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Sie standen früh auf und fuhren früh los. Abseits der Autobahn bemerkte Martin Schlangen vor Geschäften, die noch gar nicht geöffnet hatten. Die Parkplätze der Supermärkte waren voll, und vor den geschlossenen Eingängen drängten sich die Kunden mit leeren Einkaufswagen.

»Was ist los?«, fragte er verwundert. »Findet irgendeine Sonderaktion statt? Gibt es heute spezielle Rabatte?«

Dakota hatte wieder das Steuer übernommen. »In den Wochen, die du im Krankenhaus verbracht hast, hat sich die Welt verändert. Es hat einen Bankencrash gegeben, die Kurse an den Börsen fallen, Unternehmen gehen pleite, immer mehr Menschen werden arbeitslos. Die Preise steigen und steigen, alles wird jeden Tag teurer. Und knapper. Vermutlich stehen all die Leute Schlange, weil sie zu den Ersten gehören wollen, die die Läden und Supermärkte betreten können, um etwas von dem zu ergattern, was es noch zu kaufen gibt.«

»Hamsterkäufe?«

Dakota nickte. »Ja, die hat es in den vergangenen drei, vier Wochen immer wieder gegeben. Doch inzwischen gibt es kaum noch etwas, das man hamstern kann. Es heißt, bald soll das Benzin rationiert werden. Dann bin ich mit meinem Stromer besser dran als du.«

»Aber warum das alles?«, fragte Martin verwundert. »Ich meine, was ist geschehen?«

»Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Dakota, als sie an einem weiteren Supermarkt vorbeifuhren. Auf dem Parkplatz gab es keine freien Plätze mehr; die Autos stauten sich über die Zufahrt bis zur Straße. »Die Dokumente auf Vincent Moreaus SD -Karte … Es ging unter anderem um die Deutsche Bank und ihre Derivate, erinnerst du dich? Du hast von Insider-Informationen gesprochen. Es gab weitere Dateien, die andere Banken und große Unternehmen betrafen, ihre Schulden. Eine Pleitewelle zieht um den ganzen Planeten. Die Nachrichten sind voll davon. Es heißt, eine neue Große Depression steht bevor.«

Martin beobachtete die Menschen vor den Geschäften. Er wusste, wie schnell die normale Welt auf den Kopf gestellt werden konnte. Die Pandemie vor einigen Jahren hatte es ihnen allen gezeigt.

»Das erklärt, warum der Bitcoin-Kurs so stark gestiegen ist«, murmelte er. »Die Anleger investieren in Bitcoin, um sich vor Wertverlust zu schützen.«

»Wer es kann«, sagte Dakota. »Wer genug Geld hat, um es zu investieren.« Sie sah zur Seite. »Wie reich bis du jetzt? Reich genug, um eine gute Partie zu sein?«

Martin antwortete nicht. Er sah nach draußen und dachte: Jasmin ist tot, und die Welt zerbricht.