IV

Ihr Auto parkte direkt vor der Haustür. Es war groß, schwarz und klobig, mit gelben Frontleuchten und augenscheinlich schon uralt.

»Was ist denn das?«, fragte ich. »Ein Wolga?«

Ich hatte ins Fahrzeuginnere gelinst, und einen Hirsch auf dem Lenkrad entdeckt.

»Genau. Steigen Sie ein.«

Ich blieb vorerst aber lieber draußen stehen. Sie hingegen saß schon drin.

»Der ist sicher älter als ich.«

»Kann sein, Baujahr ’73.«

»Erfüllt der überhaupt noch die Verkehrs- und Abgasnormen?«

»Wie ein Ökofreak schaun Sie mir nicht gerade aus.«

»Na ja, bloßes Interesse.«

»Mein Freund bastelt gerne. Wenn man ein bisschen herumschraubt, geht sich’s aus. Kommen Sie schon, zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.«

Ich stieg ein und warf die Tür zu. Man sagt, die großen Automobilhersteller haben eigene Abteilungen, um den Türsound der Autos gut hinzukriegen, satt und voll soll es klingen. Damit der Kunde die gekaufte Qualität auch hört. So was hatten die tüchtigen Sowjetingenieure sicher nicht gehabt, aber der Sound war aberwitzig. Eine Mischung aus Panzerkuppel und Sargdeckel. Ich schnallte mich an, während sie den Motor anwarf. Ein Mangel an Pferdestärken konnte dem Auto nicht vorgeworfen werden.

»Wie viel hat der denn drauf?« Ich beugte mich hinüber. »Ist das wirklich eine siebenstellige Zahl?«

»Ja, wir haben diesen März die Million Kilometer geknackt.«

»Rechnen die Russen nicht in Werst?«

»Keine Ahnung. Großer Unterschied?« Sie blickte über die Schulter, als sie losfuhr.

»Nein.«

»Na, dann ist es egal.«

»Säuft er viel?«

»Sicher, ist ein echter Russe.«

»Was?«

»So ziemlich alles. Ich glaube, man kann sogar Rohöl tanken. Wenn der letzte Benz der Welt mit einem Kolbenfresser liegen bleibt, dann fährt noch irgendwo ein Wolga. Diese Autos sind unverwüstlich. Und irgendwie finde ich ihn sogar schön. Nicht George-Clooney-mäßig, sondern eher Richtung Jack Nicholson.«

Da war was dran. Der Wagen hatte was, was nicht alle haben. Stil. Die Fenster waren unten, die Abendluft kühlte wohltuend, und wir fuhren die Hütteldorferstraße nach Westen. Zwischen den Häusern blinzelte uns die untergehende Sonne entgegen, die rot hinter dem Wienerwald zu verschwinden begann. Schließlich kamen wir die Maroltingerstraße hinauf nach Ottakring. Zwischen ein paar Wohnblocks und einem niedrigen Ziegelgebäude bog meine Fahrerin links ab und wir kamen nach ein paar Metern vor einer Pizzeria zu stehen. ›Alfredo‹ stand auf dem Leinentransparent, das über dem Eingang hing. Die Wohnblocks hinter uns waren die letzten Vorposten der dicht bebauten Stadt. Vor uns lagen grüne Hügel, mit Einfamilienhäusern und Kleingartensiedlungen bebaut. Entfernt im Eichenwald glänzte die goldene Kuppel der Otto-Wagner-Kirche, die innen aussieht wie ein U-Bahn-Klo.

»Ich hoffe, Sie sitzen gerne draußen. Die Sommerabende in Wien haben für mich immer so ein Italiengefühl.«

Mit diesen Worten stieg sie aus und warf die Tür zu. Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste auch aussteigen. Gegen italienisches Essen habe ich nichts einzuwenden. Draußen sitzen mag ich gar nicht. Ich will meine Bücher auf Papier, meinen Tee aus der Kanne und mein Essen unter Dach. Gegen Pixel, Teebeutel und Freiluft hege ich eine entschiedene Abneigung. Aber da sie das Geld hatte, musste ich wohl oder übel meine Abneigung hinunterschlucken. Also folgte ich ihr widerspruchslos.

Auf einer Terrasse aus Waschbetonplatten standen unter ein paar Birken etwa zehn schön gedeckte Tische aus dunklem Holz, mit dazu passenden Stühlen. Ganz hinten war noch ein Zweiertisch frei, und ein Kellner führte uns hin. Auf der anderen Seite der Terrasse drehte sich ein Wasserrad, lebensfroh glucksend. Zusammen mit dem Gemurmel der Essenden ergab das eine nette Atmosphäre.

Wir bestellten, danach hielt ich es nicht mehr aus.

»Also, schießen Sie los. Was wollen Sie von mir?«

»Sie haben doch heute einen Kredit abgeschlossen, oder?«

»Worauf wollen Sie hinaus?«

Sie nippte an ihrem Weinglas. Ein roter Sizilianer, ein Primitivo. Dann holte sie ein Notizbuch heraus.

»Auf die Konditionen.«

»Das ist Privatsache.«

»Also soll die Rechnung auch Privatsache sein?«

»Ich habe gerade einen Kredit abgeschlossen. Ich schwimme im Geld.« In fünf Scheinen. Das sagte ich jedoch nicht dazu.

Sie nahm noch einen Schluck.

»Hm, der ist gut, so erdig und voll.« Sie ließ den Geschmack noch ein wenig nachwirken, bevor sie weitersprach. »Fangen wir noch mal von vorne an.«

»Einverstanden.«

»Ich bin Marianne Schauberger, Journalistin und hinter einer Story her.«

Schade, irgendwie hatte ich auf mehr gehofft, sowohl was Namen als auch Hintergrund anging. Das klang mehr nach Waldviertel als nach einer abessinischen Schönheit. Ich brach mir ein Stückchen Weißbrot ab und tauchte es in Olivenöl. Ausgezeichnetes Brot, weich, sanft, guter Biss und perfektes Öl, leicht bitter und scharf, mit einem Hauch Zitrusnote.

»Und Sie sind?«

»Arim Shirandzmi. Arbeitslos und hinter einem Abendessen her. Aber ich denke, das wissen Sie längst.«

»Wieso?«

»Weil es auf meiner Wohnungstüre steht.«

Sie lächelte.

»Wohnungstüren haben manchmal falsche Namen.«

»Wirklich? In meinem Fall nicht.«

»Gemeldet ist in der Wohnung ein anderer.«

»So? Wer?«

»Ein Dr. Arnold Linder, Lektor an der Uni Wien.«

»Kenn ich nicht, den Typen.«

»Ist ein interessanter Kerl. Hat eine Polizeiakte, so dick wie die von Udo Proksch.«

Sie öffnete ihr Notizbuch und orientierte sich einen Augenblick. Die Seiten waren voll mit einer kleinen, genauen Schrift in Blau. In dem Moment hätte ich meine Seele hergegeben, um in dem Notizbuch zu lesen, aber die hatte ich ja schon verkauft. Dann begann sie vorzulesen.

»Das Ganze beginnt ’97, da hat man Sie bei einer Razzia in einem Bordell mitgenommen. Haben dort gearbeitet. Im gleichen Jahr hat man Sie beim Autoklauen erwischt, leider stellte sich heraus, dass es Ihr eigenes Auto war. In den nächsten Jahren gibt es jede Menge Einträge wegen Verwicklungen in Eigentumsdelikte, Gewalttaten, illegales Glücksspiel, …«

Sie wollte die Liste offensichtlich fortsetzen, aber ich unterbrach sie.

»Ich weiß, was ich getan habe. Damit können Sie mich nicht unter Druck setzen. Ich wurde nie verurteilt. Nicht mal eine Vorstrafe können Sie mir nachweisen.«

»Das will ich auch gar nicht. Ich wollte Ihnen nur zeigen, dass ich gut recherchiere.«

»Gut recherchieren? Machen Sie sich nicht lächerlich. Ihre Zeitung zahlt in den Urlaubstopf der Polizei, dann reicht ein Anruf. Da sucht der Polizeipräsident persönlich. Nur bei heikleren Sachen muss nachgezahlt werden.«

Ich war sauer. Solche Quellen hätte ich auch gerne gehabt. Bei der Polizei saßen jedoch leider keine Freunde von mir, und wenn ich in den Topf gezahlt hätte, würde sich die Kiberei nur schiefgelacht haben.

»Der Umgang mit sensiblen Daten unterliegt der journalistischen Ethik.«

»Blödsinn, der Auflage. Ihr hättet Haider schon vor 15 Jahren den Garaus machen können, Ähnliches gilt für Strache, aber so hättet ihr mit ihnen keine Auflage mehr gemacht. Nur wenn es um normale Bürger geht, habt ihr keine Skrupel. Journalistische Ethik gabs vielleicht noch im 19. Jahrhundert. Heute gibt es nur mehr Vermarktbarkeit, Reichweiten und Anzeigenpreise.«

Ich brach mir noch ein Stück Brot ab. Weißbrot mit Olivenöl beruhigt kolossal.

»Aber wir wollen uns nicht streiten. Sie sind hinter einer Story her«, lenkte ich ein.

»Korkarian vergibt interessante Kredite. Ich bin ihm schon einige Zeit auf der Spur. Heute hab ich gesehen, wie Sie in sein Büro gingen. Dann bin ich Ihnen gefolgt und habe ein bisschen telefoniert. Sie können mir nicht einreden, dass Sie nur wegen eines Kredits dort waren. Also, was wissen Sie von ihm?«

»Warum gehen Sie nicht selbst hin und schauen es sich an? Fürchten Sie etwa um Ihr Seelenheil?«

»Ach wo, Seelen gibt’s nicht. Ich war schon dort, doch es hat nicht geklappt.«

»Warum?«

»Weil Korkarian ein Rassist ist. Er meinte, ›Negerseelen‹ nehme er nicht. Genau so hat er sich ausgedrückt.«

Sie nahm einen Schluck Wein. Ihr Glas war fast leer.

Ich glaubte eher, dass Korkarian gemerkt hatte, dass da was im Busch war. Als er den Braten gerochen hatte, wollte er kein unnötiges Risiko eingehen. Rassist war er vielleicht trotzdem, aber das hätte ihm sicher nicht das Geschäft vermasselt. Dafür war der harte kleine Mann zu beherrscht.

In dem Moment kam unser Essen. Für sie ein Nudelgericht, für mich Gnocchi mit Steinpilzen gefüllt und kurz angebratenen Lungenbratenstreifen garniert. Das Essen war sehr gut. Die Gnocchi waren kartoffelig und zäh, das Fleisch wunderbar zart, und alles eingehüllt in das Aroma von gutem Parmesan. Frau Schauberger bestellte sich noch ein Glas Primitivo.

Während des Essens wurde nicht viel gesprochen, außer ein paar lobenden Worten über die Qualität der Speisen. Als wir beide fertig waren, bestellte sie noch ein Glas Wein, die Nachspeisenkarte und ging auf die Toilette. Ich lehnte mich über den Tisch, wo auf ihrer Seite, rechts neben dem Gedeck, das Notizbuch lag. Viel Zeit hatte ich nicht. Schnell blätterte ich durch und überflog die Seiten. Ihre Schrift war nicht leicht zu entziffern, aber im Zusammenhang mit der Korkarianstory fielen mir ein Name und eine Adresse auf: Erich Buehlin, Servitengasse 17. Das war im 9. Bezirk. Ich legte das Notizbuch wieder an seinen Ort, achtete genau darauf, dass alles so war wie zuvor, und kümmerte mich um die Nachspeisenkarte, die in dem Moment gebracht wurde. Ich entschied mich für ein Tiramisu, angesichts der anderen Angebote ein wenig einfallslos, doch ich hatte schon jahrelang keines mehr gegessen. Sie kam zurück und setzte sich.

»Und, haben Sie was gefunden?« Ihre Augen lächelten. Ein klein wenig, so schien es mir zumindest.

»Ja.« Pause. Doppeldeutig konnte ich auch sein. »Ich nehme das Tiramisu.«

»Ein bisschen einfallslos. Ich nehme das Mezzofreddo mit dem Basilikum.«

»Passt das denn zum Rotwein?«

»Zu gutem Rotwein passt fast alles.«

Der Ober kam und wir bestellten.

»Also, was wissen Sie über Korkarian?«, fragte sie.

»Fast gar nichts, und sicher nichts, was Ihre Kontakte Ihnen nicht schon gesagt haben.«

»Lassen Sie hören.«

»Ich rate mehr, als dass ich es weiß. Er ist Armenier, wahrscheinlich mit seiner Tochter zur Zeit des Karabakh-Konflikts eingewandert oder kurz danach, wegen des Embargos. Seine Tochter hat studiert oder tut es immer noch. Ich tippe auf Germanistik oder was Verwandtes.«

»Wie kommen Sie da drauf?«

»Weil die Tochter ausgezeichnetes Deutsch spricht, sich gewählt ausdrückt und sehr viel Selbstvertrauen besitzt. Das heißt, sie muss schon seit früher Kindheit in Österreich wohnen, sonst klappt das mit der Sprache nicht. Da passt der Konflikt vom Datum her gut hinein. Da sie aber nicht umgangssprachlich gefärbt spricht, muss sie eine gewisse Ausbildung genossen haben. Sie hat verschiedene Sprachebenen zur Verfügung: sachlich, aber auch schnippisch, daher tippe ich auf ein Studium, sicher was mit Sprache, Germanistik bietet sich an.«

»Zum Vater?«

»Schwer zu sagen. Jedenfalls, das Kreditwesen beehrt er noch nicht allzu lange.«

»Woher wollen Sie das wissen?«

»Ich habe früher mal für ein paar Leute gearbeitet, die da auch ihre Finger drin hatten. Der Mann wäre mir sicher aufgefallen. Außerdem scheint er mir ein harter Brocken zu sein. Sehr vorsichtig und beherrscht. Weiß genau, was er tut. Wahrscheinlich gute Kontakte, sowohl zur Exekutive als auch zur Gegenseite. Mit dem würde ich mich nicht anlegen.« Ich dachte ein bisschen nach. »Geht sich noch ein Espresso aus?«

Unsere Nachspeisen wurden gerade gebracht.

»Sicher, nur keine Hemmungen.«

Ich bestellte.

»Und sonst noch? Was Sie mir sagen, weiß ich schon alles«, bohrte sie weiter.

»Könnte sein, dass er Jude ist. Das wäre nicht gut für Ihre Story.«

»Nein, das wäre gar nicht gut. Was wissen Sie über seine Kredite?«

»Was er sonst noch öffentlich anbietet, scheint alles in der Norm zu liegen. Von Außergewöhnlichem weiß ich nichts, bis auf die Seelensache.«

»Ja …«, forderte sie mich auf, als ich eine kleine Pause einlegte. Die ganze Zeit über hatte sie mitgeschrieben. Es schien mir, als wäre ich mit meinen Vermutungen richtig gelegen, denn weder hatte sie mich verbessert noch erkennen lassen, dass sie mit dem Gesagten nicht übereinstimmen würde. Inzwischen war der Kaffee gekommen und ich nippte genüsslich an meiner Tasse.

»Das läuft so ab, dass ich einfach hingegangen bin, mein Interesse bekundet habe und dann ein paar Stunden später den Vertrag unterzeichnet habe.« Ich nannte ihr die Konditionen.

»Ist der Vertrag wasserdicht?«

»Weiß ich noch nicht, aber ich habe jemanden, der mir das ganz genau sagen wird.«

»Lassen Sie mich das Papier sehen?«

»Eher nicht, vielleicht in ein paar Tagen.«

Das schmeckte ihr nicht so, doch sie fragte weiter.

»Warum haben Sie das gemacht?«

»Weil ich Geld gebraucht habe und nicht an Seelen glaube. Für mich eine Win-win-Situation.«

»Sie haben nicht vor, den Kredit zurückzuzahlen?«

»Nein. Mir ist die Marie lieber.«

»Glauben Sie nicht, dass Korkarian was dagegen haben könnte?«

»Eigentlich schon, ich bin sehr gespannt, was passiert.«

»Sie haben gesagt, dass mit ihm nicht zu spaßen ist. Warum so ein Risiko eingehen?«

»Darauf lass ich es ankommen. Neugier bringt die Katze um, hat meine Großmutter immer gesagt.«

»So ganz glaube ich Ihnen nicht. Da steckt doch mehr dahinter.«

»Nein. Sicher nicht.«

»Niemand riskiert wegen 500 Euro seine Gesundheit.«

»Der Niemand sitzt direkt vor Ihnen«, ich hatte schon für weit weniger viel mehr riskiert, »und ihm schmeckt das Tiramisu.«

»Ja, die Küche ist hier wirklich gut. Was mich viel mehr interessiert: Warum macht er das? Korkarian ist Geschäftsmann, was verspricht er sich dabei zu verdienen? Wer löst denn da seine Seele wieder aus?«

»Ich glaube, dass er auf den Aberglauben der Leute vertraut. Ist leicht verdientes Geld, wahrscheinlich ohne viel Risiko.«

»Die Leute sind heute nicht mehr so religiös.«

»Ich habe bewusst abergläubisch gesagt. Diese ganze Esoteriksache boomt doch immens, Astrologie, Feng Shui, Ayurveda, bioenergetische Salzkristalle, Schamanenseminare im Waldviertel etc. 2500 Jahre Aufklärung durch Rationalität, und die Tünche der Zivilisation ist immer noch erst hauchdünn. Da gibt’s sicher genug, die zuerst das Geld sehen und dann, wenn die fünf Monate um sind, doch den Bammel um ihre Seele kriegen. Korkarian macht damit sicher ein gutes Geschäft.«

»Gier und Aberglauben, darauf baut er, meinen Sie?«

»Nicht nur er. Was, meinen Sie, hat die Finanzkrise verursacht? Ich will jetzt nicht zynisch klingen, aber das scheinen doch die großen Triebfedern menschlicher Entwicklung zu sein. Was mir bis jetzt so untergekommen ist, lässt sich damit erklären.«

»In Ihrem persönlichen Umfeld?«

»Da auch, doch ich dachte eher an größere Zusammenhänge. Weltgeschichtlich halt.« Ich zuckte mit den Achseln.

»Gut. Lassen wir das. Sie wollen mir also nicht verraten, wer Ihre Auftraggeber sind?«

»Doch, das habe ich Ihnen doch gerade erklärt: Gier und Aberglauben.«

Ich grinste sie an, aber das beeindruckte sie nicht.

»Warum hat Ihnen Korkarian einen Vertrag gegeben, Sie machen auf mich nicht gerade den Eindruck von jemandem, der vorhat, seine Seele wieder auszulösen?«

»Wenn ich will, kann ich ganz schön klein und armselig wirken. Wie ein verängstigtes Rehlein.«

»Darauf soll Korkarian reingefallen sein? Kann ich mir schlecht vorstellen.«

Da musste ich ihr vollkommen recht geben. Irgendwas war da bei dem Armenier im Busch. Das jedoch wollte ich der Schauberger nicht auf die Nase binden. »Ach wo, der hat das sicher geschluckt«, behauptete ich mit Bestimmtheit.

Sie versuchte, mich noch ein bisschen aus der Reserve zu locken, aber ich war auf der Hut. Schließlich zahlte sie und wir gingen. Ins Auto stieg sie allein, es war nicht weit bis zur nächsten U-Bahn-Station und ich wollte noch ein bisschen zu Fuß gehen. Die Hitze des Tages hatte sich in eine angenehme Wärme verwandelt, die Nacht spannte sich dunkelviolett über die Stadt. Autos, Straßenlaternen und Verkehrsbeleuchtung sorgten für die nötigen Lichtpunkte. Zwischen den Grünanlagen der Wohnblocks sah man hier und da Teenager verstohlen schmusen oder mit Drogen dealen. Es fühlte sich fast an wie im Urlaub.