I

Mit einem wehmütigen Sehnen in der Brust kam ich in meinem Büro an, setzte Wasser für einen Tee auf und bereitete mich darauf vor, meinen Luxuskörper auf der Institutstoilette zu waschen. Alle romantischen Empfindungen waren verflogen, als ich nackt vor dem Waschbecken stand, das etwa die Größe einer Briefmarke aufwies, und versuchte, meine Füße zu waschen. Einen Fuß im Waschbecken, stand ich nackt da, als mir plötzlich die Möglichkeit in den Kopf schoss, dass irgendjemand den Raum betreten könnte. Ich hatte nicht abgeschlossen. Zwar war ich allein am Institut, aber gib dem Schicksal eine Chance und es nützt sie. Nackt auf der Toilette erwischt. Meine Karriere wäre beendet, bevor sie noch begonnen hatte. Ich drehte mich um, der schon gewaschene und darob nasse rechte Fuß glitt aus, und um ein Haar hätte ich mir den Kopf an den Fliesen aufgeschlagen. Ab morgen, so beschloss ich, auf dem Rücken liegend, würde ich mir ein Tröpferlbad suchen.

Ein paar Minuten später stand ich, noch nass von meiner Katzenwäsche, in meinem Büro. Ich hielt eine Tasse Tee in der Hand, es handelte sich um die dritte, und war glücklich. Nichts spült einen heißen Tag so aus dem Organismus wie grüner Tee. Doch dann war mein Glück vorbei, denn es läutete das Telefon.

»Grüß Gott.«

»Servus, Erich.«

»Ich wollte nachfragen, ob bei deinen Erkundigungen schon was rausgeschaut hat. Die hohen Herren sind neugierig. Wir könnten uns irgendwo treffen. Mutter Kirche hat die Spendierhosen an.«

Eine Armenspeisung wäre jetzt zwar genau im Sinne meines Magens gelegen, aber ich war fix und fertig.

»Nein, Erich, ich bin total erledigt. Ich geh heute nicht mehr aus dem Haus.«

»Am Telefon will ich das alles nicht besprechen.«

»Komm doch vorbei.«

»Bis Rudolfsheim Fünfhaus ist es mir zu weit.«

»Nein, ich bin auf der Uni. Im Büro.«

»Warum …«

»Erzähl ich dir, wenn du da bist.«

»Gut, bis in einer halben Stunde.«

»Klopfe und dir soll aufgetan werden, denn mein ist der Schlüssel.«

»Lass die Lästereien.«

»Gut. Kannst du mir noch einen Gefallen tun? Bring ein Bild des vorigen Pontifex mit, so mit Autogramm, wenn möglich.«

»Arno, wir haben dich engagiert, nicht du uns.«

»Ist mir schon klar, wäre wirklich ein Freundschaftsdienst.«

»Soll sein.«

Wir legten auf. Dann zog ich mir eine Boxershorts an, schnappte mir meinen uralten iPod und ging in die Bibliothek. Ich kam mir vor wie ein Kind, das über Nacht in einem Süßigkeitenladen eingesperrt wurde. Nur ich und 15.000 Bücher. Was für eine Nacht, nur schade, dass Erich kommen würde. Meine nackten Füße klackten auf dem staubigen dunkelgrünen Linoleumboden. Neben mir Stellagen mit Büchern, die bis an die Decke reichten. Alte Bände in Leder, noch mit handgeschriebenen Signaturen, moderne mit fantasievoller Covergestaltung auf billigem Papier. Über allem der Geruch von Büchern. Pfeffer, Moder und Leim. Ich schaltete den iPod ein und hörte ein bisschen Mozart. Das 20. Klavierkonzert in d-Moll, in der Aufnahme von Keith Jarrett. In dieser Musik schwingt für mich eine ernste Sehnsucht mit, die von naiver Freude kontrastiert wird. Ganz genau meine momentane Stimmung. Leider sind die Augenblicke im Elysium kurz und flüchtig. Nachdem ich ein paar Bände herausgezogen, ein paar Zeilen gelesen und der Musik gelauscht hatte, war es so weit daran zu denken, Erich hereinzulassen.

Er stand schon vor der geschlossenen Tür. Schwer schnaufend, also konnte er noch nicht lange dastehen. Als er mich so in Boxershorts sah, mit einem schweren Lederband unter dem Arm, machte er große Augen. In der Linken hielt er einen schwarzen Lederkoffer, in der Rechten einen Plastiksack, fest an die Brust gedrückt. Da war sicher das Abendessen drin.

»Hast du das Bild von Johannes Paul?«

»Sicher, aber was willst ausgerechnet du mit dem Bild anfangen? Da steckt sich wieder eine von deinen Verbrechen dahinter, ich komm nur nicht dahinter, was für eine.« Erich kamen die Worte stoßweise über die Lippen, er schnaufte ganz schön.

»Überhaupt nicht. Das ist für meine polnische Hausbesorgerin. Wenn ich eine Leidensmiene aufsetze, dann wäscht sie mir die Sachen. Ich muss es nicht selbst machen und gratis ist es auch noch.«

»Das heißt, du willst mit dem Bild des Stellvertreters Gottes auf Erden, der im Prozess der Heiligsprechung steht, eine arme, alte Frau bestechen.«

»Genau.«

»Schäm dich!«

»Sicher nicht.«

»Du wirst das Bild von mir nicht kriegen.«

»Komm, Erich, so schlimm ist das nicht. Außerdem kriegt sie von mir ab und zu ein bisschen Schokolade und eine Flasche polnischen Wodka. Ist für beide Seiten in Ordnung so.«

»Warum polnischen?«

»Weil russischer aufgrund der gemeinsamen Geschichte beider Völker nicht geht. Sogar die Kakerlaken heißen bei den Polen Russen. Baltisches Spezialitäten-Geschäft kenn’ ich keins in unserem Grätzel, also kauf ich ihr den Wodka in der polnischen Videothek ums Eck.«

Er sah mich immer noch skeptisch an.

»Videothek?«

»Ja, klingt seltsam, aber die haben auch Lebensmittel und ein Beisl ist es auch.«

Mittlerweile waren wir im Büro angelangt und begannen, den Schreibtisch abzuräumen.

»A propos Hausbesorgerin, warum bist du nicht dort?«

»Wasserschaden und daraus resultierender Umbau. Für Minimum 14 Tage.«

»Du wohnst jetzt im Büro. Was sagt Glanicic-Werffel dazu?«

»Gar nichts.«

»Weil sie es nicht weiß.«

»Genau.«

»Das würde ihr sicher nicht passen.«

»Der Professorin passt gar nichts von dem, was ich mache, außer meine Aufsätze, die unter ihrem Namen erscheinen. Bin ich also schon gewohnt.«

Der Tisch war abgeräumt, Erich stellte das Plastiksackerl hin und holte verschiedene, in Alufolie eingeschlagene Gegenstände heraus, plus eine Flasche Rotwein und Besteck, Erich würde niemals mit den Händen essen. Er schlug die Alufolie zurück und der Duft von frischem Backhendl erfüllte das Büro. Für mich war auch noch eine Schale Salat dabei, Erich war nicht so der Beilagenesser. Er schlang sich eine Serviette um den Hals, faltete kurz die Hände und setzte sich zu seinem Huhn. Er hatte zwei gekauft, sicherlich würden die Reste meines Tiers auch noch in seinem Magen landen. Verschwendung war für ihn Sünde. Den Wein hatte er neben sich stehen, ich würde Tee trinken.

»Ich hab da einen Welt-Hendlbrater aufgetan«, Biss, »der Mann kommt aus dem Libanon«, Biss, »hat sonst nur so orientalisches Zeug«, Biss, »aber eine Panier kriegt der bei den Hendln hin«, Biss, »Wahnsinn.«

»Ja, sind wirklich gut.«

Dann verstummten wir beide und aßen. Das weiße Fleisch war saftig, die dunkle Panier knusprig und die gelbe, leicht fettig ölige Haut gab dem Ganzen das Runde, Volle, das mehr befriedigt als reine Sättigung.

20 Minuten später waren die Hendln Geschichte, der Wein bis auf ein Glas leer und Erich strahlte wie ein glücklicher Säugling. Er schmatzte noch ein wenig mit den Lippen. Seine Backen glänzten rot.

»Du könntest bei uns schlafen. Im Kloster haben wir schon noch ein paar freie Zellen.«

»Das Angebot ist lieb, Erich, aber ich steh nicht so auf Homoerotik. Außerdem komm und geh ich zu ungünstigen Zeiten. Und was, wenn die Arbeit es verlangt, eine Frau mit heimzubringen? Das würde euch sicherlich nicht gefallen, wenn euer Te Deum durch das Gebet der Fleischeslust gestört würde.« Der Gedanke an die Klosterbibliothek mit all den Handschriften reizte mich allerdings schon. Nur war da nichts zu machen.

»Jaja, hast recht. Also, was ist mit dem Seelenhändler, hast du schon was?« Erich war sichtlich pikiert und wechselte das Thema.

»Noch nicht viel.«

»Für deine Unterwelthansln geht das immer glatt vonstatten. Wenn es einmal was Wichtiges ist, das mehr betrifft als nur dich selbst, dann …«

»Tu mir nicht unrecht. Ich hab keinen großen Apparat hinter mir, Erich, das macht alles schwer.«

»Aber du kennst doch die ganzen Strizzi, warum fragst du nicht einfach nach? Du hast doch selbst mal für einen aus der Kreditbranche«, Erich räusperte sich, »hmm, gearbeitet.«

»Sicher. Wenn ich dort wen frage, denkt sich der: Was will der Linder? Dann werden sie neugierig und wittern Geld. Normalerweise wär mir das egal, aber es geht um Mutter Kirche. Ich soll diskret vorgehen und diese Leute sind alles andere als diskret.«

»Die würden zum Kardinal gehn? Mit Schlägern?«

»Möglich. Ich hätte an eurer Stelle mehr Angst davor, dass jemand der Presse was steckt.«

»Das wär gar nicht gut. Haben die keinen Respekt vor der Religion?« Erich kennt jede Silbe von »de veritate« beim Vornamen, aber in der realen Welt hapert es ab und zu ein bisschen.

»Manche schon, doch die sind dann orthodox oder muslimisch orientiert. Den anderen, und die sind die meisten, ist es einfach scheißegal. Außerdem, und das ist auch wichtig, je weniger Leute von der Sache wissen, umso mehr kann ich herausbekommen. Wenn jeder seine Finger drin hat, wirds enorm schwierig.«

»Ja, ja, ich verstehe. Per noctem ad lucem.« Er grinste mich mit Verschwörermiene an und nahm einen Schluck Wein. »Du musst auch mich verstehen, die hohen Herren werden nervös. Die sind gar nicht begeistert davon, dass ich dich engagiert habe. Die meisten wollen direkt zur Polizei und an die Öffentlichkeit gehen.«

»Das wär gar nicht gut. Man würde euch auslachen.«

»Wem sagst du das. Noch hat der Kardinal alle im Griff. Aber es gibt da Spinner, sage ich dir …« Erich verstummte und murmelte eine kleine Buße.

»Ich kanns mir denken. Also hör zu.«

Ich erzählte Erich alles haargenau so, wie es sich abgespielt hatte. Nur die Fakten, keine Eindrücke und Schlussfolgerungen. Erich machte sich Notizen in seinen schwarzen Moleskine-Kalender. Erich schrieb mit blauer Tinte, gestochen scharf, beherrscht und klein, immer in Fall und Linie korrekt. Als ich fertig war, hatte ich nur zwei Dinge ausgelassen. Buehlins Bastelei mit der Hohlwelttheorie und die Journalistin aus Abessinien mit dem Waldviertler Namen. Wieder klingelte etwas, aber ich kam einfach nicht drauf. Ich beschloss meine Darstellung mit einem Rat: »Erich, wenn es nicht unbedingt sein muss, dann lass die Namen der Personen raus.«

»Warum?«

»Weil wir sonst anderen die Möglichkeit zum Handeln geben, die werden das auch tun, und wir beide müssen darunter leiden. So kontrollieren wir den Informationsfluss. Wissen ist Macht.«

Erich rümpfte die Nase. Was ich sagte, erschien ihm einleuchtend, allerdings ist er kein Freund von Bacon. Viel zu sehr Alchimist gewesen, der gute Lord. Nachdem ich geendigt hatte, nahm Erich einen Schluck Wein und begann seine Gedanken auszubreiten.

»Du hast also deine Seele eingesetzt. Das gefällt mir nicht, und das wird den hohen Herren auch nicht recht sein«, begann Erich nach einer kleinen Nachdenkpause.

»Ging nicht anders. Sieh es einfach als Zeichen meiner Hingabe an Fall und Auftraggeber.«

»Du gehst da sehr leichtfertig und, wenn ich so sagen darf, achtlos mit deinem Geschenk um.« Ich winkte ab.

»Außerdem«, fuhr Erich fort, »hast du ein bisschen geschwindelt.« Er legte die Stirn in Falten, was sich bei seinem Billardkugelkopf doch ein wenig wunderlich ausnahm. »Dass du die Adresse von Buehlin vom Computerbildschirm gelesen haben willst, nehme ich dir nicht ab. So wie du Korkarian beschrieben hast, passt das nicht zusammen.« Erich hatte seine Logik an Aristoteles geschärft. Somit war ihm mit kleinen Schwindeleien nicht beizukommen. Nur gut, dass der alte Peripatetiker nicht von Gangstern und Polizisten gelesen wird.

Ohne auch nur einen Blick in sein Notizbuch zu werfen, redete er weiter.

»Auch das mit Buehlin ist ein bisschen schief. Da hast du die Wahrheit gesagt, aber nicht alles. Ich kann förmlich spüren, dass noch was fehlt. Der Mann scheint mir seine Seele nicht nur an Korkarian verkauft zu haben, der treibt noch was anderes.« Erich nahm noch einen kleinen Schluck vom Wein und wartete. Als ich keine Anstalten machte, etwas zu erwidern, nickte Erich, was die Doppelkinne in Aufruhr versetzte, und fuhr fort.

»Wenn du’s mir nicht sagen willst, gut. Meine Herren werden das wahrscheinlich nicht bemerken. Viel zu aufgeregt. Und ich werde dich nicht fragen. Noch nicht. Zwei Dinge allerdings bereiten mir Sorgen. Dass Korkarian Jude ist, zum einen.«

»Vielleicht, vielleicht auch nicht. In den nächsten Tagen werden wir mehr wissen. Morgen ist der Vereinsabend des KSV, da werd ich Mäuschen spielen, wenn die Leute vor und nach dem Schach herumsitzen und plaudern.«

»Meinst du nicht, dass das auffällt?«

»Ach wo, das ist ein normales Wettcafé, da sitzen jede Menge Leute rum. Ich werde ein gutes Buch lesen und lauschen.«

»Was aber, wenn Korkarian Wind kriegt und dich erkennt?«

»Macht auch nicht viel. So oder so wird da was rauszufinden sein, wenn nicht von ihm, dann von seinen Freunden. Wenn der Armenier überhaupt anwesend ist. Es kommt nicht immer jeder zum Vereinsabend. Vielleicht kann ich in seiner Abwesenheit sogar einen Freund von ihm ausquetschen.«

»Gut. Was mir am meisten Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass Buehlin nichts passiert ist. Kein Besuch von einem Inkassokommando oder dergleichen. Und der Mann war bewaffnet, die Wohnungstür schwer gesichert. Seltsam.«

»Das hab ich mir auch gedacht, den werd ich schon noch im Auge behalten. Knarre und Wohnungstür sind harmlos, ich denke, er ist einfach leicht paranoid und hat eine nette kleine Sozialphobie.«

»Warum hat er dich dann reingelassen?« Ich konnte Erich jetzt nicht sagen, dass Buehlin einfach jemandem seine Maschine zeigen wollte, darum zuckte ich nur mit den Achseln.

»Glück gehabt.«

»Siehst du, deswegen glaube ich dir da nicht ganz.«

Wieder war ich dankbar, dass Theologen keine Ermittlungen leiten.

»Ich glaube auch, dass Wohnungstür und Revolver harmlos sind. Was mich beunruhigt, ist die fehlende Reaktion von Korkarian über den geplatzten Kredit.«

»Wieso, das zeigt doch nur, dass Korkarian wider Erwarten ehrlich spielt.«

»Genau das macht mir Sorgen.«

»Versteh ich jetzt nicht.«

»Wenn Korkarian ein Inkassokommando vorbeigeschickt hätte oder Buehlin drohen würde, wäre er einfach unehrlich. So aber besteht die Möglichkeit, rein hypothetisch, dass sich unsere Befürchtungen bestätigen.«

Ich musste wohl sehr dumm ausgesehen haben, denn Erich erklärte mir in seiner besten ›Lieber Onkel‹-Stimme: »Du hast doch selbst gesagt, wie war das noch? Ah ja, ›Pferdefüße und Bockshörner etwa, und ein bisschen Schwefel‹. So hast du es gestern genannt.« Ich war baff.

»Das war doch nur ein Schmäh.«

»Für uns nicht. Du vergisst, das Böse ist eine Realität, sagt die katholische Lehre. Benedikt hat es erst kürzlich wieder bestätigt.«

»Du meinst, wenn Korkarian hinter Seelen her ist, könnte er eine Verbindung haben, um daraus Gewinn zu schlagen.«

»Genau. Oder es ist so, wie du sagst. Er setzt auf Gier und Aberglauben, indem er minimale Verluste einfach in seine Rechnung mit einbezieht und in Kauf nimmt. Ich betonte vorher, dass es möglich sei.«

»Ich hab schon zugehört, ja.«

»Was habt ihr vor, wenn sich eure Befürchtung bestätigt?«

»Beten. Alles Weitere wird dann Rom entscheiden.«

»Du meinst, es marschiert eine Division Exorzisten an und macht dem Spuk den Garaus?«

»Ein bisschen mehr Ehrfurcht und Ernst darf ich mir schon ausbitten. Lass die Alfanzen. Divisionen gibt es, soweit ich informiert bin, im Heerwesen. Die heilige Mutter Kirche kennt so etwas nicht. Außerdem ist ein Exorzismus eine Austreibung minderer Geister, im schlimmsten Fall reicht das dann gar nicht.«

»So oder so. Es werden euch alle auslachen.«

Erich zog eine bekümmerte Miene und trank den letzten Schluck Wein. Dann holte er aus einer Tasche seiner Kutte ein schönes, gefaltetes gelbseidenes Taschentuch hervor und tupfte sich Lippen und Stirn ab. Schließlich steckte er es wieder weg.

»Arno, du bist meine letzte Verteidigungslinie. Solange du nicht überzeugt bist, dass an der Sache was faul ist, werde ich gegen die Hysteriker bei uns kämpfen. Sogar um den Preis, dafür meine Tage beim Monstranzenputzen in Gramatneusiedl beschließen zu müssen.«

»Erich, ich glaube nicht an den ganzen Humbug.«

»Gerade deswegen, wenn«, Erich machte ein Auslassungszeichen, »er dahintersteckt, wirst auch du glauben. Außerdem: Audiatur et altera pars.«

»Erich, sag: ›Teufel‹«, neckte ich. »Komm schon, ist leicht. ›Teufel‹. Siehst du, ich kanns.«

Erich schüttelte nur den Kopf und begann seine Sachen einzupacken. Das Bild von Johannes Paul legte er mir auf den Tisch.

»Komm, lass mich raus. Heute ist noch viel zu tun. Ora et labora.«

»Sicherlich.« Auf dem Weg zur Institutstür stellte ich eine letzte Frage.

»Erich, du verheimlichst mir doch auch was.«

»Wie kommst du darauf.« Erich war urplötzlich ganz christlich-sanft geworden. Wenn er jetzt gestorben wäre, hätte sein Leichnam sicher geduftet, so strengte er sich an, den Heiligen zu mimen.

»Irgendwoher habt ihr von der Sache Wind bekommen. Du wolltest mir das letzte Mal nichts sagen, wie stehts mit heute?« Ich hatte inzwischen die Türe geöffnet, Erich war hinausgetreten, er blickte noch mal zu mir zurück. Ganz sacht legte er den Finger über die Lippen. Schweigen. Dann wandte er sich um und verschwand im Dunkel der Philosophenstiege.