Kapitel 5
D
ie Fahrt zu ihrem Elternhaus dauerte schmerzhaft lang. Jim hatte leider kein Polizeiauto, sondern nur sein eigenes, sodass sie, obwohl er das Tempolimit nicht beachtete, ohne Sirenen nicht einfach über rote Ampeln fahren konnten. Stattdessen mussten sie stehen bleiben, während aus dem Autoradio leise Jazzmusik erklang und Kristen gezwungen war, darüber nachzudenken, was mit ihrer Familie womöglich geschehen war. Sie hatte es noch viermal bei Brian versucht und keine Antwort bekommen, nicht ein einziges Mal. Es erforderte ihre ganze Konzentration, sich selbst davon abzuhalten, völlig auszuflippen.
Ihr Begleiter konnte ihr dabei nicht helfen. »Also … äh, diese Aura-Sache. Ich habe gespürt, dass du etwas mit der Krankenschwester getan hast.«
»Ja, was ist damit?«, rastete sie aus.
Er war Polizist und gewohnt, dass die Leute ihn anblafften, also reagierte er nicht auf ihre Feindseligkeit. »Machen das alle Drachen?«
Nach einem Moment zuckte sie die Achseln und nickte. »Im Grunde genommen, ja.«
»Hat Stonequest dir gezeigt, wie man das benutzt?«
»Nein.« Sie seufzte. »Nein, hat er nicht. Shadowstorm hat es mich gelehrt und sich hauptsächlich darauf konzentriert, wie man die Aura anderer Drachen lesen und wie ich meine unter Verschluss halten kann oder nicht. Das ist einer der Gründe, warum ich mir Sorgen mache, dass er noch hier ist. Er konnte seine Aura so gut kontrollieren, dass er sich vor mir verstecken konnte. Aber, Jim, das ist mir im Moment nicht so wichtig. Ist es für meine Familie relevant?«
»Nein. Nicht unbedingt. Es ist nur … nun, wenn du es tust, kann ich es wirklich fühlen. Du hast die Krankenschwester damit verdammt nervös gemacht.«
»Das war das Ziel.«
»Sicher. Ja, ich verstehe das …«
»Aber?«
Die Ampel wurde grün, er fand eine Lücke zwischen den beiden vor ihm fahrenden Autos und nahm diese. Obwohl er wie bei einer Verfolgungsjagd fuhr, war sein Tonfall immer noch lässig. »Nun, ich habe bemerkt, dass du es getan hast. Ich denke, das sagt im Grunde alles aus.«
»Die Krankenschwester hat das nicht so gesehen.«
»Richtig, ja, das verstehe ich. Du wolltest ihr Angst machen und sie hatte Angst, aber … Na ja, ich weiß nicht. Wenn du etwas subtiler vorgehen würdest, könnte es besser funktionieren. Die Leute wären eher bereit zu reagieren, wenn sie nicht mitbekommen würden, dass sie manipuliert werden.«
Als er seine Gedanken ausgesprochen hatte, schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht, trotz der Angst um ihre Familie. »Warte, gibt mir tatsächlich Jim Washington, der selbsternannte Drachenhasser, Ratschläge, wie ich ein besserer Drache werden kann?«
Er kicherte unbeholfen, als er an einem Postzusteller vorbeiraste. Sie waren jetzt in der Nähe ihres Elternhauses, weniger als fünf Minuten entfernt. »Ja, nun, du hast meine gesamte Sichtweise auf Drachen verändert. Offensichtlich sind nicht alle schlecht.«
»Ach ja? Wie viele von uns schaffen den Sprung?«
»Nun, du bist okay, schätze ich. Und Stonequest scheint auch in Ordnung zu sein. Drew vertraut ihm jedenfalls.«
»Wow. Wonderkid hat sein Herz geöffnet und vertraut zwei Drachen. Dir ist klar, dass zwei die zweitkleinste Zahl ist, die es gibt? Zwei Drachen zu vertrauen ist nicht gerade großmütig.«
»Ich habe nie gesagt, dass ich großmütig gegenüber allen Drachen sein möchte«, spuckte er sarkastisch aus, Hernandez wäre stolz auf ihn. »Nur, wenn wir schon einen auf unserer Seite haben, möchte ich, dass er so geschickt wie nur möglich mit seinen Fähigkeiten umgeht. Du solltest so stark werden wie nur möglich, damit du den Rest dieser schuppigen, Feuer speienden Salamander aufhalten kannst.«
»Mein Bruder hatte mal einen Salamander als Haustier.« Sie hatte es als Witz gemeint, aber die Erwähnung ihres Bruders hatte den Effekt, dass ihr übel wurde. Es musste ihnen gut gehen. Wenn etwas falsch gelaufen war – wenn sie ihretwegen verletzt worden waren – dann würde die Hölle losbrechen.
»Ja, ich glaube, die meisten Drachen denken an Menschen bei diesen Begriffen. Haustiere, die man nicht von der Leine lassen kann.« Da war er wieder, der alte Jim – der Marine mit dem Abzeichen auf der Schulter und der Soldat, der gesehen hatte, was Drachen den Menschen in einem Kriegsgebiet wirklich antun konnten.
»Und du willst immer noch, dass ich lerne, meine Aura zu kontrollieren? Du weißt, dass sie bei Drachen nicht wirklich funktioniert, oder? Das ist eine Fähigkeit, die wir zur Kontrolle von Menschen nutzen. Wenn ich lernen würde, sie besser zu kontrollieren, würden Menschen darunter leiden.«
»Nein, das würden sie nicht, Kristen. Nicht bei dir. Natürlich mögen es die Leute nicht, wenn man sie manipuliert, aber man könnte es für das Gute nutzen. Wenn du einen Gegner dazu bringen könntest, sich zu ergeben, ohne jemanden zu verletzen oder einen Täter zu einem Geständnis bewegst, nun, das würde den Menschen helfen. Denk darüber nach. Dieser Scharfschütze ist wahrscheinlich ein Mensch. Die meisten Drachen fummeln nicht allzu gern an Feuerwaffen herum. Stonequest kann nur irgendwie mit einer Waffe umgehen, aber nicht wirklich. Drachen benutzen Menschen als Zwischenglied oder als Haustier oder was auch immer. Wenn du diese Fähigkeit kontrollieren kannst, kannst du sie befreien.«
»Oder ich könnte Hansen dazu bringen, die ganze verdammte Truppe zu meinen Eltern zu schicken, nicht nur ein paar lausige Autos.«
Jim wirkte verblüfft. Er sagte nichts, aber sie sah Misstrauen auf seinem Gesicht aufblitzen. Er konnte doch nicht wirklich glauben, dass sie jemals so etwas Dreistes mit ihren Kräften tun würde, oder? Die Kontrolle über eine ganze Polizeitruppe zu übernehmen, würde ihrer Stadt nicht helfen, sondern ihr schaden. Und doch wollte Kristen in diesem Moment nichts mehr, als die volle Einsatzkraft der Motor City zu ihrem Elternhaus zu bringen.
Der Scharfschütze – wer auch immer er war – hatte sie im Visier.
Er war hinter dem Stahldrachen her. Das war schmerzhaft offensichtlich. Die Kugel, die sie eingesteckt hatte, war Beweis genug. Und nach dem, was sie unter Drachenkultur verstand, würde ihre menschliche Familie allenfalls als Kollateralschaden betrachtet werden.
Er hatte allerdings auch recht. Wenn ihrer Familie ihretwegen etwas zustieße, würde sie alles in ihrer Macht Stehende tun – jede winzige Spur ihrer Drachenfähigkeiten und jedes kleine Druckmittel, das sie beim Detroit SWAT einsetzen konnte – um Rache zu nehmen und sicherzustellen, dass derjenige, der ihre Stadt in Angst versetzte, dies garantiert nicht wieder versuchen würde.
Ihr Teamkollege wurde langsamer, als sie die Straße ihrer Eltern erreichten.
»Was machst du da?«, zischte sie ärgerlich. Das eben würde sie wertvolle Sekunden kosten.
»Das Überraschungselement könnte der Schlüssel sein. Wir fahren einmal vorbei und schauen mal, parken ein paar Häuser weiter und gehen von dort aus zurück.«
»Du glaubst also auch, dass etwas nicht stimmt?«
»Du hast sehr oft versucht deinen Bruder anzurufen. Es wäre dumm, so zu tun, als hätte das nichts zu bedeuten.«
Sie nickte. Zumindest waren sie auf derselben Seite.
Sie fuhren am Haus vorbei. Zwei Polizeiautos parkten vor dem Haus, das Licht war aus. Der Umriss jeweils einer Person auf dem Fahrersitz war zu erkennen. Einer von ihnen hatte einen roten Punkt in der Nähe seines Gesichts – offensichtlich eine Zigarette.
»Wilson raucht immer. Das ist gut«, kommentierte Jim.
»Ach ja?«
»Tote Menschen rauchen nicht.«
Sie nickte, aber sie hatte dem Haus ihrer Eltern mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das Licht im Wohnzimmer war an, die Jalousien waren geschlossen und das Licht auf der Veranda war aus. Nichts davon war ungewöhnlich. Es war früh am Abend, sodass ihre Mutter zweifellos kochen würde und sie schlossen oft die Jalousien, weil das ältere Paar von gegenüber sich regelmäßig darüber beschwerte, dass ihr Vater ohne Hemd herumlief.
Jim hielt ein paar Häuser weiter vor Mrs. Ciskowskis Haus an. Sie war eine alte polnische Frau, die für Kristen und Brian kleine, in Kohl gewickelte Teigtaschen gebacken hatte. Es war schon merkwürdig, was einem in Stresssituationen ungebeten ins Gedächtnis kam.
Sie stiegen schnell aus. Er zog seine Waffe und sie verwandelte sich in Stahl. Wenn sie in eine Falle tappen würden, wäre sie wenigstens bereit zu kämpfen.
Leise und vorsichtig gingen sie im verblassenden Licht der Abenddämmerung den Bürgersteig hinunter. Es wehte eine kühle Brise. Sie fühlte sie durch ihre Stahlhaut, aber sie war nicht schneidend und konnte, wie Kristen annahm, auch mit dem Wintereinbruch zusammenhängen. Obwohl sie mit jeder Faser ihres Wesens glaubte, dass etwas nicht stimmte, fühlte sie plötzlich Hoffnung aufkeimen, dass ihre Familie nicht ans Telefon gegangen war, weil sie alle in der Küche standen und heiße Schokolade tranken.
Sie näherten sich den Polizeifahrzeugen und Jim räusperte sich. Das an sich harmlose Geräusch hätte unbedingt die Aufmerksamkeit der beiden Polizisten auf sich ziehen müssen.
Dennoch bewegte sich keiner von beiden.
Sie ging auf das Fahrzeug mit dem rauchenden Mann zu. Ihr Blick durchdrang die aufkommende Dunkelheit und sie runzelte die Stirn. Seine Augen waren geschlossen und die Zigarette steckte in seinem Mund, sie schwelte noch.
»Scheiße, Jim! Wilson ist bewusstlos.«
Als sie sich umdrehte, sah sie seinen Arm im Polizeiwagen, die Hand am Hals des anderen Mannes. »Anders auch. Er hat noch Puls, Gott sei Dank. Scheiße, Kristen. Du hattest recht.«
Er schnappte sich das Funkgerät des Fahrzeugs und rief nach Verstärkung. »Wir haben verletzte Beamte am Hall-Wohnsitz und Grund zur Annahme, dass eine Geiselnahme vorliegt. Erbitte sofortige Verstärkung. Wir wollen Drew und Butters hier haben, wenn möglich.«
»Ich höre dich laut und deutlich, Wonderkid. Wurde geschossen?«
»Noch nicht. Die Beamten sind bewusstlos, scheinen aber ansonsten unverletzt zu sein. Wir gehen rein.«
»Negativ, Wonderkid. Hansen will, dass ihr auf Verstärkung wartet. Bitte wiederholen. Betretet die Hall-Wohnung nicht ohne Verstärkung.«
»Willst du damit sagen, dass ich den Stahldrachen allein hineingehen lassen soll?«
Kristen war bereits auf dem Weg zur Tür. Ihre Ohren waren schärfer als je zuvor, als sie sich nur für einen Menschen gehalten hatte – sie konnte die wütenden Proteste des Beamten in der Leitstelle über Funk hören, aber die Beschwerden stießen auf taube Ohren. Jim folgte ihr eilig und sie bewegten sich schweigend über den Rasen.
»Kristen, warte«, flüsterte er.
»Du träumst wohl.«
»Nein, schau.«
Sie blickte hinter sich, frustriert über die Verzögerung, aber er hatte einem der bewusstlosen Polizisten die Pistole und das Funkgerät abgenommen. Nach kurzem Zögern griff sie danach. Die Pistole war ein Werkzeug, das in ihren Händen genauso gefährlich war wie ihre Stahlhaut. Es wäre töricht, wenn sie keine hätte.
»Wir gehen es langsam an, Kristen. Die Kerle haben die Beamten nicht getötet, obwohl das wahrscheinlich die einfachere Option gewesen wäre. Es besteht eine gute Chance, dass deine Familie noch lebt und unverletzt ist.«
»Blödsinn.«
»Nein. Denk darüber nach wie ein Mensch, nicht wie ein verdammter Drache. Entweder sind die Typen um ihr Image oder so besorgt oder sie werden nicht für Polizistenmord bezahlt. Warum auch immer, es war besser diese Beamten am Leben zu lassen, als sie zu töten. Wenn du da einfach reinplatzt und versuchst, die Leute in zwei Hälften zu reißen, könntest du diese Arschlöcher in Panik versetzen. Wenn Leute in Panik geraten, machen sie Mist. Es muss doch eine Hintertür oder so was an eurem Haus geben, oder? Gehen wir dort hin und sehen, ob wir etwas erkennen können.«
Angespannt wegen einer Mischung aus Angst und Wut, knirschte sie mit den Zähnen und blickte ihn an, aber es ergab Sinn. Anstatt also die Vordertür aus den Angeln zu reißen, wie sie es wollte, schlichen sie hinten herum. Es würde sowieso nicht länger als eine Minute dauern, sonst hätte sie wahrscheinlich nicht zugestimmt.
Kristen bewegte sich in diese Richtung, aber er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Willst du dich so etwa leise bewegen?«
Sie verstand, dass er von ihrer Stahlhaut sprach. Wenn sie versuchte, damit zu schleichen, würde sie zweifellos Äste abbrechen und könnte sogar ein Stück aus der Betoneinfahrt treten, wenn sie nicht vorsichtig genug wäre.
Aber sie konnte auch nicht ganz menschlich werden. Wenn das eine Falle war – und sie begann zu glauben, dass es eine war – dann wäre derjenige, der sich darin befand, bereit, ihr wehzutun. Wenn sie ihre Stahlhaut komplett abschalten würde, wäre sie in Gefahr.
Offensichtlich brauchte es einen Kompromiss, also hielt sie inne, konzentrierte sich auf einige der Lektionen, die Stonequest ihr gegeben hatte und ließ ihre Beine zu Fleisch werden. Dasselbe tat sie mit ihren Händen. Sie zu ändern war einfach, die Aufrechterhaltung des gepanzerten Zustandes ihres Körpers war da schon schwieriger. Trotzdem hatte sie geübt und es gelang ihr, sich zu stabilisieren. Ihr Oberkörper und ihr Kopf blieben aus Stahl, während ihre Hände und Beine normal waren.
Jim nickte und sah beeindruckt aus. Sie gingen weiter.
Das kleine Tor war geschlossen – ein weiteres gutes Zeichen – und sie öffnete es gerade so weit, dass sie sich hindurchzwängen konnten. Noch mehr und es würde quietschen.
Sie gingen an den Azaleenbüschen ihrer Mutter vorbei, am rußverschmutzten Grillrost ihres Vaters und die vier Stufen zur Hintertür hinauf.
Trotz ihrer sorgfältigen Beobachtungen hatten sie noch immer nichts gesehen. Alle Jalousien waren geschlossen und wenn jemand im Haus war, so hielt er ausreichend Abstand zu den Fenstern.
Kristen legte ihr Ohr an die Tür.
Einen Moment lang hörte sie nichts, dann sprach plötzlich ihr Vater und Gott sei Dank klang er verärgert.
»Nimm deine verdammten Füße von der Couch«, meckerte Frank Hall. Eine Welle der Erleichterung überflutete sie. Das hörte sich an, als ob ihr Vater ihren Bruder wegen Missachtung der Hausregeln schimpfen würde, eine weitere normale Nacht im Haus der Halls also.
Sie beugte sich vor und erlaubte sich ein Lächeln, als sie sich das Geschehen im Haus vorstellte, Kristen wartete darauf, dass Brian entweder etwas darüber sagte, dass die Couch zwanzig Jahre alt war oder ihre Mutter Frank für das Fluchen in die Schranken wies.
Aber das bekam sie nicht zu hören.
»Bitte tun Sie ihm nicht weh. Er wollte nicht respektlos sein«, rief ihre Mutter, die Stimme hoch und schrill vor Angst.
Ein dumpfer, fleischiger Schlag folgte und in Kristen erwachte die Wut.
Im Handumdrehen verwandelten sich ihre Hände und Füße in Stahl. Sie lehnte sich zurück, bereit, die Tür einzutreten und zu einer Rache nehmenden Abrissbirne zu werden, aber wieder legte sich eine Hand auf ihre Schulter und sie zögerte.
»Warte, Kristen. Das war nur ein Schlag. Sie verprügeln ihn nicht allzu schlimm.«
»Nicht zu schlimm? Hörst du dir überhaupt zu?«
»Vielleicht sagen diese Arschlöcher etwas, das wir wissen müssen. Gib ihm zehn Sekunden.«
Alles in ihr protestierte gegen jede weitere Verzögerung, aber zehn Sekunden später musste sie erkennen, dass das Wonderkid tatsächlich erfahrener war als sie.
»Wir wollen euch nicht verletzen, verstanden?«, erklärte die raue Stimme eines Fremden.
»Wir sind nur hier, um euch zu beschützen, bis wir euch an einen sichereren Ort bringen können.« Die zweite Stimme klang höher und gehässig. Sie fragte sich, ob da mehr waren als nur die beiden.
»Wir sollen glauben, dass ihr uns beschützt, wenn ihr die Polizisten draußen umbringt?«, forderte Frank mit kratziger Stimme. Kristen ging davon aus, dass er von dem Schlag eine geschwollene Lippe hatte. Sie schwor sich, das Gleiche mit jeder Person da drinnen zu tun.
Die Stimme, die sie an ein Wiesel erinnerte, meinte: »Die Bullen sind korrupt, kapiert? Man kann ihnen nicht mehr trauen, aber keine Sorge, wir haben sie auch nicht getötet. Nun, ich würde es begrüßen, wenn wir alle einfach nur still hier sitzen würden, während wir auf die Ankunft unserer Kollegen warten. Es sollte nicht mehr lange dauern.«
Im Haus der Halls kehrte Stille ein.
Jim lehnte sich näher zu Kristen. »Es gibt keinen Grund, die lilafarbene Tür deiner Mutter einzuschlagen. Ist sie abgeschlossen?«
Sie betätigte die Türklinke. Das war sie nicht.
»Wir gehen zusammen rein, auf drei. Wie sieht es drinnen aus?«
»Die Hintertür führt in die Küche, der offene Grundriss verbindet sie mit dem Wohnzimmer. Da sind noch zwei Schlafzimmer und ein Bad auf der rechten Seite. Es klingt, als wären mein Vater und meine Mutter im Wohnzimmer. Brian ist wahrscheinlich auch da. Wo anders sollte er eigentlich nicht sein. Ich höre mindestens zwei Gegner, aber ich schätze, da sind noch mehr. Wenn wir Glück haben, stehen sie mit dem Rücken zu uns.
»Das war’s? Kann man sich irgendwo verstecken?«, fragte er.
»In der Küche ist eine kleine Speisekammer, aber ich glaube nicht, dass sich da jemand verstecken würde. Es wäre verdammt eng. Außerdem klingt es so, als warten sie darauf abgeholt zu werden oder so, nicht als würden sie ausgerechnet mich erwarten.«
»Wirklich?«
»Ja, wirklich. Warum?«
»Ich dachte, der Stahldrache käme aus einem besseren Umfeld, nicht aus einer Zweizimmerwohnung.«
»Später, Wonderkid. Im Moment will ich Schädel knacken lassen.«
»Gut. Wir gehen rein. Du natürlich voraus. Wenn jemand in der Küche ist, ignorierst du ihn und nimmst den ins Visier, der auf deine Eltern angesetzt ist. Ich gebe dir Deckung und schalte jeden aus, an dem du vorbeigehst.«
»In Ordnung. Bist du bereit?«
Jim nickte.
»Gut. Los geht’s, bei drei. Eins … zwei … drei.«
Kristen öffnete die Tür und sie schlüpften hinein.