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Einige der Männer übergaben sich, als das Landungsboot durch die Wellen pflügte. Andere überprüften ihre Ausrüstung, insbesondere die Waffen. Manche starrten einfach nur ins Leere. Sie alle waren jung, halb so alt wie Taiji, höchstens Mitte zwanzig.

Eine seltsame Taubheit hatte ihn erfasst, selbst das Gewehr in seinen Händen fühlte er kaum.

»Du hältst es falsch«, sagte einer der jungen Männer, die seine Söhne hätten sein können. »Hier, so ist es richtig.«

Es folgten einige schnelle Handgriffe, die das Gewehr in die Horizontale und dann in die Senkrechte brachten.

»Was?«, fragte Taiji.

Der junge Mann beugte sich zu ihm. »Mach dir keine Sorgen, Freund. Wir sind die zweite Welle. Wenn wir den Strand erreichen, ist dort längst nichts mehr von den Separatisten übrig. Es wird ein Spaziergang nach Taipeh.«

Die anderen Soldaten schwiegen. Sie hatten ihn »alter Mann« genannt, erinnerte sich Taiji vage.

»Was?«, fragte er erneut.

Rauchschwaden zogen über das tanzende Boot und verdunkelten die Sonne. Gischt sprühte über die hohen Seiten. Taiji glaubte, ein Donnern zu hören, und fragte sich, ob es von Explosionen stammte.

»Noch eine Minute!«, rief der Mann vorn im Boot. Vielleicht war er ein Offizier. Mit den Abzeichen an seiner Uniform wusste Taiji nichts anzufangen. »Aufstellung!«

Die jungen Soldaten verließen ihre Plätze. Taiji blieb verwirrt und benommen sitzen. Er sah sich selbst, den »alten Mann«, der wie gelähmt dasaß, ein Fremder inmitten der jungen Schar, jemand, der sein Gewehr falsch hielt und gar nicht wusste, wie man damit umging.

Hände packten ihn an den Schultern. Einen Moment später stand er auf, auf Beinen, die jemand anderem zu gehören schienen. Er reckte den Hals, um über die hohe Seitenwand zu blicken, doch eine der Hände drückte seinen Kopf nach unten.

»Dreißig Sekunden!«

Das Donnern wurde lauter, das Brummen des Motors veränderte sich, die Soldaten hielten ihre Waffen bereit. Taiji hantierte mit seinem Gewehr.

Der junge Mann, der ihn angesprochen hatte, stieß den Lauf zur Seite. »He, willst du jemanden von uns erschießen? Was ist los mit dir?«

Taiji starrte ihn an. Ich gehöre nicht hierher, dachte er, brachte aber keinen Ton hervor.

»Achtung, es geht los! «, rief der Mann im Bug.

Das Boot öffnete sich, und die ersten Soldaten sprangen von Bord. Das Wasser reichte ihnen bis zu den Hüften. Das Gewehr über den Kopf gehoben, wateten sie so schnell wie möglich zum Strand.

Taiji rührte sich nicht von der Stelle. Er stand wie angewurzelt.

Der junge Soldat, der ihn »Freund« genannt hatte, ergriff ihn am Arm. »Komm.« Er zog ihn mit sich. »Es wird nicht schlimm. Die Kameraden vor uns haben bereits alles erledigt.«

Andere Boote lagen dicht vor dem Strand, Dutzende, und Soldaten strömten aus ihnen hervor. Die ersten erreichten festen Boden und liefen geduckt zur grünen Mauer aus Bäumen und Büschen.

»Na bitte.« Der junge Mann blieb an Taijis Seite. »Was habe ich gesagt, Freund? Keine große Sache.«

Er lächelte – und starb mit diesem Lächeln, das im Tod vielleicht ein wenig überrascht wirkte. Die erste von vielen Kugeln traf ausgerechnet ihn, den Spaziergänger.

Ein Donnern und Krachen begann, ein Knallen und Schreien. Taiji stand umgeben von Chaos, sah die Toten und Sterbenden und wankte über den Strand, ohne zu wissen, wohin er sich wenden sollte.

Andere schlossen sich ihm an, vielleicht hielten sie ihn für mutig, den alten Mann, der nicht versuchte, irgendwo in Deckung zu gehen, obwohl der Feind mit Maschinengewehren feuerte. In der rechten Hand hielt er das Gewehr, einen Fremdkörper, mit dem er nichts anzufangen wusste. Von Kugeln umschwirrt, wollte er es gerade fallen lassen, als ein Ruf erklang, so nahe und laut, dass er die beiden Worte trotz des Krachens und Hämmerns der Schüsse und der Schreie ringsum verstand:

»Vorwärts, Männer!«

In den Rauchschwaden zeigte sich eine Gestalt, der Mann aus dem Boot, der vielleicht ein Offizier war. Er winkte und lief los.

Erstaunlicherweise gehorchten Taijis Beine und trugen ihn zusammen mit den anderen Soldaten ins Gefecht.