Bhaskar bewegte sich wie eine lebendige Fackel auf sie zu. Luke hechtete zur Wand des Schuppens, während Erin hinter James in Deckung ging. James selbst war so überrumpelt, dass er überhaupt nicht reagierte.
Bhaskar lächelte dünn. »Ihr werdet ja immer mehr, wie schön.« Er streckte eine Hand zur Seite, und durchsichtiges Feuer tanzte um seine Finger. »Versuchen wir es noch mal. Ihr kommt jetzt alle mit mir.«
Luke packte einen Rechen, doch als Bhaskar seine Hand drehte, ging Lukes Behelfswaffe in Flammen auf. Mit einem Schrei ließ er den Rechen fallen.
Bhaskar kam näher. James wich zurück, spürte jedoch, wie die Hitze auf seiner Haut anstieg.
Tu was, verdammt nochmal.
Er ballte die Fäuste, doch Erin reagierte schneller.
»Zur Hölle mit dem Scheiß«, knurrte sie. Sie huschte an James vorbei, packte einen Tontopf und schleuderte ihn auf Bhaskar. Dieses Mal schien er zu überrascht, um auszuweichen: Der Topf knallte gegen seinen Kopf. Bhaskar schrie auf, und die Energie um ihn herum explodierte, zerriss den Topf in der Luft und schleuderte James und Erin rücklings zu Boden.
James’ Dunkelheit zerplatzte, und im selben Moment zerbarsten die Fenster des Schuppens. Mit einem Ruck richtete James sich auf, während es um sie herum krachte und klirrte.
Bhaskar stand gekrümmt da und presste beide Hände vors Gesicht. Die weißen Flammen züngelten, und Energie
Keuchend stemmte er sich hoch, wurde jedoch sofort von Luke und Erin an den Armen gepackt und in die Höhe gewuchtet. Ein blutiger Schmiss zog sich über Lukes Wange; wahrscheinlich hatte auch er eine Scherbe abbekommen.
James griff nach Erins Hand und zischte zu Luke: »Aufteilen!«
Luke rannte zwischen den Hochbeeten davon. James und Erin sprinteten den Pfad hinunter, auf dem sie hergekommen waren. James drehte sich nicht um. Die Hitze, die auf seiner Haut prickelte, ließ nach, nur um kurz darauf noch heißer zu brennen.
»James!«, keuchte Erin und zerrte an seinem Ärmel. Er sah nach links. Die Irisstauden am Rand des Pfades verdorrten im Zeitraffer.
»Schneller«, knurrte er. Wegzulaufen war ihre einzige Chance. Wenn sie es zum Ausgang des Gartens schafften, wenn sie …
James’ Herz setzte aus. Vor ihm öffnete sich der Pfad zu einem Picknickplatz, und dort, mitten auf dem Backsteinpflaster, lag ein Mensch wie ein Sack hingeworfener Lumpen. Er erkannte den reglosen Körper, die dunkelbraunen Haare, die sich aus dem Knoten lösten, die Hand, die sich über den Boden ausstreckte, und das abgewetzte Lederarmband.
Die Hitze, die durch James’ Haut drang, verwandelte sich in Eis. Erin rief etwas, aber James rannte bereits auf den Platz und fiel neben Sami auf die Knie.
James’ Hände flogen über Samis Arme, seine Schultern, schoben seine Haare beiseite. Blut rann von Samis Ohr über seine Wange.
Plötzlich war Erin neben ihm. »Ist er …?«
James konnte nicht antworten. Seine Finger tasteten nach Samis Puls. Blut. Da war noch mehr Blut, das sich unter seinem Kopf ausbreitete.
»Bitte«, flehte er leise. »Bitte, Habibi.«
Die Welt stand still, dann spürte er das Flattern eines Pulsschlags unter seinen Fingerspitzen.
Erin packte ihn an der Schulter. »Da!«
James’ Kopf ruckte hoch, und er sah, wie die Pflanzen, die den Platz einsäumten, zu Asche zerfielen. Hitze kroch über die Pflastersteine und wälzte sich wie eine zähe Masse über James. Er konnte kaum noch atmen. Erin japste nach Luft, aber James nahm seine Hand nicht von Samis Puls. Selbst dann nicht, als Bhaskar mit blutendem Gesicht auf sie zukam.
Wut, scharf und klar, brandete in James hoch. Er verzog das Gesicht vor Anstrengung, schlug beide Hände vor seine Brust und jagte Bhaskar eine Flutwelle aus Dunkelheit entgegen. Der rutschte ein paar Zentimeter rückwärts, sank auf ein Knie und fegte die Dunkelheit auseinander, noch während sie über ihn hinwegraste.
James warf einen letzten Blick auf Sami, dann stand er auf und stellte sich vor ihn und Erin. Er wusste nicht, was eben passiert war, warum seine Dunkelheit Bhaskar scheinbar physisch getroffen hatte. Eines wusste er jedoch genau: Er würde Bhaskar nicht vorbeilassen. Nicht, solange er noch stehen konnte.
Bhaskar schüttelte benommen den Kopf, dann richtete er sich auf. James machte einen Schritt nach vorn, und etwas knirschte unter seinem Schuh. Samis Handy, verschmort und
»Bring die beiden in Sicherheit«, sagte er. James setzte zum Widerspruch an, doch Luke ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Geh, James.«
Bhaskar holte aus und schickte eine brachiale Sturmbö aus Sonnenfeuer in ihre Richtung, doch bevor sie ihr Ziel erreichte, riss Luke die Hände hoch und grub die Finger in das zuckende Lichtergewirr. Er wankte, blieb jedoch stehen und begann Stück für Stück Fäden aus Bhaskars Flammenaura zu sich heranzuziehen. Er wand sich, schien jedoch weder Lukes Griff entkommen noch seine Energie zurückholen zu können.
»James!« Erins Ruf traf ihn wie ein Schlag. Er fuhr herum und sah, dass sie Sami auf den Rücken gewälzt hatte und vergeblich versuchte, ihn aufzuwecken. Mit wild klopfendem Herzen setzte er sich in Bewegung, schob Erin beiseite und ergriff Samis Handgelenke. Ein Knistern zuckte über den Platz, und der Geruch von verbrannten Pflanzen, von verbrannter Haut, stach ihm in die Nase.
Nicht ablenken lassen, befahl er sich, auch wenn sein Magen vor Entsetzen rebellierte. Er spannte all seine Muskeln an, atmete tief ein, dann zog er Sami vom Boden hoch und hievte ihn über seine Schulter. Sein Rücken knackte, und seine Knie gaben beinahe nach, aber er schaffte es, sich aufzurichten.
Erin sprang auf. »Ausgang«, krächzte James und sicherte seinen Griff um Samis Kniekehlen. Ein letztes Mal sah er zu Luke, konnte es nicht verhindern. Der Nachtbote stand wie ein Bollwerk zwischen ihm und Bhaskar, die Hände fest in dessen gleißende Flammen gekrallt. Rauch stieg von Lukes Haar auf, und auch seine Kleidung schwelte.
»Luke!«, brüllte James, doch der drehte sich nicht um.
James’ Magen drehte sich um. Alles in ihm schrie, dass er nicht weglaufen durfte. Aber da waren Sami und Erin, die am Rücken seiner Jacke zerrte.
»Komm schon! Komm schon, verdammt!«
Sie flohen. Stolperten und rannten das letzte Stück bis zum Ausgang des Gartens. James biss die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefer sich verkrampfte, aber er lief weiter, trug Sami durch das offene Tor – und prallte beinahe gegen Nyx.
Sie riss die Augen weit auf, und wahrscheinlich war es ein Wunder, dass er nicht vor Schock hintenüberkippte.
»Was–«
»Du–«
»Ähm«, schaltete sich eine Fremde mit langen braunen Haaren ein. »Wir sollten hier weg, glaube ich. Wir sollten ganz schnell die verdammte Kurve kratzen!«
In dem Moment schrillte eine Feuerwehrsirene. Nyx’ Blick wurde hart wie Stahl, dann nickte sie James zu, und sie nahmen die Beine in die Hand.