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achdem ihr Vater fort war, öffnete Laurie einen Spaltbreit die Tür zu Timmys Zimmer. Sie konnte ihn in dem dunklen Raum kaum erkennen. Ihr kleiner Junge war schon viel zu groß für ein Nachtlicht. Und ein kleiner Junge war er eigentlich auch nicht mehr, außer in ihren Augen.
Als sie schließlich in ihrem Bett lag, griff sie sich das Handy, das sie während des Abendessens ausgeschaltet hatte, und schickte Charlotte eine SMS
. Mir tut immer noch alles weh vom Training heute Morgen. Warum hast du mich nicht gewarnt?
Sie rief das Emoji-Menü auf und fügte ein Fahrrad und ein lächelndes Gesicht mit Teufelshörnern an.
Sofort antwortete Charlotte mit einem angespannten Bizeps, gefolgt vom Kuss-Zeichen und einem Zzzz
.
Laurie schmunzelte noch über die Nachricht, als auf ihrem Bildschirm eine eingegangene Sprachnachricht angezeigt wurde. Die Telefonnummer kam ihr entfernt bekannt vor, sie konnte sie aber nicht einordnen. Sie tippte auf den Abspielknopf.
»Ms. Moran, hier ist Kendra Bell. Sie haben mich heute zu Hause ziemlich überrumpelt. Ich hatte noch nicht mal die Gelegenheit, meine Version der Geschichte zu erzählen. Können wir uns morgen Nachmittag treffen? Laut meinem Dienstplan in der Praxis könnte ich etwas früher los. Wie wäre es mit fünfzehn Uhr? Und bitte, halten Sie Ihr Versprechen und lassen Sie meine Kinder außen vor.« Ihre Stimme klang zittrig.
Laurie spielte die Nachricht ein weiteres Mal ab, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht verhört hatte
.
Nein, sie war sich sicher. Sie hatte schon vorher Kendras Besorgnis wahrgenommen, aber jetzt klang die Frau anders. Sie war nicht mehr nur nervös oder unsicher, sondern ziemlich durcheinander. Zutiefst verängstigt. Und dennoch wollte sie an der Sendung teilnehmen.
Warum hast du so große Angst?
, fragte sich Laurie. Was, fürchtest du, könnte ich herausfinden?