9 Gewerblich fotografieren
Wenn das Hobby zum Beruf wird
Schon mancher Fotograf, für den das Fotografieren zunächst nur Hobby war, ist im Laufe der Zeit, veranlasst durch Veröffentlichungserfolge, durch Auszeichnungen bei Wettbewerben oder durch große Aufmerksamkeit auf sein Blog, auf die Idee gekommen, sein Hobby zum Beruf oder zur gewerblichen Nebentätigkeit zu machen. Mit einigen in diesem Zusammenhang auftretenden Rechtsfragen beschäftigt sich dieses Kapitel.
Schaut man sich die Kurzporträts von Fotografen in Büchern und Zeitschriften an, kann man immer wieder feststellen, dass es eine signifikante Anzahl von Fotografen gibt, die eine Ausbildung in einem völlig anderen Beruf absolviert und sich dann irgendwann dazu entschlossen haben, entweder den erlernten Beruf gänzlich zugunsten der Fotografie aufzugeben oder sich neben dem Beruf eine gewerbliche Nebentätigkeit oder einen Zweitberuf aufzubauen. Die Motive dazu mögen unterschiedlich sein, gemeinsam ist solchen beruflichen Umsteigern jedoch, dass bei der Begründung von Alternativ- oder Zweitberuf eine ganze Reihe von Rechtsfragen auftaucht. Ich werde mich im Folgenden einigen ausgewählten Problemkreisen zuwenden. Dabei ist der eine oder andere in diesem Zusammenhang behandelte Aspekt auch durchaus für den Fotoamateur interessant, der sich im Grenzbereich zur gewerblichen Fotografie bewegt oder diese Grenzen bereits überschritten hat, jedoch nicht vorhat, sich ganz der Fotografie zu verschreiben.
9.1 Die (Berufs-)Bezeichnung »Fotograf«
Eine häufig gestellte Frage ist, wer sich eigentlich »Fotograf« nennen darf und ob es sich dabei um eine geschützte Bezeichnung handelt. Wenn Sie zu dieser Frage im Internet recherchieren, erhalten Sie – wie schon zu anderen Fragen des Foto- und Bildrechts – auch in durchaus neueren Beiträgen Antworten, die zu einem erschreckend hohen Anteil falsch sind. In aktuellen Beiträgen ist dort u. a. zu lesen, als Fotograf dürfe sich nur derjenige bezeichnen, der eine abgeschlossene Ausbildung zum Fotografen absolviert habe, der Amateur oder derjenige, der keine abgeschlossene Lehre vorzuweisen habe, dürfe sich nur »Fotodesigner« oder ähnlich nennen, während wieder andere behaupten, bei der Bezeichnung »Fotodesigner« handele es sich um eine geschützte Bezeichnung, ohne aber zu sagen, wann man diese führen darf. Was ist richtig?
Früher war die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung »Fotograf« davon abhängig, dass eine Handwerksausbildung zum Fotografen absolviert und mindestens mit der Gesellenprüfung abgeschlossen wurde. Seitdem im Jahr 2003 die Handwerksordnung im Zuge der Rechtsharmonisierung innerhalb der EU liberalisiert wurde, ist der Beruf des Fotografen kein zulassungspflichtiges Handwerk mehr, das in die Handwerksrolle eingetragen wird, sondern der Beruf Fotograf ist heute, wie sich aus der Anlage zur Handwerksordnung (HwO) ergibt, ein »zulassungsfreies Handwerk«, das zwar gemäß § 18 HwO bei Beginn und Beendigung des Betriebs bei der Handwerkskammer angemeldet werden muss, sofern der Beruf gewerblich betrieben wird, jedoch keine handwerkliche Ausbildung mehr voraussetzt. Wenn Sie die Handwerksordnung im Wortlaut einsehen möchten, finden Sie sie hier: www.gesetze-im-internet.de/hwo.
Daraus ist abzuleiten, dass sich jeder, der fotografiert, auch Fotograf nennen darf. Allerdings darf er sich nicht »Fotografenmeister« oder »‐meisterin« nennen, denn die Bezeichnung »Meister« ist auch bei zulassungsfreien Handwerken gemäß § 51d HwO nur dann zulässig, wenn die entsprechende Meisterprüfung vor der Handwerkskammer abgelegt wurde.
[+] (Berufs-)Bezeichnung »Fotograf«
Entgegen vielfach gegenteilig vertretener Auffassung ist die (Berufs‐) Bezeichnung »Fotograf« nicht geschützt und kann von jedem, der fotografiert, verwendet werden.
Diejenigen, die den Beruf des Fotografen in mehrjähriger Lehre erlernt haben, mögen mit gewisser Berechtigung diese Liberalisierung des Handwerksrechts kritisch betrachten. Auch der ambitionierte Amateur oder Semiprofi mag vielleicht naserümpfend zur Kenntnis nehmen, dass auch diejenigen sich Fotografen nennen dürfen, die den Kölner Dom mit dem Blitz ihrer Kompaktkamera oder ihres Handys ausleuchten möchten.
Aus meiner Sicht ist jedoch die Bezeichnung von untergeordneter Bedeutung. Selbst in Zeiten, in denen so viele Menschen wie nie zuvor fotografieren und ihre Bilder anschließend zum Beispiel im Internet veröffentlichen, lässt sich noch immer aufgrund der fotografischen Qualität der Fotos der Fotograf leicht vom Knipser unterscheiden. Und letztlich zählt immer noch die – im Falle eines Fotografen offensichtliche – Qualität und nicht irgendeine Berufsbezeichnung.