Wenn von Cannabis
die Rede ist: Haschisch
und Marihuana
Cannabis gehört zur Pflanzenfamilie der Cannabaceae, die wiederum nur aus den beiden Gattungen »Hanf« und »Hopfen« besteht. Der deutsche botanische Name für Cannabis ist »Hanf«. Die Pflanze ist eines der am weitesten verbreiteten Gewächse auf unserem Erdball. Sie kann mehrere Meter hoch wachsen. Der kräftige, hohle Stängel trägt zahlreiche Seitenzweige. Die Blätter fächern sich in eine ungerade Anzahl lanzettähnlicher Spitzen auf. Sie sind mit feinen Drüsen bedeckt, die ein klebriges Harz abscheiden. Während der Blütezeit sind die Kopftriebe der weiblichen Hanfpflanzen samt Blüten und Blättern schwer vom »Nektar der Verzückung«. Im Zusammenhang mit Rauschdrogen ist Cannabis die Oberbezeichnung für Haschisch und Marihuana, die beiden geläufigsten Zubereitungsformen der Droge.
Drei Arten Cannabis werden unterschieden: Cannabis sativa, Cannabis indica und Cannabis ruderalis. Alle Varietäten, die entweder zur Fasergewinnung oder zur Drogenherstellung genutzt werden, fallen unter die Bezeichnung Cannabis sativa, sofern sie nicht aus der Anbauregion Afghanistan stammen. Manche Botaniker sprechen überhaupt nur von dieser einen Art. Sie findet sich nahezu überall auf der Welt. Mit Cannabis indica waren, wie es der Name schon andeutet, ursprünglich Arten gemeint, die aus Indien stammten. Heute bezeichnet Cannabis indica allerdings allgemein aus Afghanistan stammende Varietäten, die vorwiegend im Westen zur Herstellung von samenlosen Marihuanapflanzen gezüchtet werden.
Mit einer gewissen Berechtigung könnten wir heutzutage aber ebenso gut behaupten, dass diese gesamte Botanik Schnee von gestern ist. Der Einsatz der Gentechnik, das Kreuzen ausgesuchter Hanfvarietäten sowie die Züchtung neuer Sorten haben alte botanische Grenzen zum Verschwimmen gebracht. Cannabispflanzen werden unter verschiedenen Gesichtspunkten immer wieder neu gezüchtet, wobei sortenreine Pflanzen Konkurrenz bekommen haben von Neuzüchtungen mit jeweils unterschiedlich gewichteten Sativa- und Indica-Anteilen.
Jede wirkstoffhaltige Cannabispflanze ist der reinste Chemie-»Baukasten«. Sie enthält über 460 chemische Verbindungen, die unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden. Die beiden wichtigsten Stoffgruppen sind die Cannabinoide und die Terpenoide. Die Cannabinoide sind für die pharmakologischen Wirkungen der Rauschdroge verantwortlich. Der stärkste psychoaktive Wirkstoff ist das Delta-9-Tetrahydrocannabinol, kurz THC genannt. Weitere bekannte Cannabinoide sind Cannabidiol (CBD), Cannabinol (CBN), Cannabigerol (CBG), Cannabichromen (CBC) und viele, viele andere.
Verschiedene Cannabissorten, alte Landrassen ebenso wie Neuzüchtungen, beinhalten mengenmäßig unterschiedliche Anteile an Cannabinoiden. Das Wechselspiel zwischen den Haupt- und den Nebencannabinoiden sowie dem psychoaktiven Hauptwirkstoff THC beeinflusst entscheidend die Qualität des Rausches. Zusätzlichen Einfluss auf den Verlauf des Rausches nehmen die psychoaktiv wirksamen Metaboliten des THC. Sie entstehen, wenn der Wirkstoff vom Konsumenten aufgenommen wird. Durch den Stoffwechsel in der menschlichen Leber wird THC metabolisiert, das heißt, der Wirkstoff wird vom Körper aufgenommen, benutzt und verändert. Das Ergebnis sind umgewandelte, verstoffwechselte und ihrerseits psychoaktive Wirkstoffe.
Die zweite wichtige Stoffgruppe der Cannabispflanze, die Terpenoid-Verbindungen, sind verantwortlich für die charakteristischen Merkmale von Rauschmitteln unterschiedlicher Herkunft. Insbesondere der Duft, der Geschmack, das Aroma beim Erwärmen sowie die jeweilige »Zähigkeit« von Haschisch sind das Ergebnis der Terpenoid-Eigenschaften.
Haschisch als Handelsware wird aus dem Harz und den Harzdrüsen der weiblichen Cannabispflanze gewonnen. In aller Regel wird es zu Platten gepresst, die man grob mit einem Schieferziegel vergleichen könnte. Der THC-Gehalt liegt im Durchschnitt zwischen 3 und 10 %. Selten erreicht er 20 % oder noch mehr. Ausgewählte Qualitäten, Finest Selection oder Homemade-Haschisch können auch zu runden Formen oder Münzen gepresst oder zu Haschklumpen und trüffelähnlichen Gebilden zusammengeknetet werden. Manche dieser Qualitäten weisen extreme Wirkstoffpotenz auf. Ungepresster Pollen oder Haschischpuder ist gleichfalls geeignet, des Kenners Herz und Sinne zu erfreuen.
Gewonnen wird Haschisch, das in der Lautmalerei des Arabischen als »das Wunder der Verwandlung bewirkende Kraut« Lobpreisung findet, grundsätzlich über zwei verschiedene Wege: durch das Abreiben des Harzes mit den Händen von den Blütenständen oder über das Ernten, Trocknen und Sieben der ganzen reifen Cannabispflanzen.
Das Abreiben mit den Händen erfolgt nach einer uralten Technik. Es ist mühevoll und arbeitsintensiv, zur Massenproduktion von Haschisch folglich ungeeignet. Mit der altertümlichen Methode des Harzreibens deckt der Cannabis gebrauchende Teil der ansässigen Bevölkerung in den traditionellen Anbauregionen der Erde seinen Eigenbedarf. Nebenbei dient das Harzreiben für ein wenig »schnelles Geld« durch den Straßenverkauf vor Ort.
Die weltweit große Nachfrage nach Haschisch hat zu moderneren Produktionsverfahren geführt. Für die kommerzielle Vermarktung auf dem Weltmarkt wird Haschisch daher vorwiegend durch Sieben gewonnen. Der dabei betriebene Aufwand sowie die Sorgfalt beim Sieben entscheiden maßgeblich über die Qualität des gewonnenen Stoffes. Über Hightech-Siebverfahren neuester Standards kann Harzpulver erster Güte gewonnen werden. Doch wie nahezu überall, wo sich die Gesetze des Marktes durchsetzen, funktioniert auch die aktuelle Haschischproduktion nach dem Motto: »Masse statt Klasse«. Spätestens beim Pressen des Harzpulvers werden Haschisch Streck- und Bindemittel hinzugefügt. Am gebräuchlichsten sind heute Hennapulver, Pflanzenfette und Kerzenwachs. Aber auch nicht harzhaltige Pflanzenteile, Terpentin, Maulbeer- oder Granatapfelsaft, Fruchtmark, Baumharz, Asche, Teer sowie Milchpulver, Kondensmilch und Butterfette können unter das Haschisch gemengt sein. Konsumenten selbst vermuten bisweilen sogar Kameldung in der Ware. Der Nachfragedruck aus dem Westen, Gewinnsucht und Geldgier haben die »guten, alten Sitten« der traditionellen Haschischproduktion verdorben. Politische Wirren und Kriege oder langfristige wirtschaftliche, soziale und politische Umwälzungen in den jeweils bekanntesten Anbauregionen der Welt sowie die politische Drogenrepression ziehen ebenfalls immer wieder weitreichende Verschiebungen auf dem Welt-Haschischmarkt nach sich. Hochwertige Qualität einzukaufen ist möglich, jedoch schwierig. Um über bessere Qualität zu verfügen, bauen immer mehr Konsumenten ihr Cannabis in Eigenregie an. Samenbanken und spezialisierte »Grow-Shops« vertreiben das nötige Zubehör.
Haschisch konkurriert in der Gunst der Cannabisverehrer mit Marihuana, welches THC-haltige Teile der getrockneten weiblichen Cannabispflanze enthält. Meist werden Blüten, Blattspitzen und gelegentlich noch Stängelteile zu Marihuana vermischt. Der THC-Gehalt variiert im Durchschnitt zwischen 1 und 5 %. Modernste Treibhauszüchtungen treiben die Spitzenwerte allerdings in Höhen von 15 % THC und darüber. Die Gentechnik, die sich im Geschäft fest etabliert hat, feiert bei mancher Züchtung »fröhliche Urständ«. Marihuana ist für den Laien am ehesten mit dem Aussehen von ganz normalem Zigarettentabak oder losen Teeblättern zu vergleichen.
Haschischöl ist ein mithilfe organischer Lösungsmittel gewonnenes, zähflüssiges Konzentrat aus Haschisch. Es ist das seltenste Cannabisprodukt. Sein THC-Gehalt schwankt extrem. »Spitzenöle« mit Werten bis zu 60 % THC sind aber die absolute Ausnahme. Im Durchschnitt enthalten Haschischöle um die 20 % THC. Die Nachfrage nach dem Öl hält sich in Grenzen. Es ist bei den meisten Konsumenten nicht sonderlich beliebt.
In der verschärft geführten Auseinandersetzung um die »Suchtmittelkultur« unserer westlichen Gesellschaft wird immer aufs Neue der Vergleich zwischen Alkohol und Cannabis bemüht. Auf der ideologischen Ebene macht es wenig Sinn, eine Droge mit einer weiteren Droge zu vergleichen, um daraus Rückschlüsse und Legitimationen abzuleiten, ob das eine oder das andere Rauschmittel mit mehr oder weniger Risiko zu benutzen sei. Jeder Konsument verteidigt sein Suchtmittel, so gut er eben kann. Ein »Glaubenskrieg« um zweierlei Drogen ist indes wenig ergiebig. Auf einer eher bildlichen Ebene können wir Alkohol und Haschisch oder Marihuana allerdings miteinander in Beziehung setzen, um dem Laien eine genauere Vorstellung davon zu vermitteln, welch unterschiedliche Qualitäten von Cannabis es eigentlich gibt.
Vermutlich weiß jeder Mensch, der mit den Trinkgewohnheiten in unserer Kultur vertraut ist, dass die Qualität eines »guten Tropfens« von vielen Einflussfaktoren abhängt. Die Güte eines Weines wird maßgeblich bestimmt von der Rebsorte, dem Boden, auf dem sie wächst, den klimatischen Bedingungen der Anbauregion und selbst der Einzellage, dem Jahrgang, den Produktions- und Ausbaumethoden nach der Weinlese, dem »Ehrenkodex« des Winzers, der Begeisterung für seinen Beruf sowie seinem Stolz auf das von ihm zu verantwortende Endprodukt. Bei Cannabis ist das nicht anders. Die Qualität der Ernte hängt entscheidend von der Anbauregion und ihren klimatischen Bedingungen ab. Wie beim Rebensaft gibt es »große« und »kleine« Jahrgänge, also Ernten besserer oder minderer Güte. Der Boden, auf dem die Pflanzen gedeihen, beeinflusst die Farbe und Grundkonsistenz des Harzpulvers ebenso wie die angebaute Cannabissorte. Vergleichbar den hoch geschätzten Anbauregionen und »Appellationen« beim Wein, existieren bei Haschisch legendäre Qualitäten und Herkunftsbezeichnungen. »Schwarzer Afghane«, »Dunkelbrauner Pakistani«, »Roter Libanese«, »Grüner Türke«, »Blonder Marokkaner«, »Maroc Zero-Zero«, »Bombay Black« oder »White Butterfly« aus den Niederlanden sind jedem erfahreneren Konsumenten geläufige Bezeichnungen; zumindest waren sie es über Jahrzehnte hinweg. In jüngerer Zeit treten solche Gütesiegel, die an eine legendär verbürgte Herkunft von Cannabis gebunden sind, in den Hintergrund. Von ihrem angestammten Platz verdrängt werden sie durch immer neue Züchtungen und Varietäten von Cannabispflanzen, welche ihrerseits zu Ruhm und Ehre gelangen. Das »Spiel« mit der Genetik ist auch aus der Cannabiskultur nicht mehr wegzudenken. Manche Neuzüchtung feiert weltweite Erfolge, andere genießen eher einen lokal begrenzten Ruf.
Wie jeder Wein seine ihm eigene Duftnote entfaltet, verströmen Haschisch und Marihuana alter wie neuer Prägung unterschiedliche Aromen, die grob an Weihrauch und Räucherstäbchen erinnern. Der typische Geruch von Haschischrauch ist auffällig süß und schwer. Wer ihn einmal gerochen hat, wird ihn jederzeit wiedererkennen. Nicht bloß in den äußeren Merkmalen wie Farbe, Konsistenz und Geruch unterscheidet sich Haschisch verschiedener Sorte und Qualität, sondern besonders in den wahrnehmbaren Merkmalen seiner Feinwirkungen. Saatgutbanken, Grower und Weeder züchten zum einen mit viel genetischem Wissen, zum anderen aber auch mit Glückstreffern immer wieder an der einen oder anderen Eigenschaft von Cannabispflanzen herum. Erfahrene Konsumenten wählen eine Sorte des Mittels ihrer Wahl nach der von ihnen bevorzugten Art des Hochgefühls. Wem der Sinn nach Abwechslung steht, probiert sich durch den Markt der Möglichkeiten durch.
So, wie Weine regelmäßig verkostet werden, um ihre Qualität zu bestimmen, küren die Cannabisverehrer jährlich ihre Favoriten. Dazu eine Kostprobe: Beim Cannabis Cup 2000 erklomm »Kali Mist« als Produkt der Superlative den Thron der Sativa-Sorten. Im Test offenbarte »Kali Mist« die »klassischen Sativa-Effekte in besonderer Schärfe, ein High-Energy-Flash, der körperlich-geistig lang anhaltend, zugleich energetisierend und inspirierend wirkt. Ein absolut Party-kompatibles Gras, kein Couchdrücker wie manche Afghan-Indica. Jeder kennt die Situation bei einem zünftigen Rauchabend, dass irgendwann der Blick in die Runde allgemeines Vorsichhindämmern zeigt und dringend was passieren muss, damit nicht jeder dem süßen Schlafe anheimfällt. Dann tritt Kali Mist auf den Plan, denn sie ist eine der wenigen Hanf-Varietäten, die in der Lage ist, Licht in den Nebel zu bringen, die mit ihrem schlagartigen Wirkungsprofil quer durch Müdigkeitsphasen schneidet«. In der Gesamtbewertung wurde »Kali Mist« im »hanfblatt«, dem »Magazin für die Hanfkultur«, als »die Sorte mit dem stärksten und langanhaltendsten ›Uplifting‹ High, dem attraktivsten Aussehen und dem besten Aroma« gepriesen. Mit ihren sehr harzigen, filigran gewirkten Blütenständen gehört Kali Mist nach wie vor zum Besten, was die Sativa-Sortenwelt zu bieten hat. Die regelmäßige Verkostung konkurrierender »High-End-Cannabis«-Sorten, die nach einem strengen Punktesystem und den Kategorien Aussehen, Konsistenz, Geruch, Geschmack sowie Wirkung bewertet werden, ergibt charakteristische Sortenbeschreibungen, die den blumigen Bewertungen in den Hochglanzprospekten gediegener Weinhäuser in nichts nachstehen.
Stellen Sie sich vor, es gäbe nur eine einzige große Weinmesse zur Prämierung der besten Tropfen. Völlig unvorstellbar! Und so konnte es auch nur eine Frage der Zeit sein, bis der High Times Cannabis Cup eine Ergänzung oder Konkurrenz erfuhr. Im Dezember 2008 feierte der 1. Internationale No Mercy Supply Weedcup in Amsterdam seine Premiere, der Wertungen für verschiedene Cannabiskategorien verlieh. Konzipiert ist dieser Cup als nonkommerzieller Gegenentwurf zum High Times Cannabis Cup, mit dem allein sich die Szene nicht mehr zufriedengeben mochte. Zwar steckt sein Gegenentwurf noch in den Kinderschuhen, doch ist ein Trend gestartet, zukünftig mehr als ein Event zur Prämierung von Cannabisprodukten der Extraklasse abzuhalten.
So schön, filigran und abwechslungsreich erntereife Cannabispflanzen aussehen, so fantasievoll klingen auch ihre Namen. Den schmückenden Verheißungen auf Winzeretiketten stehen sie jedenfalls in nichts nach. Derzeit ganz hoch im Kurs rangieren die sehr individuellen und charismatischen Mitglieder der »Blue Family«. Aus dem ursprünglichen Genpool gezüchtete Sorten wie Blue Velvet, Purple Passion, Blue Heaven oder Blue Moonshine genießen bereits legendären Ruf. Letztere wird besonders wegen ihres »lang anhaltenden narkotischen Highs mit starker Körperwirkung« geschätzt. Die reine Sativa »Molokai Frost«, die auf eine hawaiianische Landrasse zurückgeht und »intensiv nach tropischem Kaugummi und Mandarinen« schmeckt, ruft eher ein »psychedelisches Up-High der Extraklasse« hervor. »Reclining Buddha«, große Indoor-Sortenkunst, die mit ihrer »stark ausgeprägten Fruchtigkeit an Wildkirsche erinnert«, bringt den Besitzer bei ihrem Gebrauch mit einer »Richtung Trance gehenden Wirkung« auf »die Buddha-Spur«, liefert aber aufgrund ihrer fein abgestimmten Züchtung »genug Energie, um zu verhindern, dass das beruhigende Lächeln des Buddhas den Konsumenten ins Reich des Schlafes versetzt«. Solche Beschreibungen von Cannabiszüchtungen der Spitzen- und Extraklasse, die mit 1er Grand Cru Classé und Cru Bourgeois Spitzengewächsen beim Wein vergleichbar sind, verdeutlichen eindrücklich, dass die Cannabisconnaisseure in einem Punkt entscheidend aufrichtiger sind als die Verehrer »guter Tropfen«: Sie geben offen zu, dass sie Cannabis wegen seiner Vielfalt an psychoaktiven Wirkungen schätzen und nicht bloß wegen seiner Farbe, seines Aussehens, seines Aromas oder seines Geschmacks. Auf differenzierte Aussagen zu den Finessen und Wirkungen einer Flasche Wein auf Körper, Geist und Seele wird man bei Weinverkostungen vergeblich warten.
Diese Seite der Cannabiskultur ist den meisten Menschen absolut fremd. Doch mit welchem Recht möchte jemand aufstehen, um sie zu belächeln oder sich gar darüber zu erheben? Vermarktungsstrategien wie Marktgesetze folgen sowohl bei Cannabis wie bei Alkohol ähnlichen Regeln. Genau wie die Gewinnsucht dazu führt, dass bei der Herstellung von Wein immer wieder gepanscht wird, führt die gesteigerte Nachfrage nach Haschisch zur Verschlechterung herkömmlicher Qualitäten. Mancher Weinliebhaber würde angewidert vom Genuss seines »guten Tropfens« ablassen, bekäme er eine ähnlich schlechte Ware angeboten, wie sie heutzutage vielfach an Haschischkonsumenten verkauft wird. Die minderwertige Qualität manches handelsüblichen Stoffes würde beim Rebensaft gerade noch zur Herstellung billigen Essigs taugen. Ein Cannabiskonsument, der nicht betrogen werden will, ist also gut beraten, sich ausreichend Kenntnisse über die Qualitätsmerkmale von Haschisch und Marihuana anzueignen, um beim Kauf seine »Handelsklasse« überprüfen zu können. Diese Kompetenz unterscheidet den erfahrenen Kiffer vom unerfahrenen Gelegenheitsgebraucher. Immer öfter macht sie den bloßen Konsumenten zudem zum Grower, welcher seine eigenen Sämlinge oder Stecklinge im Eigenanbau hegt und pflegt und den gesamten Lebenszyklus seiner Pflanzen bis zur Ernte mit durchlebt.
Was nutzt uns der Vergleich von Alkohol und Cannabis auf einer solch bildhaften Ebene? Für den Umgang mit bereits bestehenden Problemen oder gar für deren schnelle Lösung wenig. Aber so, wie die »Bacchus-Kultur« des Weines eine »Wissenschaft für sich« und ein unerschöpfliches Gesprächsthema in manch geselliger Runde ist, kommt der Cannabiskultur ein ähnlich hoher Unterhaltungswert zu. Entsprechende Sachkenntnisse über den Stoff des Haschisch-»Connaisseurs« ermöglichen manch entspanntes Gespräch mit Kiffern, die zunächst überhaupt nicht bereit sind, auf hinterfragenderen Ebenen über ihren Rauschmittelgebrauch zu sprechen. Unbefangen und unvoreingenommen mit ihnen über den Stoff, aus dem die Träume sind, fachsimpeln zu können ist in vielen Fällen ein Gewinn auf der Beziehungsebene. Wenn wir jahrtausendealte Cannabistraditionen ebenso ernsthaft gelten lassen können wie die Kultur des Weines, haben wir jenseits von Ablehnung, Verboten oder gar Hysterie eine andere Verständigungschance, um tiefer liegende Probleme anzugehen. Es bedeutet gleichzeitig, den Kiffer ernst zu nehmen in dem, was ihm wichtig ist und ihm am Herzen liegt. Mit einer solchen inneren Haltung lassen sich später mit wahrscheinlicherem Erfolg weitere Türen öffnen.
»Auf der Straße« oder »in der Szene« kursieren viele Wörter, Namen und Begriffe für verschiedene Cannabisprodukte. Das ist nicht nur für den Laien, sondern sogar für die Konsumenten selbst manchmal derart verwirrend, dass sie den Durchblick verlieren. Deshalb kläre ich hier die wichtigsten Begriffe.
Haschisch wird auch als »Dope« oder »Shit« bezeichnet. »Shit!«, könnte ein Käufer heutzutage laut ausrufen, wenn er sich über die tatsächliche Qualität dessen im Klaren wäre, was er gerade erworben hat. Manch gängige Handelsqualitäten haben in der Tat mehr mit »Mist« als mit hochwertiger Qualität zu tun. Unerfahrenen Konsumenten und Probierern ist nahezu jeder »Dreck« als Haschisch zu verkaufen. Es ist noch nicht lange her, dass sogar ausdrücklich verdorbenes, völlig unbrauchbares Haschisch unter der ausschmückenden Verwendung von Fantasienamen als besonders hochwertig angepriesen wurde. Nach dem Motto »Der Kunde will betrogen werden« gelangte der »Schimmelafghan« so zu seinem berühmt-berüchtigten Ruf. Ein für alle Mal: Ganz im Gegensatz zu dem kulinarisch geschätzten »Blauschimmelkäse«, der durch Edelschimmel verfeinert wird, handelt es sich bei verschimmeltem Haschisch niemals um ein edles, sondern um ein verdorbenes Produkt.
»Piece« oder »Ecken« bezeichnen mitnichten eine eigene Drogensorte, wie viele Jugendliche fälschlicherweise meinen. Es handelt sich dabei schlicht um ein von einer gepressten Cannabisplatte abgebrochenes oder abgeschnittenes »Stückchen« Haschisch oder einen Brocken Cannabisharz von unterschiedlicher Größe.
Mit »Grass«, »Gras«, »Heu« oder »Pot« ist Marihuana gemeint. »Gras« oder »Heu« ist also nicht misszuverstehen als das normale Gras, welches auf der Wiese wächst. Wer an dieser Stelle vorschnell lacht oder ungläubig den Kopf schüttelt, verkennt die Realität. Denn leider ist es nicht nur eine zur Erheiterung beitragende Anekdote, dass uninformierte Jungen und Mädchen, die von »Gras« und seinen berauschenden Wirkungen reden hören, genau diesem Irrtum aufsitzen. Es kommt in der Realität wesentlich häufiger vor, als man glauben mag, dass neugierige Probierer Wiesenheu rauchen. Wird das im Kreis der Altersgenossen bekannt, werden sie selbstverständlich gnadenlos ausgelacht und beschämt. Um auch das festzuhalten: Es ist überhaupt keine Schande, erst einmal nicht zu wissen, dass »Gras« im Drogenjargon »Marihuana« meint. Heikel wird die Sache erst, wenn man versucht seiner Beschämung zu entgehen, indem man wie ein 13-jähriges Mädchen immer wieder demonstrativ gewöhnliches Wiesenheu raucht, »weil das in der Lunge so schön zieht«.
Aus ferneren Regionen der Welt stammt das etwas exotischere Cannabisvokabular: Aus dem indischen Raum ist der Begriff »Ganja« zu uns gelangt. Ganja bezeichnet sowohl die Cannabispflanze wie die getrockneten Marihuanablüten. »Bhang« ist das gleichfalls aus Indien eingewanderte Wort für Marihuanablätter sowie für ein aus der Marihuanapflanze bereitetes Getränk mit milder euphorisierender Wirkung. »Charas« ist eine indisch-nepalesische Bezeichnung für handgeriebenes Haschisch. Das traditionelle marokkanische Wort »Kif« bezeichnet einerseits die Cannabispflanzen und -blüten, andererseits die beliebte rauchbare Mischung aus Cannabis und Tabak. »Majoun« ist ein gebräuchlicher Begriff für arabisches oder indisches Hanfkonfekt. Für seine Zubereitung gibt es die mannigfaltigsten Rezepte. Gleichgültig, nach welcher Rezeptur Majoun zubereitet wird, es gilt traditionell als wohlschmeckende Köstlichkeit mit überaus angenehmen psychischen Begleitwirkungen.
»Pollen« meint zwar im Szenejargon eine bestimmte Güte hellgelben Haschischs, ist aber primär die exakte Bezeichnung für den Blütenstaub, der aus den männlichen Cannabispflanzen zur Bestäubung und Befruchtung der weiblichen Blüten freigesetzt wird. Unbefruchtete und daher samenlose weibliche Cannabispflanzen sowie samenloses Marihuana sind unter dem Namen »Sinsemilla« bekannt. Er ist eine Zusammenziehung der spanischen Worte sin (ohne) und semilla (Samen).
Alle aufgeführten Begriffe können Erwachsenen begegnen, wenn sie mit jungen Menschen zu tun haben, die Umgang mit Cannabis pflegen. Zu wissen, dass sich hinter allen wohlklingenden Wörtern ein Produkt aus Cannabis verbirgt, ist nützlich zur Entängstigung. Cannabisdrogen von weit härteren Rauschgiften unterscheiden zu können hilft, aufsteigende Ängste im Zaum zu halten, wenn man persönlich vom Rauschmittelgebrauch junger Menschen betroffen ist. Ich erinnere mich an eine Mutter, die vor Angst überzuschnappen drohte, als sie in Erfahrung brachte, dass ihre Tochter »Ganja« benutzte. Dass jene nicht einmal in Ansätzen die Bereitschaft zeigte, ihrer Mutter zu erklären, worum es sich dabei handelte, steigerte deren Argwohn ins Unaushaltbare. Der Angstpegel sank um ein Vielfaches, als ich der Mutter »Ganja« erklärte. Die relative Beruhigung versetzte sie in die Lage, sich wieder dem Wesentlichen, nämlich der gestörten Beziehung zu ihrer Tochter, zuzuwenden.