung aus dem Vertriebsweg greift, wurde noch nicht entschieden. Hier gilt das zu diesen Ansprüchen in Abschnitt 7.1.4 Gesagte.
7.2.4 Anspruch auf Übernahme (§ 38 KUG)
Anna steht ein Recht auf Übernahme zu, das sich aus § 38 KUG ergibt. Im Gegensatz zum Überlassungsanspruch des § 98 Abs. 3 UrhG, der einem Urheber zusteht, kommt dem Anspruch auf Übernahme nach § 38 KUG eine wesentlich größere Bedeutung in der Praxis zu. Denn dieser Anspruch beinhaltet die Herausgabe der Bilder und aller Abzüge bzw. Duplikate, aber auch der entsprechenden Trägermaterialien – etwa Negative, Dias und natürlich auch der jeweiligen Dateien.
Sofern die Veröffentlichung noch nicht erfolgt, aber bereits angekündigt ist, kann Anna vorbeugend über eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragen, dass die Bilder und Trägermaterialien bzw. Dateien an einen Gerichtsvollzieher herausgegeben werden müssen. Sie selbst hat in dieser Phase keinen eigenen Anspruch auf Übernahme, da dieser eine bereits vollendete Verletzungshandlung voraussetzt.
7.2.5 Anspruch auf Schadensersatz (§ 823 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 22 KUG)
Auch hier gilt im Wesentlichen das, was für den Bereich von Verletzungen urheberrechtlicher Vorschriften bereits in Abschnitt 7.1.8 ausgeführt wurde, insbesondere die Grundsätze des Schadensersatzrechts. Ebenso wie bei Urheberrechtsverletzungen stehen bei einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild die drei Schadensberechnungsmethoden (entgangener Gewinn, Herausgabe des Verletzergewinns und Lizenzanalogie) dem Verletzten zur Auswahl, wegen der prozessualen Schwierigkeiten hat sich jedoch auch hier die Lizenzanalogie in der Praxis durchgesetzt.
Der Schadensersatzanspruch richtet sich zwar jetzt nicht nach den Vorschriften des UrhG, sondern nach den Vorschriften des BGB. Die Vorschriften der sogenannten unerlaubten Handlungen, die hier zur Anwendung kommen, sind in den §§ 823 ff. BGB geregelt. Nach § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige einem anderen zum Schadensersatz verpflichtet, der dessen Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht schuldhaft und widerrechtlich verletzt. Die gleiche Verpflichtung trifft nach § 823 Abs. 2 BGB denjenigen, der gegen ein Gesetz verstößt, das den Schutz eines anderen bezweckt. Ein solches Schutzgesetz ist zum Beispiel die Bestimmung des § 22 KUG, der – wie gesehen – das Recht am eigenen Bild regelt und es verbietet, Bildnisse ohne Einwilligung des Abgebildeten zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen.
Jedoch liegt nicht in jedem Fall überhaupt ein materieller Schaden vor, der zu ersetzen wäre. Ein materieller Schaden entsteht in den Fällen unerlaubter Veröffentlichung von Bildnissen dann, wenn es sich um ein Bildnis einer Person handelt, die normalerweise die Benutzung ihres Bildes zu kommerziellen Zwecken zur Verfügung stellt. Dies ist bei professionellen Darstellern und Prominenten in der Regel der Fall. Auch ein Model vermarktet seine Bildnisse oder lässt zu, dass sie gegen Zahlung einer entsprechenden Nutzungs- oder Lizenzgebühr vom Fotografen verwertet werden.
[ ! ] Anspruch auf Schadensersatz
Bei einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild steht der abgebildeten Person ein Anspruch auf Schadensersatz zu, der sich danach bestimmt, was bei einer Einwilligung in eine Veröffentlichung an Lizenz gezahlt worden wäre (Lizenzanalogie). Die Rechtsprechung billigt bislang diesen Anspruch jedoch nur dann zu, wenn die abgelichtete Person sich üblicherweise gegen Zahlung von Honorar ablichten lässt. Der Normalbürger hat dagegen nach der Rechtsprechung keinen Anspruch auf Schadensersatz.
In diesen Fällen kann ein materieller Schadensersatzanspruch gegeben sein, der sich nach der in Abschnitt 7.1.8, »Schadensersatzanspruch (§ 97 Abs. 2 UrhG)«, erörterten Lizenzanalogie richtet. Ausgangspunkt der Schadensermittlung ist auch hier die Frage, was an das Model vernünftigerweise zu zahlen gewesen wäre, wenn man die entgeltliche Nutzung der Aktfotos zwischen Model und Fotograf vertraglich vereinbart hätte.
So hilfreich die Honorarübersicht der MFM bei Bildern, die keine Bildnisse sind, auch ist, so wenig ist sie geeignet bei einem Anspruch wegen Verletzung des Rechts am Bild. Denn hier ist neben den Fragen der Nutzungsart, des Nutzungsumfangs und der Verbreitung noch die abgebildete Person zu berücksichtigen, sodass die MFM-Liste allenfalls einen ersten Anhaltspunkt liefern kann. Als weiteres Kriterium spielt der Bekanntheitsgrad der abgebildeten Person eine wichtige Rolle, denn er hätte zu einem nicht unerheblichen Anteil auch die zu zahlende Lizenz bestimmt. Das Topmodel hätte – anders als ein noch völlig unbekanntes Model – ein Vielfaches an Gage genommen, ein international bekannter Hollywood-Star wäre deutlich höher zu vergüten gewesen als ein nur lokal bekannter Schauspieler. Auch wird man bei der Festlegung des angemessenen Honorars zu berücksichtigen haben, ob es sich nur um ein Porträt im bekleideten Zustand, um eine Aufnahme in Dessous oder um eine Aktaufnahme handelt. Je mehr das Model von sich unverhüllt zeigt, desto mehr wird man dafür bezahlen müssen, um die Veröffentlichungsrechte zu erhalten. Bei Aktaufnahmen wiederum wird man unterscheiden müssen, ob es sich nur um einen Halb- oder um einen Ganzkörperakt handelt, inwieweit Erkennbarkeit gegeben ist und inwieweit die Schambereiche auf dem Bild zu sehen sind. Alle diese Faktoren spielen bei der Ermittlung der fiktiven Lizenzgebühr eine Rolle, sodass irgendwelche standardisierten Listen wohl kaum zu einem befriedigenden Ergebnis führen dürften. Vielmehr ist auch dies ein Fall der Festlegung des Einzelfalls, die Gerichte müssen – gegebenenfalls durch Heranziehen von vergleichbaren Fällen und Gutachten eines Sachverständigen – die fiktive Lizenzgebühr schätzen.
In der Rechtsprechung zu den Schadensersatzzahlungen, bei denen es stets um Prominente ging, wurden fiktive Lizenzgebühren von 10.000 DM (an Alexander Schalck-Golodkowski wegen einer Plakatwerbung) bis zu 1,2 Millionen € (an Boris Becker wegen einer Werbeanzeige in der FAZ) ausgeurteilt.
Die Rechtsprechung des BGH (begründet mit Urteil vom 14.02.1958 – I ZR 151/56 – »Herrenreiter«) versagt den Schadensersatzanspruch nach der Lizenzanalogie in den Fällen, in denen der Verletzte zu einer kommerziellen Verwertung seines Bildnisses grundsätzlich nicht bereit ist, wenn sich also die abgebildete Person in der Regel nicht gegen Entgelt ablichten lässt, da man dann auch nicht davon ausgehen könne, dass die fotografierte Person auf Befragen eine Lizenz erteilt hätte. Die Vorinstanz (OLG Köln) hatte den Schaden noch nach der Lizenzanalogie berechnet.
Dennoch sprach der BGH in dieser Entscheidung dem Herrenreiter (Dressurreiter) wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild einen Schadensersatzanspruch in Form von Schmerzensgeld zu. Das Urteil des BGH ist deshalb von rechtsgeschichtlicher Bedeutung, weil damit die Rechtsprechung zum Schmerzensgeld bei unautorisierter Bildveröffentlichung begründet wurde. Dabei war es in diesem Fall entscheidend, dass das Persönlichkeitsrecht des Reiters dadurch erheblich verletzt worden war, dass das Bild des Reiters im Zusammenhang mit der Herstellerwerbung für ein Potenzmittel verwendet wurde. Dies hat der BGH sicherlich zu Recht als erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung gewertet. Ohne diese Verletzung des Persönlichkeitsrechts, wenn also die Veröffentlichung des Fotos nicht in Verbindung mit der Potenzmittelwerbung erfolgt wäre, hätte der BGH den Schadensersatzanspruch im Zweifel abgewiesen.
Für unseren Beispielfall bedeutet dies ebenfalls, dass Anna, die kein professionelles Model ist, sondern lediglich dem Fotografen einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst erwiesen hat, keinen materiellen Schadensersatzanspruch nach der Lizenzanalogie hat, da auch bei ihr davon auszugehen ist, dass sie gar keine Lizenz erteilt hätte. Zur Frage, ob Anna ein Schmerzensgeld- bzw. Entschädigungsanspruch zusteht, kommen wir an späterer Stelle.
In der Literatur wird zum Teil gegen die Rechtsprechung des BGH das Argument eingewandt, dass es nicht darauf ankomme, ob der Verletzte bereit gewesen wäre, die Nutzung der Fotos zu lizenzieren, sondern entscheidend nur sei, ob es rein objektiv einen Marktwert für die Nutzung des Bildnisses gebe, auch wenn die Nutzung ohne Einwilligung erfolgte. Diese Auffassung konnte sich bislang jedoch nicht durchsetzen.
Damit besteht im Prinzip eine Sanktionslücke, weil der Normalbürger im Gegensatz zu solchen Personen, die entweder prominent sind und/oder sich üblicherweise gegen Honorar ablichten lassen, keinen materiellen Schadensersatzanspruch hat.
7.2.6 Bereicherungsausgleich (§§ 812 ff. BGB)
Wie Sie ja bereits erfahren haben, setzt ein Schadensersatzanspruch Verschulden voraus. In Fällen, in denen ein Verschulden des Verwerters nicht vorliegt oder nicht nachweisbar ist, gibt es noch eine andere Möglichkeit, einen Schadensersatz geltend zu machen. Dies ist der Ausgleich mittels eines Bereicherungsanspruchs, der verschuldensunabhängig ist.
[ ! ] Bereicherungsgrundsatz
Der Bereicherungsgrundsatz oder Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung, der in §§ 812 ff. BGB geregelt ist, besagt, dass derjenige eine Leistung zurückzugewähren hat, der diese Leistung ohne Rechtsgrund erhalten hat.
Ein klassischer Fall der Bereicherung, den viele Leser wahrscheinlich schon gehört oder selbst erlebt haben, ist die Lohnüberzahlung des Arbeitgebers. Anstelle der geschuldeten 2.000 € überweist der Arbeitgeber versehentlich 3.000 € auf das Konto des Arbeitnehmers. Dann hat der Arbeitnehmer 1.000 € zu viel und damit ohne Rechtsgrund erhalten und ist ungerechtfertigt bereichert. Er muss diesen Betrag deshalb zurückzahlen.
Die Überlegung, den Bereicherungsanspruch bei einer Verletzung des Bildrechts anzuwenden, ist folgende:
Derjenige, der rechtswidrig ein Bild vermarktet, hat die Möglichkeit, das Bildnis zu nutzen, ohne Rechtsgrund erlangt, da keine vertragliche Vereinbarung, das Bildnis nutzen zu dürfen, vorhanden ist und er dafür keine Leistung erbracht hat. Deshalb ist auch er ungerechtfertigt bereichert. Die Nutzungsmöglichkeit kann natürlich nicht herausgegeben werden, aber ihr Verkehrswert. Dieser entspricht der üblichen Lizenzgebühr, die vom Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geschätzt werden muss. Auch hier wird die Lizenzanalogie angewandt.
Auch dieser Anspruch ist jedoch nach der BGH-Rechtsprechung nur dann durchsetzbar, wenn die abgebildete Person sich üblicherweise gegen Geld ablichten lässt. Für den Normalbürger, der dies nicht tut, ist auch diese Schadensberechnung wenig hilfreich.
[ ! ] Herausgabe der Bereicherung
Der Verletzer ist verpflichtet, an den Verletzten den Wert der Nutzung, für die es keine Rechtsgrundlage gibt, an den Verletzten herauszugeben. Der Wert der Nutzung besteht in den Lizenzgebühren, die der Verletzer durch seine unberechtigte Verwertungshandlung gespart hat.
7.2.7 Geldentschädigung (Art. 1 und 2 GG)
Da die Verletzung des Rechts am eigenen Bild gleichzeitig eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, gewährt die Rechtsprechung der verletzten Person einen Anspruch auf Geldentschädigung, der unmittelbar aus der Verfassung, Art. 1 und 2 GG (www.gesetze-im-internet.de/gg), abgeleitet wird und im Einzelfall von den Gerichten unter Berücksichtigung aller Umstände geschätzt werden muss.
Dieser Anspruch hat weniger schadensausgleichende Funktion, sondern soll einerseits Genugtuung für die verletzte Person sein und andererseits auch der Prävention dienen. Dieser Anspruch steht Prominenten wie Normalbürgern gleichermaßen zu.
Aber wie schon die immateriellen Schadensersatzansprüche des Urhebers stehen die Entschädigungsansprüche dem Verletzten ebenfalls nicht bereits bei jeder Verletzung zu. Es muss sich vielmehr auch hier um eine schwerwiegende Verletzung oder um eine andauernde Verletzung durch wiederholte Veröffentlichung handeln. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Bildnis dazu benutzt wird, die abgebildete Person herabzuwürdigen oder lächerlich zu machen, sie in einem für sie unvorteilhaften Kontext oder im Zusammenhang mit negativen Ereignissen zu zeigen, mit denen sie nichts zu tun hat. Erst jüngst haben Landgericht und Kammergericht Berlin im Fall der »Frau mit dem Leopardenmantel« – wie in Abschnitt 3.3.1 dargelegt – einen Schadensersatzanspruch verneint, weil keine schwerwiegende Rechtsverletzung vorgelegen habe.
Regelmäßig werden dagegen unautorisierte Veröffentlichungen von Nacktaufnahmen, auch bei Prominenten, als schwerwiegende Eingriffe in die Privat- und Intimsphäre der fotografierten Person angesehen, die zu einer Entschädigungszahlung verpflichten. Bei Werbeaufnahmen ist ein schwerwiegender Eingriff nicht per se gegeben, sondern nur dann, wenn die abgebildete Person durch die Werbung in ein für sie ungünstiges Licht gestellt wird, etwa Werbung für Potenzmittel oder Liebestropfen (BGH, Urteil vom 14.02.1958 – I ZR 151/56 – »Herrenreiter« und vom 26.01.1971 – VI ZR 95/70 – »Pariser Liebestropfen«).
Für unseren Fall bedeutet dies, dass Anna natürlich ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung aufgrund eines schwerwiegenden Eingriffs in ihr Persönlichkeitsrecht durch die Veröffentlichung der Nacktaufnahmen zusteht.
Dass Geldentschädigungen nur bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen gewährt werden, bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch, dass eine einmalige Veröffentlichung eines normalen Porträts im Zweifel keine derart gravierende Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, dass ein Anspruch auf Geldentschädigung zugesprochen würde. Die Rechtsprechung lehnt deshalb auch Ansprüche auf Entschädigung ab, wenn es sich um harmlose Alltagsfotos eines Normalbürgers handelt.
Hätte der Fotograf also ein ganz normales Bildnis von Anna einmalig veröffentlicht, würde ein Anspruch von Anna auf Zahlung einer Geldentschädigung vom Gericht abgewiesen.
Die Höhe der zu zahlenden Entschädigung ist eine Frage der Konstellation des Einzelfalls. So finden sich in der Rechtsprechung je nach Fall Entschädigungszahlungen von 200 € (für einen Mann, der beim Christopher-Street-Day fotografiert und dessen Bild zu einem Bericht über Homosexuelle verwendet wurde) bis hin zu 256.000 € (für Sabrina Setlur für den Abdruck von Nacktfotos), der – soweit erkennbar – bisher höchsten in Deutschland jemals zugesprochenen Entschädigung auf diesem Gebiet. Zwischen den beiden genannten Summen gibt es eine fast unüberschaubare Anzahl von Gerichtsurteilen mit unterschiedlichen Summen, die zugesprochen wurden, viele im fünf- oder sechsstelligen Euro- bzw. DM-Bereich, auch die bereits mehrfach erwähnte Caroline von Monaco hat Summen von 150.000 DM bzw. 180.000 DM erstritten.
Schaut man sich die Entscheidungen an, in denen Entschädigungszahlungen zugesprochen wurden, ist eindeutig festzustellen, dass sich seit der Rechtsprechungsänderung aufgrund der Caroline-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) die bis dahin durchaus maßvollen und nur in seltenen Fällen zu zahlenden Entschädigungsbeträge deutlich erhöht haben. Der Grund dafür ist, dass die Rechtsprechung nun viel mehr den Präventionsgedanken berücksichtigt als früher. Es soll durch den Zuspruch hoher Entschädigungen abgeschreckt und verhindert werden, dass die Massenmedien unter Ausnutzung von Sensationsgier der Öffentlichkeit und nur zum Zwecke der Auflagensteigerung vorsätzlich das Recht am eigenen Bild verletzen. Es liegt deshalb in der Natur der Sache, dass den Personen, deren Rechte durch Darstellung in den Medien verletzt werden, höhere Geldentschädigungen zugesprochen werden als einem Normalbürger, was nicht bedeuten soll, dass es nicht auch Fallkonstellationen gibt, in denen dem Normalbürger eine hohe Entschädigung zugesprochen wird. Es handelt sich eben immer um Einzelfallentscheidungen. Generell lässt sich jedoch feststellen: Es wird für den Verletzer immer teurer, wenn Prominente betroffen sind, und die Entschädigungszahlen potenzieren sich ein weiteres Mal, wenn es dabei auch noch um Nacktaufnahmen geht. Dass auf der anderen Seite die Zeitschriftenverlage immer wieder solche Aufnahmen veröffentlichen und dabei Zahlungen an die Betroffenen in Kauf nehmen, zeugt davon, dass der Absatz der Zeitungen durch Abdruck solcher Bilder offenbar so eklatant gesteigert werden kann, dass etwaige Entschädigungszahlungen einkalkuliert werden können.
[ ! ] Geldentschädigung
Der Anspruch auf Geldentschädigung besteht nur bei schwerwiegenden oder andauernden Rechtsverletzungen. Solche liegen regelmäßig bei der Veröffentlichung von Nacktfotos oder Fotos aus dem Privat- und Intimbereich vor. In allen anderen Fällen muss im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände vom Gericht entschieden werden, ob und in welcher Höhe eine Geldentschädigung gewährt wird.
7.2.8 Verjährung (§ 48 KUG)
Die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild verjähren gemäß § 48 KUG in drei Jahren ab dem Tag, an dem die widerrechtliche Handlung zuletzt stattgefunden hat.