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R yan nahm Laurie zur Seite, während die Filmcrew die Ausrüstung in ihrem Transporter verstaute. »Hast du was dagegen, wenn wir uns kurz in den Wagen setzen?«, fragte er und sah zu Naughtens Haus, um deutlich zu machen, dass er sich mit ihr unter vier Augen unterhalten wollte.
»Ich glaube ihm«, sagte Ryan, als er auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte.
Laurie dachte kurz nach. »Er kann unmöglich gewusst haben, dass Kendra ihren Mann einer Affäre verdächtigt. Davon hat nie etwas in den Zeitungen gestanden. Er hat nur erzählt, was er selbst in diesem Taxi gesehen hat.«
»Könnte es Kendra gewesen sein, die er geküsst hat?«, fragte Ryan.
»Das bezweifle ich. Ihre Ehe war doch völlig zerrüttet. Vielleicht hatte Kendra mit ihrer Vermutung doch recht, hat sich aber in der Frau geirrt.«
»Dann suchen wir jetzt nach einer anderen Frau, möglicherweise einer mit einem eifersüchtigen Mann? Wie soll das gehen?«
Ryan hatte recht. Sie fischten im Trüben. Neben dem mysteriösen Unbekannten aus dem Cover hatten sie jetzt noch eine mysteriöse Frau in einem Taxi.
Laurie überlegte, was sich aus der neuen Information ergab. Wenn Martin tatsächlich eine Affäre hatte, war das für Kendra nur umso mehr ein Motiv, ihren Mann umzubringen. Er hatte nicht nur vorgehabt, sie zu verlassen, sondern auch schon einen Ersatz gefunden. Andererseits ergaben sich aus einer Affäre weitere potenzielle Verdächtige – eine bislang unbekannte Geliebte, möglicherweise ihr ebenso unbekannter eifersüchtiger Ehemann.
Laurie musste sich in Erinnerung rufen, dass sie den ausgewählten Fall nicht immer aufklären konnten. Sie brachten bereits einiges ins Rollen, wenn sie so wie jetzt neue Erkenntnisse zutage förderten.
Zumindest hatte sie noch ein weiteres Puzzleteil, das sie ins Spiel bringen konnte. »Ich denke an Georges Beschreibung seiner Mutter kurz vor ihrem Tod«, sagte sie. »Ich bin mir ziemlich sicher, warum Kendra am Abend des Mordes so weggetreten war.«
Nachdem sie ihm ihre Theorie dargelegt hatte, schlug er vor, das von ihm bereits vorbereitete Kreuzverhör von Kendra entsprechend abzuändern.
Laurie schüttelte den Kopf. »Ich finde, es ist nicht richtig, sie vor laufender Kamera mit so etwas zu überfallen.«
»Aber machen wir das nicht immer so?«, widersprach Ryan. »Wir fassen sie nicht mit Samthandschuhen an, außerdem ist sie nach wie vor unsere Haupttatverdächtige.«
»Hier geht es um sehr private Gesundheitsfragen. Das ist was anderes. Ich werde mit ihr unter vier Augen sprechen.«
Sie erwartete eigentlich, dass er sich querstellte, aber er hob nur die Hände und schwieg.
Ihr Vater klopfte gegen die Seitenscheibe. Sie öffnete die Tür. »Dad, ich danke dir, dass du mitgekommen bist. Wenn du weiterhin bei uns aushilfst, muss ich mir noch einen neuen Ausgabenposten einfallen lassen und dich auf die Lohnliste setzen.«
»Damit ich dich als Chefin habe? Oder Brett Young?« Er tat so, als würde ihn schaudern. »Betrachte mich als eine kostenlose Dienstleistung.«
Sie sah auf ihre Uhr. Es war vier. »Kann ich dich für eine weitere Aufgabe einspannen?« Sie erklärte, dass Timmy bis fünf Uhr Trompetenunterricht hatte und sie es bis dahin vielleicht nicht schaffte.
»Schon erledigt«, sagte er.
Wenn sie Glück hatte, würde sie Kendra vielleicht zu Hause abpassen können.