Samstag, 5. Oktober 1996

Harlington

Das Klingeln des Telefons riss Geoffrey unsanft wieder aus dem Schlaf. Claire schnarchte leise und drehte sich auf die andere Seite. Stumm fluchend taumelte Geoffrey aus dem Bett, stieß sich den Zeh am Türrahmen und erreichte mit schmerzverzerrtem Gesicht das Telefon in der Diele.

»Ja?«, murmelte er schlaftrunken und hoffte, dass sich irgendein Spinner einen Scherz erlaubte.

»Nigel Ramsey ist tot. Er sitzt in seinem Wagen und hat eine Plastiktüte über dem Kopf. Soll ich dich abholen oder kommst du selber hin?«

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Geoffrey sowohl Patricias Stimme als auch den Sinn ihrer Worte verstand.

»Wo?«, fragte er leise, während das Adrenalin seinen Körper schließlich vollkommen wach werden ließ.

»In einem Waldstück bei Milton Creek. Taylor rief mich vor einer Viertelstunde an. Ich soll dich mitbringen. Also, was ist? Kommst du allein hin, oder soll ich dich abholen, Constable?«

Geoffrey hatte das schnurlose Telefon währenddessen zwischen Schulter und Kinn geklemmt, war zurück ins Schlafzimmer geschlichen und hatte sich so leise wie möglich frische Wäsche aus dem Schrank genommen.

»Wo willst du hin, Geoffrey? Wie spät ist es?« Die leise Frage aus Claires Bett ließ ihn erschrocken herumwirbeln, und er stieß mit demselben Zeh, der bereits wenige Minuten zuvor Bekanntschaft mit dem Türrahmen gemacht hatte, kraftvoll gegen den Bettpfosten.

»Shit«, entfuhr es ihm, nunmehr laut und deutlich, und er warf das Telefon zusammen mit seiner Kleidung aufs Bett.

»Hallo? Was ist los bei dir, Geoffrey?«, kam Patricias Stimme noch immer aus dem Sprechgerät. Geoffrey ignorierte sie und rieb sich stattdessen seinen schmerzenden Zeh. Claire, die auf ihn zu gerobbt kam, änderte plötzlich die Richtung und griff sich das Telefon.

»Patricia? Bist du das? Was ist passiert?«

»Wann kannst du mich abholen, Sergeant?«, rief er ins Telefon und entwendete Claire das Handgerät wieder.

»Ich bin in zwanzig Minuten bei dir, wenn du nicht selbst fahren kannst«, sagte sie, und es klang diesmal weder ironisch noch böswillig.

»Ich glaube, ich hab mir den Zeh gebrochen. Gib mir eine halbe Stunde.« Er gab ihr die Adresse und zog sich dann langsam an. Claire beobachtete ihn traurig, aber zugleich höchst neugierig. Er würde ihr keine Antwort auf ihre Frage geben.