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Fábrica de Tabaco Partagas, Havanna, Cuba

Das Moped-Taxi hielt vor dem kastanienbraunen und cremefarbenen Gebäude. Cloutard und Arthur stiegen aus. Die Fábrica de Tabaco Partagas lag an der hinteren Ecke des Cubanischen Kapitols.

„Was genau wollen wir denn hier – Proviant?“, scherzte Cloutard, während sie das 175 Jahre alte Fabrikgebäude betraten. Gleich rechts befand sich das Verkaufslokal. Weiter hinten öffnete sich ein Lichthof mit dem Treppenaufgang zu den Produktionshallen, in denen die Frauen und Männer Tag ein Tag aus Zigarren per Hand rollten. Böse Zungen würden diese traditionellen Fabriken heute als Sweatshop bezeichnen.

Vor dem Laden saßen ein paar Männer auf Holzbänken, rauchten genussvoll ihre Havannas und unterhielten sich lautstark. Arthur nickte einem der Männer zu und dieser deutete ins Geschäft. Arthur öffnete die Tür und Cloutard folgte ihm. Sie gingen zielstrebig an den Vitrinen und Regalen vorbei, die mit den besten und feinsten Rauchwaren gefüllt waren. An einer Bar schlürften ein paar Touristen Mojitos und ließen sich beraten. In der rechten hinteren Ecke, neben der Kasse, befand sich eine Tür mit der Aufschrift VIP. Arthurs Ziel. Als er sich der Kassiererin näherte, setzte Arthur zu einer Begrüßung an. Die alte Dame sprang abrupt auf, drängte sich an Arthur vorbei und lief mit erhobenen Armen auf den Franzosen zu.

„Senior Cloutard. Wir haben Sie ja schon lange nicht mehr gesehen. Cómo está?“ Arthur war perplex. Die alte Dame küsste Cloutard zur Begrüßung auf beide Wangen.

„Danke gut! Maria? Richtig?“

„Si, Senior“, strahlte sie Cloutard an und umarmte ihn erneut.

„Was kann ich denn für Sie tun? Das übliche?“ Etwas überrumpelt, lächelte Cloutard verlegen und deutete zu Arthur.

„Ah, eigentlich sind wir wegen ihm hier.“ Sie sah Arthur an.

„Arthur, chico malo, du hast mir nie erzählt, dass du François Cloutard kennst.“ Sie gab ihm einen Klaps auf sein Hinterteil. Arthur zuckte mit den Schultern und lächelte entschuldigend.

„Er ist ein Freund von meinem Enkel. Ist dein Mann da?“, fragte Arthur die herzliche Dame.

„Ja, er ist hinten mit ein paar Freunden - geht nur rein.“

Arthur legte seinen Arm um Cloutard und führte ihn in den VIP-Raum. Cloutard wandte sich zu Maria um: „Wenn ich schon hier bin - ich nehme eine kleine Kiste“. Maria lächelte und nickte.

„Arthur!“, rief Ernesto, Marias Mann, gefolgt von „Senior Cloutard?“ Die Tür des VIP-Raums fiel hinter den beiden ins Schloss. Ein grauer Schleier lag in der Luft und ein unvergleichliches Aroma stieg ihnen in die Nase. Ernesto war aufgesprungen und schüttelte Arthur und Cloutard stürmisch die Hände.

„Un momento por favor“, sagte Ernesto und wandte sich an die vier Freunde, die in den gemütlichen Lehnsesseln saßen und ihre Zigarren mit einem Gläschen Rum genossen. „Vámonos. Das sind wichtige Klienten.“ Mürrisch verließen Ernestos Freunde den Raum.

Cloutards Blick überflog die unzähligen Fotos, die sämtliche Wände schmückten. Politiker, Diplomaten, Gangster und Prominente waren auf den Bildern verewigt, wie Jack Nicholson, Whoopie Goldberg, Gérard Depardieu um nur einige zu nennen. Auch Hemingway gehörte einst zu den Kunden dieser Zigarrenbar.

„Das waren noch Zeiten“, schwärmte Cloutard und deutete auf ein Foto. Arthur folgte seiner Hand und erstarrte. Cloutard saß inmitten von Soldaten und niemand Geringerem als Fidel Castro. Alle hatten eine Zigarre im Mund und ein Glas Rum in der Hand.

Nachdem Ernesto, ein kleiner pummeliger Mann mit einem dicken schwarzen Schnauzbart seine vier Freunde erfolgreich aus dem VIP-Raum geschmissen hatte, wandte er sich wieder seinen neuen Gästen zu.

„Ich brauche die Schatulle“, sagte Arthur ohne Umschweife.

Ernestos Blick wurde ernst und er nickte. Er ging in die Ecke des Raumes, drückte auf eine Holzleiste und ein Stück der Wandvertäfelung schob sich zur Seite. Er schwang die schmale Geheimtür auf und betrat den dahinterliegenden Raum. In ihm gab es einen alten Fahrstuhl. Alle drei drängten in den winzigen Raum. Ernesto verschloss die Vertäfelung und zog anschließend die metallene Falttür des antiken Fahrstuhls auf. Cloutards Begeisterung wuchs von Moment zu Moment.

„Das ist nur ein kleiner Gag für die VIPs“, sagte Ernesto, als er Cloutards Begeisterung erkannte. „Wir benutzen diesen Lift, wenn wir wichtige Gäste durch die Fabrik führen. Die machen dann ein ähnliches Gesicht, wie Sie gerade.“ Er zog die Tür zu und die Kabine ruckelte nach oben.

„Warum haben Sie MIR diesen Lift nie gezeigt?“, wunderte sich Cloutard.

„Wir haben ihn erst vor Kurzem entdeckt, als wir renoviert haben. Er wurde seinerzeit zugemauert“, erklärte Ernesto.

Auf der Produktionsebene angelangt, stiegen sie aus dem Fahrstuhl. Die Torcedores, die Zigarrenroller bestehend aus 50 Männern und Frauen, saßen an antiken Holztischen, versteckt hinter den Pressen und Türmen von Tabakblättern. Hier kamen sie ihrer eintönigen Arbeit nach. Am Ende des Raumes saß eine ältere Dame und las aus einem Buch vor, um die Arbeiter zu unterhalten. Salsa Musik drang aus Lautsprechern.

Die drei durchquerten den Produktionsraum. Neben dem Lastenaufzug lag das Büro des Schichtleiters. In einer Ecke stand darin ein uralter mannshoher Safe. Ernesto öffnete das stählerne Ungetüm und holte eine Kiste, die man auf den ersten Blick für einen kunstvollen Humidor halten könnte, heraus und reichte sie Arthur.

„Wo sonst bewahrt man so eine Kiste auf“, Arthur lächelte.

„Danke mein Freund“, ergänzte er, und die drei verließen das Büro. Sie gingen zum Treppenabgang. Plötzliche Unruhe und Geschrei drang über den Lichthof nach oben. Sie traten auf den französischen Balkon und sahen nach unten. Ungläubig starrten sie in den Innenhof.

„Merde“, murmelte Cloutard.