Sie konnte nachdenken, bis ihr die Zähne ausfielen. Letztlich lief es immer auf das Gleiche hinaus: Es ging hier nicht um ihr ganzes Leben, sondern bloß um ein paar Monate. Und was sie zu Krister gesagt hatte, galt immer noch. Im Zweifelsfall konnte sie jederzeit an Land gehen, in den nächsten Zug steigen und nach Hause zurückkehren. Sie würde nicht in der Karibik herumkreuzen, sondern an der norwegischen Küste.
Es war kurz vor acht, als sie am nächsten Abend auf den Hafenplatz kam. Jo saß mit baumelnden Beinen auf dem Steg, Wilma neben sich. Die warme Abendsonne badete seine Haare und sein Gesicht in Gold.
Sie betrat den Steg, und er wandte den Kopf.
Er lächelte, mindestens so warm wie die Sonne. Jedenfalls fühlte es sich so an. »Hi.« Mit einem eigentlich körperlich nicht möglichen Satz war er auf den Beinen und kam auf sie zu.
Jetzt hatte auch Wilma sie erkannt, rannte an Jo vorbei und sprang vor Begeisterung schwanzwedelnd und fiepend um Alva herum.
»Ist ja gut, Kleine.« Sie hockte sich neben die Hündin. »Ist ja gut.«
»Sie freut sich«, sagte Jo.
Es war einer dieser Momente, zu denen es eigentlich einen Soundtrack geben müsste. Der tiefblaue Fjord, die weißen Möwen über ihren Köpfen, das sanfte Licht und dieser unfassbar schöne Mann. In Zeitlupe richtete Alva sich wieder auf.
»Wie lautet das Urteil?«
Sie nahm sein kratziges Kinn zwischen beide Hände und sah ihm in die Augen. »Ich will dich. Mitsamt deiner schmutzigen Vergangenheit. Lass es uns versuchen.«
»Sicher?«
»Ich habe heute drei Patienten mit falschem Namen begrüßt und mittags Sveas Hafermilch in meinen Kaffee geschüttet, weil ich über dich nachgedacht habe. Glaub mal, dass ich sicher bin.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihren Mund näher an seinen zu bringen. »Falls es was Ernstes mit uns wird, musst du möglicherweise wegen dieser Wutsache was unternehmen. Aber erst mal genügt es mir, dich besser kennenzulernen.«
Noch ein Stück näher. Ihre Hände wanderten in seinen Nacken, ihre Lippen streiften seine. Dann endlich legte er auch die Arme um sie. Etwas wie ein Seufzen durchlief seinen Körper, als er den Kuss erwiderte.
»Ganz sicher?«, murmelte er gegen ihre Lippen.
»Ich schubse dich gleich ins Wasser.«
Sie küsste ihn noch einmal und lehnte dann den Kopf an seinen Brustkorb. Sein Atem in ihren Haaren flatterte, und wenn irgendwas sie sicher machte, dass sie das Richtige tat, war es das.
Sie standen auf dem Steg und hielten einander, bis Wilma empört kläffte.
»Hast ja recht.« Jo warf ihr einen Blick zu. »Ich habe heute eine Schwimmweste für sie bestellt. Falls sie doch mal über Bord geht.«
»Vielleicht sollten wir noch ein paar Hund-über-Bord-Manöver fahren, bevor wir endgültig in See stechen.« Wir. Zusammen. Es fühlte sich gut an, das zu sagen.
Er ließ die Schultern kreisen. »Ich war mir nicht sicher, ob du … du weißt schon. Bevor du kamst, habe ich drüber nachgedacht, zur Ablenkung einen Sonnenuntergangstörn zu machen. Hast du Lust?«
»Auf jeden Fall! Und ich bin gespannt, wie Wilma aufs Boot springt.«
Vor der Jacht hockte Jo sich hin und klopfte mit einer Hand auf seinen Rücken. Tatsächlich sprang Wilma nach kurzem Zögern darauf und dann weiter auf die Jacht.
»Das ist verrückt! Wie hast du das hinbekommen?«
»Ich hatte Zeit zum Üben.« Er grinste schief. »Und ich hab sie bestochen. Manchmal habe ich den Eindruck, sie macht einfach noch vieles, um mir zu gefallen. Wahrscheinlich wird sie aufsässiger werden, wenn sie sich irgendwann sicherer fühlt.« Er stieg auf die Jacht und reichte Alva die Hand. Es war ziemlich dekorativ, wie er mit einer Hand das Vorstag hielt und sich zu ihr lehnte.
Sie sagte nicht, dass sie schon auf Booten herumgesprungen war, als er nicht mal laufen konnte, sondern nahm seine Hand. Und da sie sie nun schon einmal festhielt, konnte sie auch gleich die Finger mit seinen verschränken.
Jo zog ihre verflochtenen Hände nach hinten, bis sie hinter Alvas Rücken waren und er direkt vor ihr stand. Es war egal, dass das Boot unter ihnen ruckelte und schwankte, während sie sich küssten. Jo hielt sich immer noch fest – und damit sie beide. »Danke«, sagte er rau, und sie musste nicht fragen, wofür.
»Wollten wir nicht segeln?« Dabei wollte sie viel lieber einfach in seinem Arm stehen bleiben, die Abendsonne auf den geschlossenen Lidern, den kühlen Wind im Gesicht.
Aber letztlich machten sie die FYF los, und Jo steuerte die Jacht auf den Fjord hinaus. Sie brauchten nur wenige Absprachen zum Segelsetzen – es lief Hand in Hand, als wäre es nicht das erste, sondern das zehnte Mal, dass sie gemeinsam auf einem Boot waren. Wilma hatte sich derweil mit einem deutlichen Ausdruck der Schicksalsergebenheit auf dem Fußboden zusammengerollt.
Der Rückweg würde lang werden, aber jetzt jagte die FYF hoch am Wind über das Wasser. Alva hatte die Arme auf der Abdeckung des Niedergangs verschränkt und das Kinn darauf abgelegt. Auch mit dem Motorboot hatte sie dieses Gefühl schon, aber beim Segeln war es noch stärker: diese wilde Freiheit, wenn die Gischt ihr die Wimpern verklebte und der Wind ihr an den Haaren riss.
Sie drehte sich zu Jo um. Er stand breitbeinig im Heck und hielt, gegen die Abendsonne blinzelnd, die Jacht am Wind, seine Haare standen, in feine Strähnen verklebt, um seinen Kopf ab, und ihr Herz zerbarst fast.
»Wo hast du segeln gelernt? Ich dachte, ihr habt nicht am Wasser gewohnt?«
»Es gab Sommercamps für Kinder aus … denen es finanziell nicht so gut ging.« Sein Blick war wieder auf den Horizont gerichtet, als er den Kurs justierte. Er machte das gut, stellte Alva fest. Für jemanden, der nicht an der Küste aufgewachsen war, wirklich gut.
Um ihn besser verstehen zu können, setzte sie sich im Heck auf die Bank, die Beine vor sich ausgestreckt.
»Zayed und ich waren ein paarmal mit, und als wir zu alt waren, sind wir als Teamer mitgefahren. Er hat das neben dem Studium noch weitergemacht, aber ich war dann irgendwann raus wegen des Handballs. Ich war eh nicht besonders pädagogisch begabt. Dafür waren wir dann mit der Mannschaft noch ein paarmal segeln. Teambuilding und so.«
»Ich finde, mit Wilma stellst du dich ganz geschickt an.«
»Wilma ist ja auch ein Hund und kein Kind.« Wasser spritzte über die Seite.
»Hey, Städter. Wenn ich gewusst hätte, dass du vorhast, uns zu ertränken, hätte ich mir noch schnell eine Regenhose angezogen. Und ganz offensichtlich ist Wilma kein Kind. Trotzdem seid ihr ein gutes Team.«
»Irrtum. Deswegen sind wir ein gutes Team.« Er grinste in Alvas Richtung, sah aber eher auf ihr linkes Ohr als in ihr Gesicht. »Ich habe nicht besonders viele Referenzwerte dafür, wie man mit Kindern umgeht. Darum will ich in nächster Zeit auch nicht unbedingt welche haben. Ich wäre der schauderhafteste Vater der Welt.« Jetzt sah er nicht mal mehr an ihrem linken Ohr vorbei, sondern hatte den Blick wieder nach vorn gerichtet.
»Glaub ich nicht, dass du das wärst.« Alva merkte den erneuten Schwall kaum, der ihre Hosenbeine durchnässte, weil sie damit beschäftigt war, Ordnung in ihre Gedanken und Gefühle zu bringen.
»Wäre ich. Falls du also sehr dringend Kinder haben möchtest, solltest du dich vielleicht doch nach einem anderen Typen umsehen.«
»Ich will mir keinen anderen Mann suchen. Ich will erst mal sehen, wie weit ich mit diesem hier komme.«
Sie wollte erst mal sehen, wie weit sie mit diesem Mann kam. So ganz begriff er immer noch nicht, warum sie das wollte, aber er würde sich nicht beklagen. Ihre Worte – so aufrichtig und trotzdem mit diesem Lachen in der Stimme – breiteten sich in ihm aus, bis auch der kleinste Teil von ihm sie begriffen hatte. Alva wollte ihn. Trotz allem.
Auf der Rückfahrt wechselten sie sich am Steuerrad ab, und bei jedem Wechsel streifte ihn ihre Hand an der Wange, oder er umfasste ihre Schultern, oder sie gab ihm einen glücklichen kleinen Kuss. Jedes Mal traute sich das Glück in ihm ein Stück weiter hervor. Scheu zunächst, doch dann mit Wagemut, während sie im verlöschenden Tageslicht zurück nach Lillehamn kreuzten.
Nun war die FYF vertäut, die Segel eingeholt, und Alva rieb sich fröstelnd die Arme. »Woran liegt das eigentlich, dass man im Hafen immer erst merkt, wie kalt es wirklich ist, wenn auf dem Fjord doch viel mehr Wind bläst?«
»Euphorie«, erwiderte Jo. »Adrenalin. Es soll Leute geben, die einen Wettkampf trotz gebrochener Rippe beenden und erst am Schluss überhaupt merken, dass ihnen etwas wehtut.«
»Das klingt ungesund.« Alva trat näher und schob ihre kalte Hand unter seine Jacke, unter seinen Pullover, bis sie seine Haut berührte. Sie strich an seinem Rippenbogen hoch, wie um zu prüfen, ob noch jeder Knochen an der richtigen Stelle saß. »Ich glaube, in diesem Fall hat es eher weniger mit Verletzungen als mit etwas ganz anderem zu tun.«
»Womit denn?«
Inzwischen waren ihre Finger an seiner Wirbelsäule angelangt, und ihr Oberkörper lag fest an seinem. »Ich weiß nicht«, sagte sie herausfordernd.
Gänsehaut kribbelte ihm im Nacken, die so gar nichts mit der Kälte ihrer Finger zu tun hatte, sondern viel mehr damit, was diese Finger taten. »Lass uns runtergehen, du musst aus den nassen Sachen raus.«
»Das muss ich auf jeden Fall.« Als sie ihre Hände aus seinem Pullover zog, erschien es ihm absurderweise kälter als vorher.
Er öffnete das Schiebeluk und ging voran, nicht ohne sich nach Alva umzudrehen. In ihrem Mundwinkel verbarg sich ein kleines Grinsen, während sie ihm die Stufen in die Kajüte folgte. Selbst nachdem sie ihre Schuhe abgestreift hatte, hinterließen ihre Füße noch kleine feuchte Tapser auf dem Boden. Sie war wirklich vollkommen durchnässt.
Wilma hatte sich unter dem Tisch zusammengerollt. Sie klopfte nur zweimal kurz mit dem Schwanz auf den Boden und nahm weiter keine Notiz von ihnen.
Jo nahm Alva den nassen Anorak ab und hängte ihn in die Dusche. »Wird spannend mit Klamotten für zwei Leute hier drin.«
»Und überhaupt mit zwei Leuten.« Sie zog die vom Meerwasser dunkel gefärbte Jeans über ihre Hüften. Die Haut darunter war rosig von der Kälte.
Während er sich nach trockener Kleidung für sie umsah, hüpfte sie mit der Hose zwischen den Knien durch die Kajüte und setzte sich auf die Bettkante im Eingang der Vorschiffskoje. Vergeblich zerrte sie am Stoff, der ihr auf der Haut klebte.
»Jeans beim Segeln. Es gibt Dinge, die macht man genau einmal in seinem Leben und dann nie wieder.«
»Danke für die Erkenntnis, Landratte.« Sie schnitt ihm eine Grimasse. »Konnte ich damit rechnen, dass du eine Regatta fahren würdest? Hilf mir lieber mal.«
Nur zu gern. Er reichte ihr eine seiner Jogginghosen, fasste die Jeans an ihrem Knöchel und half ihr hinaus. Mit der Rückseite seiner Finger streifte er die Innenseite ihrer Oberschenkel und erwischte sie dabei, wie sie die Unterlippe zwischen die Zähne zog und ihr Atem einen Moment lang stockte.
Dann hielt sie seine Hose mit ausgestrecktem Arm in die Luft. Sogar dann reichten die gerade geschnittenen Hosenbeine noch bis zum Boden. »Ich fürchte, wenn ich die anziehe, kannst du unter meinen Füßen einen Knoten in die Beine machen.«
»Das ist der Plan.«
Sie hob die Augenbrauen. »Damit ich auf dem Bauch durch dein Boot rutsche wie eine meiner Robben?«
Er schob sich näher an sie heran, bis er zwischen ihren Knien hockte, den Blick auf ihren leicht geöffneten Mund gerichtet, auf den feinen Streifen ihrer Unterlippe, der verführerisch glänzte. Mit den Fingerspitzen streichelte er über ihren Fußspann zu ihrem Knöchel. »Damit du hierbleiben musst.«
»Wie lange so ungefähr?«
»Bis wir irgendwo angekommen sind, wo das Wetter keine Kleidung mehr erfordert.«
Sie lachte hell auf. »Wohin wolltest du doch gleich segeln? Ins Mittelmeer oder lieber gleich Richtung Kanarische Inseln? Da könnten wir eine Weile unterwegs sein.«
»Verlockende Vorstellung. Du und ich.«
»Und Sonnenschein und ein leiser Wind auf der Haut.« Sie strich ihm mit gespreizten Fingerspitzen übers Gesicht – was er so ziemlich überall im Körper spürte.
»Und ein Jahresvorrat Tiefkühlpizza und Schokoladenkekse.«
»Auf jeden Fall.« Alva zog die Beine aufs Bett, erst das eine, dann das andere. Ihr Fuß streifte dabei seine Schulter. Sie schob beide Füße ein Stück unter die Decke und lehnte sich vor, so weit, dass ihre Nasenspitze seine fast berührte. »Dir ist klar, dass ich ohnehin hierbleiben muss, oder?«
»Sicher, deine Schuhe sind durchnässt.«
Sie schüttelte den Kopf, und dabei streifte ihr Atem seine Lippen. »Nein. Ich muss ausprobieren, wie es sich hier liegt. Immerhin habe ich vor, monatelang mit dir zu schlafen. Also, in dieser Koje, meine ich. Jede Nacht.«
Er musste lachen, es geriet ein wenig rau.
»Was denn?«, fragte Alva gespielt harmlos.
»Gar nichts. Es ist nur ausgesprochen anziehend«, sagte er, »wenn Kinderärztin Doktor Alva ein wenig zweideutig wird.«
»Ich bin nicht zweideutig. Fühl doch mal, es schaukelt alles.« Sie strich ihm über den Unterkiefer, die Ansätze der Schlüsselbeine, die Brust. Wie konnte es sein, dass er das trotz des Sweaters so deutlich spürte? »Und«, flüsterte sie, »wir müssen dringend noch ausprobieren, ob wir beide in dieses Bett passen und ob wir überhaupt Schlaf finden werden.«
»Irgendwann sicher«, murmelte er. Mit einem Griff in seinen Nacken zog er seinen Pullover samt T-Shirt über den Kopf.
Alva brachte ihre Lippen wieder an seine. »Vielleicht ist es zum Schlafen auch viel zu eng hier drin.«
Das Einzige, was langsam wesentlich zu eng wurde, war seine Hose. Ihr Atem war auf seinem Mund, ihre Zunge an seiner, ihre Erregung … er konnte sie jetzt schon schmecken. Sie schloss die Hände um seinen Nacken, zog ihn sanft, aber unnachgiebig an sich und in die Koje.
»Die Hose«, hauchte sie an seinem Mund.
»Hm.«
»Die ist ganz feucht. Lass sie draußen.«
Kein bisschen zweideutig. Sie umnebelte ihm äußerst eindeutig den Verstand. Und das wissende Lächeln auf ihren Lippen verriet ihm, dass sie es ganz und gar bewusst tat. Mehr noch: Sie liebte, was sie mit ihm anstellte.
Jo streifte sich Hose und Strümpfe ab, während Alva sich auf dem Po langsam in die Koje zurückzog. In Boxershorts wollte er ihr folgen, aber sie warf ihm einen Blick zu und biss sich auf die Unterlippe, während sie leicht den Kopf schüttelte. Verdammt, verdammt. Ob sie eine Ahnung hatte, wie heiß sie ihn machte? Die Boxershorts folgten der Hose auf den Fußboden, und Alva lachte leise, während ihr Blick über seinen nackten Körper glitt. Er hörte sie atmen. Und wieder folgte ein Kopfschütteln.
»Das meinte ich gar nicht.« Ihre Stimme klang belegt, und der kleine Hinweis, dass sie ihn genauso begehrte wie er sie, trieb das Pochen in seinem Unterleib auf eine neue Ebene. »Auch wenn ich zugeben muss, dass es mir so noch besser gefällt.«
Er stemmte die Hände links und rechts gegen die Schiebewände der Koje. »Wir sind nicht mal losgefahren, und du lässt mich schon nicht mehr in mein Bett?«
»Ich will dich bloß nicht mehr rauslassen, wenn du einmal drin bist«, erwiderte Alva, und endlich begriff er.
»Oh. Okay. Klar. Ich fürchte, mein Gehirn ist gerade mangelversorgt.«
»Ich seh das. Deutlich.«
Er wandte sich ab und klaubte die Kondome aus dem Klappschrank über dem Badezimmerwaschbecken. Ab jetzt würden sie neben dem Bett deponiert werden.
»Außerdem«, rief sie ihm nach, »wollte ich deinen Hintern sehen.«
Er lachte. »Hab ich euch einander noch nicht vorgestellt? Ich hoffe, er gefällt dir.«
Er wartete ihr »Gefällt mir sehr« ab, bevor er zu ihr zurückging, genüsslich langsam, genau wie sie es in ihrer Wohnung mit ihm gemacht hatte.
»Beweg den hübschen Hintern zu mir.« Ihre Stimme kratzte entzückend, und ihre Zunge benetzte ihre Unterlippe.
Die Spannung in seinen Lenden war fast nicht auszuhalten, aber Jo lehnte wieder die Unterarme oberhalb des Einstiegs an die Vertäfelung und schüttelte nun selbst den Kopf. Sie hatte das Spiel angefangen. Er würde mitspielen. Außerdem genoss er dieses Gefühl ihrer Blicke auf seinem nackten Körper. Er blickte herausfordernd auf ihren Pullover. »Du bist dran, Alva.«
Kurz geriet ihre Souveränität ins Wanken. Ein Zweifel beschattete ihre Augen, aber nur für einen Moment, als wäre ihr ein Gedankenimpuls gekommen und sofort wieder verschwunden. Dann zog sie den Pullover aus, warf ihn zur Seite und griff in der gleichen Bewegung nach der Decke.
Er zog den Kopf ein und kletterte rasch zu ihr in die Koje, stützte die Hand auf die Decke und lehnte sich über Alva, drückte sie halb in die Kissen, sodass sie rücklings unter ihm lag, auf die Ellbogen gestützt. »Vielleicht mach ich ein Schild an die Koje. Kleidung verboten. Weißt du, warum?«
Sie küsste seine Unterlippe, ließ ihn ihre Zungenspitze spüren, und er drängte sich unweigerlich gegen ihre Hüfte. »Sag’s mir.«
»Damit ich dich ansehen kann, die ganze Nacht lang. Weil du das Schönste bist, das je in diesem Bett lag.«
»Kunststück«, spottete sie, schloss aber die Augen, als er ihre Taille hoch zu ihrer Brust streichelte.
»Das Schönste, was überhaupt je mit mir in einem Bett lag.«
Sie lachte, und er fuhr ihr durchs Haar, zog ihren Kopf in den Nacken, um ihren Hals zu küssen, an ihrer weichen Haut zu lecken und zu saugen, bis sie sich unter ihm wand.
»Ich meine das ernst«, flüsterte er an ihrer Haut. Sie sollte nicht lachen, wenn es nicht nach Freude klang, sondern so, als hätte er einen Scherz gemacht, über den sie sich amüsierte, damit er nicht auf ihre Kosten ging. »Ich liebe es, wie weich du bist. Diesen Schwung deiner Hüften.« Er fuhr mit der Hand über ihren Po. »Du bist perfekt.« Womöglich verstand sie ihn kaum noch, da er das Gesicht zwischen ihre Brüste senkte. Sie löste eine Hand von seinem Oberkörper, griff an ihren Rücken und löste den BH, sodass er sie küssen konnte, an ihren Brustwarzen saugen, bis sie hart wurden und Alva atemlos lachte. Sie drängte eine Hand zwischen ihren Körpern hindurch und umfasste seine Erektion.
Das war der Moment, in dem er aufhörte zu denken. Er schloss sie in die Arme, während sie ihn streichelte, küsste sie, während sie ihn rieb, liebte sie, während sie ihn hielt und er in ihre Hand stieß, weil er nicht länger aushielt, es nicht zu tun.
Jo schob sich zwischen ihre Beine, sie drängte ihn an ihrem feuchten Höschen, und jede verdammte Faser des Stoffs zwischen ihnen war zu viel.
»Wo …«, keuchte Alva, »wo sind die …«
Er griff an ihr vorbei. Bemerkenswerterweise gelang es ihnen in Windeseile, ihm nicht nur vierhändig das Kondom überzustreifen, sondern gleichzeitig Alvas Höschen von ihrem Körper und im hohen Bogen aus der Koje zu bekommen. Ihre Glieder waren miteinander verschlungen, die Finger sich gegenseitig im Weg. Alva atmete schwer und lachte gleichzeitig, und Jo fehlte es einerseits an Verstand, während er andererseits alles überdeutlich wahrnahm. Er sah sie gestochen scharf, vernahm jeden ihrer Laute, spürte sie überall an seiner Haut – selbst da, wo er sie nicht berührte. Und Gott, wie sie roch …
Alva rollte sich auf ihn und wollte sich aufrichten. Er konnte sie gerade noch festhalten und an seine Brust drücken. »Vorsicht. Die Decke ist …« Verdammt niedrig, wollte er sagen, aber da war schon wieder ihr Mund auf seinem, die Worte verschwanden. Da war nur noch ihr Gewicht, süß und verlockend auf seinen Hüften, waren ihre Brüste an seiner Brust, war ihre Mitte, die sich dort rieb, wo alles hart und fest und heiß nach Erlösung verlangte. Sie hob die Hüften, half kurz nach, bevor sie ihre Hände um seine Schultern schloss und sich auf ihn senkte und ihn in sich aufnahm, ihn fest umschloss und seine Lust mit kleinen, schaukelnden Bewegungen steigerte, weiter und weiter, bis ins Unaushaltbare.
»Alva«, sagte er leise, weil er es liebte, ihren Namen zu sagen. Noch viel mehr, wenn es zwischen Küssen war. »Alva. O Gott, ich glaub …« Ich liebe dich. »Ich kann nicht mehr lange.«
Er rollte sie herum, und Alva schlang die Beine um ihn. »Warte«, flüsterte sie, und er hielt sofort inne, auch wenn sein Becken fast ohne sein Zutun nach vorn drängte, mehr von ihr wollte.
»Was ist? Ist alles …« Er konnte kaum noch geradeaus gucken.
»Ich hatte Angst, dass du und ich vielleicht irgendwann nicht mehr wissen, was wir einander sagen sollen.« Sie lachte, was feste, wellenartige Bewegungen durch ihre feuchte Enge trieb. Er musste die Augen schließen, teils aus Erleichterung über ihre Worte, teils vor Lust. Sie sollte immer lachen, wenn er in ihr war.
»Aber jetzt hab ich keine Angst mehr. Wir …«
Er sollte etwas antworten, aber sein Kopf war leer, und sein Körper drohte zu zerspringen. Er zog sich ein Stück zurück, um sich langsam noch tiefer in ihr zu versenken.
Alva seufzte. »Wir können … einfach … das hier tun, wenn uns nichts mehr einfällt. Einfach …«
Er stieß ein weiteres Mal in sie, und sie stöhnte auf.
»Den ganzen Sommer lang …« Ihre Finger gruben sich in seinen Hintern, »… jeden Tag.«
Er stieß fester in sie, hielt sich wieder zurück. »So, Alva?«
Sie keuchte an seinem Mund. »Genau so. Ganz genau so. Hör nicht auf. Hör einfach nie mehr auf.«
Aber dann konnten sie beide nicht mehr warten. Sie hob sich ihm entgegen, und er drängte nach vorn, tiefer, schneller. Sie bäumte sich auf, und ihre Enge zog sich in Wellen um ihn zusammen, immer wieder und wieder, bis er das Gefühl hatte, zu explodieren.
Danach lagen sie erschöpft beieinander, Haut an Haut, und die einzigen Bewegungen waren die der FYF, die in den Hafenwellen schwankte und ab und an mit dumpfen Lauten gegen den Steg stieß.
»Jeden Tag, ja?« Er küsste einen Tropfen Schweiß von ihrem Hals. »In der Intensität?«
»Schaffst du das nicht?«
»Verlass dich drauf. Ich denke allerdings nicht, dass uns so schnell der Gesprächsstoff ausgehen wird. Und wir haben ja auch immer noch die Schokoladenkekse.«
Sie lachte, und allein die Erinnerung daran, wie sie gelacht hatte, als er in ihr gewesen war, wischte die Erschöpfung beiseite und legte den darunterliegenden Wunsch frei, es noch einmal zu spüren. »Das geht schon«, sagte Alva und kuschelte sich an ihn. »Es gibt ja noch die Nächte, in denen wir reden können.«