Cannabisähnliche
Rauschpflanzen
und Kräutermischungen
Obwohl Haschisch und Marihuana weltweit verbreitet sind, gibt es zahlreiche psychoaktive Pflanzen, die als deren Ersatz verwendet werden.
Der »Zacatechichi«-Strauch, das aztekische »bittere Traumgras«, liefert mit seinen gebrochenen, getrockneten Blättern den Grundstoff für einen leicht halluzinogen wirkenden Tee.
»Palqui«-Blätter dienen als Räucherwerk und werden als Marihuanaersatz geraucht. Gleiches gilt für »Zitronengras«, das mittlerweile allerdings ein auch bei uns beliebtes Gewürz ist.
Bestimmte »Strohblumen«-Arten werden geraucht oder inhaliert, um sich in einen leichten Trancezustand zu versetzen.
Das Harz sowie die Knospen und Blätter des »Wild Dagga«, des »Wilden Hanfs« oder »Löwenschwanzes«, erinnern unmittelbar an Cannabis. Die getrockneten Pflanzenteile werden pur oder mit Tabak vermischt geraucht. Die psychoaktive Wirkung ist leicht.
»Marijuanillo« oder »Sibirisches Herzgespann« erinnert schon vom Namen her an Marihuana. Desgleichen wird die blühende Pflanze getrocknet und pur oder mit Tabak sowie weiteren psychoaktiven Gewächsen vermischt geraucht.
Die aufgeführten »magischen Pflanzen« sind längst nicht alle cannabisähnliche Gewächse. Ihr kulturell eingebundener Gebrauch entsprach niemals dem willkürlichen, lustbetonten Konsum von Haschisch und Marihuana, wie ihn heutige Drogengebraucher pflegen. Die entsprechenden Pflanzen wurden vorwiegend rituell von Medizinmännern, Schamanen und anderen dazu ausdrücklich befugten »Eingeweihten« genutzt. Jene begegneten ihnen immerzu mit höchstem Respekt. Das Gleiche gilt auch für alle anderen biogenen, ethnobotanischen Substanzen, die kulturell eingebunden für ganz spezielle Zwecke genutzt wurden und werden, während sie in der westlichen Kultur der Beliebigkeit anheimfallen.
In unserer Kultur haben cannabisähnliche Drogen eine gewisse Bedeutung für Experimentierer, die möglichst vielfältige Erfahrungen mit pflanzlichen Rauschmitteln sammeln möchten.
Spice, Space
und »Legal Highs«
Für ein neues Drogenphänomen steht exemplarisch »Spice«, auch »Chill X«, »Sence« oder »Genie« genannt. Spice wurde in unterschiedlichen Qualitäten einige Zeit als Kräutermischung legal verkauft, um das Cannabisverbot zu umgehen. Ihm haftete der Ruf an, vom Turn her sehr ähnlich wie pures Cannabis zu wirken und »ordentlich zu knallen«. Es konnte eine Mischung aus etlichen Bestandteilen sein: Meeresbohne, Blaue Lotusblume, Helmkraut, Indian Warrior, Sibirischer Löwenschwanz, Hawaiianische Wildrose, Maconha Brava, Kratomblätter und Salvia divinorum.
Weil bei Laborprüfungen in Spice erste synthetische Cannabinoide gefunden wurden, welche daraufhin für die von den Nutzern angestrebte Wirkung verantwortlich gemacht wurden, hat die Drogenpolitik umgehend reagiert und Spice mit Wirkung von Ende Januar 2008 illegalisiert. Dass eine Droge vom Gesetzgeber dem Betäubungsmittelrecht unterstellt wird, bedeutet aber bekanntlich nicht, dass sie auf dem Markt der Möglichkeiten nicht mehr erhältlich wäre. Außerdem werden immer wieder neue Kräutermischungen als Nachfolgeprodukte auf den Markt gebracht. Aus Spice wurde Space und aus Space das nächste Erzeugnis mit dem Ziel der Umgehung des Betäubungsmittelrechts. Die Zahl der mittlerweile im Zuge des Spicephänomens entdeckten neuen synthetischen Cannabinoide ist kaum noch zu zählen.
Der europäische Drogenbericht von 2010 sowie der Bericht von Europol zur organisierten Kriminalität in Europa von 2011 verzeichnen gar eine völlig neue Herausforderung. Denn es ist ein generelles Kennzeichen der derzeitigen Drogensituation, dass beinahe täglich neu kreierte psychoaktive Substanzen in einem noch nie gesehenen Tempo auf den Markt geworfen werden, darunter »Legal Highs« und »Research Chemicals«, die sowohl in Hanfläden wie in Internetshops gehandelt werden. Das in manchen Kreisen gern hochherzig gehandelte Ideal des »verantwortungsbewussten Dealers« ist in diesem Kontext bestenfalls ein trügerisches Selbstbildnis. Diejenigen, die das schwer einschätzbare Risiko tragen, sind immer die unerfahrenen Konsumenten der neuen Substanzen auf pflanzlicher oder synthetischer Basis.