„Olé, olé, olé, olé!“ Lady Madonna saß auf einmal wieder auf Violets Schulter. „Rivenhoe olé!“
„Du und Nelson, ihr habt uns gerettet!“, rief Violet und streichelte das türkisfarbene Gefieder.
„Bitte schön! Danke schön!“, zwitscherte der Wellensittich stolz.
„Du bist unser Fußballstar“, sagte Zack. „Du musst heute Abend unbedingt zur Siegesfeier kommen, Madonna.“
„Olé, olé, olé, olé!“ Lady Madonna plusterte sich begeistert auf.
„Aber erst mal bring ich dich zurück zu Tante Abigail“, sagte Violet.
Während Zack zu Jack und den übrigen Spielern rannte, bahnte sie sich einen Weg durch die Menge. Dabei hielt sie Ausschau nach Tante June und Onkel Nick, aber die beiden waren nirgends zu sehen.
„Sie sind schon weg“, sagte Tante Abigail, als Violet sie endlich erreicht hatte. „Die Dumplings nehmen uns mit nach Hause.“
„Aber warum sind sie denn ohne uns gefahren?“, fragte Violet.
Tante Abigail lächelte. „Sie mussten sich beeilen. Tante June hat sich bei dem Spiel so schrecklich aufgeregt. Und jetzt kommt das Baby.“
„Was?“ Mit einem Schlag waren das Turnier und die Blauen, Jordan und Jack, Rivenhoe und der Pokal schnurzpiepegal. „Sind sie im Krankenhaus? Dann muss ich zu ihnen!“
Tante Abigail schüttelte den Kopf. „Du kommst erst mal mit zu mir.“ Sie streichelte Violet übers Haar und küsste sie auf die Stirn. „Es wird alles gut. Keine Sorge, Violet.“
„Wahrscheinlich kommt das Baby nicht vor morgen früh“, erklärte Mrs Dumpling, als ihr Wagen vor dem Blumenladen hielt. „Beim ersten Mal dauert es immer länger. Ich kenn mich damit aus.“
„Bis morgen früh kann ich nicht warten“, sagte Violet. „Das halte ich nicht aus.“
„Oh weh, oh weh, oh weh, oh weh!“, piepste Lady Madonna, die sich schnell auf die neue Situation eingestellt hatte.
„Nichts da, oh weh“, sagte Tante Abigail. „Ich mach uns jetzt erst mal ein leckeres Abendessen. Und dann sehen wir weiter.“
Zur Feier des Tages gab es Milchreis mit Zucker und Zimt, auch für Lord Nelson, der Süßes liebte und drei Schüsselchen davon fraß. Lady Madonna bekam eine Extraportion Körner.
Nach dem Abendessen stand Tante Abigail auf. „Wir sollten jetzt los.“
„Wohin?“, fragte Violet erstaunt.
„Ins Krankenhaus natürlich“, sagte Tante Abigail. „Oder willst du dein Brüderchen nicht begrüßen?“
„Aber … Onkel Nick hat doch noch gar nicht angerufen“, stammelte Violet.
„Das braucht er auch nicht.“ Tante Abigail lächelte warm. „Als Tante spürt man doch, wenn es soweit ist.“
Tante June hatte das Zimmer 77, das war schon mal super, sieben war nämlich ihre Lieblingszahl.
Violets Knie zitterten vor Aufregung, als Tante Abigail anklopfte.
„Herein!“ Tante Junes Stimme klang ganz normal, das war auch super.
Behutsam öffnete Tante Abigail die Tür und sie traten ein.
Tante June lag im Bett und Onkel Nick saß neben ihr und beide sahen aus wie immer. Und sie lachten Violet entgegen, das war das Allerbeste.
„Da kommt ja endlich die große Schwester“, sagte Onkel Nick.
„Schau mal, was wir für dich haben“, sagte Tante June.
Jetzt erst bemerkte Violet das Baby in Tante Junes Armen.
„Es ist ein Junge“, sagte Onkel Nick. „Du kommst wie gerufen, wir überlegen nämlich gerade, wie er heißen soll.“
Violet setzte sich neben Tante June, ihre Beine waren auf einmal viel zu wackelig zum Stehen. Und als sie saß, legte ihr Tante June das Brüderchen in die Arme.
Violet hielt den Atem an. Das Baby war ganz leicht, man spürte es kaum. Und es war wunderschön.
Sein Köpfchen war genauso rot wie Violets und Tante Abigails Haare und die Augen, die es in diesem Moment aufschlug, waren himmelblau wie der Teppich in Tante Abigails Wohnzimmer. Violet streckte ihm ihren kleinen Finger hin und das Baby packte ihn und hielt ihn fest.
„Was hältst du denn von Rudy?“, fragte Tante June.
„Rudy ist super“, sagte Violet. „Genauso sieht er aus.“
„Dann hätten wir das ja geklärt“, sagte Tante June und danach küsste sie ihre beiden Kinder. Zuerst die große Violet und dann den kleinen Rudy.
Später ging Violet noch im Vereinsheim vorbei, wo die Siegesfeier stattfand.
Weil es ein milder Frühlingsabend war, standen die Spieler draußen, und einer von ihnen war Jordan. Mr Campbell hatte nämlich auch die Blauen eingeladen. Trotz des vergifteten Punschs und allen anderen Gemeinheiten. So großzügig war er.
„Hi, Violet”, sagte Jordan und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
„Hallo, Jordan.” Violet wartete darauf, dass ihr Herz wieder zu rasen und zu hämmern begann, aber es schlug ganz ruhig weiter.
„Ich wollte dir sagen … also … ich, äh …” Jordan fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und räusperte sich verlegen.
„Was denn?“
„Es tut mir leid.“
„Schon gut“, sagte Violet. „Ist ja alles gut gegangen. Also, für uns jedenfalls.“
„Ich weiß.“ Jordan räusperte sich erneut. „Das meine ich auch nicht.“
„Sondern?“, fragte Violet.
„Ich find dich wirklich nett. Das war nicht gelogen“, stotterte Jordan.
Violet lächelte. „Ich fand dich auch nett“, sagte sie. Danach ließ sie ihn einfach stehen und rannte zu Jack und Zack.
Sie musste ihnen von Rudy erzählen und dann mussten sie zusammen mit Olli und Mr Campbell und allen anderen auf ihr neues Brüderchen anstoßen. Und auf den Pokal natürlich auch.